Übermittelt vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie am 12. Dezember 2006 gemäß § 2 des Gesetzes über die Zusammenarbeit von Bund und Ländern in Angelegenheiten der Europäischen Union vom 12. März 1993 (BGBl. I S. 313), zuletzt geändert durch das Förderalismusreform-Begleitgesetz vom 5. September 2006 (BGBl. I S. 2098).
Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften hat die Vorlage am 8. Dezember 2006 dem Bundesrat zugeleitet.
Die Vorlage ist von der Kommission am 8. Dezember 2006 dem Generalsekretär/Hohen Vertreter des Rates der Europäischen Union übermittelt worden.
Hinweis: vgl.
Drucksache 561/01 = AE-Nr. 012157
Grünbuch zu Anwendungen der Satellitennavigation (Text von Bedeutung für den EWR)
1. Einleitung
Die Europäische Union errichtet ein Globales Satellitennavigationssystem (GNSS), das aus GALILEO und Egnos besteht und eine Reihe von Ortungs-, Navigations- und Zeitgebungsdiensten bereitstellen wird.
Der Nutzen dieser Technologie wurde mit dem US-amerikanischen Global Positioning System (GPS) bereits unter Beweis gestellt. Ständig werden weitere Anwendungen entwickelt die alle Lebensbereiche und alle Sektoren der Weltwirtschaft betreffen. Der Markt für Produkte und Dienstleistungen wird nach Schätzungen bis 2025 ein Volumen von 400 Mrd. EUR erreichen.
Zweck dieses Grünbuchs, das sich an alle Beteiligten richtet, ist die Eröffnung einer Diskussion über die Möglichkeiten des öffentlichen Sektors bei der Schaffung eines angemessenen politischen und rechtlichen Rahmens, mit dem die Entwicklung von Anwendungen der Satellitennavigation unterstützt wird und der über die finanzielle Unterstützung der Forschung und die Infrastrukturerrichtung hinausgeht.
GALILEO ist ein Vorzeigeprojekt der europäischen Raumfahrtpolitik. Diese Politik bezweckt unter anderem die Erfüllung der Bedürfnisse der Bürger, die Unterstützung anderer EU-Politikbereiche, die Konzentration auf Anwendungen der Raumfahrt und die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit Europas. GALILEO ist das perfekte Instrument zur Erreichung dieser Ziele.
GALILEO ist auch im umfassenderen Zusammenhang der Agenda der Kommission zur Innovationsförderung und der Strategie von Lissabon zu sehen, in der Maßnahmen des öffentlichen Sektors ausschlaggebend sein können, um die Entwicklung weltweit wettbewerbsfähiger Unternehmen zu unterstützen. Es stellt ein gutes Beispiel für einen Pilotmarkt ("Lead Market") dar.
In diesem Grünbuch wird eine Reihe von Fragen gestellt. Die Antworten werden von der Europäischen Kommission ausgewertet und die Grundlage von Empfehlungen an den Rat und das Parlament bilden.
Weitere Informationen zur Infrastruktur von GALILEO und zum Konsultationsverfahren sind zu finden unter www.galileo.eu1.
Gleichzeitig mit dieser Konsultation wird ein Wettbewerb für Jugendliche im Alter von 15 bis 25 Jahren veranstaltet, bei dem die innovativsten Ideen für den Einsatz der Satellitennavigationstechnik und entsprechender Dienste gesucht werden. Die besten Ideen werden prämiert. Weitere Einzelheiten: www.galileo.eu/contest.
2. Satelitennavigation
2.1. Ortungs-, Navigations- und Zeitgebungsdienste
Mithilfe eines speziellen elektronischen Geräts kann jedermann seinen Standort und die Zeit mit großer Genauigkeit ermitteln. Der technische Fortschritt wird es ermöglichen, die Empfänger immer weiter zu verkleinern und sie in andere Geräte, zum Beispiel Mobilfunktelefone, einzubauen.
GALILEO umfasst eine Konstellation von 30 Satelliten, die eine Reihe sehr hochwertiger Signale aussenden. Diese werden von Empfangsgeräten verarbeitet, um die Position zu errechnen. Alle andere Funktionen, etwa die Darstellung des Standorts auf einer digitalen Landkarte oder die Übermittlung von Standortangaben zu anderen Zwecken, werden im Gerät des Nutzers vollzogen. Die Infrastruktur der Satellitennavigation selbst ist von der Auslegung her "passiv", d. h. der Standort des Nutzers bleibt ihr unbekannt.
2.2. Infrastruktur
GALILEO wird Dienste für die hochgenaue Ortung und Zeitgebung zu zivilen Zwecken weltweit bereitstellen. Die Zuverlässigkeit wird auch zur reibungslosen Entwicklung der Empfangstechnik und der Anwendungen beitragen. Egnos, ein europäisches System zur Ergänzung und Verbesserung der GPS-Leistung im Wesentlichen in Europa, stellt bereits Dienste auf Versuchsbasis bereit.
Der Start des ersten GALILEO-Testsatelliten fand 2005 statt. Der zweite Testsatellit soll 2007 folgen. Die ersten vier Satelliten der Betriebskonstellation werden 2008 in die Umlaufbahn gebracht. Ein Privatkonsortium wird anschließend die komplette Konstellation im Rahmen einer öffentlichprivaten Partnerschaft errichten. Die Dienste werden ab 2011 zur Verfügung stehen.
GALILEO ist sehr international ausgerichtet. In dem Maße, wie andere Staaten weltweit ihr Interesse bekundet haben, wurden Kooperationsabkommen geschlossen, um die Nutzung von GALILEO weltweit zu fördern und auszubauen. Die Vereinbarkeit mit dem US-amerikanischen GPS wird ebenfalls gewährleistet, so dass beide Systeme kombiniert genutzt werden können.
Ein "europäischer Funknavigationsplan" wird derzeit ausgearbeitet, um die verschiedenen Navigationsinfrastrukturen in Europa zu koordinieren.
2.3. Anwendungen
Alle Sektoren einer modernen Wirtschaft werden von der Entwicklung der Satellitennavigationstechnik beeinflusst. Der Markt für Produkte und Dienste wächst um 25 % im Jahr. Bis 2020 sollten rund 3 Milliarden Empfangsgeräte für die Satellitennavigation in Betrieb sein. Die Satellitennavigation wird immer mehr zu einem Bestandteil des täglichen Lebens der Europäer, nicht nur im Auto und im Mobilfunktelefon, sondern auch in Energieverteilungsnetzen oder Banksystemen.
Die Anwendungen decken eine breite Palette an Sektoren ab, nicht nur im Verkehr und der Kommunikation, sondern auch in anderen Märkten wie Landvermessung, Landwirtschaft, wissenschaftliche Forschung, Fremdenverkehr usw. Empfänger finden sich jetzt in alltagsüblichen elektronischen Geräten jeder Art, etwa in Mobilfunktelefonen, persönlichen digitalen Assistenten (PDA), Kameras, tragbaren PCs oder Armbanduhren. Der Mobilfunk ist mit über 2 Mrd. Telefonkunden ein Erfolg versprechender Markt. Jedes Jahr werden eine halbe Milliarde Mobilfunktelefone verkauft, und bis 2020 soll der Absatz auf eine Milliarde ansteigen was eine schnelle Verbreitung von Diensten auf Basis der Satellitennavigation ermöglicht.
Auch Fahrzeuge werden zunehmend mit Navigationsgeräten ausgestattet. Vorsichtige Schätzungen gehen von einem Absatz von 50 Millionen Geräten bis 2020 aus.
Das Güterverkehrsmanagement steht vor einer Revolution: Einige hunderttausend Container sind bereits mit Geräten zur GNSS-Ortung ausgestattet. Dank solcher Geräte können Logistikunternehmen ihren Kunden einen schnelleren und besseren Service bieten.
Containerbewegungen können damit auch unter Sicherheitsaspekten überwacht werden.
Für die Navigation auf hoher See und auf Schifffahrtswegen bietet sich ebenfalls die Satellitentechnik an. Das bestätigt der derzeitige Umsatz mit Schiffsempfängern (über 1 Mrd. EUR) ebenso wie die Verabschiedung entsprechender Rechtsvorschriften. Dasselbe gilt auch für den Luftverkehr, wo ein zuverlässiges Werkzeug erforderlich ist, um die Systemkapazität zur Beförderung von Millionen von Flugreisenden zu erhöhen.
2.4. Weiterentwicklung der Technologie
Neue Techniken wie RFID (Radio Frequency Identification Devices), geografische Informationssysteme, Empfängerminiaturisierung und Verbrauchsminimierung sowie Synergien mit der Telekommunikation werden in den kommenden Jahren die Bedingungen dafür schaffen, eine Vielzahl neuer Anwendungen für die Satellitennavigation hervorzubringen.
Selbst Lösungen für die Ortung innerhalb von Gebäuden werden entwickelt, mit denen die derzeitigen Einschränkungen überwunden werden können.
Gleichzeitig mit der Entwicklung von GALILEO hat die Europäische Union auch GMES (Global Monitoring for Environment and Security [Globale Umwelt- und Sicherheitsüberwachung]) gestartet bei dem es um die Erdbeobachtung für nutzerorientierte Informationssysteme geht. Viele GNSS-Anwendungen werden von den sich ergänzenden Technologien von GALILEO und GMES profitieren. Die Weiterentwicklung der Nutzeranforderungen weist in Richtung integrierte Telekommunikation, meteorologische, Ortungs- und Überwachungssysteme im Weltraum für viele Bereiche von ausgeprägter strategischer Bedeutung, hohem wirtschaftlichen Wert und großem gesellschaftlichen Nutzen.
Eine solche Weiterentwicklung erfordert eine Überprüfung des Regulierungsrahmens durch öffentliche Stellen.
3. Anwendungsbereiche
GALILEO wird fünf Dienste bereitstellen, die in ganz unterschiedlichen Sektoren genutzt werden können. In diesem Grünbuch werden vier dieser Dienste behandelt:
- - der offen zugängliche Dienst ("Open Access Service"), der sich hauptsächlich an den Massenmarkt richtet,
- - der kommerzielle Dienst ("Commercial Service") für professionelle Nutzer, die eine herausragende Leistung und Garantien benötigen,
- - der sicherheitskritische Dienst ("Safety-of-Life Service") für Anwendungen, bei denen menschliches Leben auf dem Spiel steht, so dass Integritätsinformationen erforderlich sind, und
- - der Such- und Rettungsdienst ("Search and Rescue Service") zur Notfallortung und Einleitung von Rettungsmaßnahmen.
Der fünfte Dienst, der "öffentliche regulierte Dienst" ("Public Regulated Service") ist nicht Gegenstand dieses Grünbuchs. Die Konsultation hinsichtlich der Nutzung dieses Dienstes für Anwendungen zur Gefahrenabwehr erfolgt unmittelbar mit einzelstaatlichen und gemeinschaftlichen Stellen.
3.1. Standortbezogene Dienste und Notrufe
Aufgrund der Einbindung von Satellitennavigationsempfängern in Mobilfunktelefone und andere Kommunikationsmittel stellen standortbezogene Dienste und die persönliche Mobilität den größten Massenmarkt für die Satellitennavigation dar. Die Aussicht, den Nutzern "maßgeschneiderte" Daten bereitstellen zu können, eröffnet den Mobilfunkbetreibern und Diensteanbietern neue Horizonte: Die Kunden können auf besondere "Umgebungsinformationen" zugreifen und z.B. das nächstgelegene Krankenhaus, den kürzesten Weg zu einer Tankstelle oder das nächste Restaurant in Erfahrung bringen.
Auch für die Notfalldienste ergibt sich ein Nutzen: In der Europäischen Union werden jedes Jahr 180 Millionen Notrufe abgesetzt, 60 bis 70 % davon mit Mobilfunktelefonen2. In mehr als einer Million Fälle können die Einsatzfahrzeuge nicht ausrücken, weil keine ausreichenden Standortinformationen vorliegen. Auf europäischer Ebene sind Initiativen angelaufen den Rahmen und technische Lösungen für ein effizientes Notrufmanagement in Partnerschaft des öffentlichen und des privaten Sektors festzulegen3.
GALILEO kann die Genauigkeit standortbezogener Dienste grundlegend verbessern. Laut einigen Katastrophenschutzbehörden würde die Nutzung solcher Dienste einen schnelleren Einsatz von Notfallkräften ermöglichen.
3.2. Straßenverkehr
GNSS-Anwendungen im Straßenverkehr erstrecken sich auf eine Reihe von Funktionen, von Telematik und Navigationsgeräten bis zur elektronischen Einziehung von Autobahn- oder City-Mautgebühren, auch auf Sicherheitsanwendungen und nutzungsabhängige Versicherungsleistungen. So gut wie alle in der EU verkehrenden 240 Millionen Fahrzeuge hätten einen Nutzen von Navigationssystemen nach dem Stand der Technik, auch ist davon auszugehen dass die vielen Einschränkungen von Initiativen für "intelligente Verkehrssysteme" durch GALILEO überwunden werden können.
Bei Mautsystemen im Straßenverkehr hat es in den letzten Jahren rasche Entwicklungen gegeben. Einige Länder haben bereits kilometerbezogene Entgeltsysteme eingeführt, die sich auf GNSS stützen, speziell für LKW auf Autobahnen. Auch Entgeltsysteme zur Bemautung des innerstädtischen Straßenverkehrs werden bereits mit dem Ziel eingesetzt, die Verkehrsbelastung zu senken. Die Richtlinie 2004/52 schreibt für alle neuen Systeme zur elektronischen Gebührenerfassung den Einsatz einer oder mehrerer der folgenden Techniken vor: Satellitenortung, Mobilfunk, Mikrowellen-Nahbereichskommunikation oder eine Kombination dieser Techniken. Die Satellitenortung wird wegen ihrer Flexibilität und der besten Eignung für die europäische Entgeltpolitik empfohlen, da sie ohne besondere Infrastruktur auskommt und von Natur aus leicht ausbaubar ist. Sie ermöglicht verschiedene Preisregelungen, gewährleistet die Interoperabilität und trägt zu Diensten intelligenter Verkehrssysteme bei. Verkehrsmanagementsysteme und Systeme für Verkehrs- und Reiseinformationen in Echtzeit steigern ebenfalls die Effizienz des Verkehrs4.
In der Initiative "eSafety", die eine Reihe von Anwendungen umfasst, bei denen eine genaue Fahrzeugortung zum Einsatz kommen könnte, wurde die Schaffung einer Norm für einen europaweiten Fahrzeugnotruf5,6als Priorität genannt, um die Reaktionszeiten bei Notrufen um 40 bis 50 % zu senken, wodurch 2500 Leben gerettet werden könnten. Die Möglichkeit der Angabe, auf welcher Richtungsfahrbahn der Autobahn sich ein Unfall ereignet hat, was für den Einsatz der Rettungskräfte sehr wichtig ist, ist eindeutig ein Zusatznutzen, den GALILEO erbringen kann.
Kommerzielle nutzungsabhängige Versicherungsleistungen werden bereits auf dem Markt angeboten. Diese Versicherungsdienstleistungen basieren auf Satellitenortung in Verbindung mit Mobilfunktelefonie. Die Versicherungsgesellschaften, die dies anbieten, legen Tarife auf der Grundlage berechneter Fahrleistungen zugrunde oder bieten finanzielle Anreize für eine begrenzte Fahrzeugnutzung.
3.3. Schienenverkehr
Im Schienenverkehr wurden immer schon Systeme zur Signalgebung und Zugortung genutzt, die im Wesentlichen gleisseitig platziert sind. Sie erfordern eine teure Ausrüstung und aufwändige Wartung. Zur Verbesserung der Interoperabilität und Verringerung der Kosten werden diese Systeme durch Systeme nach neuen Normen ersetzt: das Europäische Eisenbahnverkehrsmanagementsystem (ERTMS) und das Europäische System zur Zugsteuerung und Zugsicherung (ETCS).
Die Machbarkeit von Systemen zur Zugsteuerung, die die Sicherheitsstandards im Schienenverkehr erfüllen und GNSS einsetzen, ist belegt. Die Satellitennavigation wurde bereits in einer Reihe von Anwendungen ohne Sicherheitsfunktion eingeführt, z.B. zur Unterstützung der Verkehrssteuerung, im Bahnressourcenmanagement oder bei der Kundenunterstützung, aber auch für die in den USA vorgestellte "positive Zugsteuerung". Bei automatischen Systemen für den Schutz und die Steuerung von Zügen kann die Sicherheit durch GALILEO erhöht werden.
See- und Binnenschifffahrt sind die für den weltweiten Güterverkehr am stärksten genutzten Verkehrsträger. Alltäglich sind Schiffe vieler unterschiedlicher Typen auf den Weltmeeren unterwegs. GNSS kann einen Beitrag in den Schlüsselbereichen Effizienz, Sicherheit und Optimierung des Seeverkehrs leisten. Anforderungen an Ausrüstungen für die Ortung in weltweiten Funknavigationssystemen werden von der Internationalen Seeschifffahrtsorganisation (IMO) festgelegt7 hinsichtlich der Genauigkeit, Integrität, Kontinuität, Verfügbarkeit und Abdeckung in den verschiedenen Navigationsphasen. Die IMO legt für die Hochsee- und Küstenschifffahrt die Navigationsanforderungen und -normen für schiffsseitige Ausrüstungen fest.
Derzeit entsprechen die in Betrieb befindlichen Satellitennavigationssysteme für sich allein nicht den Anforderungen, so dass Erweiterungssysteme8 zur Steigerung der GNSS-Leistung weiterhin nötig sind, auch wenn diese bislang nicht anerkannt sind. GALILEO bietet aber Vorteile für sicherheitskritische Anwendungen, verbesserte Sicherheit oder "Automatische Identifikationssysteme".
Für Hafenzufahrten, Häfen und Gewässer mit Fahrbeschränkungen legt die IMO9 die GNSS-Nutzung nahe. Bestehende und geplante Systeme, die eine Reihe von Diensten für Schiffe auf See bieten (Schiffsverkehrsdienste [VTS, Vessel Traffic Services] und Automatische Identifikationssysteme [AIS]), stützen sich ebenfalls auf die Übermittlung von Positionsangaben, die ein GNSS ohne Weiteres liefern kann. In der Folge der Richtlinie 2002/59/EG über die Einrichtung eines gemeinschaftlichen Überwachungs- und Informationssystems für den Schiffsverkehr, in der besonderes Gewicht auf die Sicherheit des Seeverkehrs und die Bekämpfung der Meeresverschmutzung gelegt wird, hat sich die Europäische Union vorgenommen, bis 2008 ein Küstenüberwachungssystem für den Schiffsverkehr in der gesamten EU einzurichten.
Die GNSS-Technik gilt auch als Schlüsselinstrument für das globale Seenotrettungs- und Sicherheitssystem (Global Maritime Distress and Safety System), das von der IMO als integriertes Kommunikationssystem unter Einsatz von Satelliten und terrestrischer Funkkommunikation konzipiert ist, um allerorts Seenotrettungseinsätze durchführen zu können. In naher Zukunft wird das System zur Identifizierung und Verfolgung über große Entfernungen ("Long Range Identification and Tracking System"), das 2006 beschlossen wurde, den Seeverkehr noch sicherer machen. Damit wird es möglich, Schiffe über die Reichweite der Küstenfunkstationen hinaus zu verfolgen, wobei Kennung, Position, Datum und Zeitpunkt der Positionsermittlung in regelmäßigen Abständen oder auf Anfrage gesendet werden.
Außerdem erhalten die EU-Mitgliedstaaten über SafeSeaNet10 schnellen Zugang zu allen wichtigen Informationen über Schiffe, die gefährliche Güter befördern. Für viele Anwendungen in der Seeschifffahrt ist die Frage der Zertifizierung zu klären, da sie eine wichtige Rolle für den gemeinsamen Seeverkehrsraum und betriebswirtschaftliche Überlegungen spielt.
Die Fischereiverwaltung stützt sich auf Rechtsvorschriften, die den Zugang von Schiffen zu bestimmten Gebieten regeln und Beschränkungen hinsichtlich der Fangausrüstung und der Fangzeiten sowie Fangquoten für bestimmte Fischarten auferlegen. Wirksame Überwachungs- und Kontrollregelungen sind eingerichtet, um die Einhaltung der Rechtsvorschriften zu gewährleisten. Die herkömmlichen Kontrollinstrumente werden seit den 90er Jahren durch eine satellitengestützte Überwachungstechnik, das sogenannte "Schiffsüberwachungssystem"11 ergänzt, das von rund 8000 Fischereifahrzeugen genutzt wird. Die Kenntnis der genauen Position eines Fischereifahrzeugs ist dabei unabdingbar.
Auf die Binnenschifffahrt entfallen gegenwärtig nur 6 % des Güterverkehrs, auf den Straßenverkehr dagegen 76 %. Um die Rolle der Binnenschifffahrt zu stärken werden Maßnahmen zur Modernisierung dieses Sektors ergriffen. Die Richtlinie 2005/44/EG über harmonisierte Binnenschifffahrtsinformationsdienste fördert die Nutzung der Informations- und Kommunikationstechnik zur Steigerung der Effizienz und Sicherheit des Logistikbetriebs und zur Verbesserung des Umweltschutzes. Die Richtlinie empfiehlt auch den Einsatz von Satellitenortungstechniken und die Festlegung von Spezifikationen für die Schiffsverfolgung und -aufspürung.
3.5. Luftfahrt
Im Bereich der Luftfahrt sind GNSS-Dienste seit langem ein zusätzliches Navigationshilfsmittel.
Sie stellen bereits ergänzende Dienstleistungen für viele Flugphasen bereit, in der allgemeinen Luftfahrt ebenso wie im gewerblichen Luftverkehr. Die Internationale Zivilluftfahrt-Organisation (ICAO) legt fest, über welche Fähigkeiten ein Luftfahrzeug in einem bestimmten Luftraumsegment verfügen muss, und überlässt es dem Betreiber des Luftfahrzeugs, welche Ausrüstung er zur Gewährleistung dieser Fähigkeiten einsetzt12. Nach Analystenmeinung ist bis 2025 mit einem starken Wachstum zu rechnen, da mehr als 17 300 neue Passagier- und Frachtflugzeuge beschafft werden, weil sich der Passagierverkehr verdreifachen und der Luftfrachtverkehr noch stärker ansteigen wird. Die von GALILEO gebotene Genauigkeit und Integrität werden es ermöglichen, vorhandene Flughäfen stärker zu nutzen die bislang bei schlechtem Wetter und geringer Sichtweite nicht angeflogen werden können.
In Europa wird sich das gemeinsame Unternehmen SESAR, das den Rechtsrahmen für die Erbringung von Flugnavigationsdiensten gemäß der Festlegung in den vier Verordnungen zum einheitlichen europäischen Luftraum umsetzt, ebenfalls auf GNSS-Dienste stützen.
3.6. Zivilschutz, Notfallmanagement und humanitäre Hilfe
Hilfeleistungen nach Erdbeben, Flutkatastrophen, Tsunamis und anderen Naturkatastrophen oder von Menschen ausgelösten Unglücksfällen sind seit langem ein Anliegen staatlicher Stellen. Die Ermittlung des Standortes von Menschen, Ressourcen und Einsatzmitteln ist für die Durchführung von Hilfseinsätzen von allergrößter Wichtigkeit.
Der Zivilschutz ist in den verschiedenen Mitgliedstaaten unterschiedlich organisiert, wobei eine gewisse Verwaltungsautonomie auf regionaler und kommunaler Ebene besteht. Auf europäischer Ebene wurden ein Überwachungs- und Informationszentrum und eine Krisenplattform eingerichtet, um die gemeinschaftliche Zusammenarbeit bei Naturkatastrophen, Notfällen durch Meeresverschmutzung und Chemieunfällen zu verstärken und eine schnelle Reaktion auf politische Krisen zu ermöglichen.
Im Rahmen der europäischen Raumfahrtpolitik formulieren die europäischen Stellen eine Reihe von Anforderungen an Infrastrukturen im Weltraum für zivile Krisenmanagementeinsätze, die die Satellitennavigation, die Erdbeobachtung, die Telekommunikation und die Signalaufklärung betreffen.
Ein GNSS ermöglicht es, den Standort von Ressourcen und Einsatzkräften laufend zu verfolgen verbessert die Planung und Optimierung der Ressourcenzuweisung und erlaubt eine schnelle Reaktion in dünn besiedelten und abgelegenen Gebieten.
GNSS-Dienste würden es auch ermöglichen, die Bewegungen humanitärer Einsatzkräfte und anderer am Ort des Krisengeschehens zu verfolgen und die humanitären Bedürfnisse und die Wirkungen der Hilfsmaßnahmen besser zu bewerten. Ebenfalls ließen sich genauere Informationen über Probleme beim Zugang zu den Betroffenen in abgelegenen und schwer erreichbaren Gebieten erhalten, Bevölkerungsbewegungen unmittelbar verfolgen und sichere Gegenden zur Errichtung von Flüchtlingslagern außerhalb von Katastrophen bedrohter Gebiete ermitteln. Ferner könnte die Zuweisung finanzieller, materieller und personeller Mittel optimiert sowie die Fähigkeit zur schnellen Reaktion und zur humanitären Hilfeleistung insgesamt verbessert werden.
3.7. Gefährliche Güter
Für die Beförderung gefährlicher Güter wurde eine Reihe technischer und administrativer Anforderungen festgelegt13. Wegen des Zerstörungspotenzials gefährlicher Güter müssen sie auch im neuen Zusammenhang der Abwehr illegaler Eingriffe gesehen werden. Der Rechtsrahmen bedarf der Aktualisierung, um den zahlreichen Optionen Rechnung zu tragen, die GALILEO bieten könnte.
Für den Fall, dass eine Anomalität erkannt wird oder vorgegebene Strecken verlassen werden, ermöglicht ein GNSS die Verfolgung und Aufspürung zusammen mit der Übermittlung von Warn- und Alarmmeldungen. Auch Notfallmaßnahmen können durch den Einsatz dieser Technik besser vollzogen werden.
3.8. Tiertransporte
Alljährlich werden Millionen von Tieren in der Europäischen Union transportiert. Die Nachverfolgbarkeit von Tiertransporten ist von großer Wichtigkeit, um die Einhaltung von Hygienevorschriften, die Lebensmittelsicherheit und den Tierschutz zu gewährleisten.
In der Verordnung (EG) Nr. 1/2005 sind die Anforderungen an Tiertransporte festgelegt.
Unter anderen Maßnahmen ist dort der Einsatz der GNSS-Technik in allen neuen LKW für Transporte über große Entfernungen vorgeschrieben. Dies stellt eine wichtige Neuerung dar, die die Durchsetzung anderer damit zusammenhängender Maßnahmen im Bereich des Tierschutzes und der öffentlichen Gesundheit, wie etwa die Kennzeichnung von Rindern, erleichtern wird. Dabei wird vorhandenen Systemen für die Verfolgung von Tieren wie dem auf das Internet gestützte System "TRACES", das für Tiertransporte und Einfuhren verwendet wird Rechnung getragen.
Ein GNSS erlaubt in Verbindung mit der Kommunikationstechnik die Echtzeit-Verfolgung, was den Verwaltungsaufwand für Tierärzte und Betreiber verringert und den Transportunternehmen bei Unregelmäßigkeiten Abhilfemaßnahmen ermöglicht.
Die Harmonisierung technischer Spezifikationen wird eine schnellere Implementierung ermöglichen und insbesondere auch die Datensammlung auf EU-Ebene erleichtern.
3.9. Landwirtschaft, Parzellenmessung, geodätische und Katastervermessungen
In der EU bauen 11 Mio. Landwirte Nutzpflanzen auf 110 Mio. Hektar Land an.
Lage und Größe der Parzellen sind Schlüsselangaben beim Informationsaustausch, sei es zu kommerziellen Zwecken, sei es mit staatlichen Stellen bei der Beantragung von Beihilfen14.
Die Parzellenmessung wird jährlich per GNSS vorgenommen, um Beihilfeanträge auf ihre Berechtigung zu prüfen. Im Jahr 2005 enthielt das digitale geografische Informationssystem des integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystems der Europäischen Union bereits Informationen über rund 50 Millionen landwirtschaftliche Flächen.
Die Kontrolle der Auszahlungen im Rahmen der gemeinsamen Agrarpolitik erfordert zunehmend detaillierte und rechtzeitig vorliegende Informationen. Darüber hinaus machen Landwirte Gebrauch von Geoinformationen und GNSS, um den Anbau zu optimieren, den Düngemittel- und Pestizideinsatz zu verringern und eine optimale Nutzung von Ackerflächen und Wasser zu gewährleisten.
Die GNSS-Nutzung kann geodätische und Katastervermessungen erheblich vereinfachen und verbessern und den Verwaltungen beim Aufbau geeigneter kartografischer Datenbanken helfen wo derzeit Informationen fehlen oder von geringer Qualität sind.
3.10. Energie, Öl und Gas
Die Öl- und Gasindustrie macht umfassenden Gebrauch von der GNSS-Technik sowohl zur Exploration als auch für den Betrieb, sowohl an Land als auch vor der Küste, wo die Genauigkeit und die Leistungsgarantien von Ortungsdiensten von allergrößter Bedeutung sind. Die GNSS-Ortungsfunktionen nutzen auch der Sicherheit des Öl- und Gastransports.
Im Elektrizitätssektor nutzen Stromverteilungsnetze die GNSS-Funktionen für die präzise Zeitgebung zur Synchronisation.
3.11. Suche und Rettung
Die Such- und Rettungsfunktion von GALILEO ist Europas Beitrag zur internationalen Zusammenarbeit bei humanitären Such- und Rettungseinsätzen, im Wesentlichen im Bereich der See- und Luftfahrt. Indem es den Empfang von Notrufen beinahe in Echtzeit von jedem Punkt der Erde mit genauen Positionsangaben und den Kontakt von Rettungseinsatzzentralen mit den in Not befindlichen Personen ermöglicht, wird es die Einsätze erleichtern und die Fehlalarmquote senken, so dass mehr Menschenleben gerettet werden können. Dies hat auch Auswirkungen auf die Bekämpfung der illegalen Einwanderung über See und die Fähigkeit der Vollzugsbehörden, in Seenot geratenen Flüchtlingen zu helfen.
3.12. Andere Anwendungen: Logistik, Umwelt, Wissenschaft, Rechtsvollzug und sonstige Bereiche
Die GNSS-Technik bietet auch Werkzeuge zur Einführung von Verbesserungen im Logistikbereich. Durch die Ermöglichung einer genauen und fortlaufenden Verfolgung und Aufspürung von Kisten, Containern und Paletten werden GNSS-Dienste in Verbindung mit anderen Technologien wie RFID (Radio Frequency Identification Devices) das Management der Lieferketten und das Flottenmanagement bei allen Verkehrsträgern sowohl im Nah- als auch im Fernverkehr verbessern. Außerdem kann die Gefahrenabwehr im Zusammenhang multimodaler Anwendungen durch den Einsatz elektronischer Siegel und anderer ortssensitiver Geräte verstärkt werden.
Die Satellitennavigationstechnik kann in einer Vielzahl von Sektoren nützliche Dienste bieten. Auf vieles konnte in diesem Grünbuch nicht näher eingegangen werden, z.B. öffentliche Verkehrssysteme, öffentliche Arbeiten und Ingenieurbau, Grenzschutz und Einwanderungskontrolle, Polizei, Überwachung Strafgefangener, Biomasseerzeugung und Futtermanagement, Umweltmanagement, medizinische Anwendungen und Behinderte, wissenschaftliche Forschung, Jagd, Sport, Fremdenverkehr, Abfallentsorgung und vieles andere.
FRAGE 1: Bitte geben Sie Ihr Interessengebiet in der obigen Liste (3.1. bis 3.12) an und äußern Ihre Meinung zu folgenden Punkten:
- - Welche Maßnahmen sollten getroffen werden, um die Markteinführung Ihrer Anwendung zu beschleunigen?
- - Angemessenheit des rechtlichen und regulierungsbezogenen Rahmens und Notwendigkeit, diesen weiterzuentwickeln; Vorteile der obligatorischen Nutzung von GNSS oder äquivalenten Ortungssystemen für Ihre ausgewählte Anwendung unter Beachtung der Bestimmungen und Verpflichtungen im Rahmen der Welthandelsorganisation (WTO)
- - Rolle der Behörden
- - Schutz der Bürger (im Sinne der technischen Sicherheit und der Abwehr unrechtmäßiger Eingriffe sowie anderer Aspekte des Zivilschutzes)
- - Nutzen von GNSS
- - Marktaussichten in Ihrem Bereich (bezüglich des erwarteten Nutzungsvolumens)
- - Kostensensitivität
- - Mindestanforderungen an die Genauigkeit und andere Leistungsparameter
- - Zertifizierungsverfahren
- - Integration mit Kommunikationssystemen
- - andere Punkte, die Sie für wichtig halten.
4. Ethische Fragen und schutz der Privatsphäre
Die Möglichkeit, mit Hilfe der Satellitennavigationstechnik den Aufenthaltsort von Menschen und Gütern zu ermitteln und zu verfolgen, hat Auswirkungen auf den Schutz der Privatsphäre.
Der Schutz personenbezogener Daten und der Privatsphäre ist allgemein für alle Bürger von Belang.
Das Recht auf Schutz der Privatsphäre ist in Europa ein hoch entwickeltes Rechtsgut. Alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union haben die Europäische Menschenrechtskonvention unterzeichnet die jeder Person das Recht auf Achtung "ihres Privat- und Familienlebens, ihrer Wohnung und ihrer Korrespondenz" garantiert.
Die meisten Fragen des Schutzes der Privatsphäre im Zusammenhang mit der Satellitennavigation werden durch den jetzigen Rechtsrahmen abgedeckt: Die Richtlinie 95/46/EG regelt die Verarbeitung und Behandlung "personenbezogener Daten" hinsichtlich Transparenz, Rechtmäßigkeit und Verhältnismäßigkeit, und die Richtlinie 2002/58/EG regelt die Verarbeitung personenbezogener Daten und den Schutz der Privatsphäre im Bereich der elektronischen Kommunikation.
FRAGE 2: Wie schätzen Sie den bestehenden Rechtsrahmen für den Schutz der Privatsphäre ein, was die Einführung von GNSS-gestützten Diensten angeht?
Halten Sie zusätzliche Maßnahmen für erforderlich, um bestimmte Fragen des Schutzes der Privatsphäre zu regeln?
5. Massnahmen des öffentlichen Sektors
Gleichzeitig mit dem Aufbau der Infrastruktur für die Satellitennavigation unterstützen die Behörden des öffentlichen Sektors auf nationaler und EU-Ebene die Entwicklung der Satellitennavigationstechnologien. Öffentliche Maßnahmen wurden in einer Reihe von Bereichen ergriffen, unter anderem bei der Forschungsförderung und durch die Verabschiedung eines angemessenen Regulierungsrahmens. Die Bandbreite möglicher öffentlicher Maßnahmen ist im Folgenden dargelegt.
5.1. Forschung und Innovation
Wie in der Strategie von Lissabon hervorgehoben wurde, wird die Forschung als grundlegendes Instrument zur Auslösung von Innovationen und zur Schaffung wirtschaftlichen Wohlstands anerkannt. Zwar hat die EU ihr Ziel, 3 % des BIP bis 2010 in Forschung und Entwicklung zu investieren, noch nicht erreicht (nach neuesten Zahlen belaufen sich die Investitionen auf 1,9 % des BIP), doch sind ermutigende Zeichen zu erkennen dass sowohl die Privatwirtschaft wie auch der öffentliche Sektor mehr für die Forschung ausgeben.
Bislang belaufen sich die öffentlichen und privaten Ausgaben für die Forschung im Bereich der Satellitennavigationsanwendungen in Europa auf über 100 Mio. EUR im Jahr. Dieser Betrag dürfte sich verfünffachen, wenn GALILEO den Regelbetrieb aufnimmt.
FRAGE 3: Sind die Forschungsanstrengungen in Europa insgesamt dem allgemeinen Ziel angemessen, Europa Kompetenz nach dem Stand der Technik zu verschaffen?
Auf welche relevanten Forschungsbereiche sollten sich die Forschungsanstrengungen konzentrieren?
Was ist zu tun, um die Forschungsanstrengungen zu verstärken und die Forschungsergebnisse auf bestmögliche Weise zu nutzen?
5.2. Kleine und mittlere Unternehmen - Exzellenzzentren
KMU gelten als Schlüsselelemente zur Erreichung der Ziele der Strategie von Lissabon, die EU zum wettbewerbsfähigsten wissensbasierten Wirtschaftsraum zu machen.
Zusammenarbeit und Netzwerke von KMU auf europäischer Ebene wurden innerhalb des 6. EU-Forschungsrahmensprogramms gefördert, indem mindestens 8 % der Mittel für diesen Zweck aufgewendet wurden. Es wurden Studien durchgeführt zu Empfangsgeräten mit geringem Stromverbrauch, Methoden zur Ortung in Gebäuden, Mehrfrequenzantennen, Überwachung von Wildtieren und anderen Aspekten.
Mehrere Regionen in Europa haben die Vorteile des Erwerbs von Kenntnissen der Satellitennavigation erkannt. Kompetenzpools für Ortungstechnologien wurden durch die gemeinsame Ansiedlung von Unternehmen, Forschungslabors und Instituten und durch Partnerschaften mit Universitäten, Fakultäten und Ausbildungseinrichtungen geschaffen. Die europäische Kohäsionspolitik wird den Regionen im Zeitraum 2007-2013 einen Anreiz geben vorbildliche Praktiken zur Entwicklung von GALILEO-Anwendungen im Rahmen der Initiative "Regionen für Wirtschaftswandel" auszutauschen.
FRAGE 4: Wie sollten öffentliche Stellen Anreize für KMU schaffen?
Sollten Kompetenzzentren, Ausbildungsprogramme oder andere Instrumente gefördert werden (wenn ja, welche)?
5.3. Internationale Zusammenarbeit
GALILEO bietet der Öffentlichkeit einen konkurrenzlosen internationalen Dienst, wie die Zahl der kooperationswilligen Länder belegt. Die Zusammenarbeit mit nicht der EU angehörenden Ländern, einschließlich Entwicklungsländer, ist wesentlich, um alle Vorteile von GALILEO zu verwirklichen, industrielles Knowhow zu fördern, Anreize für Anwendungen innerhalb und außerhalb der EU zu setzen, weltweite Normen anzunehmen, auf die Märkte in aller Welt zuzugehen und GALILEO in internationalen Gremien zu fördern.
Vereinbarungen zur Zusammenarbeit umfassen Regulierungsaspekte, Zertifizierung und Frequenzen ebenso wie Rechte am geistigen Eigentum, wissenschaftliche Forschung und Maßnahmen im industriellen Bereich.
Durch die Kompatibilität von GALILEO und GPS wird sichergestellt, dass Empfangsgeräte hervorragender Leistung verfügbar sind. Diese Kompatibilität könnte auch für eine dritte Konstellation gelten, wenn Verhandlungen zwischen der EU und Russland über ein Programm zur Weiterentwicklung von GLONASS abgeschlossen werden.
FRAGE 5: Welche Kooperationsmaßnahme ist als wichtigste umzusetzen?
Ist eine bestimmte Weltgegend besonders anzuvisieren?
5.4. Normung, Zertifizierung und Haftung
Um die künftige Marktdurchdringung der GALILEO-Dienste zu erleichtern, haben sowohl der öffentliche als auch der private Sektor für GALILEO spezifische Normungstätigkeiten durchgeführt. Leistungsnormen für Empfangsgeräte wurden festgelegt und konkrete
Maßnahmen im Bereich der Luft- und Seefahrt im Rahmen der Internationalen Zivilluftfahrt-Organisation (ICAO) und der Internationalen Seeschifffahrtsorganisation (IMO) eingeleitet.
Mit Kreisen des Schienen- und Straßenverkehrs wird daran gearbeitet, spezifische Normungsanforderungen zu erfüllen. Anbieter anderer standortbezogener Dienste beteiligen sich an der Ausarbeitung von GALILEO-Normen.
FRAGE 6: Sind Sie der Meinung, dass größere Anstrengungen unternommen werden müssten, um Normen für Geräte und Dienste der Satellitennavigation zu schaffen und auf welcher Ebene sollte dies geschehen?
Anwendungen, bei denen die Aspekte Sicherheit und Haftung eine Rolle spielen, setzen die Zertifizierung von Ausrüstungen und Diensten voraus. Die Bewertung von Ortungssystemen und Leistungen von Anwendungen müssen mit Methoden der Sicherheitsbewertung ("Safety cases") vorgenommen werden. Sowohl die Systemauslegung als auch Betriebsverfahren müssen zertifiziert werden, um die Erfüllung der Anforderungen an sicherheitskritische Anwendungen zu belegen.
Das Egnos-System wird im Einklang mit den Verordnungen zum einheitlichen europäischen Luftraum zertifiziert. Für GALILEO wird die Europäische GNSS-Aufsichtsbehörde ein Zertifizierungsbegleitgremium ernennen, das die verschiedenen Regulierungsstellen für sicherheitskritische Nutzungen ("Safety of Life"), z.B. die Europäische Agentur für Flugsicherheit, konsultieren wird.
FRAGE 7: Für welche Sicherheitsanwendungen halten Sie eine Zertifizierung für notwendig?
Sind die Anforderungen an die Infrastruktursicherheit von GALILEO ausreichend um als Grundlage für die Systemzertifizierung zu dienen, einschließlich des Aspekts der Infrastrukturlebensdauer?
Wo sehen Sie Haftungsprobleme und wie sollten diese am besten bewältigt werden?
5.5. Frequenzen
Die internationale Frequenzvergabe erfolgt in voller Übereinstimmung mit den Regeln der Internationalen Fernmeldeunion (ITU) und in Europa in Übereinstimmung mit der
Frequenzentscheidung15. Die Sicherung des Funkfrequenzspektrums und die Förderung der Zuweisung neuer Frequenzbänder sind Schlüsselziele im Interesse der Gewährleistung sicherer und garantierter Dienstleistungen für alle Nutzer. Es wird darauf hingewiesen, dass diese Fragen auch Gegenstand einer umfassenderen Erörterung im Zusammenhang mit der Überarbeitung des EU-Regulierungsrahmens für die elektronische Kommunikation sind16.
Eine ständige Leistungsverbesserung setzt eine entsprechende Frequenzvergabe voraus.
FRAGE 8: Halten Sie künftig eine bessere Koordinierung des Frequenzspektrums auf internationaler und europäischer Ebene für notwendig?
Sollten Maßnahmen hinsichtlich potenzieller Interferenzquellen getroffen werden?
5.6. Rechte an geistigem Eigentum
Das Ertragspotenzial liegt in der Satellitennavigation beim Nutzersegment, wobei die Zahl der Nutzer wesentlich wachsen dürfte. Erfindungen bezüglich der von GNSS-Empfängern genutzten Methoden für den Empfang und die Demodulierung der Signale und der zugehörigen Verarbeitungsalgorithmen können durch Patente geschützt sein. Sie können auch den Signalinhalt und die in GNSS-Empfänger einzubauenden Chipsätze betreffen. Auch der Urheberrechtsschutz kann in bestimmten Bereichen von Belang sein, besonders hinsichtlich Signalverarbeitung und Signalinhalt.
FRAGE 9: Sind Sie der Meinung, dass die derzeitigen Regeln zum Schutz der Rechte an geistigem Eigentum in ausreichendem Maß gewährleisten, dass Innovatoren Nutzen aus ihrer Tätigkeit ziehen können und diese Innovationen gleichzeitig den Nutzern zugute kommen?
5.7. Einzelstaatliches Recht und Systeme sowie Richtlinien und Verordnungen der EU
Neue Technologien und Innovationen sind in modernen Gesellschaften von großer Bedeutung. Der Gesetzgeber muss gewährleisten, dass Nutzeffekte im breiten Rahmen einen angemessenen Niederschlag finden und dass Informationen tatsächlich verwendet und Innovationen umfassend genutzt werden.
Der Einsatz der Satellitennavigation ist verschiedenerseits bereits auf lokaler, regionaler oder nationaler Ebene vorgeschrieben. Europäische Rechtsvorschriften wurden in den letzten Jahren für verschiedene Bereiche verabschiedet, ausgehend von der Überlegung, dass die GNSS-Technik eine leichtere und rationellere Durchführung von Tätigkeiten sowie die Erbringung besserer Dienstleistungen für die Bürger ermöglicht und Kosten senkt.
FRAGE 10: Stehen der Markteinführung Ihrer Anwendung rechtliche oder regulatorische Hindernisse auf einzelstaatlicher oder gemeinschaftlicher Ebene entgegen?
Sind einzelstaatliche Rechtsvorschriften oder Richtlinie bzw. Verordnungen der EU in dem Bereich, in dem Ihre Anwendung genutzt werden soll, erforderlich?
Bitte geben Sie die betreffenden Bereiche und die zu erwartenden Vorteile im Einzelnen an. Welcher Ansatz sollte hinsichtlich des europäischen Funknavigationsplans verfolgt werden?
6. Schluss
In diesem Grünbuch werden der Rahmen für die Entwicklung von Anwendungen der Satellitennavigation dargelegt und zu erörternde Fragen gestellt. Das Grünbuch soll die Branche, öffentliche Stellen, Verbrauchervertreter und die Verbraucher selbst dazu anregen, neue Ideen vorzuschlagen, damit konkrete Ziele und die am besten geeigneten Maßnahmen des öffentlichen Sektors hinsichtlich der GNSS-Technik formuliert werden können.
Das 7. Forschungsrahmenprogramm wird zur Stützung öffentlicher Initiativen herangezogen werden. Die Demonstrationen und vollumfänglichen Diensterprobungen werden das für den Aufbau neuer Geschäftstätigkeiten notwendige Vertrauen schaffen.
Im September 2007 wird die Kommission eine Auswertung der Ergebnisse der öffentlichen Debatte vorlegen und einen Aktionsplan mit praktischen Maßnahmen vorschlagen, die ab 2008 durchgeführt werden sollen. Bei dieser Auswertung und den auf der Basis dieses Grünbuchs möglicherweise vorgeschlagenen Maßnahmen wird die Kommission dem Grundsatz der Technologieneutralität Rechnung tragen und für die Wettbewerbsfähigkeit aller Industriebereiche und die Interessen und Rechte der Verbraucher eintreten.
- 1 Beiträge können auch an folgende Anschrift gesendet werden: Europäische Kommission, Generaldirektion Energie und Verkehr, Referat GALILEO - Grünbuch, B-1049 Brüssel, Belgien.
- 2 Mitteilung der Kommission KOM (2005) 431.
- 3 Die Verarbeitung von Informationen über den Standort des Anrufers für die Zwecke ortsbezogener Notrufdienste (E112) wird von der Empfehlung K(2003)2657 der Kommission abgedeckt (ABl. L 189 vom 29.7.2003, S. 49).
- 4 Aktionsplan für Energieeffizienz: Das Potenzial ausschöpfen, KOM (2006) 545.
- 5 Empfehlung der Kommission 2003/558/EG.
- 6 Mitteilung der Kommission KOM (2005) 431.
- 7 Entschließung A.953(23) zu einem weltweiten Funknavigationssystem und Entschließung A.915(22) zur Seeschifffahrtspolitik und Anforderungen an ein künftiges globales Navigationssatellitensystem.
- 8 Beispielsweise WAAS und EGNOS (weltraumgestützte Systeme zur Verbesserung der GPS-Ortung über den USA bzw. über Europa) oder die IALA-Infrastruktur für das Differenzial-GPS.
- 9 Entschließung A.915(22) zur Seeschifffahrtspolitik und Anforderungen an ein künftiges globales Navigationssatellitensystem.
- 10 Richtlinie 2002/59/EG.
- 11 Verordnungen (EG) Nr. 1489/97 und 2244/2003.
- 12 ICAO-Empfehlungen 6/1 und 6/2 der 11. Flugnavigationskonferenz.
- 13 Europäisches Übereinkommen über die internationale Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße (ADR), Europäisches Übereinkommen über die internationale Beförderung gefährlicher Güter auf dem Rhein (ADNR), Europäisches Übereinkommen über die internationale Beförderung gefährlicher Güter auf Binnenschifffahrtswegen (AND), Internationaler Code für die Beförderung gefährlicher Güter mit Seeschiffen (IMDG-Code) usw.
- 14 Verordnung 796/2004, Artikel 30.
- 15 Entscheidung 676/2002/EG.
- 16 KOM (2006) 334 vom 29. Juni 2006.