A
Der Ausschuss für Innere Angelegenheiten (In), der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (U) und der Wirtschaftsausschuss (Wi) empfehlen dem Bundesrat, zu der Vorlage gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG wie folgt Stellung zu nehmen:
Zur Vorlage insgesamt
- 1. Der Bundesrat sieht das Erfordernis, die Seveso-II-Richtlinie an das geänderte EU-Chemikalienrecht anzupassen und begrüßt die Absicht der Kommission, dieses rechtzeitig durchführen zu wollen. Ebenso wird begrüßt, dass bei der notwendigen Anpassung Klarstellungen und Konkretisierungen sowie redaktionelle Änderungen vorgenommen werden sollen, um die Richtlinie insgesamt klarer und verständlicher zu formulieren. Der Bundesrat bedauert allerdings, dass die Regelungstiefe in Teilen erheblich über das Maß einer Richtlinie hinausgeht und damit in Organisationsstrukturen der Mitgliedstaaten eingreift.
(bei Annahme entfällt Ziffer 2)
- 2. Der Bundesrat begrüßt die Absicht der Kommission, die Seveso-II-Richtlinie an das geänderte EU-Chemikalienrecht anzupassen. Der Bundesrat bedauert allerdings, dass entgegen bisherigen Ankündigungen nicht nur eine überwiegend stoffbezogene Anpassung der Richtlinie an die CLP-Verordnung erfolgt ist, sondern die Änderungen weit darüber hinausgehen.
(entfällt bei Annahme von Ziffer 1)
- 3. Auch wird bedauert, dass nicht ausreichend auf die Vermeidung von Doppelregelungen geachtet wurde. Der Bundesrat bittet daher die Bundesregierung, sich in den weiteren Verhandlungen für eine substanzielle Verbesserung einzusetzen, die die genannten Kritikpunkte berücksichtigt.
Zur Anpassung an den AEUV
- 4. Artikel 23 in Verbindung mit den Artikeln 24 bis 26 des Richtlinienvorschlags sieht vor, dass die Anhänge I bis VII mittels "delegierter Rechtsakte" an den technischen Fortschritt angepasst werden. Da Anhang I in Verbindung mit Artikel 2 ein Kernpunkt der vorgeschlagenen Richtlinie ist, in dem entschieden wird, ob ein Betriebsbereich unter die Seveso-II-Richtlinie fällt oder nicht, wird die Möglichkeit der Änderung des Anhangs I durch den Erlass "delegierter Rechtsakte" abgelehnt.
Dies gilt auch für den neu geschaffenen Artikel 4 "Ausnahmeregelungen und Schutzklauseln", in dem ebenfalls die Änderung des Anhangs I durch "delegierte Rechtsakte" vorgesehen ist.
Eine inhaltlich sinnvolle Beteiligung der Mitgliedstaaten bzw. der Länder ist in dem in Artikel 26 festgelegten Zeitraum von zwei bis drei Monaten nicht durchführbar. Unter Beachtung des Subsidiaritätsgrundsatzes ist hier ein stärkerer Einbezug der Mitgliedstaaten geboten.
Der Bundesrat bittet daher die Bundesregierung, sich im weiteren Rechtsetzungsverfahren dafür einzusetzen, dass eine Änderung des Anhangs I, wie in der aktuellen Fassung der Richtlinie auch, nur im Rahmen des ordentlichen Gesetzgebungsverfahrens gemäß Artikel 289 AEUV möglich ist.
(bei Annahme entfällt Ziffer 5)
5. Zu Artikel 23 und 24 (Änderung der Anhänge, Ausübung der Befugnisübertragung)
Der Bundesrat lehnt die von der Kommission beabsichtigte Verfahrensweise für die Anpassung der Anhänge I bis VII durch delegierte Rechtsakte nach Artikel 290 Absatz 1 AEUV ab und spricht sich dafür aus, das Verfahren der "Durchführungsrechtsakte" (Artikel 291 AEUV) in der vorgeschlagenen Richtlinie zu verankern. Es handelt sich bei den Anhängen gerade nicht um "nicht wesentliche Vorschriften". Die Anhänge entscheiden vielmehr darüber, ob ein Betriebsbereich unter die Seveso-II-Richtlinie fällt oder nicht, und betreffen somit den Kern der Richtlinie. Die Anhänge dürfen deshalb nur unter maßgeblicher Beteiligung der Mitgliedstaaten geändert werden.
Der Bundesrat bittet deshalb die Bundesregierung, sich dafür einzusetzen, dass Änderungen der Anhänge der Richtlinie, die maßgebliche Auswirkungen auf den Anwendungsbereich haben, nicht durch delegierte Rechtsakte nach Artikel 290 Absatz 1 AEUV erfolgen können.
(entfällt bei Annahme von Ziffer 4; bei Annahme entfällt Ziffer 6)
6. Zu Artikel 23 und 24 (Änderung der Anhänge II bis VII, Ausübung der Befugnisübertragung)
Der Bundesrat lehnt die von der Kommission beabsichtigte Verfahrensweise für die Anpassung der Anhänge II bis VII durch delegierte Rechtsakte nach Artikel 290 Absatz 1 AEUV ab, und spricht sich dafür aus, das Verfahren der "Durchführungsrechtsakte" (Artikel 291 AEUV) in der vorgeschlagenen Richtlinie zu verankern. Es handelt sich bei den Anhängen gerade nicht um "nicht wesentliche Vorschriften". Die Anhänge entscheiden vielmehr darüber, ob ein Betriebsbereich unter die Seveso-II-Richtlinie fällt oder nicht und betreffen somit den Kern der Richtlinie. Die Anhänge dürfen deshalb nur unter maßgeblicher Beteiligung der Mitgliedstaaten geändert werden.
Der Bundesrat bittet deshalb die Bundesregierung, sich dafür einzusetzen, dass Änderungen der Anhänge der Richtlinie, die maßgebliche Auswirkungen auf den Anwendungsbereich haben, nicht durch delegierte Rechtsakte nach Artikel 290 Absatz 1 AEUV erfolgen können.
Zu den einzelnen Vorschriften
Zu Artikel 2 i.V.m. Anhang I (Anwendungsbereich, Verzeichnis der gefährlichen Stoffe)
- 7. Die von der Kommission vorgeschlagenen Änderungen des Anhangs I "Verzeichnis der gefährlichen Stoffe" führen zu einer deutlichen Erweiterung des Anwendungsbereichs der Seveso-II-Richtlinie, dadurch würden insbesondere kleine und mittlere Betriebe erstmals in den Anwendungsbereich der Richtlinie fallen, ohne dass das Unfallgeschehen hierzu eine Veranlassung gäbe.
Der Bundesrat bittet daher die Bundesregierung, sich im Rahmen der weiteren Beratungen dafür einzusetzen, dass Anhang I so ausgestaltet wird, dass keine Ausdehnung des Anwendungsbereichs erfolgt, die nicht zwingend durch die Anpassung an die CLP-Verordnung erforderlich ist.
Zu Artikel 3 Absatz 9
- 8. Für gefährliche Stoffe oder Gemische, die in Anhang I Teil 1 oder 2 aufgeführt und als Rohstoff, Endprodukt, Nebenprodukt, Rückstand oder Zwischenprodukt vorhanden sind, einschließlich derjenigen, bei denen realistischerweise davon auszugehen ist, dass sie bei einem Unfall anfallen, ist eine sprachliche Klarstellung zu treffen.
Zu Artikel 4
- 9. Der in Artikel 4 enthaltene Vorschlag wird vom Bundesrat abgelehnt. Begründet wird dieser Artikel mit der Notwendigkeit einer Korrektur, weil unklar ist, welche Auswirkungen die Einstufungen nach der CLP-Verordnung haben werden. Der Artikel kann demnach nur auf Stoffe und Gemische angewendet werden, die den Kriterien nach Anhang I Teil 1 entsprechen. Es wird unterstellt, dass Stoffe, denen nach der CLP-Verordnung ein Gefährlichkeitsmerkmal zugewiesen wurde, tatsächlich nicht diese Gefährdung haben. Diese Systematik ist in sich nicht nachvollziehbar, da sie ein bestehendes abgeglichenes System unterläuft.
Der Bundesrat sieht es als sinnvoller an, auf Grund vorhandener betrieblicher Bedingungen den Betrieb von einzelnen Auflagen und Anforderungen befreien zu können. Eine generelle Entlassung würde vom Einzelfall zum Allgemeinfall werden.
Zu Artikel 5 Absatz 1
- 10. In Artikel 5 Absatz 1 sollte dafür Sorge getragen werden, dass die Mitgliedstaaten den Betreiber verpflichten, alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um schwere Unfälle zu verhüten und deren Folgen für die menschliche Gesundheit, Sachwerte und Umwelt zu begrenzen. Dazu ist es notwendig, die in Artikel 3 Nummer 12 bereits genannten "Sachwerte" auch in Artikel 5 Absatz 1 entsprechend zu berücksichtigen.
Zu Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe g
- 11. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung darauf hinzuwirken, dass der Begriff "genaue Angaben" im weiteren Verfahren präzisiert wird. So wäre eine Konkretisierung oder beispielhafte Nennung von betroffenen Elementen ein praktikabler Weg. Darüber hinaus sieht der Bundesrat es als kritisch an, dass Betriebe, die nicht den Regularien der Richtlinie unterstehen, Daten liefern müssen.
Zu Artikel 6 Absatz 2 Buchstabe b
- 12. Der Bundesrat sieht die in der vorgeschlagenen Richtlinie festgelegte Frist von einem Jahr als zu lang an. Bestehende Betriebe fallen bereits unter die alte Verordnung, so dass davon auszugehen ist, dass diese über die Änderungen im Vorfeld ausreichend informiert sind. Betriebe, die mit gefährlichen Stoffen umgehen, sollten ebenfalls bereits im Vorfeld Kenntnis von der Richtlinie haben und ihr Stoffpotenzial diesbezüglich prüfen. Anstatt die Fristen für beide Bereiche auf ein Jahr zu legen, sollten nach Auffassung des Bundesrates für beide Bereiche drei Monate ausreichend sein.
Zu Artikel 7
- 13. Die Bundesregierung wird gebeten darauf hinzuwirken, dass im Konzept zur Verhütung schwerer Unfälle weiterhin die Grundsätze aus Anhang III der Richtlinie bezüglich des Managementsystems und der Betriebsorganisation im Hinblick auf die Verhütung schwerer Unfälle - Sicherheitsmanagementsystem (SMS) - zu berücksichtigen sind.
Auch Betriebe der unteren Klasse (Betriebe mit Grundpflichten nach der Störfall-Verordnung) sind auf Grund ihres Stoffpotenzials in der Lage, schwere Unfälle zu verursachen. Neben den Anforderungen an die technische Ausführung von Anlagen solcher Betriebe stellt insbesondere das Sicherheitsmanagementsystem ein wichtiges Instrument zur Erreichung eines hohen Sicherheitsniveaus dar.
In den Erwägungsgründen der Seveso-II-Richtlinie 96/82/EG wurde bezüglich des Erfordernisses für Sicherheitsmanagementsysteme (SMS) nicht zwischen Betrieben der unteren Klasse und Betrieben der oberen Klasse differenziert, sondern eine allgemeine Notwendigkeit gesehen:
"(Nummer 15) Eine Analyse der in der Gemeinschaft gemeldeten schweren Unfälle zeigt, dass in den meisten Fällen Management- bzw. organisatorische Mängel die Ursache waren. Es müssen deshalb auf Gemeinschaftsebene grundlegende Prinzipien für die Managementsysteme festgelegt werden, die geeignet sein müssen, den Gefahren schwerer Unfälle vorzubeugen und sie zu verringern und die Unfallfolgen zu begrenzen". Dessen Einführung und Aufrechterhaltung ist in Deutschland und weiteren Mitgliedstaaten inzwischen auch für Betriebe der unteren Klasse bewährte Praxis. Insofern würde der Wegfall der Verpflichtung, für Betriebe der unteren Klasse ein Sicherheitsmanagementsystem einzuführen und aufrecht zu erhalten, zu einer Verringerung der Sicherheit bei diesen Betrieben führen.
Zu Artikel 9 Absatz 1 Buchstabe e, Artikel 12 Absatz 1 Buchstabe c, Artikel 14 Absatz 1 Buchstabe c, Anhang II Nummer 2 Buchstabe c
- 14. Der Begriff "Bauprojekte" entspricht weder dem bisherigen Wortlaut noch der englischen Fassung. Im Originaltext liegt keine begriffliche Änderung vor, so dass auch an dieser Stelle ein Übersetzungsfehler denkbar ist. Der Bundesrat bittet, dies entsprechend klarzustellen.
Zu Artikel 9 Absatz 6
- 15. Der bisherige Artikel 9 Absatz 6 (alte Fassung) ist entfallen. Die Möglichkeit eines reduzierten Sicherheitsberichts sollte aber bestehen bleiben. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, darauf hinzuwirken.
Zu Artikel 11 Absatz 1 Buchstabe c
- 16. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, im weiteren Verfahren darauf hinzuwirken, dass in Artikel 11 Absatz 1 Buchstabe c des Richtlinienvorschlags die Wörter "innerhalb eines Jahres nach Erhalt der Informationen von dem Betreiber gemäß Buchstabe b" gestrichen werden.
Begründung:
Artikel 11 Absatz 1 Buchstabe c der Richtlinie 96/82/EG bestimmt, "dass die von dem Mitgliedstaat hierzu benannten Behörden einen externen Notfallplan für Maßnahmen außerhalb des Betriebs erstellen".
Diese Regelung sollte beibehalten werden.
In Anbetracht der komplexen Ausgangssituation, die neben Ortsbegehungen etc. - auch umfangreiche Abstimmungen zwischen den Betreibern, den zu beteiligenden Stellen und den für die Erstellung der externen Notfallpläne zuständigen Behörden erfordert, sowie vor dem Hintergrund der einzuhaltenden Auslegungsfristen würde die "Ein-Jahres-Frist" die vom Mitgliedstaat benannten Behörden vor immense oft nur schwer lösbare - Probleme stellen.
Zu Artikel 12
- 17. Sowohl in der Überschrift zu Artikel 12 wie auch im Text dieser Bestimmung sollte deutlich zum Ausdruck kommen, dass es weder allein um Planungsprozesse noch allein um solche auf der örtlichen Ebene geht. Als Titel für Artikel 12 wäre insofern "Raumordnung und Flächennutzung" sachgerecht. Damit soll die Bedeutung der Gefahren bei schweren Unfällen mit gefährlichen Stoffen als Gegenstand und Anlass auf der überörtlichen Ebene der Planung unterstrichen und für die Bundesraumordnung, Landes- und Regionalplanung z.B. durch Raumordnungsprogramme und -pläne etc., aber auch Raumordnungsverfahren wirksam gemacht werden. Daneben soll auch zum Ausdruck kommen, dass es nicht nur um Planungen, sondern gerade auch um Entscheidungen im Umfeld von Betrieben mit spezifischen Gefahren schwerer Unfälle geht (s. a. den Vorlagebeschluss des Bundesverwaltungsgerichts beim Europäischen Gerichtshof, BVerwG, Beschluss vom 3. Dezember 2009 - 4 C 5.09).
Zu Artikel 12 Absatz 2 Buchstabe a
- 18. In der alten Fassung bezog sich das "soweit möglich" in einer Klammer stehend nur auf Verkehrswege. Im englischen Text bezieht sich diese Einschränkung auch nur auf Verkehrswege. Die Verlagerung an das Ende des Satzes schränkt den Wirkbereich dieser Regelung erheblich ein, da dann immer die Möglichkeit zu prüfen ist. Diese Einschränkung entspricht nicht den Vorgaben der Originalfassung. Eine Klarstellung ist notwendig, um die Intention der Richtlinie zu verdeutlichen.
Zu Artikel 13 (Unterrichtung der Öffentlichkeit)
- 19. Der Richtlinienvorschlag beinhaltet eine Ausweitung des Zugangs der Öffentlichkeit zu Sicherheitsinformationen, insbesondere zur Zusammenfassung der Einzelheiten von Inspektionen. Es besteht dadurch die Gefahr, dass sicherheitsrelevante Daten oder Informationen über mögliche Schwachstellen einzelner Anlagen Ansatzpunkte für Eingriffe Unbefugter darstellen, unter Umständen sogar für gezielte terroristische Anschläge genutzt werden könnten. Die derzeitige Regelung hat sich bewährt und sollte deshalb beibehalten werden.
Die Bundesregierung wird deshalb gebeten, sich dafür einzusetzen, dass die bestehenden Informationspflichten aus sicherheitstechnischen Gründen nicht wesentlich ausgeweitet werden.
Zu Artikel 14
- 20. Artikel 14 Absatz 1 kann so verstanden werden, dass generell für Betriebsbereiche eine umfassende Öffentlichkeitsbeteiligung geplant ist. Dies heißt aber im Umkehrschluss auch, dass die 4. BImSchV angepasst werden muss, sofern man nicht den Weg der Öffentlichkeitsbeteiligung über das Baurecht möchte. Bereits in der Vorhabenverordnung zum UGB war geplant, Betriebsbereiche mit erweiterten Pflichten (upper tier) in Spalte 1 des Anhangs zur 4. BImSchV und Betriebsbereiche mit Grundpflichten (lower tier) in Spalte 2 des Anhangs zur 4. BImSchV aufzunehmen. Es muss deshalb darauf geachtet werden, dass die im Kommissionsvorschlag enthaltene umfassende Öffentlichkeitsbeteiligung nur für "Uppertier-Betriebsbereiche" eingeführt wird.
Ferner wird die in Artikel 14 Absatz 2 Buchstabe d vorgeschlagene Veröffentlichung von Entscheidungsentwürfen abgelehnt.
Zu Artikel 14 Absatz 3 bis 6
- 21. Die Richtlinie 2003/4/EG regelt die Zugänglichkeit der Öffentlichkeit zu Umweltinformationen. Sie regelt auch die Rechte der Beteiligten am und im Verfahren. Der Bundesrat vertritt die Auffassung, dass die Absätze 3 bis 6 deshalb zur Vermeidung von Doppelregelungen entfallen sollten.
Zu Artikel 16
- 22. Das durch die Kommission geplante einheitliche Berichtsformular wird grundsätzlich begrüßt. Der Umfang der zu machenden Angaben ist allerdings aus Gründen der Verständlichkeit und Effizienz auf das Wesentliche zu beschränken.
Zu Artikel 17
- 23. Die Bundesregierung wird gebeten darauf hinzuwirken, dass klargestellt wird, dass in Artikel 17 Absatz 1 Satz 2 die für den Vollzug des Störfallrechts gegenüber dem Betreiber zuständigen Behörden angesprochen sind.
Artikel 17 verpflichtet die Mitgliedstaaten, zuständige Behörden zu benennen, und regelt auf europäischer Ebene die Einrichtung eines Forums, an dem Vertreter der zuständigen Behörden teilnehmen. Aus diesen Regelungen können in Bezug auf die föderale Verwaltungsstruktur in Deutschland Probleme resultieren.
Da für den Vollzug von Bundesrecht grundsätzlich die Länder zuständig sind, existiert in Deutschland keine insoweit einheitliche Behörde. Die Bundesregierung und die Bundesoberbehörden sind hier nicht verantwortlich und haben keine diesbezüglichen Aufsichtsrechte.
Artikel 17 Absatz 1 kann so verstanden werden, dass hier die für den Vollzug des Störfallrechts gegenüber dem Betreiber zuständigen Ordnungsbehörden angesprochen sind. Diese Aufgaben fallen bei den Immissionsschutz-, Arbeitsschutz- und Gefahrenabwehrbehörden an und können über eine landesrechtliche Zuständigkeitsbestimmung entsprechend bei einer Behörde (etwa der Bezirksregierung) koordiniert werden.
Zu Artikel 17 Absatz 2
- 24. Der Bundesrat lehnt die Einrichtung eines neuen Gremiums gemäß Artikel 17 Absatz 2 ab. Für die fachliche Beratung und Unterstützung der Kommission sollten vielmehr die vorhandenen Gremien IMPEL (European Union Network for the Implementation and Enforcement of Environmental Law) und CCA (Committee of Competent Authorities) genutzt werden.
Zu Artikel 19
- 25. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, sich in den weiteren Verhandlungen dafür einzusetzen, dass das bestehende und bewährte Inspektionsprogramm nicht unnötig erweitert wird.
Zielsetzung und Umfang des Inspektionsprogramms in der geltenden Seveso-II-Richtlinie sind angemessen und haben sich in der Praxis bewährt. Sie geben den Behörden den notwendigen Freiraum, eigene Schwerpunkte bei der Anlagensicherheit zu setzen und auf aktuelle Entwicklungen flexibel zu reagieren. Für die im Richtlinienvorschlag vorgesehene Erweiterung der Inspektionstätigkeit, insbesondere durch die Verkürzung der Fristen für die Regelkontrollen ohne Möglichkeit einer Fristenverlängerung, gibt es keine Veranlassung. Auch aus dem abnehmenden Trend des Unfallgeschehens lässt sich das Erfordernis für eine Ausweitung der Inspektionstätigkeit nicht ableiten.
- 26. Zu den Inspektionen sind Klarstellungen von Begriffen im Hinblick auf die Vollzugstauglichkeit der Vorschrift erforderlich.
Zu Artikel 19 Absatz 7
- 27. Der Bundesrat ist der Auffassung, dass die Frist für die Mitteilung zu kurz ist. Die Mitteilung der Ergebnisse ist kurzfristig sinnvoll, die Bearbeitung derselben nimmt aber einen längeren Zeitraum in Anspruch. Aus diesem Grund sollte die bisherige Formulierung beibehalten werden.
Zu Artikel 20 Absatz 2 und 3
- 28. Die Daten werden nach Artikel 13 Absatz 1 bereits in elektronischer Form gefordert. Somit haben alle Interessierten darauf Zugriff. Es ist nicht erkennbar, welchen Nutzen eine Datenbank nach Artikel 20 Absatz 3 hat. Durch eine zusätzliche Datenbank wird auch nicht der nach Absatz 1 propagierte Zweck des Austausches von Informationen zur Verhütung schwerer Unfälle erreicht. Der Bundesrat empfiehlt, Artikel 20 Absatz 2 und 3 zu streichen.
Zu Artikel 21 und Artikel 22
- 29. Die Informationspflichten sowie die Zugangsmöglichkeiten zu Gerichten sind ausreichend in bereits bestehenden Richtlinien geregelt. Eine Aufnahme an dieser Stelle bedeutet eine Doppelregelung und ist daher entbehrlich. Der Bundesrat spricht sich dafür aus, Artikel 21 und 22 zu streichen.
Zu Anhang I
- 30. In Anhang I ist dem Vorschlag der Kommission für Anlagensicherheit (KAS), die Mengenschwelle für Dioxine und Furane auf 1 mg festzusetzen, unbedingt Rechnung zu tragen.
Zu Anhang V Teil 1 Nummer 6
- 31. Diese Angaben sind im Rahmen der Informationspflicht zum Schutz der Öffentlichkeit nach Auffassung des Bundesrates im Falle von schweren Unfällen nicht erforderlich.
Zu Anhang V Teil 2 Nummer 1
- 32. Die Information der Öffentlichkeit über Störfallszenarien und deren Herleitung (Anhang V) ist nicht geeignet, bei der Nachbarschaft einen Erkenntnisgewinn herbeizuführen. Es muss vielmehr befürchtet werden, dass die Öffentlichkeit verunsichert wird und die in den Störfallszenarien untersuchten hypothetischen Störfälle, bezogen auf die eigene Gefahr, nicht richtig eingeordnet werden. Die derzeitige Regelung hat sich bewährt und sollte deshalb beibehalten werden.
- 33. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung daher, im weiteren Verfahren darauf hinzuwirken, dass in Anhang V, Teil 2 die Nummer 1 ersatzlos gestrichen wird. Begründung zu Ziffer 33:
Die in Anhang V, Teil 2, Nummer 1 für Betriebe der oberen Klasse enthaltene Verpflichtung, der Öffentlichkeit auch eine Zusammenfassung der Einzelheiten der Szenarien schwerer Unfälle nebst den Vorfällen, die für das Eintreten jedes dieser Szenarien ausschlaggebend sein könnten, ständig zugänglich zu machen, einschließlich in elektronischer Form, erscheint nicht notwendig bzw. sogar kontraproduktiv. Für die betroffene Bevölkerung kommt es entscheidend darauf an, dass sie im Vorfeld eines schweren Unfalls darüber informiert wird, wie sie vor einem schweren Unfall gewarnt wird, wie sie über dessen Verlauf fortlaufend unterrichtet wird und wie sie sich bei einem schweren Unfall verhalten soll; diese Informationen sind in Anhang V, Teil 2, Nummer 2 und 3 richtigerweise vorgesehen. Informationen über Szenarien schwerer Unfälle nebst den Vorfällen, die für das Eintreten jedes dieser Szenarien ausschlaggebend sein könnten, gehören jedoch nicht dazu. Solche Informationen sind im Gegenteil potenziell geeignet, Personen mit unlauteren Absichten Informationen über das Gefährdungspotenzial und die sicherheitskritischen Teile eines Betriebs zu geben; ein Mehrgewinn an Sicherheit, wie von dem Richtlinienvorschlag beabsichtigt, ist damit nicht verbunden, vielmehr ist das Gegenteil der Fall: Es wird ein neues Risikopotenzial eröffnet.
Zur Qualität der Übersetzung
- 34. Die Bundesregierung wird gebeten darauf hinzuwirken, dass die Qualität auch der deutschen Übersetzung verbessert wird, insbesondere, dass die Übersetzung englischer Begriffe im vorliegenden Vorschlag korrekt und durchgängig gleich erfolgt sowie gegenüber der Richtlinie 96/82/EG nicht geändert wird.
B
- 35. Der federführende Ausschuss für Fragen der Europäischen Union, der Ausschuss für Arbeit und Sozialpolitik und der Rechtsausschuss empfehlen dem Bundesrat, von der Vorlage gemäß § § 3 und 5 EUZBLG Kenntnis zu nehmen.