- Zielsetzung
-
Mit dem Gesetz soll die Richtlinie 98/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über den rechtlichen Schutz biotechnologischer Erfindungen vom 6. Juli 1998 (Biotechnologierichtlinie) in das nationale Recht umgesetzt werden. Nach Artikel 15 der Biotechnologierichtlinie war die Umsetzung der Richtlinie in das nationale Recht bis zum 30. Juli 2000 vorzunehmen.
- Lösung
-
Die Biotechnologierichtlinie soll durch Ergänzung des Patentgesetzes, des Gebrauchsmustergesetzes und des Sortenschutzgesetzes umgesetzt werden. Die Vorschriften der Richtlinie über die Hinterlegung biologischen Materials (Artikel 13 und 14) werden nicht durch dieses Gesetz umgesetzt. Sie sollen durch eine Verordnung gemäß § 34 Abs. 8 des Patentgesetzes umgesetzt werden, weil sie Vorschriften mit eher technischem Charakter enthalten, die sich in besonderem Maße für eine Rechtsverordnung eignen.
- Alternativen Keine
- Kosten der öffentlichen Haushalte
1. Haushaltsausgaben ohne Vollzugsaufwand: Keine
2. Vollzugsaufwand: Keiner
E. Sonstige Kosten
Eine Auswirkung auf das allgemeine Preisniveau ist nicht zu erwarten.
Gesetzentwurf
der Bundesregierung
Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie über den rechtlichen Schutz biotechnologischer Erfindungen
Bundesrepublik Deutschland Berlin, den 15. August 2003 Der
Bundeskanzler
An den
Präsidenten des Bundesrates Herrn
Ministerpräsidenten Prof. Dr. Wolfgang Böhmer
Sehr geehrter Herr Präsident,
hiermit übersende ich gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes den von der Bundesregierung beschlossenen
Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie über den rechtlichen Schutz biotechnologischer Erfindungen
mit Begründung und Vorblatt.
Federführend ist das Bundesministerium der Justiz. Mit freundlichen Grüßen
Gerhard Schröder
Entwurf eines Gesetzes
zur Umsetzung der Richtlinie über den rechtlichen Schutz
biotechnologischer Erfindungen
Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:
Artikel 1
Änderung des Patentgesetzes
Das Patentgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 16. Dezember 1980 (BGBl. 1981 S. 1), zuletzt geändert durch Artikel 3 des Gesetzes vom 23. Juli 2002 (BGBl. 1 S. 2850), wird wie folgt geändert:
1. § 1 wird wie folgt geändert:
- Nach Absatz 1 wird folgender Absatz 2 eingefügt:
-
(2) Patente werden für Erfindungen im Sinne von Absatz 1
auch dann erteilt, wenn sie ein Erzeugnis, das aus biologischem
Material besteht oder dieses enthält, oder wenn sie ein
Verfahren, mit dem biologisches Material hergestellt oder
bearbeitet wird oder bei dem es verwendet wird, zum Gegenstand
haben. Biologisches Material, das mit Hilfe eines technischen
Verfahrens aus seiner natürlichen Umgebung isoliert oder
hergestellt wird, kann auch dann Gegenstand einer Erfindung sein,
wenn es in der Natur schon vorhanden war."
- Die bisherigen Absätze 2 und 3 werden die Absätze 3
und 4.
- ln Absatz 4 wird die Angabe "Absatz 2" durch "Absatz 3"
ersetzt.
2. Nach § 1 wird folgender § 1a eingefügt:
" § 1a
- Der menschliche Körper in den einzelnen Phasen seiner
Entstehung und Entwicklung sowie die bloße Entdeckung eines
seiner Bestandteile, einschließlich der Sequenz oder
Teilsequenz eines Gens, können keine patentierbaren
Erfindungen sein.
- Ein isolierter Bestandteil des menschlichen Körpers oder
ein auf andere Weise durch ein technisches Verfahren gewonnener
Bestandteil, einschließlich der Sequenz oder Teilsequenz
eines Gens, kann eine patentierbare Erfindung sein, selbst wenn
der Aufbau dieses Bestandteils mit dem Aufbau eines
natürlichen Bestandteils identisch ist.
- Die gewerbliche Anwendbarkeit einer Sequenz oder Teilsequenz
eines Gens muss in der Anmeldung konkret unter Angabe der von der
Sequenz oder Teilsequenz erfüllten Funktion beschrieben
werden."
3. § 2 wird wie folgt gefasst:
" § 2
- Für Erfindungen, deren gewerbliche Verwertung gegen die
öffentliche Ordnung oder die guten Sitten verstoßen
würde, werden keine Patente erteilt; ein solcher
Verstoß kann nicht allein aus der Tatsache hergeleitet
werden, dass die Verwendung der Erfindung durch Gesetz oder
Verwaltungsvorschrift verboten ist.
- lnsbesondere werden Patente nicht erteilt für
- Verfahren zum Klonen von menschlichen Lebewesen;
- Verfahren zur Veränderung der genetischen Identität
der Keimbahn des menschlichen Lebewesens;
- die Verwendung von menschlichen Embryonen zu industriellen
oder kommerziellen Zwecken;
- Verfahren zur Veränderung der genetischen Identität
von Tieren, die geeignet sind, Leiden dieser Tiere ohne
wesentlichen medizinischen Nutzen für den Menschen oder das
Tier zu verursachen, sowie die mit Hilfe solcher Verfahren
erzeugten Tiere.
Bei der Anwendung der Nummern 1 bis 3 sind die entsprechenden
Vorschriften des Embryonenschutzgesetzes maßgeblich."
4. Nach § 2 wird folgender § 2a eingefügt:
" § 2a
(1) Für Pflanzensorten und Tierrassen sowie im
Wesentlichen biologische Verfahren zur Züchtung von Pflanzen
und Tieren werden keine Patente erteilt.
(2) Patente können erteilt werden für
Erfindungen,
- deren Gegenstand Pflanzen oder Tiere sind, wenn die
Ausführung der Erfindung technisch nicht auf eine bestimmte
Pflanzensorte oder Tierrasse beschränkt ist;
- die ein mikrobiologisches oder ein sonstiges technisches
Verfahren oder ei" durch ein solches Verfahren gewonnenes
Erzeugnis zum Gegenstand haben, sofern es sich dabei nicht um
eine Pflanzensorte oder Tierrasse handelt.
§ 1a Abs. 3 gilt entsprechend.
(3) lm Sinne dieses Gesetzes bedeuten:
- "biologisches Material" ein Material, das genetische
Informationen enthält und sich selbst reproduzieren oder in
einem biologischen System reproduziert werden kann;
- "mikrobiologisches Verfahren" ein Verfahren, bei dem
mikrobiologisches Material verwendet, ein Eingriff in
mikrobiologisches Material durchgeführt oder
mikrobiologisches Material hervorgebracht wird;
- "im Wesentlichen biologisches Verfahren" ein Verfahren zur
Züchtung von Pflanzen oder Tieren, das vollständig auf
natürlichen Phänomenen wie Kreuzung oder Selektion
beruht;
- "Pflanzensorte" eine Sorte im Sinne der Definition der
Verordnung (EG) Nr. 2100/94 des Rates vom 27. Juli 1994 über
den gemeinschaftlichen Sortenschutz (ABl. EG (Nr. ) L 227 S. 1) in
der jeweils geltenden Fassung."
- § 9 Abs. 1 Satz 1 wird wie folgt gefasst:
"Das Patent hat die Wirkung, dass allein der Patentinhaber
befugt ist, die patentierte Erfindung im Rahmen des geltenden
Rechts zu benutzen."
6. Nach § 9 werden folgende §§ 9a bis 9c
eingefügt: " § 9a
- Betrifft das Patent biologisches Material, das auf Grund
einer Erfindung mit bestimmten Eigenschaften ausgestattet ist, so
erstrecken sich die Wirkungen von § 9 auf jedes biologische
Material, das aus diesem biologischen Material durch generative
oder vegetative Vermehrung in gleicher oder abweichender Form
gewonnen wird und mit denselben Eigenschaften ausgestattet
ist.
- Betrifft das Patent ein Verfahren, das es ermöglicht,
biologisches Material zu gewinnen, das auf Grund einer Erfindung
mit bestimmten Eigenschaften ausgestattet ist, so erstrecken sich
die Wirkungen von § 9 auf das mit diesem Verfahren
unmittelbar gewonnene biologische Material und jedes andere mit
denselben Eigenschaften ausgestattete biologische Material, das
durch generative oder vegetative Vermehrung in gleicher oder
abweichender Form aus dem unmittelbar gewonnenen Material
gewonnen wird.
- Betrifft das Patent ein Erzeugnis, das auf Grund einer
Erfindung aus einer genetischen Information besteht oder sie
enthält, so erstrecken sich die Wirkungen von § 9 auf
jedes Material, in das dieses Erzeugnis Eingang findet und in dem
die genetische Information enthalten ist und ihre Funktion
erfüllt. § 1a Abs. 1 bleibt unberührt.
§9b
Bringt der Patentinhaber oder mit seiner Zustimmung ein
Dritter biologisches Material, das auf Grund der Erfindung mit
bestimmten Eigenschaften ausgestattet ist, im Hoheitsgebiet eines
Mitgliedstaates der Europäischen Union oder in einem
Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen
Wirtschaftsraum in Verkehr, und wird aus diesem biologischen
Material durch generative oder vegetative Vermehrung weiteres
biologisches Material gewonnen, so treten die Wirkungen von
§ 9 nicht ein, wenn die Vermehrung des biologischen
Materials der Zweck war, zu dem es in den Verkehr gebracht wurde.
Dies gilt nicht, wenn das auf diese Weise gewonnene Material
anschließend für eine weitere generative oder
vegetative Vermehrung verwendet wird.
§ 9c
- Wird pflanzliches Vermehrungsmaterials durch den
Patentinhaber oder mit dessen Zustimmung durch einen Dritten an
einen Landwirt zum Zweck des landwirtschaftlichen Anbaus in
Verkehr gebracht, so darf dieser entgegen den §§ 9, 9a
und 9b Satz 2 sein Erntegut für die generative oder
vegetative Vermehrung durch ihn selbst im eigenen Betrieb
verwenden. Für Bedingungen und Ausmaß dieser Befugnis
gelten Artikel 14 der Verordnung (EG) Nr. 2100/94 in seiner
jeweils geltenden Fassung sowie die auf dessen Grundlage
erlassenen Durchführungsbestimmungen entsprechend. Soweit
sich daraus Ansprüche des Patentinhabers ergeben, sind diese
entsprechend den aufgrund Artikel 14 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 2100/94 erlassenen Durchführungsbestimmungen geltend zu
machen.
- Werden landwirtschaftliche Nutztiere oder tierisches
Vermehrungsmaterial durch den Patentinhaber oder mit dessen
Zustimmung durch einen Dritten an einen Landwirt in Verkehr
gebracht, so darf der Landwirt die landwirtschaftlichen Nutztiere
oder das tierische Vermehrungsmaterial entgegen den §§
9, 9a und 9b
Satz 2 zu landwirtschaftlichen Zwecken verwenden. Diese
Befugnis erstreckt sich auch auf die Überlassung der
landwirtschaftlichen Nutztiere oder anderen tierischen
Vermehrungsmaterials zur Fortführung seiner
landwirtschaftlichen Tätigkeit, jedoch nicht auf den Verkauf
mit dem Ziel oder im Rahmen einer Vermehrung zu
Erwerbszwecken.
(3) § 9a Abs. 1 bis 3 gilt nicht für biologisches
Material, das im Bereich der Landwirtschaft zufällig oder
technisch nicht vermeidbar gewonnen wurde. Daher kann ein
Landwirt im Regelfall nicht in Anspruch genommen werden, wenn er
nicht diesem Patentschutz unterliegendes Saat- oder Pflanzgut
angebaut hat."
a) Absatz 2 wird wie folgt gefasst:
(2) Kann der Lizenzsucher eine ihm durch Patent mit
jüngerem Zeitrang geschützte Erfindung nicht verwerten,
ohne das Patent mit älterem Zeitrang zu verletzen, so hat er
gegenüber dem Inhaber des Patents mit dem älteren
Zeitrang Anspruch auf Einräumung einer Zwangslizenz,
sofern
- die Voraussetzung des Absatzes 1 Nr. 1 erfüllt ist
und
- seine eigene Erfindung im Vergleich mit derjenigen des
Patents mit dem älteren Zeitrang einen wichtigen technischen
Fortschritt von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung
aufweist.
Der Patentinhaber kann verlangen, dass ihm der Lizenzsucher
eine Gegenlizenz zu angemessenen Bedingungen für die
Benutzung der patentierten Erfindung mit dem jüngeren
Zeitrang einräumt."
10. Nach § 34 wird folgender § 34a eingefügt:
" § 34a
Hat eine Erfindung biologisches Material pflanzlichen oder
tierischen Ursprungs zum Gegenstand oder wird dabei derartiges
Material verwendet, so soll die Anmeldung Angaben zum
geographischen Herkunftsort dieses Materials umfassen, soweit
dieser bekannt ist. Die Prüfung der Anmeldungen und die
Gültigkeit der Rechte aufgrund der erteilten Patente bleiben
hiervon unberührt."
- ln § 39 Abs. 3 wird die Angabe " §§ 34 bis 36"
durch die Angabe " §§ 34, 35 und 36" ersetzt.
- In § 85 Abs.1 wird die Angabe " § 24 Abs. 1 bis 5"
durch die Angabe " § 24 Abs. 1 bis 6" ersetzt.
Artikel 2
Änderung des Gebrauchsmustergesetzes
Das Gebrauchsmustergesetz in der Fassung der Bekanntmachung
vom 28. August 1986 (BGBl. I S. 1455), zuletzt geändert
durch Artikel 4 des Gesetzes vom 23. Juli 200: (BGBl. I S. 2850),
wird wie folgt geändert:
Artikel 3
Änderung des Sortenschutzgesetzes
Nach § 12 des Sortenschutzgesetzes in der Fassung der
Bekanntmachung vom
19. Dezember 1997 (BGBl. I S. 3164), das zuletzt durch Artikel
9 des Gesetzes vom 23. Juli 2002 (BGBl. I S. 2850) geändert
worden ist, wird folgender § 12a eingefügt:
" § 12a
Zwangsnutzungsrecht bei biotechnologischen
Erfindungen
(1) Kann der Inhaber eines Patents für eine
biotechnologische Erfindung ( § 1 Abs. 2 Patentgesetz) diese
nicht verwerten, ohne ein früher erteiltes Sortenschutzrecht
zu verletzen, so erteilt das Bundessortenamt auf Antrag nach
Maßgabe der Absätze 3 und 4 ein Zwangsnutzungsrecht an
dem Sortenschutz hinsichtlich der Berechtigungen nach § 10
zu angemessenen Bedingungen.
(2) Der Sortenschutzinhaber kann verlangen, dass ihm der
Patentinhaber eine gegenseitige Lizenz zu angemessenen
Bedingungen einräumt.
(3) Der Patentinhaber muss nachweisen, dass
- er sich vergeblich an den Sortenschutzinhaber gewandt hat,
um ein vertragliches Nutzungsrecht zu erhalten,
- die Erfindung einen bedeutenden technischen Fortschritt von
erheblichem wirtschaftlichen Interesse gegenüber der
geschützten Pflanzensorte darstellt.
(4) Das Bundessortenamt setzt bei der Erteilung des
Zwangsnutzungsrechts die Bedingungen, insbesondere die Höhe
der an den Sortenschutzinhaber zu zahlenden Vergütung fest.
§ 12 Abs. 2 und 4 gilt entsprechend."
Artikel 4
Inkrafttreten
Dieses Gesetz tritt am... (einsetzen: Datum des Kalendertages
des auf die Verkündung folgenden Monats, dessen Zahl mit dem
Tag der Verkündung übereinstimmt oder, wenn es einen
solchen Kalendertag nicht gibt, des letzten Tages des Monats, der
auf die Verkündung folgt) in Kraft.
Begründung
A. Allgemeines
Die Richtlinie Nr. 98/44/EG des Europäischen Parlaments
und des Rates über den rechtlichen Schutz biotechnologischer
Erfindungen (ABl. EG (Nr. ) L 213 S. 13, im folgenden: Richtlinie)
wurde am 6. Juli 1998 verabschiedet. Vorausgegangen waren knapp
10jährige Beratungen der Materie. Die Kommission der
Europäischen Gemeinschaften hatte bereits am 21. Oktober
1988 einen Vorschlag für eine Richtlinie über den
rechtlichen Schutz biotechnologischer Erfindungen vorgelegt. Die
Verabschiedung dieses Entwurfs war im März 1995 gescheitert,
nachdem das Europäische Parlament einen gemeinsamen Entwurf
des Vermittlungsausschusses aus Vertretern des Europäischen
Parlaments und des Rates im Verfahren nach Artikel 189 Buchstabe
b Absatz 3 des EG-Vertrages in der Fassung vom 1. Januar 1995
nicht angenommen hatte.
Die Europäische Kommission hat sodann am 25. Januar 1996
einen neuen Entwurf vorgelegt. Nach intensiven Beratungen wurde
dieser neue Entwurf nach gut zwei Jahren verabschiedet. Im Laufe
der Beratungen wurde der Entwurf erheblich umgestaltet; der
gemeinsame Standpunkt (EG) Nummer 019/98 , vom Rat festgelegt am
26. Februar 1998 (ABl. EG (Nr. ) C 110 S. 17) hat nahezu alle
Änderungswünsche des Europäischen Parlaments
berücksichtigt. Dementsprechend hat das Europäische
Parlament mit großer Mehrheit für die Verabschiedung
der Richtlinie votiert. lm Rat haben nur die Niederlande gegen
die Annahme des Richtlinienentwurfs gestimmt; Italien und Belgien
haben sich der Stimme enthalten, weil sie im Zeitpunkt der
Entscheidung des Rates ihre jeweiligen nationalen
Abstimmungsverfahren noch nicht abgeschlossen hatten.
Der Text der Richtlinie ist dieser Begründung als Anlage
beigefügt.
Die Niederlande haben im Dezember 1998 eine Nichtigkeitsklage
beim Europäischen Gerichtshof erhoben. Italien hat sich der
Klage angeschlossen. Der Gerichtshof hat die Klage mit Urteil vom
9. Oktober 2001 abgewiesen.
Ziel der Richtlinie ist es, gemeinschaftsweit harmonisierte
Regelungen für die Patentierung von Innovationen auf dem
Gebiet der belebten Natur festzuschreiben. Dadurch soll
verhindert werden, dass sich Praxis und Rechtsprechung auf diesem
Gebiet innerhalb der Gemeinschaft auseinanderentwickeln (vgl. die
Erwägungsgründe 5 bis 7 der Richtlinie). Biotechnologie
und Gentechnik spielen in den verschiedenen Industriezweigen eine
immer wichtigere Rolle. Dem Schutz biotechnologischer Erfindungen
kommt grundlegende Bedeutung für die industrielle
Entwicklung der Gemeinschaft zu. Die erforderlichen Investitionen
zur Forschung und Entwicklung sind insbesondere im Bereich der
Gentechnik hoch und risikoreich und können nur bei
angemessenem Rechtsschutz rentabel sein. Ein wirksamer und
harmonisierter Schutz in allen Mitgliedstaaten ist eine
wesentliche Voraussetzung dafür, dass Investitionen auf dem
Gebiet der Biotechnologie fortgeführt und gefördert
werden (vgl. die Erwägungsgründe 1 bis 3 der
Richtlinie). Vor dem Hintergrund, dass Biotechnologie und
Gentechnik Zukunftstechnologien sind, wird eine harmonisierte
gemeinschaftsweite Festschreibung von Regelungen zu
Patentierungen derartiger Innovationen dem Fortbestehen von
Handelsschranken oder dem Entstehen neuer Beeinträchtigungen
des Funktionierens des Binnenmarktes entgegenwirken.
Ziel der Richtlinie und des vorliegenden Entwurfs ist es aber
auch, eindeutige Vorschriften zu den Patentierungsverboten im
Zusammenhang mit biotechnologischen Erfindungen in das
Patentgesetz aufzunehmen. Diese Verbote ergeben sich bereits
jetzt aus der Auslegung des Rechtsbegriffs der öffentlichen
Ordnung. Mit der Umsetzung der Richtlinie werden diese Verbote
besser und klarer im Patentgesetz festgeschrieben.
Mit der Richtlinie ist kein neues Patentrecht für
biotechnologische Erfindungen geschaffen worden. Der Grundsatz,
dass Erfindungen auch dann patentiert werden können, wenn
sie sich auf biologisches Material beziehen, ist bereits seit
langem anerkannt. Deswegen ist es nicht das Ziel der Richtlinie,
die Möglichkeit des Schutzes biotechnologischer Erfindungen
durch Einführung eines neuen Rechtsinstituts erstmals zu
schaffen. Die Richtlinie baut vielmehr auf dem Patentrecht der
Mitgliedstaaten auf, nach dem es auch bisher möglich war,
biotechnologische Erfahrungen zu patentieren, wie im
Erwägungsgrund 8 der Richtlinie nochmals unterstrichen
wird.
Soweit die Richtlinie keine Regelungen trifft, gilt das
bisherige nationale Patentrecht auch für biotechnologische
Erfindungen weiter.
So wird im Erwägungsgrund 35 der Richtlinie
ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Richtlinie nicht
die Vorschriften des nationalen Patentrechts berührt, nach
denen Verfahren zur chirurgischen oder therapeutischen Behandlung
des menschlichen oder tierischen Körpers und
Diagnostizierverfahren, die am menschlichen oder tierischen
Körper vorgenommen werden, von der Patentierbarkeit
ausgeschlossen sind (vgl. für das deutsche Recht § 5
Abs. 2 des Patentgesetzes). Unabhängig davon geht der
Gesetzgeber - wie" auch der Erwägungsgrund 26 der Richtlinie
- davon aus, dass vor der Entnahme von biologischem Material - im
Regelfall im klinischen Bereich - der Betroffene nach
Inkenntnissetzung und freiwillig zugestimmt hat. Dies ist nach
den innerstaatlichen Rechtsvorschriften der Bundesrepublik
Deutschland sichergestellt, etwa durch Regelungen im
Gesundheitsrecht, im Strafrecht und im Datenschutzrecht. Soweit
hier in bestimmten Bereichen Vollzugsdefizite bestehen sollten,
muss ihnen ebendort entgegengetreten werden. Es handelt sich
insoweit nicht um eine Frage des Patentrechts.
Gleichermaßen berührt die Richtlinie nicht §
11 Nr. 3 des Patentgesetzes, nach dem sich die Wirkung des
Patents nicht auf die unmittelbare Einzelzubereitung von
Arzneimitteln in Apotheken auf Grund ärztlicher Verordnung
sowie auf Handlungen, welche die auf diese Weise zubereiteten
Arzneimittel betreffen, erstreckt.
Das so genannte Forschungsprivileg des § 11 Nr. 2 des
Patentgesetzes gilt auch für biotechnologische Erfindungen.
Das Forschungsprivileg ist ein gesicherter Bestandteil des
Patentrechts, dessen Berechtigung insbesondere auch durch das
Bundesverfassungsgericht anerkannt ist (vgl. den Beschluss vom
10. Mai 2000, 1 BvR 1864/95). Da die Forschung und die
Fortentwicklung von Wissenschaft und Technik nur mittels
Versuchen, die jeweils auf den neuesten Forschungsergebnissen
aufbauen, möglich sind, gelten die Wirkungen des Patents
nicht für Handlungen zu Versuchszwecken, die sich auf den
Gegenstand der patentierten Erfindung beziehen.
Schließlich bleibt das nationale Sortenschutzrecht
unberührt."
Die Europäische Kommission hat am 7. Oktober 2002
gemäß Artikel 16 Buchstabe c der Richtlinie einen
Bericht der Kommission an das Europäische Parlament und den
Rat über die Entwicklung und Auswirkungen des Patentrechts
im Bereich der Biotechnologie und der Gentechnik vorgelegt. Die
Kommission kommt darin zu dem Ergebnis, dass die
Richtlinienbestimmungen, die sich auf die Patentierbarkeit von
Pflanzen, Tieren und Bestandteilen des menschlichen Körpers
beziehen, sowohl mit den in der Europäischen Union
anerkannten ethischen Regeln übereinstimmen als auch den
notwendigen Schutz der Erfindungen in diesem Bereich
gewährleisten.
Die Ergebnisse dieses Berichts und der laufenden
internationalen Verhandlungen mit Bezug zum Patentrecht sind bei
einer späteren Revision der Biotechnologierichtlinie und des
deutschen Patentrechts entsprechend zu berücksichtigen.
B. Grundzüge des Gesetzentwurfs 1. Art der Umsetzung der
Richtlinie
Mit dem Entwurf wird vorgeschlagen, die Bestimmungen der
Richtlinie möglichst wörtlich umzusetzen. Dafür
spricht zunächst, dass sämtliche Bestimmungen das
Ergebnis langer und intensiver Beratungen zwischen dem
Europäischen Parlament und dem Rat sind. Der Wortlaut sollte
bei der Umsetzung in das nationale Recht soweit wie möglich
unverändert bleiben, damit der Wille des Europäischen
Gesetzgebers durch die Umsetzung nicht verändert oder gar
verfälscht wird. Mehr als nur geringfügige sprachliche
Änderungen des Richtlinientextes durch die Umsetzung der
Bestimmungen in nationales Recht würden sofort
Interpretationsfragen aufwerfen. So sollte beispielsweise der in
Artikel 2 Abs. 1 Buchstabe a verwendete Begriff "biologisches
Material" beibehalten
werden, weil er auch in allen anderen Sprachfassungen der
Richtlinie benutzt wird. "Biologisches Material" lässt sich
insbesondere nicht durch "biologische Substanz" ersetzen, weil
dieser Begriff im technischen Sprachgebrauch enger ist.
Infolgedessen beschränkt sich der Entwurf darauf, nur solche
Änderungen der Formulierung vorzuschlagen, die sich aus der
Einpassung in das deutsche Patentgesetz ergeben oder die
Lesbarkeit erheblich verbessern, ohne inhaltliche
Veränderungen zu bewirken.
Die zur Umsetzung der Richtlinie notwendigen Vorschriften
sollen nicht in einem gesonderten Kapitel des Patentgesetzes
zusammengefasst, sondern jeweils an den Stellen eingefügt
werden, zu denen sie nach dem Sachzusammenhang gehören.
Daran zeigt sich gleichzeitig, dass es nicht um die Schaffung
eines besonderen Rechts für biotechnologische Erfindungen
geht, sondern darum, das geltende Patentrecht in bestimmten
Punkten für Erfindungen auf dem Gebiet der belebten Natur
anzupassen oder zu ergänzen (vgl. den Erwägungsgrund 8
der Richtlinie).
Die Vorschriften der Richtlinie über die Hinterlegung
biologischen Materials (Artikel 13 und 14) werden nicht durch
dieses Gesetz umgesetzt. Es handelt sich um Vorschriften mit eher
technischem Charakter, die sich in besonderem Maße für
eine Rechtsverordnung eignen. Deshalb ist mit dem Zweiten Gesetz
zur Änderung des Patentgesetzes und anderer Gesetze vom 16.
Juli 1998 (BGBl. I S. 1827 ) eine entsprechende
Verordnungsermächtigung in das Patentgesetz eingestellt
worden (§ 34 Abs. 8), die auf den Präsidenten des
Deutschen Patent- und Markenamts übertragen werden kann. Mit
dem Erlass der Verordnung ist in einigen Monaten zu rechnen.
2. Die grundlegenden Bestimmungen
Der neue § 1 Abs. 2 Patentgesetz, mit dem Artikel 3 der
Richtlinie umgesetzt werden soll, enthält zwei grundlegende
Aussagen: Zum einen wird erstmals im geschriebenen Recht
niedergelegt, dass Patente auch für Erfindungen erteilt
werden können, die biologisches Material betreffen, zum
anderen wird im Text des Patentgesetzes festgehalten, dass auch
Naturstoffe unter bestimmten Voraussetzungen patentierbar sind.
Damit sind keine neuen Regelungen getroffen worden, weil bereits
das Patentgesetz in seiner bisher geltenden Fassung
biotechnologische Erfindungen ermöglichte. Die
gesetzlichen
Bestimmungen werden durch die Gesetzesänderung indessen
klarer, weil sie den Schutzumfang des Patentrechts
verdeutlichen.
Erfindungen auf dem Gebiet der belebten Natur waren auch schon
bisher patentierbar, sofern die üblichen
Patentierungsvoraussetzungen (Neuheit, erfinderische
Tätigkeit und gewerbliche Anwendbarkeit) vorliegen. Weitere
Voraussetzung ist stets, dass es sich um technische Erfindungen
handeln muss. Der Erfinder muss eine Lehre zum technischen
Handeln offenbaren, die der Fachmann jederzeit nacharbeiten kann.
Fehlt es an der Technizität, so liegt keine patentierbare
Erfindung vor. So könnte beispielsweise für ein
Züchtungsverfahren, das auf Kreuzung und Selektion beruht,
kein Patent erteilt werden. Folglich findet sich eine
entsprechende Ausschlussbestimmung in Artikel 4 der Richtlinie,
die mit § 2a des Entwurfs umgesetzt werden soll.
Die Frage, ob bei Vorliegen dieser
Patentierungsvoraussetzungen auch Erfindungen auf dem Gebiet der
belebten Natur patentiert werden können, ist bisher von der
Praxis und Rechtsprechung in Deutschland und - soweit ersichtlich
- überall auf der Welt bejaht worden. lm Kern handelt es
sich um eine Auslegung des Erfindungsbegriffs. Der
Bundesgerichtshof hat schon in den 60er Jahren entschieden, dass
der Erfindungsbegriff nicht auf das Gebiet der unbelebten Natur
beschränkt ist (Beschluss vom 27. März 1969 "Rote
Taube", BGHZ 52, 74 ff.). Auch die Erteilungspraxis des
Europäischen -Patentamts und die Rechtsprechung seiner
Beschwerdekammern gehen von dieser Auslegung des
Erfindungsbegriffs aus.
Naturstoffe sind bereits nach der bisherigen Rechtsprechung
und der ihr folgenden Praxis der Patentämter bei Vorliegen
bestimmter Voraussetzungen patentierbar. Die entsprechende
Auffassung geht dahin, dass derjenige, der erstmals mit
technischen Mitteln einen bisher nicht bekannten Naturstoff
isoliert und der Öffentlichkeit zur Verfügung stellt,
keine bloße Entdeckung - die nicht patentierbar wäre
-, sondern eine Erfindung gemacht hat. Insbesondere wird die
Patentierbarkeit synthetisch hergestellter Stoffe, die in der
Natur vorkommen, anerkannt. Selbstverständlich müssen
neben der Neuheit der Erfindung auch die weiteren allgemeinen
Kriterien für die Patentierung vorliegen, nämlich
erfinderische Tätigkeit (Erfindungshöhe) und
gewerbliche Anwendbarkeit. lm Gegensatz zu einer Entdeckung ist
eine Erfindung immer eine geistige Leistung eines Menschen in
Form einer Lehre für technisches Handeln, die den Stand der
Technik
erweitert. Eine solche Lehre für technisches Handeln ist
mehr als bloße. Erkenntnis, als das bloße
Auffinden von etwas bereits Existentem.
ln diesem Sinne ist die neu gefundene Anweisung, wie der
Fachmann einen Naturstoff isolieren und sich immer wieder zur
Verfügung stellen kann, eine Erfindung. Patentfähig
wird diese Lehre, wenn der Erfinder zusätzlich eine
praktische Verwertungsmöglichkeit für den Stoff angeben
kann. Das Patentrecht erkennt damit den geleisteten Beitrag, den
Stand der Technik zu erweitern, an. Seit der Entscheidung des
Bundespatentgerichts vom 28. Juli 1977 (BPatGE 20, 81 ff. -
Knollenblätterpilz) ist es anerkannt und gesicherter
Bestandteil des Patentrechts, dass sich das Patent unter diesen
Voraussetzungen auch auf den neu gefundenen Stoff beziehen kann.
Denn der Naturstoff, z.B. ein Genabschnitt, hat in dieser
isolierten Form bis dahin nicht existiert. Der Forscher hat ihn
erst neu zur Verfügung gestellt. Dies bedeutet aber nicht,
dass alle Gegenstände (z.B. Pflanzen), in denen der Stoff
in seiner natürlichen Form enthalten ist,
patentgeschützt sind. Gegenstand des Patents ist vielmehr
nur der (künstlich) isolierte Stoff als solcher und
Gegenstände, in die dieser isolierte Stoff (künstlich)
eingebracht wird (z.B. um eine bestimmte Wirkung zu entfalten).
Beschränkt sich dagegen die Offenbarung auf den Hinweis auf
die Existenz des Stoffes in der Natur, so liegt nur eine
Entdeckung vor (vgl. z.B. Bundespatentgericht BPatGE 20, 81 und
21, 43; auch BGHZ 64, 101. - Bäckerhefe). Anders
ausgedrückt hindert die bloße Tatsache, dass ein Stoff
in der Natur vorhanden ist, nicht dessen Patentierung. Eben dies
sagt Artikel 3 Absatz 2 der Richtlinie für biologisches
Material aus. Es wird vorgeschlagen, diese Vorschrift durch
§ 1 Abs. 2 Satz 2 umzusetzen.
3. Reichweite des Stoffschutzes und ethische Grenzen
Die ethischen Fragen und die aus ethischen Gründen
notwendigen Grenzen der Patentierung von biotechnologischen
Erfindungen haben bei den Beratungen des Richtlinienentwurfs eine
besonders wichtige Rolle gespielt. Die entsprechenden Artikel 5
und 6 sollen mit den §§ 1a und 2 Patentgesetz
umgesetzt werden.
§ 1a enthält in Absatz 1 zunächst den
Grundsatz, dass der menschliche Körper sowie die bloße
Entdeckung eines seiner Bestandteile - namentlich eines Gens -
keine Erfindungen sein können. Dies gilt auch ohne diese
Vorschrift: Nur Erfindungen, nicht
aber bloße Entdeckungen sind patentierbar. Die
Patentierung des menschlichen Körpers würde zudem an
dem grundsätzlichen Patentierungsverbot bei Verstoß
gegen die guten Sitten oder die öffentliche Ordnung (§
2 Abs. 1) scheitern. Mit der Umsetzung der Richtlinie werden auch
hier keine neuen Bestimmungen geschaffen. Der Gesetzestext und
insbesondere § 1a Abs. 1 verdeutlicht und bekräftigt
diesen wichtigen ethischen Grundsatz aber besser als der
bisherige Text.
Gleichzeitig soll § 1a die Abgrenzung zwischen einer
Erfindung und einer Entdeckung bei der Patentierung von Sequenzen
oder Teilsequenzen von Genen verdeutlichen. Ein einfacher
DNS-Abschnitt ohne Angabe einer Funktion enthält keine Lehre
zum technischen Handeln und stellt deshalb keine patentierbare
Erfindung dar (vgl. den Erwägungsgrund 23 der Richtlinie).
Die bloße Beschreibung eines Gens ist eine Entdeckung.
Dagegen kann nach § 1a Abs. 2 eine patentierbare Erfindung
vorliegen, wenn durch ein technisches Verfahren ein Bestandteil
des menschlichen Körpers einschließlich einer
Gensequenz gewonnen wird. Liegen zudem die allgemeinen
Patentierungsvoraussetzungen vor, kann ein Patent erteilt
werden.
Die Erteilungsvoraussetzungen müssen vom
Patentprüfer in jedem Einzelfall genau geprüft werden.
Der Bestimmung des § 1a Abs. 3 kommt in diesem Zusammenhang
eine besondere Bedeutung zu. Das Erfordernis, die gewerbliche
Anwendbarkeit eines Gens in der Patentanmeldung konkret
beschreiben zu müssen, ist nicht nur ein formales
Erfordernis des Anmeldeverfahrens. Vielmehr ist die Beschreibung
der Funktion das wesentliche Kriterium für den
Patentprüfer, um den zum Patent angemeldeten Genabschnitt
bestimmen zu können. Der Gesetzgeber kann davon ausgehen,
dass eine möglichst enge und präzise Funktionszuordnung
erfolgt. An Hand der Funktionsbeschreibung muss der
Patentprüfer das Patent auf den Teil des angemeldeten Gens,
der für die beschriebene Funktion wesentlich ist,
beschränken und die angemeldeten, aber für die Funktion
nicht benötigten Genabschnitte vom Patentschutz ausnehmen.
Damit werden Überlappungen (vgl. den Erwägungsgrund 25
der Richtlinie) weitestgehend vermieden. Während nach dem
bisher geltenden Recht eher allgemeine Angaben zur gewerblichen
Verwertbarkeit, die im Laufe des Patentverfahrens ergänzt
werden können, ausreichen, schafft die Richtlinie mit dieser
neuen Patentierungsvoraussetzung der konkreten Beschreibung der
gewerblichen Anwendbarkeit eine für den Stoffschutz im
Bereich von Genen wesentliche Ergänzung des geltenden
Patentrechts.
Wenn das Konkretisierungsgebot - mit den erhöhten
Anforderungen an eine möglichst präzise Eingrenzung des
Patentschutzes bei Anmeldungen, die Genabschnitte betreffen, -
zukünftig in der Praxis so angewendet wird, wie es der
Gesetzgeber erwarten kann, so werden im Ergebnis die Fälle,
in denen einem bereits patentgeschützten Genabschnitt eine
weitere patentfähige Funktion zugeordnet werden kann,
für deren Nutzung dann dem Erstanmelder eine
Lizenzgebühr zu zahlen wäre, nur noch in sehr geringem
Maße auftreten. Die verbleibenden Fällen werden sich
dann mit Hilfe des neuen § 24 Abs. 2 des Patentgesetzes
befriedigend lösen lassen, der für solche
abhängigen Patente die Erteilung von Zwangslizenzen
erleichtert.
Wenn erstmals mit technischen Mitteln ein bisher nicht
bekannter Stoff gewonnen wird, kommt ein alle Anwendungen
umfassender Patentschutz in Betracht. Dieser "absolute"
Stoffschutz ist notwendig, nicht zuletzt im Interesse eines
effektiven Innovationsschutzes. Das allgemeine Patentrecht, das
einen derartigen Stoffschutz bereits vorsieht, soll durch die
Richtlinie nicht verändert werden. Insoweit besteht auch
eine Bindung durch das Übereinkommen über die
handelsbezogenen Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums vom
15. April 1994 (WTO-TRIPS-Übereinkommen). Die sachliche
Rechtfertigung für den Umfang des Stoffschutzes liegt in der
Bereicherung des Standes der Technik durch die Lehre, auf deren
Grundlage der Stoff erstmals zugänglich gemacht wird. Durch
die erstmalige Beschreibung des neu zur Verfügung gestellten
und neu isolierten Stoffes in der Patentanmeldung wird der Stoff
der Allgemeinheit bekannt und kann so zur Grundlage der weiteren
Forschung auch durch Dritte werden. Dementsprechend ist auch der
Schutz gegen eine unberechtigte gewerbliche Auswertung des
patentierten Erzeugnisses allein von der Übereinstimmung mit
dem patentierten Gegenstand her zu beurteilen (vgl. BGHZ 100, 67
ff. - Tollwutvirus).
Der Inhaber eines Stoffschutzpatentes kann zwar jedem Dritten
die gewerbliche Verwertung der geschützten Erfindung
verbieten, die Forschung mit dem patentgeschützten Stoff
kann er aber nicht verhindern. Alle Versuchshandlungen sind
freigestellt, soweit sie der Gewinnung von Erkenntnissen und
damit der wissenschaftlichen Forschung über den Gegenstand
der Erfindung einschließlich seiner Verwendung dienen. Mit
Rücksicht auf die Grundsätze der Freiheit der Forschung
und der Sozialbindung des Eigentums ist der uneingeschränkte
Schutz des Patents dort nicht gerechtfertigt, wo die
Weiterentwicklung der Technik behindert würde. Da das
Patentrecht darauf zielt, den technischen Fortschritt zu
fördern und den Erfindergeist für das Gewerbe in
nutzbringender Weise anzuregen, nicht aber die Technik
ungebührlich in ihrer Entwicklung zu hemmen, wäre es
mit diesem Zweck nicht zu vereinbaren, wenn Versuchshandlungen
ausgeschlossen würden, die der Forschung und Fortentwicklung
der Technik dienen. Das Forschungsprivileg erlaubt jedes
planmäßige Vorgehen zur Gewinnung von Erkenntnissen
unabhängig von dem verfolgten Zweck (vgl. BGHZ 130, 259 ff.
- Klinische Versuche).
Erfindungen, deren gewerbliche Verwertung gegen die guten
Sitten oder die öffentliche Ordnung verstoßen
würde, können nicht patentiert werden. § 2 Abs. 1
übernimmt im Wesentlichen unverändert den bisherigen
§ 2 Nr. 1 Patentgesetz und setzt gleichzeitig Artikel 6 Abs.
1 der Richtlinie um. Die Änderung in § 2 Abs. 1 dient
seiner Anpassung an das WTO-TRIPS-Übereinkommen (siehe
insoweit die Einzelbegründung). Verstöße gegen
die öffentliche Ordnung oder die guten Sitten sind
grundsätzlich nur bei elementaren Verstößen gegen
die tragenden Grundsätze der Rechtsordnung gegeben. Schon
nach dem geltenden Patentrecht ist nicht jeder
Gesetzesverstoß zugleich ein Verstoß gegen die
öffentliche Ordnung. Zu den tragenden Grundsätzen der
Rechtsordnung gehören aber die Rechtssätze, die
überragend wichtige Rechtsgüter schützen. Daher
führt ein Verstoß gegen die Vorschriften des Gesetzes
zum Schutz von Embryonen (Embryonenschutzgesetz - ESchG) vom 13.
Dezember 1990 (BGBl. I S. 2746) zu einem Patentierungsverbot.
Verstößt die Verwertung der Erfindung gegen ein Gesetz
oder eine Verwaltungsvorschrift, so kann die Erfindung zwar
patentfähig sein. Die Ausübung der Erfindung bleibt
jedoch verboten. Ein Patent gewährt kein Benutzungsrecht.
Der Patentinhaber erwirbt mit dem Patent das daraus entspringende
Recht, anderen die Benutzung seiner Erfindung für die Dauer
der Patentlaufzeit zu untersagen. Wenn aber die Verwertung der
Erfindung durch Gesetz oder Verwaltungsvorschrift verboten ist,
darf auch der Patentinhaber die Erfindung nicht verwerten, solange
das Verbot besteht.
Die Vorschrift, dass keine Patente erteilt werden, wenn die
Verwertung der Erfindung gegen die öffentliche Ordnung oder
die guten Sitten verstoßen würde, gehört seit
langem zum gesicherten Bestand des Patentrechts. Sie ist durch
Internationale Übereinkommen, z.B. Artikel 53 Buchstabe a
des Europäischen Patent-Übereinkommens (EPü) und
Artikel 27 Abs. 2 des WTO-TRIPS-Übereinkommens vorgegeben.
Während die
Generalklausel des § 2 Nr. 1 bisher als ausreichend
angesehen wurde, hat die Richtlinie in ihrem Artikel 6 Abs. 2,
der mit § 2 Abs. 2 umgesetzt werden soll, vier besonders
wichtige Fälle, bei denen in jedem Fall ein Verstoß
gegen die öffentliche Ordnung vorliegt, beispielhaft
genannt: das Klonen von menschlichen Lebewesen
einschließlich der Embryonen, Patente im Zusammenhang mit
der Keimbahntherapie beim Menschen, die Verwendung menschlicher
Embryonen zu industriellen oder kommerziellen Zwecken und
bestimmte Fälle der Veränderung der genetischen
Identität von Tieren, nämlich Fälle, in denen das
Leiden der Tiere außer Verhältnis zu einem
medizinischen Nutzen für den Menschen oder das Tier steht.
Wegen der überragenden Bedeutung dieser Fälle soll die
Bestimmung wörtlich in das nationale Recht umgesetzt werden.
Dem Patentprüfer werden damit wichtige Leitlinien für
die Auslegung der Generalklausel bei der Beurteilung des konkret
angemeldeten Patentes an die Hand gegeben. Die Konkretisierung,
die die Richtlinie damit für das Patentrecht vornimmt,
führt in diesem sensiblen Bereich zu einem erheblichen
Gewinn an Rechtssicherheit. Das gilt nicht zuletzt für
Wissenschaft und Forschung, für die ein verlässlicher
rechtlicher Rahmen geschaffen wird.
Der Gesetzentwurf hat bewusst davon Abstand genommen, die
nicht abschließende Liste in § 2 Abs. 2 um weitere
Fälle des Verstoßes gegen die öffentliche Ordnung
zu ergänzen. Es sollen nur die herausragenden Fälle im
Gesetz festgeschrieben werden. Damit wird der offene Charakter
der Liste unterstrichen. Die Rechtsentwicklung darf nicht durch
eine abschließende Regelung behindert werden. Es soll der
Rechtsprechung überlassen bleiben, flexibel in den
jeweiligen Einzelfällen die Erfindungen zu identifizieren,
deren gewerbliche Verwertung gegen die guten Sitten oder die
öffentliche Ordnung verstoßen würde. Wegen ihrer
besonderen Bedeutung für die Bestimmung des ordre public in
der Bundesrepublik Deutschland ist ein ausdrücklicher
Hinweis auf die tragenden Vorschriften des
Embryonenschutzgesetzes angefügt worden.
4. Die Wirkungen des Patents und das Landwirteprivileg
Die §§ 9a bis 9c, mit denen die Artikel 8 bis 11 der
Richtlinie umgesetzt werden sollen, behandeln die Schutzwirkungen
des Patents für biotechnologische Erfindungen und die
Ausnahmen davon.
Nach § 9 sind nur der Patentinhaber und eventuelle
Lizenznehmer befugt, bestimmte Handlungen mit Bezug auf den
Gegenstand der patentierten Erfindung vorzunehmen. Dazu
gehören namentlich die Herstellung und der Verkauf von
Erzeugnissen.
Bei biologischem Material ist die Besonderheit zu
berücksichtigen, dass es in der Lage ist, sich selbst zu
vermehren. Es stellt sich somit die Frage, ob der Patentschutz
mit der ersten, vom Patentinhaber hergestellten bzw. behandelten
Generation enden kann. Wäre dies der Fall, so würde der
Patentschutz in entscheidender Weise verkürzt und damit
wirtschaftlich weitgehend entwertet: so könnte etwa der
Käufer einer unter Patentschutz stehenden Pflanze diese
beliebig vegetativ oder generativ vermehren und
anschließend mit dem Verkauf der Folgegenerationen dem
Patentinhaber Konkurrenz machen. Deshalb ist es notwendig,
festzulegen, dass der Patentschutz so lange fortwirkt, wie die
mit der Erfindung bewirkten Eigenschaften noch vorhanden sind.
Dies ist nach einigen Folgegenerationen meist ohnehin nicht mehr
der Fall, da die Eigenschaften irgendwann verloren gehen.
§ 9a Abs. 1 betrifft die "vertikale" Fortwirkung des
Patentschutzes in die Folgegenerationen, die endet, wenn die
erfindungsgemäßen Eigenschaften nicht mehr vorhanden
sind. Absatz 3 betrifft die "horizontale" Fortwirkung des
Patentschutzes und legt fest, dass der Patentschutz nicht
entfällt, wenn sich die erfindungsgemäße
Eigenschaft in einem anderen biologischen Material
ausdrückt, also beispielsweise eine Resistenz, die mit
gentechnischen Mitteln bewirkt wurde, durch Kreuzung in eine
andere Pflanzensorte gelangt.
§ 9b, mit dem Artikel 10 der Richtlinie umgesetzt werden
soll, enthält eine besondere Art von
Erschöpfungsregelung für den Fall, dass
geschütztes biologisches Material innerhalb der
Europäischen Union oder in einem Vertragsstaat des Abkommens
über den Europäischen Wirtschaftsraum in Verkehr
gebracht worden ist. Sinn und Zweck der Vorschrift
erschließen sich am Beispiel von zum Anbau bestimmten
Pflanzen oder von Saatgut. Kauft ein Landwirt Saatgut und baut es
an, so geschieht dies gerade zum Zwecke des Anbaus, der
eigentlich eine Verletzungshandlung wäre. § 9b besagt,
dass der Patentschutz Anbau und Verwertung nicht entgegensteht.
Allerdings darf der Landwirt das Erntegut nicht etwa als Saatgut
weiterverkaufen (§ 9b Satz 2).
§ 9c enthält als Ausnahme von §§ 9 bis 9 b
Satz 2 das so genannte Landwirteprivileg. Das Landwirteprivileg
stammt aus dem Sortenschutzrecht und besagt, dass der Landwirt
berechtigt ist, Erntegut einer geschützten Sorte
zurückzubehalten und als Vermehrungsmaterial für den
Wiederanbau im eigenen Betrieb zu verwenden. Diesen Grundsatz
überträgt § 9c Abs. 1 für pflanzliches
Vermehrungsmaterial ins Patentrecht. Danach darf der Landwirt
auch bei patentiertem Vermehrungsmaterial einen Teil seiner Ernte
für die Wiederaussaat verwenden, weil das Saatgut zum Anbau
dient und dazu verkauft wurde.
§ 9c Abs. 2, der Artikel 11 Abs. 2 der Richtlinie
umsetzt, enthält ein entsprechendes Privileg für
landwirtschaftliche Nutztiere. Nach Satz 2 darf der Landwirt die
bei der Ausübung des Landwirteprivilegs erzeugten Tiere zwar
Dritten überlassen, jedoch nur soweit dies im Rahmen der
Fortführung seines landwirtschaftlichen Betriebs
erforderlich ist. Unzulässig ist dagegen der Verkauf dieser
Tiere sofern der Landwirt sie nicht zur Nutzung im eigenen
Betrieb, sondern eigens zwecks Verkaufs an andere Nutzer erzeugt
(Verkauf im Rahmen einer Vermehrung zu Erwerbszwecken) sowie der
Verkauf an Tierzüchter zwecks Erzeugung von Nachkommen
(Verkauf mit dem Ziel der Vermehrung zu Erwerbszwecken).
5. Das Verhältnis zum Sortenschutz
Für Pflanzensorten kann ein gemeinschaftsweit wirkendes
Sortenschutzrecht nach Verordnung (EG) Nr. 2100/94 des Rates vom
27. Juli 1994 über den gemeinschaftlichen Sortenschutz (ABl.
EG (Nr. ) L 227 S. 1) oder national ein Sortenschutzrecht nach dem
Sortenschutzgesetz erlangt werden. Patente können für
Sorten nicht erteilt werden. Dies ist bisher in § 2 Nr. 2 -
künftig § 2a Abs. 1 - wie auch in Artikel 53 Buchstabe
b EPü für das europäische
Patenterteilungsverfahren festgelegt. Die Richtlinie wiederholt
diesen Patentierungsausschluss in ihrem Artikel 4 Abs. 1. Damit
schreibt die Richtlinie die bestehende Rechtslage fort. Auch die
Ausnahme für mikrobiologische Verfahren und die daraus
resultierenden Erzeugnisse, die patentierbar sind, bleibt
erhalten.
Streitig war, inwieweit eine Erfindung, die sich auf Pflanzen
bezieht, patentiert werden kann und wann die Patentierung
ausgeschlossen ist, weil der Gegenstand der Erfindung eine
Pflanzensorte darstellt. In ihrer Entscheidung T 356/93 (ABl.
1995, 545 -
Plant Genetic Systems - PGS) hat eine Technische
Beschwerdekammer des Europäischen Patentamts im Kern
entschieden, dass eine gentechnisch bewirkte Veränderung -
hier eine Herbizidresistenz - eine Pflanzengesamtheit zu einer
Sorte macht, sofern die Eigenschaft hinreichend homogen und
beständig ist. Die Große Beschwerdekammer des
Europäischen Patentamts hat diese Rechtsansicht dagegen
nicht geteilt. Sie hat in ihrem Beschluss vom 20. Dezember 1999
in Übereinstimmung mit Artikel 4 Abs. 2 der Richtlinie
entschieden, dass entgegen der "PGS"-Entscheidung durch die
Herbizidresistenz keine Sorte geschaffen worden ist, da diese
Resistenz auch in andere Sorten eingebracht werden kann, die
Ausführung der Erfindung also technisch nicht auf eine
Pflanzensorte beschränkt ist. Artikel 4 Abs. 2 der
Richtlinie soll mit § 2a Abs. 2 umgesetzt werden.
ln der Praxis werden sich Patentschutz und Sortenschutz
insoweit überlappen, als bei geschützten Sorten
patentierte Erfindungen verwendet werden - etwa um bestimmte
Resistenzen zu erzielen. So enthält das Material, das zum
Verkauf gelangt, sowohl die Innovation des Patentinhabers in Form
der Resistenz als auch die des Sortenzüchters, der die Sorte
mit den übrigen Eigenschaften gezüchtet hat. Es bleibt
jedoch dabei, dass Sorten als solche nicht unter Patentschutz
gestellt werden können.
Für Tierrassen gibt es kein dem Sortenschutz
entsprechendes Schutzrecht. Gleichwohl gilt auch bei Tierrassen
bisher wie auch künftig das Patentierungsverbot.
6. Die Zwangslizenzen
Mit Artikel 2 Nr. 5 des Zweiten Gesetzes zu Änderung des
Patentgesetzes und anderer Gesetze vom 16. Juli 1998 (BGBl. I S.
1827) wurden die Vorschriften über die Zwangslizenz neu
gestaltet, um sie Artikel 31 des WTO-TRIPS-Übereinkommens
anzupassen. Es wurde allerdings das in Artikel 31 nicht
geforderte, im deutschen Recht aber bestehende Erfordernis
beibehalten, dass eine Zwangslizenz nur im öffentlichen
Interesse erteilt werden darf. Dabei soll es für die
Regelung der allgemeinen Zwangslizenz nach § 24 Abs. 1 auch
bleiben. Nur wenn die Belange der Allgemeinheit, die im
Einzelfall gegen die schutzwürdigen Interessen des
Patentinhabers abzuwägen sind, es fordern, ist hier ein
Eingriff in das Recht des Patentinhabers gerechtfertigt. Bei
abhängigen Patenten setzt das WTO-TRIPS-Übereinkommen
bereits sehr hohe Standards für die
Erteilung von Zwangslizenzen, ohne dass ein öffentliches
Interesse an der Zwangslizenz bestehen muss. Auch Artikel 12 der
Richtlinie sieht für die Zwangslizenzen wegen
Abhängigkeit zwischen Patent- und Sortenschutzrechten dieses
Erfordernis nicht vor. Bliebe die bestehende Regelung im
übrigen erhalten, so wären Zwangslizenzen wegen
Abhängigkeit bei biotechnologischen Erfindungen künftig
unter geringeren Voraussetzungen zu erteilen als
Abhängigkeitslizenzen auf anderen Gebieten der Technik, bei
denen zusätzlich noch das "öffentliche Interesse" an
der Erteilung der Zwangslizenz vorliegen müsste. Um dieses
unstimmige und nicht gerechtfertigte Ergebnis zu vermeiden, ist
vorgeschlagen, in § 24 Abs. 2 das öffentliche Interesse
bei der Erteilung von Zwangslizenzen wegen Abhängigkeit zu
streichen.
7. Kein Gebrauchsmusterschutz für biotechnologische
Erfindungen
Biotechnologische Erfindungen eignen sich nicht für den
Schutz durch ein bloßes Registrierrecht wie das
Gebrauchsmuster. Ein Gebrauchsmuster erlaubt seinem Inhaber wie
ein Patent, Dritten die gewerbliche Anwendung der
geschützten Erfindung zu verbieten. Eine
Gebrauchsmusteranmeldung wird indessen nicht materiell auf
Neuheit, gewerbliche Anwendbarkeit und, erfinderische
Leistung geprüft. Deswegen könnten die hohen
Prüfungsanforderungen, die durch die in Artikel 5 Abs. 3 der
Richtlinie geregelte Patentierungsvoraussetzung der konkreten
Beschreibung der gewerblichen Anwendbarkeit eines Gens
ergänzt worden sind, leicht mit einer Anmeldung als
Gebrauchsmuster umgangen werden. Deshalb soll diese
Schutzmöglichkeit durch eine Änderung von § 1 des
Gebrauchsmustergesetzes ausgeschlossen werden. Um den ethischen
Besonderheiten bei der Patentierbarkeit biotechnologischer
Erfindungen Rechnung zU tragen, ist es indessen ausreichend,
diese Erfindungen aus dem Schutzbereich des Gebrauchsmusters
auszunehmen. Dagegen ist es nicht erforderlich, auch den
Stoffschutz im Allgemeinen für den Bereich der
Gebrauchsmuster auszuschließen.
C. Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte, das
Preisniveau und sonstige Kosten
Kosten für die öffentlichen Haushalte entstehen
nicht. Eine Auswirkung auf das allgemeine Preisniveau ist nicht
zu erwarten.
Zu Artikel 1 (Änderung des Patentgesetzes) Zu Nummer 1
(§ 1)
- Absatz 2
-
Mit dem neu eingefügten Absatz 2 wird Artikel 3 Abs. 1
und 2 der Richtlinie umgesetzt. Satz 1 wurde gegenüber dem
Richtlinientext nur so weit umformuliert, wie dies notwendig war,
um den Anschluss an Absatz 1 zu ermöglichen.
- Folgeänderung
- Folgeänderung
Zu Nummer 2 (§ 1a)
Die Vorschriften setzen Artikel 5 Abs. 2 und 3 der Richtlinie
um. Dazu gehören die Erwägungsgründe 20 bis 25 der
Richtlinie. Die Vorschriften wurden wortgleich
übernommen.
Absatz 2 stellt einerseits klar, dass mit technischen Mitteln
isolierte Teile des menschlichen Körpers
einschließlich bestimmter Genabschnitte auch dann
Erfindungen sein können, wenn sie in ihrem Aufbau mit dem im
Körper vorhandenen natürlichen Teil identisch sind.
Andererseits stellt Absatz 3 klar, dass es keine Patente für
Genabschnitte geben kann, deren Verwendungszweck nicht bekannt
ist. Zu einer Patenterteilung kann es damit nur kommen, wenn der
Patentanmelder die gewerbliche Anwendbarkeit konkret beschreibt.
lm Fall der Verwendung einer Sequenz oder Teilsequenz eines Gens
zur Herstellung eines Proteins oder Teilproteins muss angegeben
werden, welches Protein oder Teilprotein hergestellt wird und
welche Aufgabe es hat. Allgemeine Angaben zur gewerblichen
Verwertbarkeit wie etwa "für medizinische Zwecke" reichen
damit nicht aus, vielmehr ist eine konkrete Beschreibung der
Funktion und der gewerblichen Anwendbarkeit des Gens
gefordert.
Zu Nummer 3 (§ 2)
- Absatz 1
-
Der Absatz wurde neu gefasst, um ihn an Artikel 27 Absatz 2
des WTO-TRIPS-Übereinkommens anzupassen. Danach können
Erfindungen von der Patentierbarkeit ausgeschlossen werden, wenn
ihre Verwertung - und nicht, wie es bisher geregelt war, auch
schon ihre Veröffentlichung - gegen die öffentliche
Ordnung oder die guten Sitten verstoßen würde.
Gleichzeitig entspricht Satz 1 dem ebenfalls an das
WTO-TRIPS-Übereinkommen angeglichenen Artikel 6 Abs. 1 der
Richtlinie. Infolge der Streichung des Tatbestandsmerkmals
"Veröffentlichung" kann auch Satz 2 entfallen.
- Absatz 2
Die Vorschrift setzt Artikel 6 Abs. 2 der Richtlinie um; dazu
gehören deren Erwägungsgründe 40 bis 45. Es ist
ein ausdrücklicher Hinweis auf die tragenden Vorschriften
des Embryonenschutzgesetzes angefügt worden.
Danach ist als Verfahren zum Klonen von menschlichen Lebewesen
"jedes Verfahren, einschließlich der Verfahren zur
Embryonenspaltung, anzusehen, das darauf abzielt, ein
menschliches Lebewesen zu schaffen, das im Zellkern die
gleiche Erbinformation wie ein anderes lebendes oder verstorbenes
menschliches Lebewesen besitzt" (Erwägungsgrund 41 der
Richtlinie).
Auch Verfahren zur Veränderung der genetischen
Identität der Keimbahn des menschlichen Lebewesens sind
ausnahmslos und unmissverständlich von der Patentierbarkeit
ausgeschlossen (Erwägungsgrund 40 der Richtlinie).
Nach Erwägungsgrund 42 der Richtlinie fallen unter den
Patentierungsausschluss des § 2 Abs. 2 Nr. 3 - Verwendung
menschlicher Embryonen zu industriellen oder kommerziellen
Zwecken - nicht solche Erfindungen, "die therapeutische oder
diagnostische Zwecke verfolgen und auf den menschlichen Embryo zu
dessen Nutzen angewendet werden". Die Betonung liegt dabei auf
"zu dessen Nutzen"; bei Fremdnützigkeit soll der
Patentierungsausschluss also in vollem Umfang gelten.
§ 2 Abs. 2 Nr. 4 hat zum Ziel, nicht gerechtfertigtes
Leiden von Tieren zu verhindern. Zu Nummer 4 (§ 2a)
- Absatz 1
-
Die Vorschrift entspricht dem bisherigen § 2 Nr. 2 Satz 1
sowie Artikel 53 Buchstabe b 1. Halbsatz des Europäischen
Patentübereinkommens (EPü). Artikel 4 Abs. 1 der
Richtlinie ist praktisch gleichlautend. Gegenüber der
bisherigen Fassung im Patentgesetz und im EPü wurde der
Begriff "Tierarten" durch "Tierrassen" ersetzt, weil er der
zutreffende Begriff ist. Auch die Richtlinie verwendet diesen
Begriff.
- Absatz 2
Die Vorschrift setzt Artikel 4 Abs. 2 und 3 der Richtlinie um;
dazu gehören deren Erwägungsgründe 29, 30, 31 und
32.
Mit Absatz 2 Satz 1 Nr. 1 soll festgelegt werden, dass nicht
bereits ein gemeinsames Gen eine Pflanzengesamtheit zur Sorte
macht, also eine Patentierung möglich ist, wenn
die erfindungsgemäßen Eigenschaften nicht nur in
einer Pflanzensorte vorhanden sein können.
Mit Satz 2 wird klargestellt, dass die dem § 1a Abs. 3
zu Grunde liegenden Gedanken auch für tierische und
pflanzliche Gene und Gensequenzen gelten.
c) Absatz 3
Die Vorschrift enthält die Definitionen des Artikels 2
der Richtlinie. Zu Nummer 5 (§ 9 Abs. 1)
Durch die Ergänzung in § 9 Abs. 1 Satz 1 wird
klargestellt, dass der Patentinhaber die patentierte Erfindung
nur im Rahmen der geltenden Rechtsordnung benutzen darf.
Zu Nummer 6 (§§ 9a bis 9c) a) Zu§9a
Absatz 1
Die Vorschrift enthält die Aussage, dass sich die
Schutzwirkungen bei Patenten für biotechnologische
Erfindungen so lange in die Folgegenerationen erstrecken, wie die
erfindungsgemäßen Eigenschaften noch vorhanden
sind.
Umgesetzt wird Artikel 8 Abs. 1 der Richtlinie. Absatz 2
Die Vorschrift setzt Artikel 8 Abs. 2 der Richtlinie um und
legt fest, dass der allgemeine Grundsatz, dass ein
Verfahrenspatent auch das unmittelbare Verfahrenserzeugnis
schützt, auch für biotechnologische Erfindungen gilt.
Allerdings kann auf diese Weise der Patentierungsausschluss
für Pflanzensorten und Tierrassen nicht umgangen werden. lst also eine Pflanzensorte unmittelbares Erzeugnis eines
patentierten Verfahrens, so umfasst der Schutz diese Sorte
nicht.
Absatz 3
Mit der Vorschrift soll Artikel 9 der Richtlinie umgesetzt
werden. Sie besagt, dass sich die Schutzwirkungen bei Patenten
betreffend genetische Informationen auch "horizontal" in der
Weise erstrecken, dass sie jedes Material erfassen, in das die
erfindungsgemäße Eigenschaft Eingang gefunden hat.
- Zu§9b
-
Die Vorschrift setzt Artikel 10 der Richtlinie um. Sie ist
redaktionell anders gefasst worden, um die Lesbarkeit zu
verbessern. Inhaltlich ist sie nicht verändert worden.
Die Vorschrift enthält eine spezielle
Erschöpfungsregelung. Sie besagt, dass derjenige, der in der
Europäischen Union oder in einem Vertragsstaat des Abkommens
über den Europäischen Wirtschaftsraum
Vermehrungsmaterial kauft, es selbstverständlich auch
anbauen darf, weil das Material zu diesem Zweck gekauft wurde.
Allerdings darf er - vom Ausnahmefall des durch die Richtlinie im
Patentrecht neu geschaffenen Landwirteprivilegs abgesehen - das
Erntegut nicht (ganz oder teilweise) erneut anbauen oder gar als
Saatgut verkaufen.
- Zu § 9c Absatz 1
Mit der Vorschrift soll Artikel 11 Abs. 1 der Richtlinie
umgesetzt werden. Sie enthält das Landwirteprivileg für
den Bereich der Pflanzen: Wegen des Ausmaßes und der
Bedingungen wird auf die entsprechenden Regelungen in der
Verordnung (EG) 2100/94 über den gemeinschaftlichen
Sortenschutz sowie die auf deren Grundlage getroffenen
Durchführungsbestimmungen verwiesen. Danach hat der Landwirt
grundsätzlich eine Vergütung für den Nachbau zu
zahlen. Der Verweis auf die Durchführungsbestimmungen zu
Artikel 14 der Verordnung EG (Nr. ) 2100/94 soll dafür Sorge
tragen, dass etwaige
Vergütungsansprüche der Inhaber von Patent- und
Sortenschutzrechten gegen den Landwirt gemeinsam geltend gemacht
werden können. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass sich der
Landwirt letztlich nur mit einem Partner auseinandersetzen
muss.
Absatz 2
Die Vorschrift setzt Artikel 11 Abs. 2 der Richtlinie um und
enthält das Landwirteprivileg für den Bereich der
Vermehrung von landwirtschaftlichen Nutztieren.
Absatz 3
Die patentrechtlichen Ansprüche nach § 9a sollen
für die Fälle eingeschränkt werden, in denen die
Vermehrung im Bereich der Landwirtschaft zufällig oder
technisch nicht vermeidbar erfolgt ("Auskreuzungen"). Dabei wird
davon ausgegangen, dass die gute landwirtschaftliche Praxis als
Maßstab gilt. Der Landwirt soll so vor einer
"aufgedrängten Bereicherung" geschützt werden. Die
Vorschrift ist ihrem Zweck entsprechend eng auszulegen. Macht
sich der Landwirt ausnahmsweise eine Auskreuzung gezielt zu
nutze, so trägt der Patentrechtsinhaber dafür die
Beweislast.
Zu Nummer 7 (§ 11Abs. 2a - neu - )
Durch den neuen § 11 Abs. 2a wird im Anschluss an die
Protokollerklärung der deutschen Delegation im
Binnenmarktrat vom 27. November 1997 (Fußnote 2) die
Reichweite des Forschungsprivilegs für die Züchtung,
Entdeckung und Entwicklung neuer Pflanzensorten geregelt.
Zu Nummer 8 (§ 16a)
Die Streichung der Wörter "und deren Zurücknahme" in
Absatz 2 beruht auf der Neufassung des § 24 durch das
Gesetz vom 16. Juli 1998 (BGBl. I S. 1827). Die Streichung dieser
Worte ist jetzt als Folgeänderung nachzuholen.
Zu Nummer 9 (§ 24)
Die Vorschriften der Richtlinie über die Zwangslizenzen
wegen Abhängigkeit (Artikel 12) können durch die kurze
Bestimmung des neuen Absatzes 3 umgesetzt werden. Die
ausführlichen Regelungen des Artikels 12 müssen nicht
wiederholt werden, da § 24 Abs. 2 dieselben Voraussetzungen
enthält und deshalb die Bezugnahme in Absatz 3
ausreicht.
Zu Nummer 10 (§ 34a - neu - )
Der Erwägungsgrund 27 der Richtlinie nimmt einen Gedanken
aus Artikel 15 des Übereinkommens über die Biologische
Vielfalt (Convention on Biological Diversity - CBD) vom 5. Juni
1992 (BGBl. 1993 ll S. 1741) auf. Der Erwägungsgrund lautet
wie folgt:
"Hat eine Erfindung biologisches Material pflanzlichen oder
tierischen Ursprungs zum Gegenstand oder wird dabei derartiges
Material verwendet, so sollte die Patentanmeldung gegebenenfalls
Angaben zum geographischen Herkunftsort dieses Materials
umfassen, falls dieser bekannt ist. Die Prüfung der
Patentanmeldungen und die Gültigkeit der Rechte aufgrund der
erteilten Patente bleiben hiervon unberührt."
Die 5. CBD-Vertragsstaatenkonferenz hat im Mai 2000 zum Thema
"Zugang zu genetischen Ressourcen und gerechter
Vorteilsausgleich" eine Arbeitsgruppe eingerichtet, die im
Oktober 2001 die "Bonner Leitlinien über den Zugang zu
genetischen Ressourcen und die ausgewogene Beteiligung an den
Vorteilen aus ihrer Nutzung" erarbeitet hat, die von der 6.
CBD-VSK im April 2002 verabschiedet wurden und sich u.a. für
eine Offenlegung des Ursprungslandes genetischer Ressourcen
aussprechen. Ferner beschäftigt sich eine
Sachverständigengruppe der WlPO (Weltorganisation für
Geistiges Eigentum) mit dieser Fragestellung.
Mit der übernahme des Erwägungsgrunds 27 in den
neuen § 34a des Patentgesetzes soll in dem Bereich der
Nutzung biologischen Materials Transparenz geschaffen werden,
ohne dem laufenden internationalen Diskussionsprozess vorgreifen
zu wollen.
Zu Nummer 11 (§ 39 Abs. 3)
Redaktionelle Änderung wegen der Änderung zu Nummer
10. Zu Nummer 12 (§ 85)
Redaktionelle Änderung wegen der Einfügung eines
neuen Absatzes 2 in § 24 des Patentgesetzes (siehe Nummer
9).
Zu Artikel 2 (Änderung des Gebrauchsmustergesetzes) Zu
Nummer 1 (§ 1 Abs. 2)
Das Gebrauchsmuster als reines Registrierrecht eignet sich
nicht für den Schutz biotechnologischer Erfindungen, die nur
nach patentrechtlicher Prüfung erteilt werden sollten, weil
die Gebrauchsmusteranmeldung nicht materiell geprüft wird.
Deshalb soll die Aufzählung dessen, was nicht Gegenstand
eines Gebrauchsmusters sein kann (§ 1 Abs. 2
Gebrauchsmustergesetz) um eine entsprechende Nummer 5 erweitert
werden.
Zu Nummer 2 (§ 2 Abs. 2)
Mit der Änderung wird die für § 2 des
Patentgesetzes vorgeschlagene Anpassung an das
WTO-TRIPS-Übereinkommen auch für das
Gebrauchsmustergesetz durchgeführt.
Zu Artikel 3 (Änderung des Sortenschutzgesetzes)
Die Änderung des Sortenschutzgesetzes wird durch die
Einführung der gegenseitigen Zwangslizenzen wegen
Abhängigkeit zwischen Patenten und Sortenschutzrechten
notwendig. Dabei wird vorgeschlagen, die im Sortenschutzgesetz in
§ 12 vorgesehene Bezeichnung "Zwangsnutzungsrecht"
beizubehalten. Da das Sortenschutzgesetz bisher keinen Fall von
Kreuzlizenzen, auf den Bezug genommen werden kann, regelt, wird
mit dem neuen § 12a eine ausführliche Regelung der
Voraussetzungen des Zwangsnutzungsrechts entsprechend den
Bestimmungen der Richtlinie in das Sortenschutzgesetz
eingefügt. Da es sich bei der Entscheidung über eine
Zwangslizenz um eine Folgeentscheidung zu der Erteilung des
Schutzrechts handelt, erscheint es sachgerecht, die Entscheidung
über die Erteilung einer Zwangslizenz an einem gewerblichen
Schutzrecht jeweils der Stelle zu übertragen, die für
die Erteilung des gewerblichen Schutzrechts selbst zuständig
ist. Ein Patentinhaber, der eine Zwangslizenz am Sortenschutz
begehrt, beantragt diese beim Bundessortenamt.
Zu Artikel 4 (Inkrafttreten)
Es wird vorgeschlagen, dass das Gesetz einen Monat nach der
Verkündung in Kraft tritt. Trotz der Eilbedürftigkeit
bedarf es eines organisatorischen Vorlaufs, damit die
Patentverordnung nach § 34 Absatz 6 des Patentgesetzes
angepasst und zeitgleich mit diesem Gesetz in Kraft treten
kann.