Der Bundesrat hat in seiner 935. Sitzung am 10. Juli 2015 beschlossen, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:
Zum Gesetzentwurf allgemein*
- 1. Der Bundesrat sieht in dem Gesetzentwurf einen wichtigen Schritt hin zu einer außergerichtlichen Streitbeilegung, die auch nach Auffassung des Bundesrates im Zusammenleben einen hohen Stellenwert einnimmt und vielfach gelebte Praxis darstellt. Mit dem im Gesetz festgelegten Verfahren wird ein strukturierter Prozess eingeführt, der die Parteien bei der Streitbeilegung unterstützt und geeignet ist, einen Interessenausgleich herbeizuführen.
- 2. Der Bundesrat begrüßt, dass der Gesetzentwurf in Teilen den gegenüber dem Referentenentwurf geäußerten Bedenken der Länder Rechnung trägt.
Gleichwohl hält es der Bundesrat weiterhin für zwingend geboten, sowohl für die Anerkennung von Verbraucherschlichtungsstellen als auch für die Universalschlichtung eine einheitlich auf Bundesebene angesiedelte Zuständigkeit vorzusehen. Der Bundesrat bedauert, dass dieses zentrale Anliegen, welches die Länder während der Vorarbeiten zum Gesetzentwurf mehrfach nachdrücklich zum Ausdruck gebracht haben, im Gesetzentwurf nicht aufgegriffen worden ist.
Nur eine einheitliche, zentrale Anerkennungsstelle des Bundes kann die wünschenswerte einheitliche Handhabung der Zulassungsverfahren gewährleisten und nur eine zentrale Universalschlichtungsstelle des Bundes kann Fachwissen bündeln und für die notwendige Unterstützung durch Wirtschaftsunternehmen und -verbände werben. Dies sind die zentralen Voraussetzungen für ein effektiv funktionierendes und weithin anerkanntes Schlichtungssystem.
Der Bundesrat bittet daher eindringlich, den Gesetzentwurf im weiteren Gesetzgebungsverfahren mit dem Ziel zu überarbeiten, eine unter Verwaltungshoheit des Bundes stehende Stelle für die Anerkennung von Verbraucherschlichtungsstellen sowie eine Universalschlichtungsstelle des Bundes zu schaffen. Verfassungsrechtliche Bedenken bestehen gegen eine solche Lösung nicht.
* Zum Begriff "Universalschlichtungsstelle" vergleiche auch Ziffer 26.
Begründung:
Der Gesetzentwurf sieht in Artikel 1 in § 27 Absatz 1 VSBG-E vor, dass für die Anerkennung privater Verbraucherschlichtungsstellen, sofern nicht Sonderbestimmungen greifen, die Behörde des Landes zuständig ist, in dem die Einrichtung ihren Sitz hat. Die Länder sind nach § 29 Absatz 1 VSBG-E zudem zuständig für die Einrichtung von Universalschlichtungsstellen, deren Zuständigkeit Lücken im übrigen Schlichtungsangebot abdecken soll.
Der Bundesrat begrüßt, dass der Gesetzentwurf einigen Bedenken, die in den Stellungnahmen der Länder zum Referentenentwurf geäußert wurden, Rechnung trägt.
Gleichwohl hält es der Bundesrat weiterhin für zwingend geboten, sowohl für die Anerkennung von Verbraucherschlichtungsstellen wie auch für die Universalschlichtung eine einheitlich auf Bundesebene angesiedelte Zuständigkeit vorzusehen. Die Länder haben bereits bekräftigt, dass die Einrichtung einer zentralen, bundeseinheitlichen Universalschlichtungsstelle unabdingbar ist, damit das sinnvolle Instrument der Streitschlichtung seine positive Wirkung entfalten kann. Hieran hält der Bundesrat fest.
- a) Nur in einer zentralen Universalschlichtungsstelle können die zu erwartenden Beschwerden aus den unterschiedlichsten Branchen und Dienstleistungsbereichen sowie für die unterschiedlichen Vertriebswege von Produkten und Dienstleistungen zielgerecht bearbeitet werden. Nur dort ist es möglich, das notwendige Fachwissen zu konzentrieren, Spezialisierungen von Mitarbeitern zu ermöglichen und eine einheitliche Verfahrensweise sicherzustellen. Und nur eine qualifiziert hochwertige und fachlich fundierte Verbraucherschlichtung wird letztendlich zu einer Akzeptanz bei allen Beteiligten führen. Außerdem gewährleistet nur eine bundeseinheitliche zentrale Universalschlichtungsstelle, dass nicht neben einer bestimmten Anzahl von Branchenschlichtungsstellen auch noch eine für Unternehmen und Verbraucher nicht mehr durchschaubare Landschaft an Universalschlichtungsstellen in unterschiedlichster Trägerschaft entsteht. Ferner kann nur eine einheitliche Stelle den für eine sinnvolle Aufgabenerledigung nötigen Bekanntheitsgrad erreichen. Der Bund verfügt bereits in mehreren Branchen über entsprechende Stellen und kann so bundesweit und branchenübergreifend einheitliche Standards festlegen, was einer weiteren, unerwünschten Zersplitterung der Schlichtungslandschaft entgegen wirken würde.
Zur Begründung der von dem Gesetzentwurf vorgesehenen Ansiedlung der Universalschlichtung auf Länderebene wird auf die "gebotene Ortsnähe" abgestellt (BR-Drucksache 258/15 (PDF) , S. 83), ohne dass dies näher ausgeführt würde. Der Gesetzentwurf setzt sich damit in Widerspruch zu der bereits bestehenden Schlichtungspraxis in verschiedenen Branchen, bei der er es aber belassen will. Sämtliche Streitschlichtungsstellen, auf die der Gesetzentwurf sich in den Artikeln 3 und 7 bis 22 bezieht, haben einen zentralen Sitz, und sie verzichten trotz Fallzahlen von bis zu knapp 19 000 p.a. (Versicherungsombudsmann im Jahre 2013) auf örtliche Niederlassungen. Der Gesetzentwurf sagt nicht, was entgegen dieser bewährten und von dem Gesetzentwurf auch nicht angetasteten Praxis im Rahmen der Universalschlichtung für die Notwendigkeit von Ortsnähe sprechen könnte. Insbesondere behandelt der Gesetzentwurf die Möglichkeit einer mündlichen Verhandlung als von dem Einverständnis aller Beteiligten abhängige Ausnahme (§ 17 Absatz 2 VSBG-E), so dass das Verfahren ohnehin zumeist schriftlich geführt werden wird. Zudem strebt auch der Bund aus oben genannten Gründen an, dass eine zentrale Universalschlichtungsstelle geschaffen wird, allerdings in Zuständigkeit und durch Zusammenarbeit der Länder, obwohl beim Bundesamt für Justiz bereits eine bundesweite Auffangzuständigkeit für den Luftverkehr besteht, die erweitert werden könnte, wodurch auch der zur Umsetzung der AS-Richtlinie noch verbleibende, knappe Zeithorizont eingehalten werden könnte.
Auch der Koalitionsvertrag der die Bundesregierung tragenden Parteien sieht im Übrigen auf Seite 125 vor, dass der Online-Schlichter zur "bundesweit einheitlichen" Schlichtungsstelle ausgeweitet werden soll. Von einer gebotenen Ortsnähe ist nicht die Rede:
- b) Der Bundesrat steht auch einer Länderzuständigkeit für das Anerkennungsverfahren kritisch gegenüber. Vor dem Hintergrund, dass sich auch bundesweit tätige Verbraucherschlichtungsstellen bilden werden oder solche mit mehreren Filialen in mehreren Ländern, ist es allein zielführend, die Anerkennungsbehörde auf Bundesebene anzusiedeln. Die Voraussetzungen für die Anerkennung enthalten verschiedene Ermessensvorschriften bzw. unbestimmte Rechtsbegriffe. So wird sich jede Anerkennungsbehörde darüber klar werden müssen, wann Rechtskenntnisse der Streitmittler als ausreichend anzusehen sind, unter welchen Voraussetzungen die Finanzierung einer Schlichtungsstelle als tragfähig erscheint und wann Streitwertgrenzen in einer Verfahrensordnung im Sinne des § 14 Absatz 2 Nummer 4 VSBG-E den Zugang von Verbrauchern zum Streitbeilegungsverfahren erheblich beeinträchtigen. Gleichartige Gefahren bestehen hinsichtlich der Aufsicht über bestehende Schlichtungsstellen. Es ist zu befürchten, dass durch eine Länderzuständigkeit unterschiedlichste Standards geschaffen werden und es zu einer Rechtszersplitterung und damit zu erheblicher Rechtsunsicherheit kommt.
In der Begründung zum LuftVG hat der Bundesgesetzgeber eine bundeseinheitliche Regelung der Anerkennung von privatrechtlich organisierten Schlichtungsstellen zur Wahrung der Rechts- und Wirtschaftseinheit ausdrücklich für erforderlich gehalten und eine Rechtszersplitterung durch unterschiedliche Standards in den Ländern zutreffend für nicht hinnehmbar erklärt (vgl. BT-Drucksache 17/11210, S. 12). Richtigerweise wurde daraus der Schluss gezogen, dass eine Bundesbehörde mit dieser Aufgabe betraut wurde.
Für die Meldung der deutschen ADR-Stellen an die EU wird zudem ohnehin eine zentrale Bundesbehörde zuständig sein.
- c) Die - von der Bundesregierung bisher nicht näher konkretisierten - verfassungsrechtlichen Bedenken gegen eine Bundeszuständigkeit greifen im Ergebnis nicht.
Zwar führen die Länder gemäß Artikel 83 des Grundgesetzes die Bundesgesetze grundsätzlich als eigene Angelegenheit aus, dies gilt jedoch nur, soweit das Grundgesetz nichts anderes bestimmt oder zulässt. Nach Artikel 87 Absatz 3 Satz 1 des Grundgesetzes können für Angelegenheiten, für die dem Bund - wie vorliegend der Fall - die Gesetzgebung zusteht, durch Gesetz u.a. selbständige Bundesoberbehörden errichtet werden. Diese Norm wirkt konstitutiv; die Errichtung einer Bundesoberbehörde setzt also nicht voraus, dass die Verwaltungskompetenz des Bundes im Grundgesetz schon anderweitig begründet oder wenigstens zugelassen ist (vgl. BVerfG, Urt. v. 24. Juli 1962, 2 BvF 4/61 [=BVerfGE 14, 197], juris-Rz. 52).
Aus dem Begriff der selbständigen Bundesoberbehörde ergibt sich, dass eine solche nur für Aufgaben errichtet werden kann, die der Sache nach für das ganze Bundesgebiet von einer Oberbehörde ohne Mittel- und Unterbau und ohne Inanspruchnahme von Verwaltungsbehörden der Länder - außer für reine Amtshilfe - wahrgenommen werden können (BVerfG, a.a. O., juris-Rz. 55). Diese Voraussetzung wäre hier sowohl für die Aufgabe einer Universalschlichtungsstelle wie auch für das Anerkennungsverfahren betreffend Verbraucherschlichtungsstellen ohne weiteres gegeben. Da Artikel 87 Absatz 3 des Grundgesetzes eine ausdrückliche Abweichung vom Grundsatz des Artikel 83 des Grundgesetzes beinhaltet, hätte die Errichtung einer entsprechenden Bundesoberbehörde grundsätzlich nichts mit einer unzulässigen, weil mit Artikel 83 ff. des Grundgesetzes nicht vereinbaren "Mischverwaltung" gemein. Es sind keine Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass die Errichtung einer Bundesoberbehörde als Universalschlichtungsstelle ein Zusammenwirken dieser Stelle mit Länderbehörden erfordern bzw. zwangsläufig mit sich bringen würde. Es steht demnach kein Organisationsmodell in Rede, das zwingend eine verwaltungstechnische Verflechtung zwischen Bundes- und Länderbehörden bedingen und somit zu Bedenken unter dem Gesichtspunkt einer eventuell mit Blick auf die Artikel 83 ff. des Grundgesetzes unzulässigen "Mischverwaltung" Anlass geben würde.
- 3. Der Bundesrat weist außerdem darauf hin, dass die Einrichtung der Universalschlichtungsstellen und die Bestimmung der insbesondere für die Anerkennung der Verbraucherschlichtungsstellen zuständigen Behörden auf Landesebene einen erheblichen Zeitbedarf erfordern würden. Die Frist zur Umsetzung der Richtlinie ist bereits abgelaufen. Auch die Frist, innerhalb derer der Europäischen Kommission die der Richtlinie entsprechenden Verbraucherschlichtungsstellen der Europäischen Kommission zu melden sind, kann auf Basis des Konzepts der Bundesregierung nicht eingehalten werden.
Begründung:
Die Umsetzungsfrist der Richtlinie 2013/11/EU ist am 9. Juli 2015 abgelaufen. Bis zum 9. Januar 2016 sind die Verbraucherschlichtungsstellen der Europäischen Kommission zu melden.
Nach dem Konzept des Gesetzentwurfs sollen die Behörden, die insbesondere für die Anerkennung nicht bundesrechtlich geregelter Verbraucherschlichtungsstellen zuständig sind, durch Landesrecht bestimmt werden. Ferner sollen die Länder die Universalschlichtungsstellen einrichten. Der Zeitbedarf für die rechtliche wie tatsächliche Umsetzung ist erheblich, zumal jeweils zwischen verschiedenen Alternativen entschieden und die haushalterischen Voraussetzungen geschaffen werden müssen. Besonders aufwendig gestaltet sich die Umsetzung dann, wenn die Länder in die Prüfung die Möglichkeit einbeziehen, die in der Sache gebotene bundeszentrale Wahrnehmung der Aufgaben im Wege von Länderkooperationen herbeizuführen.
Demgegenüber kann die Bundesregierung, die die Umsetzungszeit allein für legislative Vorbereitungen verbraucht hat, die Umsetzung durch die naheliegende und sachlich gebotene Wahrnehmung der Aufgaben in eigener Zuständigkeit wesentlich beschleunigen.
Ungeachtet des grundlegenden Dissenses hinsichtlich der Zuständigkeit für die Universalschlichtung und die Anerkennung von Verbraucherschlichtungsstellen gibt der auf dem Modell einer Länderzuständigkeit beruhende Gesetzentwurf der Bundesregierung Anlass zu folgender Stellungnahme:
4. Zum Gesetzentwurf allgemein
Der Gesetzentwurf ist mit zahlreichen Unsicherheiten beim Erfüllungsaufwand und dessen Finanzierung verbunden. Die Länder und Verbände hatten keine Gelegenheit, zu der Darstellung des Erfüllungsaufwands Stellung zu nehmen. Da die Angaben zum Erfüllungsaufwand - nach eigener Einschätzung des BMJV - bestenfalls einen eingeschränkten Aussagewert haben, konnte bislang kein finanzieller Bedarf ermittelt und zum Gegenstand einer Anmeldung oder Finanzplanung gemacht werden. Es fehlt weiterhin an einer hinreichenden Datenlage hinsichtlich möglicher Fallzahlen bei den Universalschlichtungsstellen und dem personellen und sachlichen Aufwand.
Der Bundesrat fordert daher die Bundesregierung auf, im weiteren Gesetzgebungsverfahren belastbare und mit den Ländern abgestimmte Angaben zum Erfüllungsaufwand der Verwaltung vorzulegen.
5. Zu Artikel 1 (VSBG)
Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob und inwieweit die im Gesetzentwurf verwandten Begriffe der "Schlichtung", "Streitbeilegungsverfahren" und "Konfliktbeilegungsverfahren" auch unter Berücksichtigung von bestehenden Regelungen in anderen Gesetzen klarer voneinander abgegrenzt oder aufgegeben werden können.
Begründung:
Der Gesetzentwurf benutzt den Begriff der "Schlichtung" einerseits als Bezeichnung für ein spezifisches Verfahren im Zusammenhang mit dem Schlichtungsvorschlag (§ 19 Absatz 1 VSBG-E) und der Auffangschlichtung (§ 30 Absatz 4 VSBG-E); die Begründung spricht insoweit von "Schlichtung im engeren Sinne" (BR-Drucksache 258/15 (PDF) , S. 76). So verstanden soll die Schlichtung von den Verbraucherschlichtungsstellen neben der Mediation und Kombinationen sowie weiteren nicht benannten Verfahren angeboten werden können (a.a. O., S. 59). Andererseits bedient sich der Gesetzentwurf des Begriffs der "Schlichtung" im Sinne eines Obergriffs für sämtliche Konflikt- oder Streitbeilegungsverfahren, und zwar im Zusammenhang mit dem zentralen Begriff der "Verbraucherschlichtungsstelle", dem "Schlichtungsangebot" (siehe § 29 Absatz 2 VSBG-E) und dem "Schlichtungsvorschlag" (vgl. §§ 19, 20 30 VSBG-E). Der Gebrauch desselben Worts in unterschiedlichen Kontexten ist misslich.
Erschwerend für das Verständnis des Verbraucherstreitbeilegungsgesetzes kommt hinzu, dass im Entwurf des Gesetzestextes neben der Schlichtung als Oberbegriffe überwiegend "Streitbeilegungsverfahren" (§§ 6, 7, 10 bis 16, 19, 21 bis 23, 30, 31, 34, 36, 37 VSBG-E), teilweise aber auch "Konfliktbeilegungsverfahren" (§§ 1 und 5 VSBG-E) verwandt werden.
Damit diese Doppeldeutigkeiten und Parallelverwendungen nicht zu einer fehlerhaften Gesetzesanwendung durch die Verbraucherstreitbeilegungsstellen führen, sollten die Verwendung der Begrifflichkeiten einer eingehenden Überprüfung im weiteren Gesetzgebungsverfahren unterzogen werden.
Anknüpfend an die in der Begründung des Gesetzentwurfs enthaltene Definition der Schlichtung im engeren Sinne sollte geprüft werden, ob der Begriff der "Schlichtung" nur im Verfahrenssinne verwendet und als solcher auch gesetzlich definiert wird. Demgegenüber sollte als Oberbegriff für sämtliche Streitbeilegungsverfahren ein einheitlicher Begriff verwandt werden. Als zentraler Oberbegriff könnte der Begriff der "Streitbeilegung" zugrunde gelegt werden, sodass im Gesetzestext die Wörter "Verbraucherstreitbeilegungsstelle", "Streitbeilegungsverfahren" und "Streitbeilegungsangebot" zu verwenden wären.
Die Definition der Schlichtung (im engeren Sinne) ist mit Blick auf die vorhandene Definition der Mediation in § 1 Absatz 1 Mediationsgesetz, vor allem aber deshalb angezeigt, weil geltende Bundesgesetze ein differenziertes und nicht mit dem vorliegenden Gesetzentwurf kompatibles Verständnis der Schlichtung offenbaren. So soll nach § 47a Absatz 2 Satz 2 des Telekommunikationsgesetzes im Rahmen der dort geregelten Schlichtung die Bundesnetzagentur "auf eine gütliche Einigung ... hinwirken", was nach allgemeinem Verständnis Mediation, Schlichtung und andere Nicht-Entscheidungsverfahren einschließt. In anderer Richtung abweichend sprechen etwa § 17c Absatz 4 des Gesetzes zur wirtschaftlichen Sicherung der Krankenhäuser und zur Regelung der Krankenhauspflegesätze, § 16i Absatz 1 Tierschutzgesetz und § 25 Absatz 1 Tierzuchtgesetz von "Schlichtung" bzw. "schlichten" in Zusammenhang mit Entscheidungsverfahren, ebenso § 7 der Verordnung über Testmaßnahmen für die Einführung der elektronischen Gesundheitskarte.
Die auf gesetzlicher Ebene zu schaffende Definition der Schlichtung könnte aus den Erwägungen in der Begründung (a.a. O., S. 76) entwickelt werden, die darauf abstellen, dass "der Streitmittler nach der Verfahrensordnung verpflichtet ist, den Parteien einen Vorschlag zur gütlichen Beilegung der Streitigkeit zu unterbreiten."
Mit der Anknüpfung an die Verfahrensordnung wird klargestellt, dass ad hoc unterbreitete Lösungsvorschläge etwa im Rahmen der Mediation oder in der Konfliktmoderation nicht zu einer Verfahrensänderung zur Schlichtung führen bzw. nötigen. Entscheidend für den Unterschied zwischen Mediation und Schlichtung ist aus der maßgeblichen Sicht der Parteien, ob sie die Lösung in der Verhandlung miteinander erarbeiten oder auf den Vorschlag des Dritten hinarbeiten. In einer Mediation sehen die Parteien im Dritten den Moderator, den Gedankenordner, den Verfahrensverantwortlichen; das inhaltliche Gespräch, die Darlegung der Interessen und der Lösungsoptionen sind jedenfalls letztlich auf den Streitpartner, nicht auf den Dritten orientiert. Wenn hingegen am Ende der Verhandlung der Vorschlag des Dritten liegt, orientieren die Parteien sich typischerweise und psychologisch nachvollziehbar an ihm, auch wenn er keine bindende Entscheidung trifft. Bewusst oder unbewusst versuchen sie jeweils, den Schlichter von ihrer Position zu überzeugen. Die Weichenstellung zwischen Schlichtung und Mediation erfolgt also typischerweise zu Beginn im Rahmen der Auftragsklärung.
Allerdings sollte entgegen der Begründung des Gesetzentwurfs (a.a. O., S. 76) und anders als in § 17 Absatz 1 Satz 1 VSBG-E nicht auf die Verpflichtung des Streitmittlers, einen Lösungsvorschlag zu unterbreiten, abgestellt werden. Denn selbstverständlich kann es in der Schlichtung auch gezielt zur autonomen Einigung kommen, ohne dass damit die Einordnung als Schlichtung in Frage stünde oder die Schlichtung als abgebrochen zu behandeln sein sollte. Kennzeichen der Schlichtung sollte also der in der Verfahrensordnung oder -vereinbarung primär oder für den Fall der Nichteinigung vorgesehene Lösungsvorschlag des Streitmittlers sein.
6. Zu Artikel 1 (§ 2 Absatz 3 - neu - VSBG)
In Artikel 1 ist dem § 2 folgender Absatz 3 anzufügen:
(3) Verbraucherschlichtungsstellen sind berechtigt, eine vom Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz durch Rechtsverordnung geregelte Kennzeichnung zu verwenden."
Folgeänderung:
In Artikel 1 ist in § 42 Absatz 1 nach Nummer 1 folgende Nummer 1a einzufügen:
"1a. die Gestaltung der Kennzeichnung nach § 2 Absatz 3 zu regeln,"
Begründung:
Die Bezeichnung "Verbraucherschlichtungsstelle" macht den Unterschied zwischen den nach dem Verbraucherstreitbeilegungsgesetz eingerichteten und sonstigen Schlichtungsstellen nicht hinreichend deutlich. Um die Unterscheidungskraft zu erhöhen, sollten Verbraucherschlichtungsstellen die Möglichkeit erhalten, eine durch Rechtsverordnung eingeführte und in ihrer Gestaltung vorgegebene Kennzeichnung ähnlich einem Gütesiegel zu verwenden.
7. Zu Artikel 1 (§ 3 Satz 1 VSBG)
Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren klarzustellen, welche Vereinigungen Träger von Verbraucherschlichtungsstellen sein können.
Begründung:
§ 3 Satz 1 VSBG-E sieht vor, dass Träger einer Verbraucherschlichtungsstelle ein "Verband" sein muss. Der Begriff des Verbandes ist juristisch nicht definiert und kann sehr weit als jegliche Art von Gruppen von natürlichen oder juristischen Personen verstanden werden, die sich freiwillig zur Verfolgung gemeinsamer Zwecke zusammengeschlossen haben. Auch eine aus zwei natürlichen Personen bestehende Gesellschaft bürgerlichen Rechts könnte daher als ein "Verband" angesehen werden. Ob dies vom Gesetzgeber gewollt und zur Sicherung einer dauerhaft qualitativ hochwertigen Tätigkeit der Schlichtungsstellen sinnvoll ist, sollte im weiteren Gesetzgebungsverfahren noch einmal überdacht werden.
8. Zu Artikel 1 (§ 4 Absatz 2 Satz 3 VSBG)
In Artikel 1 sind in § 4 Absatz 2 Satz 3 nach dem Wort "Unternehmer" die Wörter "oder Verbraucher" einzufügen.
Begründung:
§ 4 Absatz 2 Satz 3 VSBG-E sieht vor, dass Allgemeine Verbraucherschlichtungsstellen ihren Zuständigkeitsbereich räumlich beschränken können. Als Kriterium für die räumliche Begrenzung ist dabei allein die Niederlassung des Unternehmers vorgesehen.
Der Begriff der Niederlassung ist jedoch unscharf und interpretationsbedürftig. Streitigkeiten darüber, wo ein Unternehmen eine Niederlassung unterhält, sind vorprogrammiert. Einen Mechanismus zur Klärung von Kompetenzkonflikten oder Zuständigkeitsstreitigkeiten sieht das VSBG bisher nicht vor. Es sollte daher den Verbraucherschlichtungsstellen die Möglichkeit eröffnet werden, ihre Zuständigkeit stattdessen oder jedenfalls zusätzlich am Wohnsitz des Verbrauchers auszurichten.
9. Zu Artikel 1 (§ 4 Absatz 2 Satz 3, § 30 Absatz 1 Nummer 1 und Absatz 3 VSBG)
Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, wie ein Mechanismus zur Klärung von Zuständigkeits- und Kompetenzkonflikten im VSBG implementiert werden kann.
Begründung:
Das Verbraucherstreitbeilegungsgesetz enthält bisher keine Regelungen dazu, wie Zuständigkeits- und Kompetenzkonflikte geregelt werden können. Hierzu kann es beispielsweise kommen, wenn eine Allgemeine Verbraucherschlichtungsstelle mit räumlich beschränktem Zuständigkeitsbereich nach § 4 Absatz 2 Satz 3 VSBG-E der Auffassung ist, ein Unternehmen unterhalte in dem betreffenden Land eine Niederlassung, das Unternehmen jedoch anderer Ansicht ist. Der Begriff der Niederlassung ist unscharf und interpretationsbedürftig. Streitigkeiten darüber, wo ein Unternehmen eine Niederlassung unterhält, sind vorprogrammiert.
Auch zwischen der Universalschlichtungsstelle und einer anderen Verbraucherschlichtungsstelle kann es zu Meinungsverschiedenheiten hinsichtlich der Zuständigkeit kommen.
§ 30 Absatz 1 Nummer 1 VSBG-E sieht vor, dass die Universalschlichtungsstelle nur zuständig ist, wenn keine andere Verbraucherschlichtungsstelle zuständig ist. Nach § 30 Absatz 3 VSBG-E soll sodann die Universalschlichtungsstelle eine der aus ihrer Sicht zuständigen sonstigen Verbraucherschlichtungsstellen dem Antragsteller benennen. Nicht geregelt ist allerdings, was geschieht, wenn die benannte Schlichtungsstelle sich - aus Sicht der Universalschlichtungsstelle zu Unrecht - für nicht zuständig hält.
10. Zu Artikel 1 (§ 6 Absatz 2 VSBG)
Der Bundesrat bittet, im weiteren Verfahren zu prüfen, ob der Streitmittler bzw. bei einem mehrköpfigen Gremium zumindest ein Streitmittler die Befähigung zum Richteramt besitzen sollte.
Begründung:
Nach dem Gesetzentwurf muss der Streitmittler über die Rechtskenntnisse, insbesondere im Verbraucherrecht, das Fachwissen und die Fähigkeiten verfügen, die für die Beilegung von Streitigkeiten in der Zuständigkeit der Verbraucherschlichtungsstelle erforderlich sind.
Die Qualität und damit auch die Akzeptanz der Verbraucherschlichtung dürften sowohl bei Unternehmern als auch bei Verbraucherinnen und Verbrauchern besser zu erreichen sein, wenn ein Streitmittler die Qualifikation einer Befähigung zum Richteramt besitzt.
11. Zu Artikel 1 (§ 6 Absatz 3 Nummer 3 und 4 VSBG)
Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob die Beschränkung, dass ein Streitmittler in den letzten drei Jahren vor seiner Bestellung nicht für einen Wirtschaftsverband oder einen Verbraucherverband im Wirtschaftsbereich, für den die Verbraucherschlichtungsstelle zuständig ist, tätig gewesen sein darf, mit der Zielsetzung des Gesetzes, eine qualitativ hochwertiges alternatives Streitschlichtungsangebot bundesweit zu schaffen, vereinbar ist. Aktuell existieren bereits erfolgreich arbeitende Schlichtungsstellen, die von Verbänden getragen werden. Die jetzige Regelung würde dazu führen, dass Personen, die derzeit als Streitschlichter in diesen Schlichtungsstellen tätig sind, nach Ablauf der im Gesetzentwurf in Artikel 23 vorgesehenen Übergangszeit nicht zum Streitmittler bestellt werden könnten. Der Bundesrat ist der Auffassung, dass dies dem Ziel des Verbraucherstreitbeilegungsgesetzes widerspricht, die außergerichtliche Streitbeilegung in Deutschland zu fördern, nicht aber zu verhindern oder zu erschweren (Allgemeiner Teil der Begründung des Gesetzentwurfs, Abschnitt III, 2., Buchstabe a, S. 45). Zudem würde die Kontinuität und Qualität der Arbeit bisher erfolgreicher Schlichtungsstellen unnötig beeinträchtigt.
Begründung:
Dem Verbraucherstreitbeilegungsgesetz (VSBG-E) liegt das Leitbild einer Verbraucherschlichtung zugrunde, wonach die Unabhängigkeit und Integrität der Verbraucherstreitschlichtungsstelle wesentlich für das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger darin ist, dass ein faires und unabhängiges Ergebnis des Schlichtungsverfahrens erreicht werden kann. Wichtig ist hierfür auch die Unabhängigkeit und Neutralität des Streitmittlers, weswegen in Artikel 1 § 6 VSBG spezifische Anforderungen für die als Streitmittler tätigen Personen festgelegt werden.
Demnach darf ein Streitmittler in den letzten drei Jahren vor seiner Bestellung nicht für einen Verband, dem ein Unternehmen nach § 6 Absatz 1 angehört und der Unternehmensinteressen in dem Wirtschaftsbereich wahrnimmt, für den die Verbraucherstreitschlichtungsstelle zuständig ist, oder einem Verband, der Verbraucherinteressen in dem Wirtschaftsbereich wahrnimmt, für den die Verbraucherschlichtungsstelle zuständig ist, tätig gewesen sein. Dies führt nach Auffassung des Bundesrates dazu, dass Personen, die derzeit als Streitschlichter bei bislang erfolgreich tätigen Schlichtungsstellen tätig sind, nach Ablauf der im Gesetzentwurf in Artikel 23 vorgesehenen Übergangszeit nicht zum Streitmittler bestellt werden könnten.
Zwar führt die ADR-Richtlinie in Erwägungsgrund 34 aus, dass ein Interessenkonflikt für die mit der alternativen Streitbeilegung betrauten natürlichen Personen vorliegen kann, wenn sie eine persönliche und geschäftliche Beziehung mit einer oder mehreren Parteien innerhalb der drei Jahre vor Beginn der Amtszeit ihrer Tätigkeit - außer zum Zweck der alternativen Streitbeilegung - namentlich bei einem Berufs- oder Wirtschaftsverband haben. Dies ist nach Auffassung des Bundesrates jedoch als eine Erläuterungshilfe zu verstehen, unter welchen Voraussetzungen die EU ein Interessenkonflikt bei einem Streitmittler als gegeben ansehen könnte, und nicht als zwingender Ausschlussgrund für eine Bestellung zum Streitmittler.
Nach dem vorliegenden Gesetzentwurf würde eine Tätigkeit als Streitmittler für einen Wirtschafts- oder Verbraucherverband in den vergangenen drei Jahren gemäß § 6 Absatz 3 Nummer 3 und 4 jedoch zwingend und generell einer Bestellung zum Streitmittler entgegenstehen. Dies gilt sogar für Personen, die bei den in Frage kommenden Verbänden in den vergangenen drei Jahren zur Durchführung von Schlichtungsverfahren beschäftigt waren.
Der Bundesrat hält es daher für geboten und sinnvoll, § 6 Absatz 3 Nummer 3 und 4 insoweit zu überprüfen, um die Anerkennung der bisher in Deutschland erfolgreichen Schlichtungsstellen als Verbraucherstreitschlichtungsstelle bzw. die Bestellung von erfahrenen Schlichtern zu Streitmittlern nicht zu gefährden. Dazu könnte, wie - im ursprünglichen Referentenentwurf vorgesehen - mindestens die Nummer 4 gestrichen werden, da in der Richtlinie nicht von der Tätigkeit eines Streitmittler bei Verbraucherverbänden die Rede ist. Alternativ könnte eine Klarstellung dahingehend erfolgen, dass eine hauptberufliche Tätigkeit in der Funktion eines Streitschlichters bei einem Wirtschafts- oder Verbraucherverband innerhalb der letzten drei Jahre vor einer Bestellung einer Bestellung zum Streitmittler im Sinne des § 4 VSBG-E nicht entgegensteht.
12. Zu Artikel 1 (§ 6 Absatz 3, § 7 Absatz 5 Satz 2 VSBG)
- a) Der Gesetzentwurf ist beim Punkt Unabhängigkeit und Unparteilichkeit des Streitschlichters noch unzureichend, weil er eine Interessenneutralität des Streitmittlers dann für nicht gewährleistet hält, wenn dieser in den letzten drei Jahren vor seiner Bestellung für einen Verband tätig geworden ist, der Verbraucherinteressen in dem Wirtschaftsbereich wahrnimmt, für den die Verbraucherschlichtungsstelle zuständig ist. Da dem Gesetzgeber ausweislich der Begründung zu § 6 an fairen und unparteiischen Streitschlichtern gelegen ist, ist eine Interessenneutralität ebenfalls zu bejahen, wenn die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der Streitbeilegung in der Organisation angelegt ist.
- b) In Artikel 1 sind in § 7 Absatz 5 Satz 2 vor den Wörtern "nicht anzuwenden" die Wörter "sowie auf Streitmittler einvernehmlich besetzter und paritätisch betriebener Schlichtungsstellen" einzufügen.
Begründung:
Der Gesetzgeber sieht zu Recht die Neutralität des Streitmittlers vor, der seine Aufgabe unabhängig und unparteilich erledigen können muss und nicht in Abhängigkeit eines Interessenverbandes, der selber Verbraucherinteressen in dem Wirtschaftsbereich vertritt, stehen soll. Hiervon hat der Gesetzgeber eine Ausnahme zugelassen, wenn der Streitmittler länger als drei Jahre nicht mehr für den Interessenverband tätig war oder wenn die Streitbeilegung einem Kollegialorgan übertragen wurde, dem der Streitmittler angehört. Der Gesetzgeber geht hier davon aus, dass die paritätische Zusammensetzung des Gremiums mit Vertretern von Verbraucher- und Unternehmerinteressen die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der Streitbeilegung sichert, auch wenn zuvor Mitglieder des Gremiums für einen Interessenverband tätig waren bzw. sind.
Der derzeitige Gesetzentwurf betrifft die Schlichtungsstelle Nahverkehr in Nordrhein-Westfalen, deren Streitmittler bei der Verbraucherzentrale NRW, die als Verband im Sinne des § 6 Absatz 3 Nummer 4 VSBG-E zu werten ist, angestellt sind. Die Schlichtungsstelle Nahverkehr ist eine seit Jahren etablierte und anerkannte Einrichtung der Streitbeilegung in Nahverkehrsangelegenheiten in Nordrhein-Westfalen, an deren Weiterführung Nordrhein-Westfalen sehr gelegen ist. Mit der oben genannten vorgeschlagenen Änderung wird dem Aspekt der Neutralität dadurch genüge getan, dass die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit in der Organisation angelegt ist. Die Anforderungen an Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der Verbraucherschlichtungsstelle sind nach Auffassung von Nordrhein-Westfalen insbesondere dann erfüllt, wenn der Streitmittler einvernehmlich durch ein Organ bestellt wird, das durch Vertreter von Verbraucher- und Unternehmerinteressen paritätisch besetzt ist. Auch so ist die unabhängige und unparteiliche Streitbeilegung gewährleistet, weil die Interessenverbände auf Basis gegenseitiger Kontrolle die Neutralität des Streitmittlers überwachen.
Wie in der Begründung des Gesetzentwurfs zu § 9 Absatz 1 VSBG-E dargelegt, kann dies durch einen Trägerverein mit paritätisch besetztem Beirat erfolgen. Auch ein anderes Vereinsorgan, wie beispielsweise ein paritätisch besetzter Vorstand, könnte die Neutralität gewährleisten.
13. Zu Artikel 1 (§ 14 Absatz 1 Nummer 4 - neu - VSBG)
In Artikel 1 ist § 14 Absatz 1 wie folgt zu ändern:
Folgeänderung:
In Artikel 1 ist § 14 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 zu streichen.
Begründung:
Missbräuchliche Anträge sollten vom Gesetzgeber als zwingender Ablehnungsgrund festgeschrieben werden.
Nach dem Gesetzentwurf kann die Verfahrensordnung vorsehen, dass ein Antrag, der offensichtlich ohne Aussicht auf Erfolg gestellt wird oder mutwillig erscheint, abgelehnt werden kann (§ 14 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 VSBG-E). Dieser Ablehnungsgrund sollte in § 14 Absatz 1 mit aufgenommen werden, der die zwingenden Ablehnungsgründe durch den Streitmittler regelt.
14. Zu Artikel 1 (§ 14 Überschrift, Absatz 1 Nummer 1, Nummer 2, Nummer 3, Absatz 5 - neu - VSBG)
In Artikel 1 ist § 14 wie folgt zu ändern:
- a) In der Überschrift sind die Wörter "und Verfahrensaussetzung" anzufügen.
- b) Absatz 1 ist wie folgt zu ändern:
- aa) In Nummer 1 ist das Komma durch das Wort "oder" zu ersetzen.
- bb) In Nummer 2 ist das Wort "oder" durch einen Punkt zu ersetzen.
- cc) Nummer 3 ist zu streichen.
- c) Folgender Absatz 5 ist anzufügen:
(5) Der Streitmittler kann die Durchführung des Streitbeilegungsverfahrens aussetzen, solange der Antragsgegner den vom Antragsteller geltend gemachten Anspruch weder anerkannt noch abgelehnt hat und seit der Geltendmachung nicht mehr als zwei Monate vergangen sind. Die Bekanntgabe des Antrags an den Antragsgegner bleibt davon unberührt."
Begründung:
Die zwingende Ablehnung der Durchführung des Streitbeilegungsverfahrens während einer Frist von zwei Monaten, innerhalb derer der Antragsgegner sich zum geltend gemachten Anspruch nicht äußert, ist nicht sachgerecht und schafft einen Fehlanreiz, auf Forderungen des Vertragspartners nicht zu reagieren. Im Falle einer Ablehnung der Durchführung des Schlichtungsverfahrens bedarf es nicht zwingend einer Bekanntgabe des Antrags an den Antragsgegner, so dass die Verjährung des geltend gemachten Anspruchs nach § 204 BGB nicht gehemmt wird. Für den Antragsgegner könnte es daher vorteilhaft sein, auf die geltend gemachte Forderung nicht zu reagieren und auf den Eintritt der Verjährung zu hoffen. Ein entsprechender Fehlanreiz wäre vor allem bei der Geltendmachung von Nacherfüllungsansprüchen kurz vor Ablauf der Gewährleistungsfrist zu befürchten.
An die Stelle der zwingenden Ablehnung sollte daher die Möglichkeit der Verfahrensaussetzung treten und zugleich die Verjährungshemmung durch Bekanntgabe des Schlichtungsantrags gegenüber dem Antragsgegner sichergestellt werden.
15. Zu Artikel 1 (§ 14 Absatz 1 Satz 2 - neu - VSBG)
In Artikel 1 ist dem § 14 Absatz 1 folgender Satz anzufügen:
"Satz 1 Nummer 2 [ und 3 ]* findet keine Anwendung, wenn der Antragsgegner in die Durchführung des Streitbeilegungsverfahrens einwilligt oder Erklärungen zur Sache abgibt."
* [ ] Bedarf ggf. der Anpassung an Ziffer 14.
Begründung:
In der derzeitigen Fassung des § 14 Absatz 1 Nummer 2 und 3 VSBG-E ist die Durchführung eines Schlichtungsverfahren im Falle fehlender vorheriger Geltendmachung bzw. Nichtablaufs der Karenzzeit auch dann abzulehnen, wenn der Antragsgegner das Verfahren gleichwohl betreiben möchte.
Wendet sich z.B. der Verbraucher während der Verhandlungen mit dem Unternehmer im Einvernehmen mit diesem innerhalb der Zweimonatsfrist nach Nummer 2 an die Schlichtungsstelle, müsste diese den Antrag nach dem Gesetzentwurf ablehnen. Erst wenn der Unternehmer den Anspruch dann jedenfalls teilweise (formell) ablehnt, könnte der Verbraucher einen neuen, dann statthaften Schlichtungsantrag stellen. Dies erscheint als bloße Förmelei und könnte sogar abschreckend wirken.
Anders als § 14 Absatz 1 Nummer 1 VSBG-E, der die Streitbeilegungsstelle vor der inhaltlichen Befassung mit Anträgen schützt, für die sie keine Zuständigkeit begründet hat, ist in den Fällen der Nummer 2 und 3 kein vom Parteiwillen unabhängiges Ablehnungsinteresse der Streitbeilegungsstelle ersichtlich.
Die Ablehnungsgründe des § 14 Absatz 1 Nummer 2 und 3 VSBG-E sollten daher nicht gelten, wenn der Unternehmer sich mit der Durchführung des Verfahrens einverstanden erklärt. Ein Einverständnis kann ebenfalls unterstellt werden, wenn der Unternehmer in der Sache selbst Erklärungen abgibt (vgl. § 39 ZPO).
16. Zu Artikel 1 (§ 14 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 VSBG)
Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob eine gesetzliche Konkretisierung der Streitwertgrenzwerte in Anlehnung an den § 31 VSBG-E geboten ist.
Begründung:
Artikel 1 § 14 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 regelt den Minimal- bzw. Maximalstreitwert für ein Verfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle. In der Begründung zu § 14 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 sind nur Beispiele erwähnt, die nicht ausreichen, um künftig eine einheitliche Anerkennungspraxis der Länderbehörden und damit einen ausreichenden, bundesweiten Zugang von Verbraucherinnen und Verbrauchern zur Schlichtung sicherzustellen.
Bei der Bestimmung dieser absoluten Streitwertgrenzen ist insbesondere zu berücksichtigen, dass eines der Hauptanliegen der alternativen Streitbeilegung darin besteht, gerade auch Streitigkeiten, die wegen eines geringen Streitwertes regelmäßig nicht vor Gericht gebracht werden, einer zufriedenstellenden Klärung zuzuführen.
17. Zu Artikel 1 (§ 14 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4, § 30 Absatz 1 Nummer 4 und § 31 Absatz 1 VSBG)
Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren klarzustellen, nach welchen Vorschriften sich der Streitwert des Schlichtungsverfahrens bemisst.
Begründung:
Der Gesetzentwurf des VSBG enthält an mehreren Stellen Vorschriften, die auf den Streitwert abstellen. Es fehlt jedoch an Regelungen dazu, wonach sich der jeweilige Streitwert bemisst. Der Begriff des Streitwertes ist auch nicht anderweitig eindeutig definiert. So enthalten z.B. die §§ 8 und 9 ZPO einerseits und die §§ 41 und 42 GKG unterschiedliche Regelungen zu gleichartigen Streitgegenständen. Es sollte daher - beispielsweise durch eine Verweisung auf die ZPO - klargestellt werden, welche Regelungen für das VSBG gelten.
18. Zu Artikel 1 (§ 14 Absatz 3 Satz 1 und § 16 Absatz 01 - neu - VSBG)
Artikel 1 ist wie folgt zu ändern:
Begründung:
Der Gesetzentwurf ermöglicht es ausweislich der Regelung in § 14 Absatz 3 Satz 1 VSBG-E, dass der Verbraucher einen Antrag bei der Verbraucherstreitbeilegungsstelle einreicht und diese nach § 14 Absatz 1 VSBG-E die Durchführung eines Streitbeilegungsverfahrens ablehnt, ohne den Antrag dem Antragsgegner zuvor bekannt gegeben zu haben. In diesem Fall würde die Verjährung nach § 204 Absatz 1 Nummer 4 BGB in der Fassung des Gesetzentwurfs nicht gehemmt.
Demgegenüber tritt nach den geltenden Regelungen des BGB eine Verjährungshemmung durch Klageerhebung oder Zustellung eines Mahnbescheides auch im Falle der Unzulässigkeit ein. Der Verbraucher scheint indessen im Streitbelegungsverfahren nicht weniger schutzbedürftig als im gerichtlichen Verfahren, zumal die Ablehnungsgründe des § 14 VSBG-E nicht allgemein bekannt sein werden und auch kein Anwaltszwang besteht.
Die Rechtsschutzlücke soll durch die Aufnahme einer Bekanntgabepflicht in § 16 VSBG-E verhindert werden. Die Streichung in § 14 Absatz 3 Satz 1 VSBG-E stellt eine Folgeänderung dar.
19. Zu Artikel 1 (§ 15 Absatz 2 VSBG)
In Artikel 1 sind in § 15 Absatz 2 nach dem Wort "anderes" die Wörter "oder der Antragsgegner ist zur Teilnahme am Streitbeilegungsverfahren verpflichtet" einzufügen.
Begründung:
Wenn der Antragsgegner zur Teilnahme am Streitbeilegungsverfahren verpflichtet ist, soll keine automatische Verfahrensbeendigung eintreten. Insbesondere bei einer vertraglichen Verpflichtung zur Teilnahme, mit der Unternehmer möglicherweise auch werben, besteht ein schutzwürdiges Vertrauen des Antragstellers darin, dass der Antragsgegner das Verfahren nicht durch einseitige Erklärung beenden kann. Da der Gesetzentwurf nicht hinreichend deutlich macht, ob lediglich eine zwischen dem Antragsgegner und der Streitbeilegungsstelle getroffene Abrede oder auch eine zwischen den Parteien des streitgegenständlichen Vertrages getroffene Abrede die Verfahrensbeendigung ausschließt, bedarf Absatz 2 der Ergänzung.
20. Zu Artikel 1 (§ 15 Absatz 2 Satz 2 und 3 - neu - VSBG)
In Artikel 1 sind dem § 15 Absatz 2 folgende Sätze anzufügen:
"Abweichend von Satz 1 beendet der Streitmittler das Verfahren nicht, wenn
- 1. der Antragsgegner ein Unternehmer mit einem jährlichen Umsatz von 5 Millionen Euro oder mehr ist und
- 2. bei der Schlichtungsstelle zehn oder mehr Anträge von verschiedenen Verbrauchern auf Durchführung eines Streitbeilegungsverfahrens mit diesem Unternehmer eingegangen sind.
Anträge, seit deren Eingang mehr als 24 Monate vergangen sind, werden bei der nach Satz 2 Nummer 2 maßgeblichen Zahl nicht berücksichtigt."
Begründung:
Bei größeren Unternehmen mit einem gewissen Aufkommen an schlichtungsbedürftigen Verbraucherstreitigkeiten sollte keine automatische Verfahrensbeendigung eintreten. Andernfalls bestünde die Gefahr, dass zahlreiche Schlichtungsanträge völlig ins Leere gehen und die Verbraucher das Vertrauen in das Instrument der alternativen Streitbeilegung verlieren. Die Möglichkeit einer Fortsetzung des Verfahrens kann Anreize für Unternehmen schaffen, sich an Schlichtungsstellen und ihrer Finanzierung zu beteiligen. Zumindest kann sie einer breiten Verweigerung der Mitwirkung entgegenwirken.
Mit den umsatz- und aufkommensabhängigen Schwellenwerten werden übermäßige Belastungen insbesondere kleinerer Unternehmen vermieden.
21. Zu Artikel 1 (§ 18 VSBG)
Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren das Verhältnis zum Mediationsgesetz zu klären und etwaige Widersprüche im Sinne des Mediationsgesetzes zu lösen.
Begründung:
Nach § 18 VSBG-E ist auf gesetzlicher Ebene klargestellt, dass eine Verbraucherstreitbeilegungsstelle gemäß Regelung in der Verfahrensordnung Mediation durchführen kann, ohne dass andere Verfahren wie Schlichtung angeboten werden müssten. Soweit § 18 VSBG-E das Mediationsgesetz (mit einer Ausnahme) für "ergänzend" anwendbar erklärt, ist damit die erforderliche Klärung des Verhältnisses zum Mediationsgesetz nicht geleistet. Soweit in der Begründung darauf abgehoben wird, es müssten gegebenenfalls "zusätzlich" den Anforderungen des Mediationsgesetzes genügt werden, ist damit impliziert, dass die Regelungswerke friktions- und widerspruchsfrei sind. Das ist allerdings bei näherer Prüfung nicht der Fall. Klärungsbedarf besteht insbesondere zu folgenden Komplexen:
- - § 2 Absatz 4 des Mediationsgesetzes sieht vor, dass Dritte nur mit Zustimmung aller Parteien in die Mediation einbezogen werden können, wozu auch Rechtsanwälte zählen. Hingegen gibt § 13 Absatz 1 VSBG-E den Parteien das Recht, sich unter anderem durch einen Rechtsanwalt vertreten zu lassen. Es mag in Befolgung einer so verstandenen Richtlinienvorgabe hinnehmbar sein, wenn in der Verbrauchermediation eine Partei sich gegen den Willen der anderen von einem Rechtsanwalt begleiten lassen kann, zumal ja die Möglichkeit einer jederzeitigen Beendigung besteht. Mit den Grundsätzen der Mediation schlicht unvereinbar aber ist es, wenn sich eine Partei von einem Rechtsanwalt vertreten lässt, ohne selbst anwesend zu sein. Essentieller Sinn der Mediation ist die Teilnahme der unmittelbar vom Konflikt Betroffenen (vgl. zum Beispiel Greger in Greger/Unberath Mediationsgesetz Nummer 56 zu § 1). Von diesem Vorverständnis geht auch die Mediationsrichtlinie aus: Artikel 3 Buchstabe a sieht vor, dass die Parteien bei der Mediation "selbst versuchen", den Streit beizulegen. Entsprechende Wendungen finden sich in teilweise noch eindeutigerem Zusammenhang in den Erwägungsgründen 10 und 13. Da gemäß Artikel 3 Absatz 2 der Richtlinie 2013/11/EU die Mediationsrichtlinie (Richtlinie 2008/52/EG) als lex specialis Vorrang haben dürfte (vgl. Wagner, ZKM 2013, 104, 106), dürfte eine Klarstellung, dass die Verfahrensordnung für die Verbrauchermediation die persönliche Teilnahme der Parteien vorsehen kann, auch europarechtskonform sein.
- - § 6 Absatz 2 VSBG-E verlangt vom Streitmittler Kenntnisse im "Verbraucherrecht", während § 5 Mediationsgesetz nur mediationsbezogene Rechtskenntnisse voraussetzt. Auch als Streitmittler unterbreitet der Mediator keine Schlichtungsvorschläge im Sinne des § 19 VSBG-E, sondern wirkt gemäß § 2 Absatz 6 Mediationsgesetz darauf hin, dass die Parteien eine Vereinbarung in Kenntnis der Sachlage treffen, wozu er vor allem auf die Möglichkeit externer Beratung insbesondere durch einen Rechtsanwalt hinweist. Es ist kein Grund ersichtlich, weshalb Rechtskenntnisse des Mediators in der Verbrauchermediation wichtiger sein sollten als zum Beispiel Kenntnisse des Erb- und Gesellschaftsrechts, die das Mediationsgesetz für die Mediation einer Unternehmensnachfolge nicht verlangt. Mit Blick auf Artikel 6 Absatz 1 Satz 2 Buchstabe a der Richtlinie 2013/11/EU sollte für den Streitmittler, der Mediation anbietet, nur ein "allgemeines Rechtsverständnis" verlangt werden.
- - Nach § 15 VSBG-E haben nur die Parteien die Möglichkeit, das Verfahren zu beenden. Hingegen kann die Mediation gemäß § 2 Absatz 5 Satz 2 Mediationsgesetz auch vom Mediator beendet werden. Ob es sich hierbei allerdings im Sinne der Begründung des Gesetzentwurfs um eine zusätzliche "Anforderung" des Mediationsgesetzes handelt, die nach § 18 VSBG-E eine ergänzende Anwendung des Mediationsgesetzes erlaubt, erscheint zweifelhaft und damit klarstellungsbedürftig. Im Ergebnis muss dem Verbraucherstreit-Mediator eine eigene Beendigungsmöglichkeit zur Verfügung stehen, weil er sonst gegebenenfalls zur Schlichtung oder zu einem anderen Verfahren übergehen müsste.
- - § 21 Absatz 1 Satz 1 VSBG-E sieht vor, dass der Mediator den Parteien das Ergebnis des Verfahrens in Textform mit Erläuterungen übermittelt. Nach der Begründung des Gesetzentwurfs soll es im Falle einer Einigung im Rahmen einer Mediation zwar offenbar einer Erläuterung nicht bedürfen, wohl aber der Übermittlung in Textform. Nach § 2 Absatz 6 Satz 3 Mediationsgesetz hingegen steht die Dokumentation der Einigung in der vollen Disposition der Parteien.
Artikel 9 Absatz 1 Buchstabe c der Richtlinie 2013/11/EU hat offensichtlich die Konstellationen der vorgeschlagenen und der "auferlegten" Lösung vor Augen, weshalb es richtlinienkonform sein dürfte, die Dokumentation des Mediationsergebnisses auch in der Verbrauchermediation der Parteiautonomie zu überlassen.
22. Zu Artikel 1 (§ 19 Absatz 1a - neu - VSBG)*
In Artikel 1 ist in § 19 nach Absatz 1 folgender Absatz 1a einzufügen:
(1a) Der Streitmittler kann einen Schlichtungsvorschlag nach Aktenlage unterbreiten, wenn der Unternehmer, der zur Teilnahme am Streitbeilegungsverfahren bereit oder verpflichtet ist, zu dem Antrag des Verbrauchers keine Stellungnahme abgibt. Von der Bereitschaft des Unternehmers zur Teilnahme am Streitbeilegungsverfahren ist auszugehen, wenn er gegenüber dem Verbraucher, auf seiner Webseite oder in seinen allgemeinen Geschäftsbedingungen erklärt hat, an Streitbeilegungsverfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle teilzunehmen. Von der Bereitschaft des Unternehmers ist auch dann auszugehen, wenn er zwar keine Teilnahmebereitschaft nach Satz 2 erklärt hat, aber die Teilnahme am Verfahren nicht innerhalb von drei Wochen ablehnt, nachdem ihm der Antrag des Verbrauchers von der Verbraucherschlichtungsstelle übermittelt worden ist. Die Verbraucherschlichtungsstelle muss den Unternehmer zugleich mit der Übermittlung des Antrags auf die in Satz 1 geregelte Rechtsfolge hinweisen und ferner darauf hinweisen, dass für den Schlichtungsvorschlag ein Entgelt nach § 23 erhoben werden kann. Die Verfahrensordnung der Verbraucherschlichtungsstelle kann dies abweichend regeln."
* Sachzusammenhang mit Ziffer 23 und 32 (hinsichtlich der Definition der Bereitschaft des Unternehmers).
Begründung:
Es sollte der Verbraucherschlichtungsstelle konkret die Möglichkeit eröffnet werden, entsprechend der für die Universalschlichtung im Gesetzentwurf vorgesehenen Regelung einen Schlichtungsvorschlag nach Aktenlage zu unterbreiten. Insofern sollten dieselben Voraussetzungen gelten wie bei der Universalschlichtung. Allerdings sollte der privaten Verbraucherschlichtungsstelle die Möglichkeit eingeräumt werden, von der gesetzlichen Regelung in ihrer Verfahrensordnung abzuweichen und anderweitige Regelungen vorzusehen.
Es wird damit gewährleistet, dass der Unternehmer dann, wenn er seine Teilnahmebereitschaft gegenüber dem Verbraucher, auf seiner Webseite oder in seinen allgemeinen Geschäftsbedingungen anbietet und quasi damit wirbt, daran festgehalten und auch an den Kosten des Verfahrens beteiligt wird und der Verbraucher ähnlich einem Versäumnisurteil zumindest eine Einschätzung der Sach- und Rechtslage erhält. Dieselbe Rechtsfolge ist gerechtfertigt, wenn der Unternehmer nicht auf die Übermittlung des Antrags des Verbrauchers reagiert.
23. Zu Artikel 1 (§ 23 Absatz 2 Satz 2 - neu - VSBG)*
In Artikel 1 ist dem § 23 Absatz 2 folgender Satz anzufügen:
"Von der Bereitschaft des Unternehmers zur Teilnahme an dem Streitbeilegungsverfahren ist auszugehen, wenn er gegenüber dem Verbraucher, auf seiner Webseite oder in seinen allgemeinen Geschäftsbedingungen erklärt hat, an Streitbeilegungsverfahren teilzunehmen."
* Sachzusammenhang mit Ziffer 22 und 32 (hinsichtlich der Definition der Bereitschaft des Unternehmers).
Begründung:
Nach dem Wortlaut des § 23 Absatz 2 VSBG-E soll das Recht der Verbraucherschlichtungsstelle, von dem Unternehmer ein Entgelt zu verlangen, u.a. von dessen Teilnahmebereitschaft abhängen. Dies ist insofern konkretisierungsbedürftig, als die Bereitschaft ein rein innerer Vorgang ist, der nicht notwendig dokumentiert sein muss. Dabei ist allerdings klar, dass nach durchgeführtem Verfahren, gleich ob der Unternehmer hierzu verpflichtet war oder nicht, ein Entgelt verlangt werden kann. Offen oder zumindest unklar erscheint allerdings, ob ein Entgelt auch für den Fall einer vorzeitigen Beendigung des Verfahrens nach § 15 VSBG-E verlangt werden kann.
Diese Unklarheit sollte in Anlehnung an die Regelung in § 31 VSBG-E beseitigt werden. Dort wie hier ist es sachgerecht, die Gebühr auch dann anfallen zu lassen, wenn der Unternehmer die Bereitschaft zur Teilnahme allgemein oder individuell erklärt, auf einen entsprechenden Antrag des Verbrauchers dann aber der weiteren Durchführung widerspricht. Damit wird im wettbewerbsrechtlichen, aber auch im verbraucherschutzrechtlichen Sinne ein Anreiz dafür geschaffen, dass Unternehmen sich nicht nur abstrakt zur Schlichtung bereiterklären, sondern diese Erklärung im Anlassfall auch einlösen.
24. Zu Artikel 1 (§ 24 Satz 1 VSBG)
In Artikel 1 sind in § 24 Satz 1 die Wörter "kann auf Antrag eine Einrichtung als Verbraucherschlichtungsstelle anerkennen" durch die Wörter "erkennt auf Antrag eine Einrichtung als Verbraucherschlichtungsstelle an" zu ersetzen.
Begründung:
Der Wortlaut des Gesetzentwurfs der Bundesregierung kann dahingehend ausgelegt werden, dass der Anerkennungsbehörde bei der Anerkennung einer Verbraucherschlichtungsstelle ein Ermessen zustehen soll. Ein nachvollziehbarer Grund für diesen Umstand findet sich in der Begründung nicht. Vielmehr sollte es sich um eine gebundene Entscheidung handeln. Gerade eine Ermessensentscheidung kann bei der vorgesehenen Länderzuständigkeit für die Anerkennungsbehörden dazu führen, dass 16 verschiedene Maßstäbe bei der Anerkennung von Verbraucherschlichtungsstellen angelegt werden, was dem Ziel der Richtlinie, Unterschiede in diesem Bereich abzubauen, zuwiderliefe.
25. Zu Artikel 1 (§ 28 Satz 2 VSBG)
In Artikel 1 ist in § 28 der Satz 2 zu streichen.
Begründung:
Industrie- und Handelskammern sind ebenso wie Handwerkskammern landesunmittelbare Körperschaften des öffentlichen Rechts. Als solche werden sie in der Literatur zwar als Behörden angesehen, allerdings gelten besondere Regeln, die sich einerseits aus der Pflichtmitgliedschaft (§ 2 Absatz 1 IHKG bzw. § 90 Absatz 2 HwO) und andererseits aus der funktionalen Selbstverwaltung ableiten.
Die Wirtschaftskammern sind durch eine Pflichtmitgliedschaft geprägt. Diese Einschränkung der Grundrechte der Gewerbetreibenden bzw. der Handwerker wird vom Bundesverfassungsgericht gerade durch deren Funktion als Vertreter des Gesamtinteresses der Wirtschaft bzw. des Handwerks sowie als Träger der wirtschaftlichen Selbstverwaltung begründet. Entscheidend für eine Aufgabenübertragung auf die Kammern müssen sachliche Erwägungen sein. Aufgaben sind für eine Übertragung geeignet, wenn ihre Erfüllung ganz wesentlich wirtschaftlichen bzw. handwerklichen Sachverstand, insbesondere die Nähe zur betriebliche Praxis, erfordert und/oder die entscheidungserheblichen Kriterien ganz überwiegend solche sind, die sich "innerhalb" der Wirtschaft bzw. des Handwerks bewegen. Indiz für die Eignung von Aufgaben ist, dass der rechtliche Rahmen bei der Umsetzung Handlungsspielräume für die funktionale Selbstverwaltung eröffnet. Andernfalls würde das eigentliche Kernelement der funktionalen Selbstverwaltung, nämlich die Einbindung der Betroffenen als Beteiligte und damit die Aktivierung verwaltungsexternen Sachverstands, ausgehöhlt.
Es bestehen vor diesem Hintergrund schwerwiegende Bedenken, die Kammern Schlichtungsstellen unterhalten zu lassen, die im Verbraucherinteresse errichtet werden und deren Verfahren unter Umständen nicht einmal ihre Mitglieder betreffen. Denn die Wirtschaftskammern dürfen beispielsweise Anlagen und Einrichtungen nur zur Förderung der gewerblichen Wirtschaft oder einzelner Gewerbezweige begründen, unterhalten oder unterstützen (vgl. § 1 Absatz 2 IHKG).
Die Einrichtung der Verbraucherschlichtungsstellen zielt dagegen ausweislich der Begründung des Gesetzentwurfs bzw. der Richtlinie 2013/11/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Mai 2013 über die alternative Beilegung verbraucherrechtlicher Streitigkeiten und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 und der Richtlinie 2009/22/EG (ABl. L 165 vom 18.6.2013, S. 63) auf den Schutz von Verbrauchern. Diese Zielsetzung entspricht nicht den gesetzlichen Aufgaben der Kammern.
Die in der Begründung zu § 28 VSBG-E erwähnte "staatliche Aufsicht durch eine Aufsichtsbehörde" (vgl. Begründung des Gesetzentwurfs, Besonderer Teil, S. 83) stünde bei einer Betrauung der Wirtschaftskammern mit den Aufgaben einer Verbraucherschlichtungsstelle vor dem unlösbaren Problem, zwei einander diametral entgegensetzte Gesetze umsetzen zu müssen. Aus dem Recht der funktionalen Selbstverwaltung heraus ist eine Tätigkeit der Wirtschaftskammern im Verbraucherinteresse unzulässig, sie darf nur im (Gesamt) Interesse ihrer Mitglieder tätig werden.
Darüber hinaus wird in der Gesetzesbegründung gerade herausgehoben (a.a. O.), dass die Kammern gerade keine Verbände im Sinne des Gesetzentwurfs sind, so dass die Vorschrift des § 28 Satz 2 auch innerhalb des Entwurfs systemwidrig ist.
Schließlich sind die für Schlichtungsverfahren vorgesehenen Gebühren bzw. Entgelte einseitig zu Lasten der Unternehmen verteilt. Da in keiner Weise absehbar ist, ob diese kostendeckend wären, bestünde die Gefahr, dass unzulässigerweise eine Quersubventionierung einer kammerbetriebenen Verbraucherschlichtungsstelle aus Beiträgen und Gebühren der Kammermitglieder erfolgen müsste. Dies widerspricht eklatant den Prinzipien der funktionalen Selbstverwaltung.
26. Zu Artikel 1 (Abschnitt 6 Überschrift, §§ 29 bis 32 und § 42 Absatz 2 VSBG)
Artikel 1 ist wie folgt zu ändern:
- a) In der Überschrift des Abschnitts 6 und in § 42 Absatz 2 ist jeweils das Wort "Universalschlichtungsstellen" durch das Wort "Auffangschlichtungsstellen" zu ersetzen.
- b) In den §§ 29, 30, 31 und 32 ist jeweils das Wort "Universalschlichtungsstelle" durch das Wort "Auffangschlichtungsstelle" zu ersetzen.
Begründung:
Der Begriff der "Universalschlichtungsstelle" ist missverständlich. Er suggeriert eine umfassende Zuständigkeit und lässt insbesondere weder die sich aus § 30 Absatz 1 Nummer 1 VSBG-E ergebende Nachrangigkeit noch die regionale Begrenzung nach § 30 Absatz 1 Nummer 2 VSBG-E und nicht einmal die Beschränkung auf Verbraucherstreitigkeiten erkennen. Es kommt hinzu, dass eine Unterscheidung von den "Allgemeinen Verbraucherschlichtungsstellen" nach § 4 Absatz 2 VSBG-E im allgemeinen Sprachgebrauch kaum möglich ist und die semantisch einzig naheliegende Differenzierung, die "Universalschlichtungsstelle" sei anders als die "Allgemeine Verbraucherschlichtungsstelle" auch für Streitigkeiten ohne Verbraucherbeteiligung zuständig, gerade falsch ist. Demgegenüber verschafft die vorgeschlagene, noch im Referentenentwurf verwendete Begrifflichkeit eine zielführende Vorstellung von der Funktion als Auffangeinrichtung. Will man diesen Begriff vermeiden, müsste man die Nachrangigkeit durch einen Zusatz wie "weitere" oder "ergänzende" zum Ausdruck bringen.
27. Zu Artikel 1 (§§ 29, 30 Absatz 1 bis 3 und 5 Satz 2, § 31 Absatz 1 Satz 1 VSBG)* Artikel 1 ist wie folgt zu ändern:
- a) § 29 ist wie folgt zu ändern:
- b) § 30 ist wie folgt zu ändern:
- aa) Absatz 1 ist wie folgt zu ändern:
- aaa) In dem Satzteil vor Nummer 1 sind die Wörter "des Landes" zu streichen.
- bbb) Nummer 2 ist zu streichen.
- bb) In Absatz 2, 3 und 5 Satz 2 sind jeweils die Wörter "des Landes" zu streichen.
- c) In § 31 Absatz 1 Satz 1 sind die Wörter "des Landes" zu streichen.
* Zum Begriff "Universalschlichtungsstelle" vergleiche auch Ziffer 26.
Folgeänderung:
Artikel 1 ist wie folgt zu ändern:
Begründung:
In Artikel 5 der Richtlinie 2013/11/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Mai 2013 über die alternative Beilegung verbraucherrechtlicher Streitigkeiten und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 und der Richtlinie 2009/22/EG (ABl. L 165 vom 18.6.2013, S. 63) wird vorgegeben, dass für jeden Mitgliedstaat eine (behördliche) Auffangschlichtungsstelle eingerichtet wird. Die Kommission geht somit gerade nicht von einer Notwendigkeit regionaler Schlichtungsstellen aus. Die Einrichtung einer Auffangschlichtungsstelle pro Land wäre somit eine Übererfüllung europäischer Vorgaben ("Goldplating") und ist darüber hinaus organisatorisch und finanziell unverhältnismäßig.
Der Gesetzentwurf sieht als Regelfall ferner ein schriftliches Verfahren vor, insbesondere geht § 17 Absatz 2 VSBG-E nur im Ausnahmefall von einer mündlichen Erörterung aus. Das Verfahren erfolgt also ganz überwiegend schriftlich bzw. in Textform. Auch dies zeigt, dass eine regionale Nähe der Schlichtungsstelle zu den Beteiligten nicht erforderlich ist, denn wenn diese ohnehin nicht persönlich aufgesucht werden muss, stellt ihre räumliche Entfernung für die Verbraucherinnen und Verbraucher auch kein Hindernis dar. Damit ist die räumliche Entfernung aus Absendersicht nicht relevant.
Nach den Ausführungen des Gesetzentwurfs ist eine bundesgesetzliche Regelung gemäß Artikel 72 Absatz 2 GG erforderlich. Eine bundeseinheitliche Regelung der Anforderungen für die Anerkennung einer Einrichtung als Streitbeilegungsstelle im Verbraucherbereich und des Anerkennungsverfahrens gewährleistet die Wahrung der Rechts- und Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse, siehe Allgemeiner Teil der Begründung des Gesetzentwurfs, Abschnitt IV Gesetzgebungskompetenz (S. 48). Daher ist es folgerichtig, wenn eine bundeseinheitliche Schlichtungsstelle eingerichtet wird.
28. Zu Artikel 1 (§ 30 Absatz 1 Nummer 4 VSBG)
In Artikel 1 ist § 30 Absatz 1 Nummer 4 zu streichen.
Begründung:
Eine zwingende Beschränkung der Universalschlichtung auf Streitwerte bis zu 5 000 Euro durch den Gesetzgeber ist nicht geboten und engt die Gestaltungsspielräume der Universalschlichtung zu sehr ein. Gerade bei hochwertigen Gütern wie Kfz oder Möbeln kann eine Schlichtung auch bei Streitwerten über 5 000 Euro sinnvoll sein. Auch die Ombudsstellen der privaten Banken und Versicherungen lassen höhere Streitwerte zu.
29. Zu Artikel 1 (§ 30 Absatz 1 Nummer 7 - neu - VSBG)
In Artikel 1 ist § 30 Absatz 1 wie folgt zu ändern:
Begründung:
Missbräuchliche Anträge sollten vom Gesetzgeber als zwingender Ablehnungsgrund festgeschrieben werden.
In § 30 Absatz 1 VSBG-E, der die Ablehnungsgründe für die Universalschlichtungsstelle festlegt, sollte dieser Ablehnungsgrund mit aufgenommen werden.
30. Zu Artikel 1 (§ 30 Absatz 1 Nummer 4, Nummer 5, Nummer 6, Absatz 3a - neu - VSBG)*
In Artikel 1 ist § 30 wie folgt zu ändern:
- a) Absatz 1 ist wie folgt zu ändern:
- aa) In Nummer 4 ist das Komma durch das Wort "oder" zu ersetzen.
- bb) In Nummer 5 ist das Wort "oder" durch einen Punkt zu ersetzen.
- cc) Nummer 6 ist zu streichen.
- b) Nach Absatz 3 ist folgender Absatz 3a einzufügen:
(3a) Die Universalschlichtungsstelle kann die Durchführung des Streitbeilegungsverfahrens aussetzen, solange der Antragsgegner den vom Antragsteller geltend gemachten Anspruch weder anerkannt noch abgelehnt hat und seit der Geltendmachung nicht mehr als zwei Monate vergangen sind. Die Bekanntgabe des Antrags an den Antragsgegner bleibt davon unberührt."
Begründung:
Die zwingende Ablehnung der Durchführung des Streitbeilegungsverfahrens während einer Frist von zwei Monaten, innerhalb derer der Antragsgegner sich zum geltend gemachten Anspruch nicht äußert, ist nicht sachgerecht und schafft einen Fehlanreiz, auf Forderungen des Vertragspartners nicht zu reagieren. Im Falle einer Ablehnung der Durchführung des Schlichtungsverfahrens bedarf es nicht zwingend einer Bekanntgabe des Antrags an den Antragsgegner, so dass die Verjährung des geltend gemachten Anspruchs nach § 204 BGB nicht gehemmt wird. Für den Antragsgegner könnte es daher vorteilhaft sein, auf die geltend gemachte Forderung nicht zu reagieren und auf den Eintritt der Verjährung zu hoffen. Ein entsprechender Fehlanreiz wäre vor allem bei der Geltendmachung von Nacherfüllungsansprüchen kurz vor Ablauf der Gewährleistungsfrist zu befürchten.
An die Stelle der zwingenden Ablehnung sollte daher die Möglichkeit der Verfahrensaussetzung treten und zugleich die Verjährungshemmung durch Bekanntgabe des Schlichtungsantrags gegenüber dem Antragsgegner sichergestellt werden.
* Zum Begriff "Universalschlichtungsstelle" vergleiche auch Ziffer 26.
31. Zu Artikel 1 (§ 30 Absatz 5 Satz 1 VSBG)
In Artikel 1 sind in § 30 Absatz 5 Satz 1 die Wörter "nach Absatz 4 Satz 2" zu streichen.
Begründung:
Die in § 30 Absatz 5 VSBG-E geschaffene unwiderlegbare Vermutung der Bereitschaft des Unternehmens zur Teilnahme darf entgegen dem missverständlichen Wortlaut der Formulierung im Gesetzentwurf nicht auf die Regelung in Absatz 4 beschränkt werden. Vielmehr hat diese Vermutung auch Auswirkung auf das Entstehen der Gebühr nach § 31 Absatz 1 VSBG-E. Es ist sachgerecht, die Gebühr auch dann anfallen zu lassen, wenn der Unternehmer die Bereitschaft zur Teilnahme allgemein oder individuell erklärt, auf einen entsprechenden Antrag des Verbrauchers dann aber der weiteren Durchführung widerspricht. Damit wird im wettbewerbsrechtlichen, aber auch im verbraucherschutzrechtlichen Sinne ein Anreiz dafür geschaffen, dass Unternehmen sich nicht nur abstrakt zur Schlichtung bereiterklären, sondern diese Erklärung im Anlassfall auch einlösen.
Auch wenn das Klarstellungsziel alternativ dadurch erreicht werden kann, dass in § 31 Absatz 1 Satz 1 VSBG-E auf § 30 Absatz 5 Satz 1 und 2 VSBG-E Bezug genommen wird, ist die vorgeschlagene Änderung aus gesetzessystematischen Erwägungen vorzugswürdig.
32. Zu Artikel 1 (§ 30 Absatz 5 Satz 1 und Satz 2 VSBG)*
In Artikel 1 ist § 30 Absatz 5 wie folgt zu ändern:
- a) Satz 1 ist wie folgt zu ändern:
- aa) Die Wörter "durch Erklärung" sind zu streichen.
- bb) Die Wörter "in Aussicht gestellt oder angeboten" sind durch das Wort "erklärt" zu ersetzen.
- b) In Satz 2 sind die Wörter "Teilnahme nach Satz 1 in Aussicht gestellt oder angeboten" durch die Wörter "Teilnahmebereitschaft nach Satz 1 erklärt" zu ersetzen.
* Sachzusammenhang mit Ziffer 22 und 23 (hinsichtlich der Definition der Bereitschaft des Unternehmers).
Begründung:
Der Gesetzentwurf sieht in § 30 Absatz 5 Satz 1 VSBG-E vor, dass von der Bereitschaft des Unternehmers zur Teilnahme am Streitbeilegungsverfahren auszugehen ist, wenn er durch Erklärung gegenüber dem Verbraucher, auf seiner Webseite oder in seinem allgemeinen Geschäftsbedingungen in Aussicht gestellt oder angeboten hat, an Streitbeilegungsverfahren vor einer Universalschlichtungsstelle teilzunehmen. Damit fällt dann auch die in § 31 VSBG-E geregelte Gebühr für den Unternehmer an.
Dies ist zu weitgehend. Ein bloßes Inaussichtstellen kann nicht genügen, um diese Folgen auszulösen, zumal es schon unklar ist, wann ein solches Inaussichtstellen gegeben ist. Der Begriff des Inaussichtstellens ist vage und zu unbestimmt. Die Bereitschaft des Unternehmers, der eine Teilnahme lediglich in Aussicht stellt, kann von bestimmten Umständen abhängen, über deren Eintreten dann wieder Streit entstehen kann. Nur in den Fällen, in denen der Unternehmer konkret oder allgemein erklärt, an den Streitbeilegungsverfahren vor einer Universalschlichtungsstelle teilzunehmen, ist ein automatischer Gebührenanfall gerechtfertigt, aber auch geboten, da der Unternehmer mit seiner Bereitschaft dann auch wirbt.
33. Zu Artikel 1 (§ 30 Absatz 5 Satz 3 VSBG)*
In Artikel 1 ist § 30 Absatz 5 Satz 3 wie folgt zu fassen:
"Mit der Übersendung des Antrags nach Satz 2 muss die Universalschlichtungsstelle den Unternehmer zugleich auf die in Satz 2 geregelte Rechtsfolge und ferner darauf hinweisen, dass eine Gebühr nach § 31 erhoben wird oder im Fall einer beauftragten Universalschlichtungsstelle ein Entgelt nach Maßgabe von § 23 anfällt."
* Zum Begriff "Universalschlichtungsstelle" vergleiche auch Ziffer 26.
Begründung:
Die Änderung ist erforderlich, um zum einen deutlich zu machen, dass die Hinweispflicht allein die in § 30 Absatz 5 Satz 2 VSBG-E normierten Fallgestaltungen betrifft. Zum anderen fällt die Gebühr nicht nur für den Fall eines Schlichtungsvorschlags, wie der Gesetzentwurf formuliert, sondern zum Beispiel auch dann an, wenn der Unternehmer das Verfahren beendet.
34. Zu Artikel 1 (§ 31 Absatz 1 VSBG)
Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob eine neue Anpassung der Gebühren an die Streitwerte möglich ist.
Begründung:
Artikel 8 Buchstabe c der Richtlinie 2013/11/EU verlangt, dass das Streitbeilegungsverfahren für den Verbraucher kostenlos oder lediglich gegen eine "Schutzgebühr" zugänglich sein muss.
Zu den Kosten der Unternehmer enthält die Richtlinie keine Vorgaben.
Gemäß § 31 des Gesetzentwurfs erhebt die Universalschlichtungsstelle für die Durchführung des Streitbeilegungsverfahrens vom Unternehmer, der zur Teilnahme an dem Streitbeilegungsverfahren beteiligt oder verpflichtet ist, eine Gebühr, deren Höhe kostendeckend sein soll und die Höhe des Streitwertes berücksichtigt.
Nummer 1 erhebt eine Gebühr in Höhe von 190 Euro bei einem Streitwert bis einschließlich 100 Euro. Nummer 2 des Gesetzentwurfs erhebt eine Gebühr von 250 Euro bei einem Streitwert über 100 Euro bis einschließlich 500 Euro.
Bei den Nummern 1 und 2 liegen die Streitwerte unterhalb der Gebühr. Dies führt zu einer Verhinderung des Verfahrens vor der Universalschlichtungsstelle. Für Unternehmer wird kein Anreiz geschaffen, sich an der außergerichtlichen Streitbeilegung freiwillig zu beteiligen bzw. daran teilzunehmen. Um für Unternehmen das Verfahren und die Verbraucherschlichtungsstellen attraktiv zu gestalten und die Akzeptanz bei den Unternehmen zu fördern, ist eine neue Anpassung der Gebühren zwingend notwendig.
35. Zu Artikel 1 (§ 31 Absatz 1 VSBG)
Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren klarzustellen, wie sich der Gebührenanfall beim Unternehmer gestaltet, wenn die Universalschlichtungsstelle das Verfahren wegen offensichtlicher Erfolglosigkeit oder
Missbräuchlichkeit des Antrags ablehnt bzw. beendet, nachdem der Unternehmer sich zu dem Antrag geäußert hat.
Begründung:
Im Gesetzentwurf ist nicht klar geregelt, ob der Unternehmer, wenn er sich zunächst auf das Schlichtungsverfahren einlässt, aber ausführt, dass der Antrag des Verbrauchers offensichtlich ohne Erfolg oder missbräuchlich ist, zu einer Gebühr herangezogen wird, wenn die Universalschlichtungsstelle das Schlichtungsverfahren aus den vom Unternehmer vorgebrachten Gründen beendet bzw. den Antrag ablehnt. Dies sollte klargestellt werden.
36. Zu Artikel 1 (§ 35 Absatz 2 VSBG)
In Artikel 1 sind in § 35 Absatz 2 die Wörter "zwei Jahre eine Auswertung der" durch die Wörter "vier Jahre die" zu ersetzen.
Begründung:
Durch die Änderung wird erreicht, dass die zuständigen Behörden die ihnen zugegangenen Evaluationsberichte der Verbraucherschlichtungsstellen alle vier Jahre an die Zentrale Anlaufstelle übermitteln, damit diese die Berichte rechtzeitig auswerten und den Verbraucherschlichtungsbericht für die Europäische Kommission erstellen kann.
Es ist nicht nachvollziehbar und ergibt sich auch nicht aus den Vorgaben der Richtlinie 2013/11/EU, weshalb die Anerkennungs- und Aufsichtsbehörden die ihnen von den Verbraucherschlichtungsstellen alle zwei Jahre zu übersendenden Evaluationsberichte auch alle zwei Jahre auswerten und entsprechende Auswertungsberichte an die Zentrale Anlaufstelle für Verbraucherschlichtung zu übersenden haben. Den Vorgaben der Richtlinie aus Artikel 20 Absatz 6 wäre genügt, wenn auch hier ein Vier-Jahres-Turnus eingehalten wird. Für die Anerkennungsbehörden entsteht durch eine weitergehende Verpflichtung zusätzlicher Verwaltungsaufwand, der auch nicht im Zusammenhang mit ihren sonstigen Aufgaben als Anerkennungsbehörden steht und dadurch jedenfalls teilweise kompensiert würde, wie dies in der Begründung des Gesetzentwurfs suggeriert wird. Die Annahme, dass die Anerkennungs- und Aufsichtsbehörden die Berichte der Verbraucherschlichtungsstellen im Rahmen ihrer Aufgabe ohnehin bewerten müssten (BR-Drucksache 258/15 (PDF) , Einzelbegründung zu § 35 Absatz 2 VSBG-E S. 91), ist nicht richtig. Aufgabe der Anerkennungsbehörde ist es, über die Anerkennung und gegebenenfalls deren Widerruf zu entscheiden. Die Richtlinie sieht in Artikel 20 Absatz 1 vor, dass die zuständigen Behörden insbesondere aufgrund der Informationen, die sie gemäß Artikel 19 Absatz 1 erhalten (d.h. die nach § 1 VSBInfoV beim Antrag auf Anerkennung zu machenden Angaben), prüfen, ob eine Streitbeilegungsstelle als ADR-Stelle im Sinne der Richtlinie anzusehen ist oder nicht.
§ 26 Absatz 1 VSBG-E enthält dazu lediglich die Bestimmung, dass ein Widerruf der Anerkennung zu prüfen ist, wenn die Verbraucherschlichtungsstelle die für die Anerkennung notwendigen Voraussetzungen nicht mehr erfüllt oder wenn sie "in sonstiger Weise" den Anforderungen an eine Verbraucherschlichtungsstelle "in erheblichem Umfang" nicht nachkommt. Inwieweit diese unbestimmten Rechtsbegriffe in der Sache weiterhelfen, ist fraglich. Jedenfalls besteht kein zwingender Zusammenhang mit den Angaben aus den Evaluationsberichten.
Dabei sind auch die von der ADR-Richtlinie mit den einzelnen Berichten verfolgten Ziele zu beachten, die sich so nicht im Gesetzentwurf der Bundesregierung wiederfinden: Beim Evaluationsbericht nach Artikel 20 Absatz 6 der Richtlinie soll vor allem darüber berichtet werden, welche Verfahren sich vor der ADR-Stelle bewährt haben, welche Unzulänglichkeiten gegebenenfalls das Funktionieren von ADR-Stellen zur Beilegung sowohl inländischer als auch grenzübergreifender Streitigkeiten behindern und welche Empfehlungen zu einem effektiveren und effizienteren Funktionieren der ADR-Stellen führen könnten. Es geht dabei nicht um Unzulänglichkeiten einer einzelnen ADR-Stelle, die von den Vorgaben der Richtlinie oder des Verbraucherstreitbeilegungsgesetzes (VSBG) abweicht, sondern gerade um system- und regelungsbedingte Unzulänglichkeiten. Diese sind von der Anerkennungs- oder Aufsichtsbehörde keinesfalls in ihre Überlegungen zur Anerkennung oder zum Widerruf der Anerkennung für eine einzelne Verbraucherschlichtungsstelle einzubeziehen, sondern sollen nach hiesigem Verständnis Anlass für eine Überprüfung der Regelungen der Richtlinie sein. Ihre Auswertung bedeutete daher für die Anerkennungs- und Aufsichtsbehörden einen erheblichen Mehraufwand, der auch nicht im Zusammenhang mit ihrer vom VSBG zugewiesenen Aufgabe steht.
Es ist daher auch kein zwingender Grund ersichtlich, aus dem die Auswertung der Evaluationsberichte durch Länderbehörden zu erfolgen hätte. Als Zentrale Anlaufstelle für Verbraucherschlichtung ist das Bundesamt für Justiz (BfJ) bestimmt, dieses ist insoweit Ansprechpartner der Kommission für die Belange der Richtlinie in der Bundesrepublik Deutschland, Artikel 20 Absatz 7, Artikel 18 Absatz 1 Satz 3 der Richtlinie.
37. Zu Artikel 1 (§ 37 Absatz 1 VSBG)
Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren klarzustellen, ob eine Unterrichtung über nur eine von mehreren oder über alle in Betracht kommenden Verbraucherschlichtungsstellen zu erfolgen hat.
Begründung:
Die Vorschrift regelt, dass der Unternehmer den Verbraucher über die für ihn (d.h. den Unternehmer oder den Verbraucher?) zuständige Schlichtungsstelle (Singular) zu unterrichten habe. Möglich ist aber, dass für eine Streitigkeit mehrere Verbraucherschlichtungsstellen nach ihrer Schlichtungsordnung zuständig wären. Fraglich ist dann, ob der Hinweis auf eine von ihnen ausreicht oder der Unternehmer alle in Betracht kommenden Schlichtungsstellen nennen muss. Der Umfang der den Unternehmer treffenden Unterrichtungspflicht sollte klarer geregelt werden.
38. Zu Artikel 1 (§ 43 - neu - VSBG)
Dem Artikel 1 ist folgender § 43 anzufügen:
" § 43 Evaluation
Dieses Gesetz ist im Jahr 2019 durch das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz zu evaluieren."
Begründung:
Der Gesetzentwurf sieht lediglich Berichtspflichten der Verbraucherschlichtungsstellen vor. Es fehlt jedoch die Evaluation des Gesetzes selbst. Spätestens in drei Jahren dürfte nach den ersten Berichten der Verbraucherschlichtungsstellen absehbar sein, wie sich die Schlichtung nach dem Gesetz in Deutschland entwickelt und ob die Regelungen die Erwartungen an eine Entwicklung eines flächendeckenden Angebots an Verbraucherschlichtung erfüllt haben.
39. Zu Artikel 3 und 7 ff.
Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob für weitere Branchen Schlichtungsverfahren eingerichtet werden sollten, bei welchen die Teilnahme für die in der entsprechenden Branche tätigen Unternehmen verbindlich ist.
Begründung:
In Deutschland gibt es bereits für mehrere Branchen gesetzliche Vorschriften, die eine verbindliche Teilnahme der im jeweiligen Sektor tätigen Unternehmen an Schlichtungsverfahren vorsehen (zum Beispiel nach § 57a LuftVG, § 111a EnWG). Wie die Erfahrung etwa mit der Schlichtung im Luftverkehr zeigt, vermag die Einrichtung einer verbindlichen Auffangschlichtungsstelle die freiwillige Einrichtung von privat organisierten Schlichtungsstellen maßgeblich zu befördern und leistet damit einen wichtigen Beitrag zur Schaffung einer branchenspezifischen, mit hohem Sachverstand ausgestatteten Schlichtungslandschaft.
Der Bundesrat hält es daher für geboten und sinnvoll, den im Gesetzentwurf postulierten Grundsatz der Freiwilligkeit (vgl. BR-Drucksache 258/15 (PDF) , Allgemeiner Teil der Begründung, S. 46) einzuschränken und nicht für alle Bereiche aufrecht zu erhalten. Insbesondere für Branchen, die durch eine deutlich überdurchschnittliche Anzahl von Verbraucherbeschwerden auffallen, s i.d.R. gelungen zu schaffen, die diese Unternehmen zu einer Teilnahme an Streitschlichtungsverfahren verpflichten. Die Erfahrung mit den bereits vorhandenen verbindlich ausgestalteten Schlichtungsstellen zeigt auch, dass auch bei einer nicht freiwilligen Teilnahme der Unternehmen mit einer hohen Einigungsquote zu rechnen ist. So wurden im Bereich des Luftverkehrs nur 7,6 Prozent der Schlichtungsempfehlungen von den beteiligten Unternehmen abgelehnt; in mehr als 90 Prozent der Fälle kam es zu einer beiderseitigen Annahme der Schlichtungsempfehlung (Quelle: Jahresbericht 2014 der Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr e. V., Seite 14). Die Gefahr der Überlastung von Schlichtungsstellen mit Verfahren, die Kosten verursachen, ohne zu einer Einigung zu führen, besteht daher nicht. Eine Belastung der allgemeinen Verbraucherschlichtungsstellen kann ohnehin nur dann eintreten, wenn keine branchenspezifische Schlichtungsstelle geschaffen wird. Dies kann der Gesetzgeber durch entsprechende Regelung steuern. Zugleich würde durch die Schaffung neuer sektorspezifischer Stellen der Zuständigkeitsbereich einer Universalschlichtungsstelle entsprechend ihrer "subsidiären Lückenschließerfunktion" möglichst klein gehalten werden.
Deshalb ist der Katalog der in Artikel 3 und den Artikeln 7 ff. des Gesetzentwurfs genannten spezialgesetzlichen Regelungen, die verpflichtend die Einrichtung einer Verbraucherschlichtungsstelle vorsehen, auszuweiten und zu prüfen, in welchen Bereichen bzw. Branchen darüber hinaus gehend, die verpflichtende Einrichtung einer Verbraucherschlichtungsstelle gesetzlich geregelt werden kann. Dies wird in dem vorgelegten VSBG-E grundsätzlich selbst als Möglichkeit formuliert (a.a. O., S. 46).
Darüber hinaus hält es der Bundesrat für erforderlich zu prüfen, inwieweit eine Verpflichtung zur Einrichtung einer Verbraucherschlichtungsstelle für weitere Branchen in Frage kommen könnte, bei welchen auf der Unternehmensseite verhältnismäßig wenige, aber dafür entsprechend große Firmen auftreten, wie beispielsweise im Bereich des Einzelhandels verschiedener Lebensmittelketten, Mediamärkte oder Möbelhäuser. Parameter, aus denen sich eine Verpflichtung ergeben könnten, eine Verbraucherschlichtungsstelle im Sinne § 3 VSBG-E einzurichten bzw. zu unterstützen, könnten beispielsweise die Wirtschaftsstärke von Unternehmen, die Anzahl der Abschlüsse von Verbraucherverträgen oder die Anzahl von Verbraucherbeschwerden sein, bei denen Schlichtungsverfahren bei Gütestellen bzw. Verbraucherschlichtungsstellen anhängig sind.
Unternehmen, die diese Kriterien erfüllen, dürften nach Einschätzung des Bundesrates zum einem ein originäres Interesse, insbesondere unter den Gesichtspunkten Kundenbindung, Vertrauen in die Marke und Image, haben, einvernehmliche Lösungen mit ihren Kunden in Verbraucherstreitangelegenheiten zu suchen. Zum anderen dürfte großen, wirtschaftsstarken Unternehmen die Finanzierung sowie die Kooperation von Streitbeilegungsstellen gegebenenfalls gemeinsam mit anderen Partnern wirtschaftlich zumutbar sein.
40. Zu Artikel 6 Nummer 2 (§ 309 Nummer 14 - neu - BGB)
Artikel 6 ist wie folgt zu fassen:
'Artikel 6
Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuches
Das Bürgerliche Gesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. Januar 2002 (BGBl. I S. 42, 2909, 2003 I S. 738), das zuletzt durch Artikel 16 des Gesetzes vom 29. Juni 2015 (BGBl. I S. 1042) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:
1. § 204 Absatz 1 wird wie folgt geändert:
2. § 309 wird wie folgt geändert:
Begründung:
Verbraucher sollten nicht über allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) zu einer Schlichtung als Voraussetzung für den Rechtsweg gezwungen werden können. Es wird deshalb vorgeschlagen, ein entsprechendes Klauselverbot zu etablieren.
Der Gesetzentwurf will der Richtlinie 2013/11/EU folgend die Verbraucherschlichtung als Alternative zum gerichtlichen Verfahren in der Hand des Verbrauchers ausgestalten. Deshalb verlangt er einen Antrag des Verbrauchers (§ 4 Absatz 1 VSBG-E), darf nach seinem Inhalt die Verfahrensordnung das Recht des Verbrauchers nicht ausschließen, die Gerichte anzurufen (§ 5 Absatz 2 VSBG-E), und erklärt er das Streitbeilegungsverfahren für jederzeit beendbar (§ 15 VSBG-E).
Die Entscheidung zwischen Gericht und alternativer Streitbeilegung kann der Verbraucher sachgerecht allerdings nur in Kenntnis der konkreten Streitigkeit treffen, die naturgemäß bei Vertragsschluss fehlt. Es besteht kein Grund, dem Unternehmer die Möglichkeit zu geben, über Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) dem Verbraucher ein alternatives Streitbeilegungsverfahren vorzugeben. Diese Möglichkeit wäre auch nicht im Sinne von Artikel 10 Absatz 1 der Richtlinie 2013/11/EU, der in der Literatur teilweise als Verbot sogar nur dilatorischer Beschränkungen des Gerichtszugangs vor Entstehen der Streitigkeit verstanden wird (vgl. Rühl ZZP 127 (2014) S. 61, 73).
Mit dem vorgeschlagenen Klauselverbot kann im Übrigen der in der rechtswissenschaftlichen Literatur angesprochenen Gefahr des Missbrauchs der Verbraucherschlichtung vorgebeugt werden. So wird befürchtet, Unternehmen könnten in einem intransparenten und geheimen Verfahren "kalkulierten Rechtsbruch" betreiben (vgl. Eidenmüller/Engel, ZIP 2013, S. 1704ff) oder die Wirtschaft könnte die Verbraucher in einen Rechtsschutz zweiter Klasse drängen (vgl. Roth, DRiZ 2015, S. 24 ff).
Entscheidet sich der Verbraucher in Ansehung des konkreten Streits für den Klageweg, müsste er bei Wirksamkeit einer entsprechenden Klausel in den AGB gleichwohl zunächst das Schlichtungsverfahren einleiten. Zwar kann er den Antrag nach § 15 Absatz 1 VSBG-E zurücknehmen, nach der Begründung des Gesetzentwurfs sollen aber insoweit Schlichtungsklauseln gerade unberührt bleiben. Dies wird absehbar zu Streit darüber führen, bis zu welchem Zeitpunkt bzw. zu welchem Verfahrensschritt der Verbraucher durch eine AGB-Klausel wirksam von der Erhebung einer zulässigen Klage abgehalten werden kann. Durch das vorgeschlagene Klauselverbot würde diese Rechtsunsicherheit wie auch die Unsicherheit beseitigt, ob und in welchen Fällen eine Unwirksamkeit von Schlichtungsklauseln nach der allgemeinen Inhaltskontrolle des § 307 BGB besteht (vgl. Münchner Kommentar - Wurmnest, 12. Aufl., Rn. 258 ff. zu § 307 BGB m. w. N.). Ohne ausdrückliche Regelung bliebe insbesondere unklar, ob Unternehmen ihre Vertragspartner auch zu einer vorprozessualen Schlichtung zwingen könnten, die nicht den Anforderungen des VSBG entspricht.
Ein Klauselverbot wäre kein Widerspruch zu dem Förderungsziel von Richtlinie und VSBG. Unternehmen, die zu einer Schlichtung grundsätzlich bereit sind, haben Gelegenheit, sich hierzu zu verpflichten oder allgemein bereit zu erklären (§ 36 VSBG-E). Auch für Unternehmen, die sich nicht schon durch den Anschluss an entsprechende Strukturen zur Durchführung verpflichtet haben, besteht ein Kostenanreiz, die abstrakt erklärte Bereitschaft zur Schlichtung im Anlassfall auch einzulösen: Nach § 31 Absatz 1 VSBG-E knüpft die vom Unternehmen zu entrichtende Gebühr bereits an die bloße Bereitschaft zur Teilnahme an, von der nach § 30 Absatz 5 VSBG-E auszugehen ist, wenn unter anderem auf der Webseite oder in AGB in Aussicht gestellt ist, an einem Streitbeilegungsverfahren vor einer Universalschlichtungsstelle teilzunehmen.
41. Zu Artikel 23 Absatz 2 (Überleitungsvorschrift)
Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob die Regelung in Artikel 23 Absatz 2, wonach bereits vorhandene private Schlichtungsstellen, die auf Grund der bisherigen Regelungen anerkannt worden sind, nach Ablauf einer Frist ohne weitere Prüfung als Verbraucherschlichtungsstelle anerkannt werden, zweckdienlich erscheint.
Begründung:
Mit Artikel 23 (Überleitungsvorschrift) wird vorgesehen, dass bereits vorhandene private Schlichtungsstellen nach Ablauf einer gewissen Frist grundsätzlich als Verbraucherschlichtungsstelle anzuerkennen sind und dem Verbraucherstreitbeilegungsgesetz unterliegen.
Im Rahmen dieser "automatischen" Anerkennung wird jedoch die Gewährleistung, dass deren außergerichtliche Streitbeilegungsmechanismen erhalten bleiben, nicht gesehen. Zudem kommen diese Stellen den Erfordernissen der Verbraucherschlichtung bezüglich Neutralität und Unparteilichkeit auf Grund ihrer finanziellen Unterstützung durch Unternehmen nicht immer nach.
Die in Artikel 23 aufgeführten privaten Schlichtungsstellen sollten nicht grundsätzlich anerkannt werden, ohne eine vorherige Prüfung der Voraussetzungen zu durchlaufen. Somit könnten zweifelhafte Schlichtungsstellen ausgeschlossen werden, die eine Unterstützung und Stärkung des Verbraucherschutzes nicht gewährleisten.