A. Problem
Windenergieanlagen können mittlerweile eine Gesamthöhe von über 200 Metern erreichen. Anbauverbots- und Anbaubeschränkungszone an Bundesstraßen für den Fernverkehr umfassen einen Korridor von 100 Metern entlang von Bundesautobahnen bzw. 40 Metern von Bundesstraßen. Stehen solche hohen Windenergieanlagen an Straßen, sind die Risiken im Brandfall, bei Eisabwurf und bei statischen Problemen nicht ausreichend beherrschbar, wenn die Straßenbauverwaltung in ihrem Verwaltungshandeln auf die gesetzlichen Anbauverbots- bzw. Anbaubeschränkungszonen nach dem Bundesfernstraßengesetz und den Landesstraßengesetzen beschränkt ist. Aktuelle Vorfälle (z.B. die vermehrt auftretenden Brände von Windenergieanlagen) und die Erkenntnis, dass die Bekämpfung eines Brandes in der Gondel einer Windenergieanlage durch die Feuerwehr nicht möglich ist, gebieten, dem Schutz der Verkehrswege bei der Planung und Zulassung von Windenergieanlagen mehr Gewicht zu verschaffen. Auch ist der Gefahr der Ablenkung der Verkehrsteilnehmer zu begegnen. Diese Gefahr besteht mehr noch als bei Werbeanlagen, wenn die Windenergieanlagen in den bisher straßenrechtlich geltenden, geringen Abständen zur Fahrbahn errichtet werden.
B. Lösung
Die Mindestabstände von Windenergieanlagen zu Bundesautobahnen und Bundesstraßen sollen außerhalb der zur Erschließung der anliegenden Grundstücke bestimmten Teile der Ortsdurchfahrten nur errichtet werden dürfen, wenn diese mit technischen Vorkehrungen gegen Eisabwurf ausgestattet sind und eine Entfernung von mindestens 150 Metern zur Fahrbahn eingehalten wird. Bei Windenergieanlagen mit einer Höhe von mehr als 150 Metern soll eine Entfernung vom äußeren Fahrbahnrand eingehalten werden, die mindestens der Gesamthöhe entspricht. Die Gesamthöhe soll sich errechnen aus dem Abstand zwischen Geländeoberfläche und dem höchsten Punkt der vom Rotor bestrichenen Fläche. Die Berechnung der Gesamthöhe orientiert sich an der zur bauordnungsrechtlichen Abstandsflächenberechnung ergangenen Rechtsprechung.
Wenn die Gefahr des Eisabwurfs nicht ausgeschlossen werden kann, ist ein Mindestabstand von mindestens 400 Metern einzuhalten. Das gilt auch außerhalb eisgefährdeter Gebiete. Aus Gründen der Gefahrenvorsorge tritt in diesem Fall die anzustrebende Bündelung der Infrastruktur in den Hintergrund.
Die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung soll bei Vorliegen aller sonstigen Voraussetzungen für die Erteilung ausgeschlossen sein, soweit dies wegen der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs, der Ausbauabsichten oder der Straßenbaugestaltung nötig ist.
Mit dieser Regelung werden ausreichende Abstände für Windenergieanlagen von Bundesstraßen für den Fernverkehr geschaffen. Teile von Windenergieanlagen oder Eis können nicht auf die Straße fallen und die Verkehrssicherheit gefährden. Auch die Gefahr der Ablenkung der Verkehrsteilnehmer (z.B. durch den Stroboskopeffekt) wird durch die Vergrößerung der Abstände von Windenergieanlagen verringert. Die Straßen in der Baulast des Bundes werden vor Beschädigungen geschützt.
C. Alternativen
Keine. Die bisherige Anwendung der Anbauverbots- und Anbaubeschränkungsregelungen auf Windenergieanlagen erweist sich im Zuge des technischen Fortschritts zunehmend als ungeeignet, um die Verkehrssicherheit der Verkehrsteilnehmer bei besonders hohen baulichen Anlagen zu gewährleisten.
D. Finanzielle Auswirkungen
Durch den Gesetzesentwurf entstehen keine zusätzlichen Kosten.
E. Bürokratiekosten
Es entstehen keine zusätzlichen Bürokratiekosten.
Gesetzesantrag des Freistaates Sachsen
Entwurf eines Gesetzes zur Erhöhung der Verkehrssicherheit im Bu ndesfernstraßen rec ht
Freistaat Sachsen
Dresden, 15. Mai 2014
Ministerpräsident
An den Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Stephan Weil
Sehr geehrter Herr Präsident,
die Sächsische Staatsregierung hat beschlossen, dem Bundesrat den als Anlage beigefügten Entwurf eines Gesetzes zur Erhöhung der Verkehrssicherheit im Bundesfernstraßenrecht mit dem Antrag zuzuleiten, dass der Bundesrat diesen gemäß Artikel 76 Absatz 1 des Grundgesetzes im Deutschen Bundestag einbringen möge.
Ich bitte Sie, diesen Gesetzesantrag gemäß § 36 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Bundesrates in die Tagesordnung der 922. Sitzung des Bundesrates am 23. Mai 2014 aufzunehmen und anschließend den Ausschüssen zur Beratung zuzuweisen.
Mit freundlichen Grüßen
Stanislaw Tillich
Entwurf eines Gesetzes zur Erhöhung der Verkehrssicherheit im Bundesfernstraßenrecht
Vom ...
Artikel 1
Dem § 9 des Bundesfernstraßengesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 28. Juni 2007 (BGBl. I S. 1206), das zuletzt durch Artikel 7 des Gesetzes vom 31. Mai 2013 (BGBl. I S. 1388), geändert worden ist, wird folgender Absatz 11 angefügt:
(11) Abweichend von den Absätzen 1 und 2 dürfen Windenergieanlagen längs der Bundesautobahnen und längs der Bundesstraßen außerhalb der zur Erschließung der anliegenden Grundstücke bestimmten Teile der Ortsdurchfahrten nur errichtet werden, wenn diese mit technischen Vorkehrungen gegen Eisabwurf ausgestattet sind und eine Entfernung von mindestens 150 Metern, gemessen vom äußeren Rand der befestigten Fahrbahn bis zum Beginn der vom Rotor bestrichenen Fläche, eingehalten wird. Ist die Gesamthöhe der Windenergieanlage (Abstand zwischen Geländeoberfläche und höchstem Punkt der vom Rotor bestrichenen Fläche) größer als 150 Meter, ist eine Entfernung, die mindestens der Gesamthöhe entspricht, gemessen vom äußeren Rand der befestigten Fahrbahn bis zum Beginn der vom Rotor bestrichenen Fläche, einzuhalten. Bei der Errichtung von Windenergieanlagen ohne technische Vorkehrungen gegen Eisabwurf ist eine Entfernung von mindestens 400 Metern, gemessen vom äußeren Rand der befestigten Fahrbahn bis zum Beginn der vom Rotor bestrichenen Fläche, einzuhalten. Das gilt auch außerhalb eisgefährdeter Gebiete. Die Absätze 4, 5 und 7 bis 10 gelten entsprechend. Die Erteilung einer Ausnahme nach Absatz 8 ist ausgeschlossen, soweit dies wegen der Sicherheit oder Leichtigkeit des Verkehrs, der Ausbauabsichten oder der Straßenbaugestaltung nötig ist "
Artikel 2
Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.
Begründung:
A. Allgemeines
Die gesetzlichen Regelungen zum Anbauverbot längs der Bundesfernstraßen entsprechen hinsichtlich der Verkehrswege nicht mehr den Anforderungen an die Verkehrssicherheit.
B. Einzelbegründung
Windenergieanlagen können mittlerweile eine Gesamthöhe von weit über 200 Metern erreichen (z.B. Anlage in Laasow/Brandenburg mit einer Gesamthöhe von 205 Metern). Stehen solchen Anlagen an Straßen, sind die Risiken im Brandfall, bei Eisabwurf und bei statischen Problemen nicht ausreichend beherrschbar, wenn die Straßenbauverwaltung in ihrem Verwaltungshandeln auf die gesetzlichen Anbauverbots- bzw. Anbaubeschränkungszonen nach dem Bundesfernstraßengesetz und den Landesstraßengesetzen beschränkt ist. Aktuelle Vorfälle (z.B. die vermehrt auftretenden Brände von Windenergieanlagen) und die Erkenntnis, dass die Bekämpfung eines Brandes in der Gondel einer Windenergieanlage durch die Feuerwehr nicht möglich ist, gebieten, dem Schutz der Verkehrswege bei der Planung und Zulassung von Windenergieanlagen mehr Gewicht zu verschaffen. Auch besteht für die Verkehrsteilnehmer die Gefahr der Ablenkung, wenn die Windenergieanlagen in den bisher straßenrechtlich geltenden, geringen Abständen zur Fahrbahn errichtet werden.
Es sind deshalb künftig folgende Abstände von Windenergieanlagen zu Bundesfernstraßen einzuhalten:
- 1. Die Mindestabstände von Windenergieanlagen zum befestigten Fahrbahnrand an Bundesautobahnen und Bundesstraßen außerhalb der Erschließungsbereiche der Ortsdurchfahrten betragen pauschal mindestens 150 Meter bzw. mindestens das Maß der Gesamthöhe (bei Anlagen mit einer Gesamthöhe > 150 Meter), wenn die Windenergieanlagen mit technischen Vorkehrungen gegen Eisabwurf ausgestattet sind. Die Berechnung der Gesamthöhe orientiert sich an der zur bauordnungsrechtlichen Abstandsflächenberechnung ergangenen Rechtsprechung, wobei einzuräumen ist, dass die bauordnungsrechtlichen Vorschriften über die Abstandsflächen und die Vorschriften über die straßenrechtlichen Abstände unterschiedliche Zielrichtungen verfolgen Danach bemisst sich die Tiefe der Abstandsfläche nach dem Maß von der Geländeoberfläche bis zum höchsten Punkt der vom Rotor bestrichenen Fläche (vgl. z.B. BayVGH, Urt. v. 28.07.2009 - 22 BV 08.3427 -, NVwZ-RR 2009, 992, 993 m. w. Nachw.).
Dies ist die Formel, die sich in der obergerichtlichen Rechtsprechung überwiegend herausgebildet hat (vgl. Gatz, Windenergieanlagen in der Verwaltungs- und Gerichtspraxis, 2. Aufl. 2013, Rdnr. 417). Sie wird auch dieser bundesfernstraßenrechtlichen Abstandsvorschrift zugrunde gelegt. Länderspezifische Besonderheiten und Feinheiten der Berechnung, die sich im Bauordnungsrecht einzelner Länder finden, bleiben außer Betracht.
- 2. Wenn keine Vorkehrungen gegen Eisabwurf getroffen wurden, ist ein Mindestabstand von mindestens 400 Metern einzuhalten. Das gilt auch außerhalb eisgefährdeter Gebiete. Aus Gründen der Gefahrenvorsorge tritt in diesem Fall die anzustrebende Bündelung der Infrastruktur in den Hintergrund.
Die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung nach Absatz 8 ist ausgeschlossen, soweit dies wegen der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs, der Ausbauabsichten oder der Straßenbaugestaltung nötig ist. Darüber hinaus gelten die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 8.
Zu Artikel 2 Inkrafttreten
Die Vorschrift regelt das Inkrafttreten des Änderungsgesetzes.