A. Problem und Ziel
- 1. In Deutschland wird in jüngster Zeit vermehrt über Agroforstsysteme diskutiert. Vorteile der Agroforstsysteme werden in ökologischer wie in ökonomischer Hinsicht gesehen. Dabei geht es jedoch ausschließlich um die Schaffung solcher Systeme auf bisher landwirtschaftlichen Flächen. Unabhängig von einer Einschätzung der Erfolgsaussichten von Agroforstwirtschaft unterlägen solche Flächen aber unter Umständen dem Bundeswaldgesetz (BWaldG), da dieses allein auf das äußere Erscheinungsbild abstellt, um eine Fläche seinem Geltungsbereich zuzuordnen. Auf Grund der agrarisch dominierten Bewirtschaftung solcher Flächen ergäben sich hieraus Konflikte mit den sonstigen Bestimmungen des Bundeswaldgesetzes, insbesondere jenen zur nachhaltigen Nutzung. Ein genereller Ausschluss von bislang nicht forstlich bestockten agroforstwirtschaftlich genutzten Flächen aus dem Waldbegriff ist fachlich sinnvoll. Es werden daher, wie auch bei den Kurzumtriebsplantagen, die agroforstwirtschaftlichen Flächen aus dem Waldbegriff des Bundeswaldgesetzes ausgenommen.
- 2. Die gesellschaftlichen Ansprüche an den Wald sind seit dem Inkrafttreten den Bundeswaldgesetzes 1975 einer großen Dynamik unterworfen. Vor allem rechtlich verankerte Naturschutzmaßnahmen wie etwa das Belassen von stehendem Totholz in Waldbeständen auf der einen und verändertes Freizeitverhalten der Waldbesucher auf der anderen Seite haben dazu geführt, dass durch die Rechtsprechung den Waldbesitzern verstärkte Verkehrssicherungspflichten auferlegt wurden. Die Rechtsprechung zeigt, dass Waldbesitzer nicht für waldtypische Gefahren haften. Dies wird durch eine klarstellende Ergänzung im Gesetz nachgezeichnet.
- 3. Der in Deutschland als Waldeigentumsart überwiegende Nichtstaatswald hat sich zur Überwindung struktureller Nachteile in allen Ländern in rd. 1700 Forstbetriebsgemeinschaften organisiert. Die Strukturentwicklung der Holzindustrie hin zu größeren Einheiten zwingt die Forstbetriebsgemeinschaften, den Tendenzen zu folgen und sich weiter zu vergrößern. Der Zusammenschluss bestehender Forstbetriebsgemeinschaften kann derzeit nur als Forstwirtschaftliche Vereinigung erfolgen. Die nach bisherigem Recht vorhandene Beschränkung der Aufgaben der Forstwirtschaftlichen Vereinigungen entspricht nicht den heutigen Erfordernissen, um als Dienstleister im Sinne einer integrierten Entwicklung des ländlichen Raums erfolgreich und innovativ tätig zu werden. Es wurden daher - in zulässiger Weise - andere, eher komplizierte und aufwändige rechtliche Konstruktionen entwickelt.
Da der Holzverkauf die wesentliche Einkommensquelle für die Waldbesitzenden darstellt und es damit vorrangige Aufgabe in den Forstbetriebsgemeinschaften ist, den Holzabsatz durch den Abschluss von Verträgen zu sichern, bedarf es der Anpassung rechtlicher Vorgaben an die heutigen Anforderungen.
B. Lösung
- Annahme des vorliegenden Gesetzes.
C. Alternativen
- Keine
- Eine landesrechtliche Lösung ist nicht möglich, solange der Bund durch die bestehenden Regelungen von seiner konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz Gebrauch gemacht hat.
D. Finanzielle Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte
1. Haushaltsausgaben ohne Vollzugsaufwand
- Für Bund, Länder, Landkreise und Gemeinden entstehen durch das Gesetz keine zusätzlichen Haushaltsausgaben.
2. Vollzugsaufwand
- Die Änderung des Bundeswaldgesetzes wird keine Erhöhung des Verwaltungs- und Vollzugsaufwandes der Länder zur Folge haben.
E. Sonstige Kosten
Gesetzentwurf des Bundesrates
Entwurf eines ... Gesetzes zur Änderung des Bundeswaldgesetzes
Der Bundesrat hat in seiner 857. Sitzung am 3. April 2009 beschlossen, den aus Anlage 1 ersichtlichen Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 1 des Grundgesetzes beim Deutschen Bundestag einzubringen.
Der Gesetzentwurf ist gemäß Artikel 76 Absatz 3 Satz 4 des Grundgesetzes besonders eilbedürftig.
Der Bundesrat hat ferner die aus Anlage 2 ersichtliche Entschließung gefasst.
Anlage 1
Entwurf eines ... Gesetzes zur Änderung des Bundeswaldgesetzes
Vom ...
Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:
Das Bundeswaldgesetz vom 2. Mai 1975 (BGBl. I S. 1037), zuletzt geändert durch Artikel 213 der Verordnung vom 31. Oktober 2006 (BGBl. I S. 2407), wird wie folgt geändert:
Artikel 2
Inkrafttreten
Dieses Gesetz tritt am Tage nach der Verkündung in Kraft.
Begründung
A. Allgemeiner Teil
I. Ausgangslage und Ziel des Gesetzes
- 1. In Deutschland wird in jüngster Zeit vermehrt über Agroforstsysteme diskutiert. Vorteile der Agroforstsysteme werden in ökologischer wie in ökonomischer Hinsicht gesehen. Dabei geht es jedoch ausschließlich um die Schaffung solcher Systeme auf bisher landwirtschaftlichen Flächen. Unabhängig von einer Einschätzung der Erfolgsaussichten von Agroforstwirtschaft unterlägen solche Flächen aber unter Umständen dem Bundeswaldgesetz (BWaldG), da dieses allein auf das äußere Erscheinungsbild abstellt, um eine Fläche seinem Geltungsbereich zuzuordnen. Auf Grund der agrarisch dominierten Bewirtschaftung solcher Flächen ergäben sich hieraus Konflikte mit den sonstigen Bestimmungen des Bundeswaldgesetzes, insbesondere jenen zur nachhaltigen Nutzung. Ein genereller Ausschluss von bislang nicht forstlich bestockten agroforstwirtschaftlich genutzten Flächen aus dem Waldbegriff ist fachlich sinnvoll. Es werden daher, wie auch bei den Kurzumtriebsplantagen, die agroforstwirtschaftlichen Flächen aus dem Waldbegriff des Bundeswaldgesetzes ausgenommen.
- 2. § 14 Bundeswaldgesetz gestattet jedermann, den Wald auch außerhalb der Wege zu betreten. Seit dem Inkrafttreten des Bundeswaldgesetzes 1975 haben sich die rechtlichen Vorgaben für die Waldbesitzer grundlegend verändert.
Insbesondere sind hier die Vorgaben des Europäischen Natur- und Artenschutzrechtes zu nennen, die den Waldbesitzern u. a. vorgeben, zum Schutz und zur Erhaltung der Biodiversität vermehrt abgestorbene Bäume im Bestand zu belassen.
Hinzu kommt, dass
- - der Druck der Erholungssuchenden auf den Wald immer stärker wird,
- - neue Erholungsformen wie z.B. Mountainbiking zu veränderten Gefährdungssituationen führen,
- - durch Landes- oder Kommunalrecht oft die Waldbesitzer i. d. R. das Ausschildern von Wanderwegen durch Kommunen und/oder anerkannte Wandervereine dulden müssen,
- - durch Umwelteinflüsse (Immissionen, Klimawandel) die Instabilität der Wälder wächst,
- - eine möglichst naturnahe Waldbewirtschaftung mit ausreichendem Totholzanteil gefordert wird,
- - in Deutschland rd. 1,8 Mio. ha Wald in FFH- bzw. Vogelschutzgebieten liegen und besonderen Geboten hinsichtlich der Erhaltung von Alt- und Totholz unterworfen sind,
- - darüber hinaus auf der ganzen Waldfläche auf Grund des Artenschutzes Bewirtschaftungseinschränkungen, z.B. von Horstbäumen, gelten.
Zusammengefasst bedeutet dies, dass die Waldbesitzer durch Vorschriften im Sinne des Gemeinwohles mehr und mehr gezwungen werden, gefährliche Situationen zu dulden oder gar zu schaffen, hierfür auf Grund des Besucherdruckes aber einem erhöhten Haftungsrisiko aus der Verkehrssicherungspflicht unterliegen. Die Rechtsprechung zeigt, dass der ganz überwiegende Teil der vor Gericht verhandelten Schadensfälle durch umstürzende Bäume oder herabfallendes Totholz oder Kronenteile verursacht wird. Im Gegensatz zu jedem anderen Grundeigentümer ist es dem Waldbesitzer aber verwehrt, seinen Verkehrssicherungspflichten nachzukommen, indem er Besuchern den Zutritt zu seinen Flächen verwehrt.
- 3. Waldbesitzende in Deutschland haben gemäß Bundeswaldgesetz die Möglichkeit, sich zur Überwindung von Strukturmängeln in privatrechtlichen Zusammenschlüssen zu organisieren. Neben der übergreifend organisierten Bewirtschaftung steht der gemeinsame Holzabsatz im Mittelpunkt der Tätigkeiten der Forstbetriebsgemeinschaften. Da die möglichen Aufgaben der Forstwirtschaftlichen Vereinigungen durch das Gesetz stark beschränkt sind, können diese zu einer weiteren Entwicklung der Zusammenschlüsse nur wenig beitragen. Gleichzeitig zwingt die Strukturentwicklung der Holzindustrie hin zu größeren Einheiten die Zusammenschlüsse, den Tendenzen zu folgen und sich weiter zu vergrößern. Es wurden daher - in zulässiger Weise - andere, eher komplizierte und aufwändige rechtliche Konstruktionen entwickelt.
Da der Holzverkauf die wesentliche Einkommensquelle für die Waldbesitzenden darstellt und es damit vorrangige Aufgabe in den Zusammenschlüssen sein muss, den Absatz durch den Abschluss von Verträgen zu sichern, bedarf es der Anpassung rechtlicher Vorgaben an die heutigen Anforderungen.
Eine größere Flexibilität soll erreicht werden, indem die Forstwirtschaftlichen Vereinigungen hinsichtlich des möglichen Aufgabenspektrums den Forstbetriebsgemeinschaften angenähert werden.
II. Gesetzgebungszuständigkeit
Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes für das Änderungsgesetz ergibt sich aus Artikel 74 Absatz 1 Nummer 17 des Grundgesetzes.
III. Kosten
Hierzu siehe Vorblatt Buchstaben D und E.
B. Besonderer Teil
Zu Artikel 1
1. Zu Nummer 1
Im Zeichen der Diskussionen um den Ersatz fossiler Rohstoffe durch nachwachsende Rohstoffe haben Kurzumtriebsplantagen (Anbau von schnellwachsenden Baumarten mit Umtriebszeiten von bis zu 20 Jahren auf landwirtschaftlichen Flächen) nicht nur auf Stilllegungsflächen zunehmende Bedeutung bekommen. Diese Kulturform gleicht jedoch eher einer landwirtschaftlichen Bodennutzung. Die Grundsätze einer modernen, multifunktionalen, nachhaltigen Waldbewirtschaftung lassen sich auf solchen Flächen nicht verwirklichen. Für die Anlage von Kurzumtriebsplantagen auf Flächen, die für die Nutzung von Zahlungsansprüchen für die einheitliche Betriebsprämie angemeldet werden, wurde bereits mit der Änderung des Gesetzes zur Gleichstellung stillgelegter und landwirtschaftlich genutzter Flächen (Artikel 62a des Rechtsbereinigungsgesetzes im Zuständigkeitsbereich des BMELV vom 13. April 2006 (BGBl. I S. 855 vom 24. April 2006)) festgelegt, dass diese Flächen weiterhin landwirtschaftliche Flächen sind. Um diese Regelung nun auf alle Kurzumtriebsplantagen auszudehnen, werden diese daher generell vom Waldbegriff ausgenommen mit der durchaus wünschenswerten Folge, dass eine zukünftige Nutzung von bestehenden Waldflächen in Form von Kurzumtriebsplantagen einer Umwandlungsgenehmigung bedürfte. Nicht zu den Kurzumtriebsplantagen zählen auf Grund ihres Wuchsverhaltens und ihrer Struktur historische Bewirtschaftungsformen wie Niederwald und Mittelwald.
Der Wortlaut des § 2 Absatz 2 wird entsprechend angepasst.
2. Zu Nummer 2
Mit der Ergänzung des § 14 wird im Gesetz die Haftung des Waldbesitzers für waldtypische Gefahren ausgeschlossen. Hierdurch wird die derzeit gültige Rechtsprechung gesetzlich verankert.
3. Zu Nummer 3
Die Beschränkung der Aufgaben der forstwirtschaftlichen Vereinigungen entspricht nicht mehr vollständig den heutigen Anforderungen. Die Aufgabenerweiterung durch die Ergänzung des § 37 Absatz 2 ist eine Folge der Strukturentwicklung auf der Abnehmerseite, da der Kleinprivatwald gezwungen ist, der Konzentration der aufnehmenden Hand zu folgen. Die vorgesehene Änderung hat lediglich eine Verwaltungsvereinfachung und Aufwandreduzierung auf Seiten des Waldbesitzes und der Behörden zur Folge. Sie bietet dabei gleichzeitig die Möglichkeit, die gewachsenen - und bei den Waldbesitzern anerkannten - Strukturen fortzuführen und wirkungsvoll weiterzuentwickeln.
Hierdurch wird eine größere Flexibilität bei gleichzeitigem Regelungsabbau geschaffen.
Zu Artikel 2
Die Vorschrift regelt den Zeitpunkt des Inkrafttretens.
Anlage 2
Entschließung zum Entwurf eines ... Gesetzes zur Änderung des Bundeswaldgesetzes
- 1. Der Bundesrat bittet den Deutschen Bundestag, die mit dem Gesetzentwurf vorgeschlagenen Änderungen noch in dieser Legislaturperiode zu beschließen.
Sollte unabhängig von dem vorliegenden Gesetzentwurf eine Novelle des Bundeswaldgesetzes aus der Mitte des Bundestages oder auf Initiative der Bundesregierung angestrebt werden, bittet der Bundesrat, seine vorgeschlagenen Regelungen in das Gesetz zu übernehmen.
- 2. Vor dem Hintergrund einer möglichen Novelle aus der Mitte des Bundestages oder auf Initiative der Bundesregierung weist der Bundesrat auf folgende ihm besonders wichtigen Punkte hin:
- a) Der Bundesrat ist der Auffassung, dass im Rahmen der ordnungsgemäßen und nachhaltigen Bewirtschaftung insbesondere vor dem Hintergrund des Klimawandels der Aufbau möglichst stabiler, vitaler und standortgerechter Wälder unbedingt erforderlich ist.
- b) Insbesondere ist es aus Sicht des Bundesrates notwendig, dass den Waldbesitzern vor dem Hintergrund der klimabedingten Risiken ein möglichst breites, flexibles Spektrum an Handlungsoptionen bei der Bewirtschaftung der Wälder zur Verfügung steht. Dies trifft vor allem auf die Auswahl geeigneter Baumarten zu. Die Anforderung, Wälder mit standortheimischen Baumarten zu begründen, ist statisch angelegt und wird den aktuellen Herausforderungen nicht gerecht.
- 3. Die gültige Vorgabe des Bundes, den Wald im Rahmen seiner Zweckbestimmung ordnungsgemäß und nachhaltig zu bewirtschaften, wird von den Landesgesetzen ausgefüllt. Die Anforderungen an die forstfachliche Betriebsleitung und Betriebsführung wird ebenfalls durch Landesgesetze geregelt.
- 4. Der Bundesrat ist der Auffassung, dass sich die bisherigen Regelungen des § 11 des Bundeswaldgesetzes bewährt haben und sieht keine Notwendigkeit, die Vorgaben des Bundes zu erweitern.
- 5. Der Bundesrat würde es begrüßen, wenn darüber hinaus folgende Sachverhalte Eingang in die Gesetzesnovelle finden würden:
- a) eine Anpassung der Bestimmungen über Waldinventuren im Sinne eines umfassenden zeitgemäßen Waldmonitorings, welches auch den international verbindlichen Berichtspflichten Genüge leistet,
- b) eine Anpassung der Definition von Staatswald, die sicherstellt, dass unabhängig von der Rechtsform der staatlichen Forstorganisation die Staatswaldeigenschaft gewahrt bleibt.