931. Sitzung am 6. März 2015
A. Problem und Ziel
Ziel des Gesetzentwurfs ist es, Reisen von bestimmten Personen effektiv zu verhindern. Der Gesetzentwurf bezieht sich dabei sowohl auf Personen, die die innere oder äußere Sicherheit oder sonstige erhebliche Belange der Bundesrepublik Deutschland dadurch gefährden, dass aufgrund bestimmter Tatsachen zu besorgen ist, dass die Betreffenden einer terroristischen Vereinigung ( § 129a des Strafgesetzbuchs oder § 129a in Verbindung mit § 129b Absatz 1 Satz 1 des Strafgesetzbuchs) angehören oder diese unterstützen oder dass die Betreffenden rechtswidrig Gewalt gegen Leib oder Leben als Mittel zur Durchsetzung politischer oder religiöser Belange anwenden, unterstützen oder hervorrufen werden, als auch auf Personen, die im Sinne des § 89a des Strafgesetzbuchs schwere staatsgefährdende Gewalttaten vorbereiten, durch die die Sicherheit eines Staates oder von internationalen Organisationen oder deutsche Verfassungsgrundsätze beeinträchtigt werden können.
Während in solchen Fällen zur Unterbindung der Reise der Betroffenen gemäß der §§ 7 und 8 des Passgesetzes eine Passentziehung möglich ist, fehlt es an einem Entziehungstatbestand in Bezug auf den Personalausweis im Personalausweisgesetz. Dieser reicht indes als Reisedokument innerhalb des Schengenraums und für die Reise in bestimmte Drittstaaten aus. So besteht die Gefahr, dass diese Personen trotz räumlicher Beschränkung gemäß § 6 Absatz 7 des Personalausweisgesetzes und Entzug des Reisepasses nach den §§ 7 und 8 des Passgesetzes unberechtigt ausreisen.
In den oben genannten Fällen, in denen die Ausreise deutscher Staatsangehöriger aus der Bundesrepublik Deutschland aus überragenden Gründen zu verhindern ist, soll deshalb zur effektiven Kontrolle die Entziehung des Personalausweises sowie die Ausstellung eines Ersatz-Personalausweises erfolgen können, um dadurch Reisen dieser Personen möglichst zu verhindern.
Die Unterbindung staatsschutzrelevanter Reisen ist insbesondere im Zusammenhang mit dem dschihadistischen Terrorismus von herausragender Bedeutung.
Es sind Fälle bekannt, in denen Personen entgegen einer verfügten räumlichen Beschränkung und trotz Entzugs des Reisepasses entweder unmittelbar aus der Bundesrepublik Deutschland oder aus anderen Schengenstaaten in solche Drittstaaten ausgereist sind, bei denen für die Einreise die Nutzung des Personalausweises als Reisedokument ausreicht.
Im Zusammenhang mit dem dschihadistischen Terrorismus halten sich nach Angaben der Europäischen Union von den rund 10.000 ausländischen Kämpfern mehr als 3.000 radikale Islamisten aus Europa in der Krisenregion Syrien/Irak auf. Der Großteil der ausländischen Kämpfer stammt aus arabischen Staaten wie dem Irak, Libyen oder Tunesien. Europäische Kämpfer stammen insbesondere aus Frankreich, Deutschland, Belgien, dem Vereinigten Königreich, den Niederlanden, Schweden und dem Westbalkan.
Beginnend im Jahr 2012 und verstärkt seit 2013 sind bislang etwa 450 Islamisten aus Deutschland in Richtung Syrien ausgereist. Sie unterstützen dort den Widerstand gegen das Assad-Regime im Kampf oder in sonstiger Weise (zum Beispiel in logistischer Hinsicht). Circa 60 Prozent dieser Personen verfügen über die deutsche Staatsangehörigkeit.
Die Ausreise von Kämpfern aus Deutschland in Krisenregionen trägt zur Destabilisierung staatlicher Strukturen in diesen Krisengebieten und zur Stärkung terroristischer Strukturen vor Ort bei. Sie geht mit Straftaten im Ausland einher und berührt erhebliche Belange der Bundesrepublik Deutschland.
Die Rückreise dieser Personen führt zu einer weiteren Verschärfung der Sicherheitslage und gefährdet die innere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland erheblich. Sie geht bei allen Personen des extremistisch terroristischen Personenspektrums und damit phänomenübergreifend oftmals einher mit einer weiteren Vernetzung dieser Personen mit terroristischen Gruppierungen und ihrer Radikalisierung.
Ein aktuelles Beispiel für die von rückreisenden Kämpfern ausgehende Gefahr ist der Anschlag auf das Jüdische Museum in Brüssel am 24. Mai 2014. Es besteht die Gefahr eines vergleichbaren Ereignisses bei der Rückreise von Personen des extremistisch terroristischen Personenspektrums nach Deutschland.
B. Lösung
Verhinderung staatsschutzrelevanter Reisen durch
- - die Schaffung eines Tatbestands für die Versagung und Entziehung des Personalausweises; - die Einführung eines Ersatz-Personalausweises;
- - die Schaffung eines gesetzlichen Grundes für die Ungültigkeit der Dokumente bei Vorliegen von Passversagungsgründen im Passgesetz und im Personalausweisgesetz;
- - die gesetzliche Anordnung der sofortigen Vollziehung gegen pass- und ausweisrechtliche Maßnahmen.
C. Alternativen
Keine.
D. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand
Die Kosten für die Bereitstellung des neuen Ersatz-Personalausweises betragen schätzungsweise 400.000,- Euro. Der Mehrbedarf soll im Einzelplan 06 eingespart werden.
E. Erfüllungsaufwand
E.1 Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger
Für die Bürgerinnen und Bürger ist grundsätzlich kein Erfüllungsaufwand zu erwarten. Erfüllungsaufwand entsteht nur für den Personenkreis, der von den Maßnahmen des Gesetzes betroffen ist. Der Erfüllungsaufwand entsteht bei der Abgabe der alten und der Entgegennahme der neuen Ausweisdokumente. Der Ersatz-Personalausweis dürfte die Betroffenen schätzungsweise 10,- Euro kosten. Folgekosten entstehen, wenn neue Dokumente beantragt oder neue Ersatz-Personalausweise von Amts wegen ausgestellt werden.
E.2 Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft
Keiner.
E.3 Erfüllungsaufwand der Verwaltung
Der zusätzliche Erfüllungsaufwand für die Verwaltung, der sich durch die Entziehung von Alt-Dokumenten und die Ausstellung von Neu-Dokumenten ergibt, ist als geringfügig anzusehen. Er ist mit vorhandenen Ressourcen abzudecken. Die einmalige Implementierung der durch den Bund bereitzustellenden Technik zur Personalisierung für den Ersatz-Personalausweis bei den Pass- und Ausweisbehörden ist ebenfalls als vernachlässigbar anzusehen.
F. Weitere Kosten
Keine.
Gesetzentwurf der Bundesregierung
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Personalausweisgesetzes zur Einführung eines Ersatz-Personalausweises und zur Änderung des Passgesetzes
Bundesrepublik Deutschland
Berlin, 23. Januar 2015
Die Bundeskanzlerin
An den Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Volker Bouffier
Sehr geehrter Herr Präsident,
hiermit übersende ich gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes den von der Bundesregierung beschlossenen Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Personalausweisgesetzes zur Einführung eines Ersatz-Personalausweises und zur Änderung des Passgesetzes mit Begründung und Vorblatt.
Federführend ist das Bundesministerium des Innern.
Die Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates gemäß § 6 Absatz 1 NKRG ist als Anlage beigefügt.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Angela Merkel
Fristablauf: 06.03.15
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Personalausweisgesetzes zur Einführung eines Ersatz-Personalausweises und zur Änderung des Passgesetzes
Vom ...
Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:
Artikel 1
Änderung des Personalausweisgesetzes
Das Personalausweisgesetz vom 18. Juni 2009 (BGBl. I S. 1346), das zuletzt durch Artikel 2 Absatz 13 und Artikel 4 Absatz 1 des Gesetzes vom 7. August 2013 (BGBl. I S. 3154) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:
1. In der Inhaltsübersicht wird nach der Angabe zu § 6 folgende Angabe eingefügt:
" § 6a Versagung und Entziehung; Ersatz-Personalausweis".
2. § 2 wird wie folgt geändert:
- a) In Absatz 1 wird das Wort "und" durch ein Komma ersetzt und werden nach den Wörtern "vorläufige Personalausweis" die Wörter "und der Ersatz-Personalausweis" eingefügt.
- b) In Absatz 8 Satz 3 werden nach den Wörtern "vorläufigen Personalausweises" die Wörter "und des Ersatz-Personalausweises" eingefügt.
3. § 5 wird wie folgt geändert:
- a) In Absatz 3 werden nach den Wörtern "bis 12" die Wörter "und die in Absatz 4 Satz 2" eingefügt.
- b) Nach Absatz 3 wird folgender Absatz 3a eingefügt
- (3a) Der Ersatz-Personalausweis enthält die in Absatz 2 Nummer 1 bis 12 und die in Absatz 4 Satz 2 genannten Angaben sowie die Angabe der ausstellenden Behörde, den Tag der Ausstellung, den letzten Tag der Gültigkeitsdauer und den Vermerk, dass der Ersatz-Personalausweis nicht zum Verlassen Deutschlands berechtigt. Abweichend von Absatz 2 Nummer 9 ist die Eintragung "keine Hauptwohnung in Deutschland" nicht zulässig."
- c) Absatz 4 Satz 2 Nummer 1 wird wie folgt geändert:
4. Nach § 6 Absatz 4 wird folgender Absatz 4a eingefügt:
(4a) Die Gültigkeitsdauer des Ersatz-Personalausweises ist auf den Zeitraum zu beschränken, der für das Erreichen des Zweckes nach § 6a erforderlich ist; sie darf einen Zeitraum von drei Jahren nicht überschreiten."
5. Nach § 6 wird folgender § 6a eingefügt:
" § 6a Versagung und Entziehung; Ersatz-Personalausweis
- (1) Ein Personalausweis oder ein vorläufiger Personalausweis kann unter den Voraussetzungen des § 7 Absatz 1 Nummer 1 oder Nummer 10 des Passgesetzes versagt werden. Im Falle des § 7 Absatz 1 Nummer 1 des Passgesetzes gilt dies nur, wenn die Gefährdung darin besteht, dass bestimmte Tatsachen die Annahme begründen, dass der Ausweisbewerber
- 1. einer terroristischen Vereinigung nach § 129a des Strafgesetzbuchs oder einer terroristischen Vereinigung nach § 129a in Verbindung mit § 129b Absatz 1 Satz 1 des Strafgesetzbuchs mit Bezug zur Bundesrepublik Deutschland angehört oder diese unterstützt oder
- 2. rechtswidrig Gewalt gegen Leib oder Leben als Mittel zur Durchsetzung international ausgerichteter politischer oder religiöser Belange anwendet oder eine solche Gewaltanwendung unterstützt oder vorsätzlich hervorruft.
- (2) Dem Ausweisinhaber kann ein Personalausweis oder ein vorläufiger Personalausweis entzogen werden, wenn gegen ihn eine vollziehbare Anordnung nach § 6 Absatz 7 in Verbindung mit § 7 Absatz 1 Nummer 1 oder Nummer 10 des Passgesetzes besteht. Im Falle einer Anordnung nach § 6 Absatz 7 in Verbindung mit § 7 Absatz 1 Nummer 1 des Passgesetzes gilt dies nur, wenn die Gefährdung darin besteht, dass bestimmte Tatsachen die Annahme begründen, dass der Ausweisinhaber
- 1. einer terroristischen Vereinigung nach § 129a des Strafgesetzbuchs oder einer terroristischen Vereinigung nach § 129a in Verbindung mit § 129b Absatz 1 Satz 1 des Strafgesetzbuchs mit Bezug zur Bundesrepublik Deutschland angehört oder diese unterstützt oder
- 2. rechtswidrig Gewalt gegen Leib oder Leben als Mittel zur Durchsetzung international ausgerichteter politischer oder religiöser Belange anwendet oder eine solche Gewaltanwendung unterstützt oder vorsätzlich hervorruft.
- (3) Ist ein Personalausweis oder vorläufiger Personalausweis versagt oder entzogen worden, ist ein Ersatz-Personalausweis auszustellen.
- (4) Liegen die Voraussetzungen des Absatzes 1 oder des Absatzes 2 nicht mehr vor, ist dies dem Inhaber eines Ersatz-Personalausweises unverzüglich mitzuteilen und ihm auf Antrag ein Personalausweis oder ein vorläufiger Personalausweis auszustellen.
- (5) Für Maßnahmen nach den Absätzen 1 bis 3 sowie Mitteilungen nach Absatz 4 sind ausschließlich die in § 7 Absatz 1 genannten Behörden zuständig."
6. § 9 wird wie folgend geändert:
- a) In Absatz 1 Satz 1 wird das Wort "Ausweise" durch die Wörter "Personalausweise und vorläufige Personalausweise" ersetzt.
- b) Folgender Absatz 6 wird angefügt:
(6) Für Deutsche im Sinne des Artikels 116 Absatz 1 des Grundgesetzes werden nach Maßgabe des § 6a Ersatz-Personalausweise von Amts wegen ausgestellt. Absatz 1 Satz 2 bis 6, Absatz 2 Satz 3, Absatz 3 Satz 1 bis 3 sowie die Absätze 4 und 5 gelten entsprechend."
7. § 28 Absatz 1 wird wie folgt geändert:
8. In § 30 werden nach den Wörtern "berechtigt (§ 6 Abs. 7)," die Wörter "gegen die Versagung oder Entziehung des Ausweises und die Ausstellung eines Ersatz-Personalausweises (§ 6a)," eingefügt.
9. In § 32 Absatz 1 Nummer 4 werden nach den Wörtern " § 9 Abs. 3 Satz 1" die Wörter ", auch in Verbindung mit Absatz 6 Satz 2," eingefügt.
Artikel 2
Änderung des Passgesetzes
Das Passgesetz vom 19. April 1986 (BGBl. I S. 537), das zuletzt durch Artikel 8 des Gesetzes vom 25. Juli 2013 (BGBl. I S. 2749) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:
1. § 11 Absatz 1 wird wie folgt geändert:
- a) In Nummer 3 wird der Punkt durch ein Semikolon ersetzt.
- b) Folgende Nummern 4 und 5 werden angefügt:
- "4. gegen den Passinhaber eine Anordnung nach § 8 in Verbindung mit § 7 Absatz 1 Nummer 1 oder Nummer 10 ergangen ist und er den Geltungsbereich dieses Gesetzes verlassen hat; im Falle des § 7 Absatz 1 Nummer 1 gilt dies nur, wenn die Gefährdung darin besteht, dass bestimmte Tatsachen die Annahme begründen, dass der Passinhaber
- a) einer terroristischen Vereinigung nach § 129a des Strafgesetzbuchs oder einer terroristischen Vereinigung nach § 129a in Verbindung mit § 129b Absatz 1 Satz 1 des Strafgesetzbuchs mit Bezug zur Bundesrepublik Deutschland angehört oder diese unterstützt oder
- b) rechtswidrig Gewalt gegen Leib oder Leben als Mittel zur Durchsetzung international ausgerichteter politischer oder religiöser Belange anwendet oder eine solche Gewaltanwendung unterstützt oder vorsätzlich hervorruft;
- 5. gegen den Passinhaber eine Anordnung nach § 7 Absatz 2 Satz 1 in Verbindung mit § 7 Absatz 1 Nummer 1 oder Nummer 10 ergangen ist, er den Geltungsbereich dieses Gesetzes verlassen hat und sich in einem Land aufhält, für das eine räumliche Beschränkung angeordnet wurde; Nummer 4 zweiter Halbsatz gilt entsprechend."
2. In § 14 werden nach dem Wort "Anfechtungsklage" die Wörter "gegen die Passversagung (§ 7 Absatz 1), gegen die Beschränkung des Geltungsbereiches oder der Gültigkeitsdauer des Passes (§ 7 Absatz 2), gegen die Passentziehung (§ 8)," eingefügt.
Artikel 3
Inkrafttreten
Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.
Begründung
A. Allgemeiner Teil
I. Zielsetzung und Notwendigkeit der Regelungen
Ziel des Gesetzentwurfs ist es, Reisen von bestimmten Personen effektiv zu verhindern. Der Gesetzentwurf bezieht sich dabei sowohl auf Personen, die die innere oder äußere Sicherheit oder sonstige erhebliche Belange der Bundesrepublik Deutschland dadurch gefährden, dass aufgrund bestimmter Tatsachen zu besorgen ist, dass die Betreffenden einer terroristischen Vereinigung (§ 129a des Strafgesetzbuchs oder § 129a in Verbindung mit § 129b Absatz 1 Satz 1 des Strafgesetzbuchs) angehören oder diese unterstützen oder dass die Betreffenden rechtswidrig Gewalt gegen Leib oder Leben als Mittel zur Durchsetzung politischer oder religiöser Belange anwenden, unterstützen oder hervorrufen werden, als auch auf Personen, die im Sinne des § 89a des Strafgesetzbuchs schwere staatsgefährdende Gewalttaten vorbereiten, durch die die Sicherheit eines Staates oder von internationalen Organisationen oder deutsche Verfassungsgrundsätze beeinträchtigt werden können.
Während in solchen Fällen zur Unterbindung der Reise der Betroffenen gemäß der §§ 7 und 8 des Passgesetzes eine Passentziehung möglich ist, fehlt es an einem Entziehungstatbestand in Bezug auf den Personalausweis im Personalausweisgesetz. Dieser reicht indes als Reisedokument innerhalb des Schengenraums und für die Reise in bestimmte Drittstaaten aus. So besteht die Gefahr, dass diese Personen trotz räumlicher Beschränkung gemäß § 6 Absatz 7 des Personalausweisgesetzes und Entzug des Reisepasses nach den §§ 7 und 8 des Passgesetzes unberechtigt ausreisen.
In den oben genannten Fällen, in denen die Ausreise deutscher Staatsangehöriger aus der Bundesrepublik Deutschland aus überragenden Gründen zu verhindern ist, soll deshalb zur effektiven Kontrolle die Entziehung des Personalausweises sowie die Ausstellung eines Ersatz-Personalausweises erfolgen können, um dadurch Reisen dieser Personen möglichst zu verhindern.
Die Unterbindung staatsschutzrelevanter Reisen ist insbesondere im Zusammenhang mit dem dschihadistischen Terrorismus von herausragender Bedeutung.
Es sind Fälle bekannt, in denen Personen entgegen einer verfügten räumlichen Beschränkung und trotz Entzugs des Reisepasses entweder unmittelbar aus der Bundesrepublik Deutschland oder aus anderen Schengenstaaten in Drittstaaten ausgereist sind, bei denen die Nutzung des Personalausweises als Reisedokument ausreicht. In solchen Fällen besteht die Gefahr, dass auch Ausschreibungen im Geschützten Grenzfahndungsbestand oder im Schengener Informationssystem ins Leere laufen, da der Betroffene als Unionsbürger nach dem Schengener Grenzkodex (Verordnung (EG) Nr. 562/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2006 über einen Gemeinschaftskodex für das Überschreiten der Grenzen durch Personen) lediglich einer Mindestkontrolle in Form einer Sichtkontrolle des Reisedokuments unterzogen werden kann.
Sowohl im Inland als auch für deutsche Einrichtungen und Interessen im Ausland - speziell in islamisch geprägten Staaten - besteht auf Grund der weltweiten Ereignisse eine hohe abstrakte Gefährdung durch den islamischdschihadistischen Terrorismus. Diese hohe abstrakte Gefährdung kann sich jederzeit in Form von Anschlägen unterschiedlicher Dimensionen und Intensität realisieren. Ein zentrales Problem stellen Reisen von radikalisierten Personen in Krisenregionen (Irak, Syrien) dar. Von Rückkehrern mit Kampferfahrung und Kontakten zu dschihadistischen Gruppen geht hierbei eine besondere Gefahr aus, wie zuletzt der Anschlag auf das jüdische Museum in Brüssel in tragischer Weise gezeigt hat.
Maßnahmen werden auf EU- und Bundesebene, auf Landes- und auf kommunaler Ebene sowie von zivilgesellschaftlichen Organisationen getroffen. Der Bund verfolgt im Rahmen seiner Zuständigkeit einen ganzheitlichen Interventionsansatz. Dieser reicht von der Beratung als Maßnahme der Deradikalisierung bis zu gesetzgeberischen Maßnahmen zur Abwehr der beschriebenen, durch Reisen entstehenden Gefahren. Besondere Bedeutung kommt hierbei der Verhinderung von Ausreisen zu. Neben wirksamen Kontrollen und Fahndungsinstrumenten bedarf es hierbei neuer wirksamer Regelungen in Bezug auf Grenzübertrittsdokumente. Der Bund kommt hiermit auch den völkerrechtlich verbindlichen Vorgaben der Sicherheitsratsresolution 2178 (2014) vom 24. September 2014 nach, wonach alle Staaten gehalten sind, ausreiseverhindernde Maßnahmen zu treffen, um Bewegungen von Terroristen und terroristischen Gruppen zu verhindern (S/RES/2178 (2014), Seite 4 Ziffer 2).
II. Wesentlicher Inhalt des Entwurfs
Das Personalausweisgesetz sieht in § 6 Absatz 7 in Verbindung mit § 7 Absatz 1 des Passgesetzes bereits heute die Möglichkeit vor anzuordnen, dass der Personalausweis nicht zum Verlassen der Bundesrepublik Deutschland berechtigt. Die Beschränkung kann bisher allerdings nicht auf dem Personalausweis vermerkt werden.
Bereits zum gegenwärtigen Zeitpunkt werden Personalausweise, die auf Grund einer Entscheidung einer Behörde nicht zum Verlassen der Bundesrepublik Deutschland berechtigen, nicht nur im Personalausweisregister, sondern auch in der für die Grenzfahndung national geführten Datei durch die Bundespolizei auf Mitteilung einer Personalausweisbehörde gespeichert.
Die Praxis hat gezeigt, dass dies alleine jedoch nicht ausreichend ist. Insbesondere Personen aus dem gewaltbereiten islamistischdschihadistischen Bereich unternehmen ihre Ausreiseversuche unter anderem über die grenzkontrollfreien Binnengrenzen, um dann den Schengenraum in Richtung eines Drittstaates (zum Beispiel Türkei) zu verlassen. Von dort erfolgt die Weiterreise gegebenenfalls über die sogenannte "Grüne Grenze" in Krisen- und Kriegsgebiete wie Syrien und Irak.
Um die Ausreise potenzieller Gewalttäter in Krisen- und Kriegsgebiete wie Syrien und Irak wirksamer verhindern zu können, ist es notwendig, den Ausreisesperrvermerk auch als Sichtvermerk auf ein Personaldokument aufzubringen. Denn:
- - Das nachträgliche Aufbringen eines permanenten manipulationssicheren Ausreisesperrvermerks auf bereits ausgegebene Personalausweise ist technisch nicht möglich. - Das Aufbringen von Sichtvermerken mittels Aufkleber scheidet wegen der Ablösbarkeit von vornherein aus.
- - Die Kenntlichmachung der Beschränkung der räumlichen Gültigkeit auf dem Personalausweisdokument muss - um effektiv zu sein - in einer unmittelbar kontrollfähigen Art und Weise geschehen.
- - Andere Maßnahmen wie Meldeauflagen oder die Speicherung im Grenzfahndungsbestand sind nicht gleich effektiv.
Die Durchführung von Grenzkontrollen an den Schengen-Außengrenzen richtet sich insbesondere nach der im gesamten Schengenraum verbindlich anzuwendenden "Verordnung (EG) Nr. 562/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2006 über einen Gemeinschaftskodex für das Überschreiten der Grenzen durch Personen (Schengener Grenzkodex)".
Nach Artikel 7 Absatz 2 des Schengener Grenzkodex werden alle Personen einer Mindestkontrolle unterzogen, die die Feststellung ihrer Identität anhand der vorgelegten oder vorgezeigten Reisedokumente ermöglicht. Ferner besteht diese Mindestkontrolle aus einer raschen und einfachen Überprüfung der Echtheit und Gültigkeit des Reisedokuments, die auch beinhaltet, ob das vorgelegte oder vorgezeigte Reisedokument zum Grenzübertritt berechtigt. Zudem kann ein Abgleich des Reisedokumentes mit Daten über gestohlene, missbräuchlich verwendete, abhanden gekommene und für ungültig erklärte Dokumente in den einschlägigen Datenbanken (Schengener Informationssystem) vorgenommen werden. Dieser Sachfahndungsabgleich ist jedoch im Schengenraum für die jeweiligen Schengenstaaten nicht verpflichtend. Der Abgleich von Daten von Personen, die nach Unionsrecht Anspruch auf freien Personenverkehr (zum Beispiel deutsche Staatsangehörige) haben, mit europäischen und nationalen Datenbanken (Personenfahndungsabfrage) im Rahmen von Grenzkontrollen an den Schengen-Außengrenzen ist nach Artikel 7 Absatz 2 des Schengener Grenzkodex nur auf nicht systematische Weise zulässig.
Die Anordnung, dass der Personalausweis nach § 6 Absatz 7 des Personalausweisgesetzes (PAuswG) nicht (mehr) zum Verlassen Deutschlands berechtigt, darf nach § 6 Absatz 8 PAuswG in der für die Grenzfahndung national geführten Datei gespeichert werden. Die Berechtigung zum Abruf von Daten im automatisierten Verfahren aus der für die Grenzfahndung geführten Datei darf nach § 30 Absatz 4 des Bundespolizeigesetzes nur den mit der Wahrnehmung der polizeilichen Kontrollen des grenzüberschreitenden Verkehrs beauftragten Behörden eingeräumt werden. Ausländische Grenzbehörden haben insofern keinen Zugriff. Einen Tatbestand der Ausschreibung zur Ausreiseuntersagung im Schengener Informationssystem sehen die Regularien zum Schengener Informationssystem [Verordnung (EG) Nr. 1987/2006 vom 20. Dezember 2006 und Beschluss 2007/533/JI vom 12. Juni 2007] nicht vor.
Die Ausgestaltung des Ersatz-Personalausweises und der darin eingebrachte Vermerk, dass dieser Ersatz-Personalausweis nicht zum Verlassen Deutschlands berechtigt, ermöglichen den für die Kontrolle des grenzüberschreitenden Personenverkehrs zuständigen Behörden aller Schengenstaaten im Rahmen der Sichtkontrolle des Ersatz-Personalausweises, die Ausreisebeschränkung festzustellen und entsprechende Maßnahmen - mangels gültigen Grenzübertrittsdokumentes - nach Maßgabe des jeweiligen nationalen Rechts zu treffen.
Wesentliches Ziel ist insofern auch, Personen, die nicht aus der Bundesrepublik Deutschland ausreisen dürfen, an ihrer Reise in Drittstaaten über die grenzkontrollfreien Binnengrenzen anderer Schengenstaaten zu hindern.
Auch an den - vorbehaltlich einer vorübergehenden Wiedereinführung von Grenzkontrollen an den Binnengrenzen nach den Artikeln 23 ff. des Schengener Grenzkodexes - grenzkontrollfreien Binnengrenzen der Bundesrepublik Deutschland ist eine Ausreiseuntersagung möglich, sofern die betreffende Person im Rahmen der lagebezogenen und stichprobenartigen Ausübung polizeilicher Befugnisse im Grenzgebiet angetroffen wird.
Ein Ersatz-Personalausweis auf Basis des seit November 2010 mit Online-Ausweisfunktion ausgegebenen Personalausweises würde dem Betroffenen zwar die Online-Ausweisfunktion belassen und ihm damit die Möglichkeit eröffnen, sich elektronisch gegenüber Verwaltung und Wirtschaft zu identifizieren und Online-Leistungen in Anspruch zu nehmen. Die Kenntlichmachung der Beschränkung der räumlichen Gültigkeit auf dem Personalausweisdokument muss allerdings - um effektiv zu sein - in einer unmittelbar kontrollfähigen Art und Weise geschehen. Bei dem gegenwärtig ausgegebenen Personalausweis mit Onlineausweisfunktion wäre dies nur dadurch zu erreichen, dass zum Beispiel ein auffälliger roter Balken auf der Vorderseite quer über das gesamte Dokument verläuft. Eine solche Kenntlichmachung stellt aufgrund der Gefahr der Stigmatisierung allerdings einen erheblichen Eingriff in die Persönlichkeitsrechte des Betroffenen nach Artikel 2 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 1 Absatz 1 des Grundgesetzes dar. Da die personenbezogenen Daten bei diesem Dokument sowohl auf der Vorder- als auch auf der Rückseite abgedruckt sind, wäre es dem Betroffenen nicht möglich, am Rechtsverkehr teilzunehmen, ohne dass die Kenntlichmachung sofort für jedermann sichtbar wäre.
Die geplante Gestaltung des Ersatz-Personalausweises auf Basis des papierbasierten Reiseausweises als Passersatz soll zu einer spürbaren Minderung des Eingriffs in die Persönlichkeitsrechte des Betroffenen führen, da sämtliche zur Teilhabe am Rechtsverkehr notwendigen personenbezogenen Daten auf dem Ersatz-Personalausweis so dargestellt werden können, dass der Ausreisesperrvermerk nicht sichtbar ist. Die personenbezogenen Daten sollen auf der Innenseite des Ersatz-Personalausweises abgebildet und Hinweise auf die Ausreiseuntersagung lediglich auf der Vorderseite vorhanden sein. Die Beeinträchtigungen des Persönlichkeitsrechts des Betroffenen würden damit so gering wie möglich gehalten.
III. Alternativen
Keine.
IV. Gesetzgebungskompetenz
Die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz des Bundes für das Personalausweisgesetz und das Passgesetz ergibt sich aus Artikel 73 Absatz 1 Nummer 3 des Grundgesetzes.
V. Vereinbarkeit mit dem Recht der Europäischen Union und völkerrechtlichen Verträgen
Der Gesetzentwurf ist mit dem Recht der Europäischen Union und völkerrechtlichen Verträgen, die die Bundesrepublik Deutschland geschlossen hat, vereinbar.
VI. Gesetzesfolgen
1. Rechts- und Verwaltungsvereinfachung
Durch die Angleichung der Regelungen des Pass- und Personalausweisrechts trägt der Gesetzentwurf auch zur Rechts- und Verwaltungsvereinfachung bei. Die Angleichungen führen zum Abbau von Vollzugshemmnissen.
2. Nachhaltigkeitsaspekte
Nachhaltigkeitsaspekte sind nicht berührt.
3. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand
Die Kosten für die Bereitstellung des neuen Ersatz-Personalausweises betragen schätzungsweise 400.000,- Euro. Der Mehrbedarf soll im Einzelplan 06 eingespart werden.
4. Erfüllungsaufwand
Für die Bürgerinnen und Bürger ist kein grundsätzlicher Erfüllungsaufwand zu erwarten. Erfüllungsaufwand entsteht nur für den Personenkreis, der von den Maßnahmen des Gesetzes betroffen ist. Der Erfüllungsaufwand entsteht bei der Abgabe der alten und der Entgegennahme der neuen Ausweisdokumente. Für den Ersatz-Personalausweis dürften die Betroffenen schätzungsweise eine Gebühr in Höhe von circa 10,- Euro zu entrichten haben. Folgekosten entstehen, wenn neue Dokumente beantragt oder neue Ersatz-Personalausweise von Amts wegen ausgestellt werden.
Die Wirtschaft ist von dem Gesetz nicht betroffen; ihr entsteht durch das Gesetz kein Erfüllungsaufwand.
Zusätzlicher Erfüllungsaufwand für die Verwaltung, der sich durch die Entziehung von Alt-Dokumenten und die Ausstellung von Neu-Dokumenten ergibt, ist als geringfügig anzusehen. Er ist mit vorhandenen Ressourcen abzudecken. Die einmalige Implementierung der durch den Bund bereitzustellenden Personalisierungslösung für den Ersatz-Personalausweis in das Fachverfahren der Pass- und Ausweisbehörden ist ebenfalls als vernachlässigbar anzusehen.
5. Weitere Kosten
Weitere Kosten entstehen nicht.
6. Weitere Gesetzesfolgen
Die Regelungen des Gesetzentwurfs haben weder gleichstellungspolitische Auswirkungen noch über den Erfüllungsaufwand für die Betroffenen hinausgehende Auswirkungen für Verbraucherinnen und Verbraucher.
B. Besonderer Teil
Zu Artikel 1 (Änderung des Personalausweisgesetzes)
Zu Nummer 1 (Inhaltsübersicht)
Es handelt sich um eine redaktionelle Änderung.
Zu Nummer 2 (§ 2)
Zu Buchstabe a
Die Ergänzung in Absatz 1 stellt klar, dass neben dem Personalausweis und dem vorläufigen Personalausweis auch der Ersatz-Personalausweis ein Ausweis im Sinne des Personalausweisgesetzes ist.
Zu Buchstabe b
Die Ergänzung in Absatz 8 Satz 3 bestimmt, wie sich die Seriennummer eines Ersatzpersonalausweises zusammensetzt.
Zu Nummer 3 (§ 5)
Zu Buchstabe a
Durch die Änderung des Absatzes 3 wird klargestellt, dass der maschinenlesbare Bereich des vorläufigen Personalausweises ausschließlich die in Absatz 4 Satz 2 genannten Daten enthalten darf.
Zu Buchstabe b
Durch den neuen Absatz 3a wird festgelegt, welche Angaben der Ersatz-Personalausweis ausschließlich besitzen darf und welche nicht zulässig sind. Gegenüber den Angaben des vorläufigen Personalausweises wird der Ersatz-Personalausweis den Vermerk enthalten, dass er nicht zum Verlassen Deutschlands berechtigt.
Zu Buchstabe c
Zu Doppelbuchstabe aa
Es handelt sich um eine redaktionelle Änderung.
Zu Doppelbuchstabe bb
Es handelt sich um eine redaktionelle Änderung.
Zu Doppelbuchstabe cc
In Absatz 4 ist Satz 2 Nummer 1 um eine neue Abkürzung für den Ersatz-Personalausweis zu erweitern (neuer Buchstabe c), um beim Auslesen des maschinenlesbaren Bereichs eine Unterscheidung zwischen den Ausweisdokumenten sicherzustellen.
Zu Nummer 4 (§ 6)
Der neue Absatz 4a legt die Gültigkeitsdauer des Ersatz-Personalausweises fest. Hierdurch wird sichergestellt, dass die Personalausweisbehörden über die Gültigkeitsdauer unter Berücksichtigung des Zwecks der Ausstellung eines Ersatz-Personalausweises und damit des Zwecks der Ausreiseverhinderung für eine anhand bestimmter Tatsachen prognostizierte Zeit des Vorliegens von Anordnungsgründen nach § 6a zu entscheiden haben. Die Gültigkeitsdauer beträgt höchstens drei Jahre.
Zu Nummer 5 (§ 6a)
Der neue § 6a legt die Voraussetzungen fest, nach denen der Personalausweis oder der vorläufige Personalausweis versagt oder entzogen sowie ein Ersatz-Personalausweis ausgestellt werden kann.
Nach Absatz 1 Satz 1 ist die Versagung nur möglich, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass die § 7 Absatz 1 Nummer 1 des Passgesetzes oder § 7 Absatz 1 Nummer 10 des Passgesetzes genannten Voraussetzungen vorliegen.
In Absatz 1 Satz 1 wird auf die Voraussetzungen des § 7 Absatz 1 Nummer 10 des Passgesetzes in Bezug genommen. Damit wird auf die Fälle abgestellt, in denen die Vornahme einer in § 89a des Strafgesetzbuches beschriebenen Handlung zu besorgen ist.
In Absatz 1 Satz 1 wird auch auf die Voraussetzungen des § 7 Absatz 1 Nummer 1 des Passgesetzes in Bezug genommen. Damit wird auf die Fälle abgestellt, in denen eine Gefährdung der inneren oder äußeren Sicherheit oder sonstiger erheblicher Belange der Bundesrepublik Deutschland besteht.
In Absatz 1 Satz 2 wird geregelt, dass jedoch nicht in allen Fällen des § 7 Absatz 1 Nummer 1 des Passgesetzes auch eine Personalausweisversagung und Ausstellung eines Ersatz-Personalausweises in Betracht kommt. Dies ist tatbestandlich vielmehr nur dann möglich, wenn die Gefährdung gerade darin besteht, dass bestimmte Tatsachen die Annahme begründen, dass der Ausweisinhaber entweder einer terroristischen Vereinigung nach § 129a des Strafgesetzbuchs oder einer terroristischen Vereinigung nach § 129a in Verbindung mit § 129b Absatz 1 Satz 1 des Strafgesetzbuchs mit Bezug zur Bundesrepublik Deutschland angehört oder diese unterstützt (Nummer 1) oder rechtswidrig Gewalt gegen Leib oder Leben als Mittel zur Durchsetzung international ausgerichteter politischer oder religiöser Belange anwendet oder eine solche Gewaltanwendung unterstützt oder vorsätzlich hervorruft (Nummer 2).
Durch diese zusätzlichen Voraussetzungen wird eine Begrenzung auf solche Fälle der Gefährdung der inneren oder äußeren Sicherheit oder sonstiger erheblicher Belange der Bundesrepublik Deutschland sichergestellt, die konkrete Maßnahmen nach § 6a erfordern. Mit Blick auf die terroristische Vereinigung manifestiert sich die Gefährdung der inneren oder äußeren Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland maßgeblich durch die auf bestimmten Tatsachen basierende Kenntnis der organisationsbezogenen Unterstützung oder Angehörigkeit. Die Tatbestandsalternative der rechtswidrigen Gewalt gegen Leib oder Leben trägt insbesondere dem Umstand Rechnung, dass sich gerade durch solche im Ausland begangenen oder bevorstehenden Handlungen eines deutschen Staatsangehörigen die Gefährdung der inneren oder äußeren Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland konkretisiert. Die verhinderte oder zumindest erheblich erschwerte Möglichkeit des Grenzübertritts durch Maßnahmen nach § 6a ist somit auch ein zwecktaugliches Mittel.
Mit dem Ausstellen des Ersatz-Personalausweises ist im Falle der Personalausweisversagung gleichzeitig mitgeregelt, dass die betreffende Person, den Geltungsbereich des Personalausweisgesetzes nicht verlassen darf.
Nach Absatz 2 Satz 1 ist ein Entzug des Personalausweises oder des vorläufigen Personalausweises lediglich möglich, wenn gegen den Ausweisinhaber eine vollziehbare Anordnung nach § 6 Absatz 7 in Verbindung mit § 7 Absatz 1 Nummer 1 des Passgesetzes oder § 7 Absatz 1 Nummer 10 des Passgesetzes besteht. In Absatz 2 Satz 2 wird geregelt, dass eine Personalausweisentziehung und Ausstellung eines Ersatz-Personalausweises nur unter den bereits im Rahmen der Begründung zu Absatz 1 Satz 2 dargestellten Voraussetzungen der Personalausweisversagung in Betracht kommt.
Die Vorschriften des Absatzes 1 und Absatzes 2 sind als Ermessensregelung ausgestaltet, um der Verwaltung eine umfassende Würdigung der Einzelfallumstände zu ermöglichen.
Absatz 3 regelt, dass im Falle einer Versagung oder Entziehung des (vorläufigen) Personalausweises, dem Ausweisbewerber bzw. Ausweisinhaber ein Ersatz-Personalausweises auszustellen ist; die Ausstellung hat von Amts wegen (vgl. Artikel 1 Nummer 6 Buchstabe b) zu erfolgen.
Absatz 4 stellt klar, dass die nach Absatz 3 zuständige Behörde den Betreffenden unverzüglich zu unterrichten hat, wenn der Anordnungsgrund für die Maßnahmen nach Absatz 1 oder Absatz 2 entfallen ist. Dadurch erhält der Betreffende unmittelbar die Möglichkeit, die Ausstellung eines neuen Personalausweises zu beantragen.
Nach Absatz 5 sind für die Maßnahmen nach Absatz 1 bis 3 sowie die Mitteilungen nach Absatz 4 ausschließlich die inländischen Personalausweisbehörden zuständig. Dies ergibt sich aus dem Zweck des Ersatz-Personalausweises, der kontrolleffektiv eine Verhinderung der Ausreise bewirken soll.
Zu Nummer 6 (§ 9)
Zu Buchstabe a
Die Änderung des Absatzes 1 Satz 1 wird durch die Einführung des Ersatz-Personalausweises notwendig. Insofern handelt es sich um eine Folgeänderung zur Änderung in Nummer 5.
Zu Buchstabe b
Die Einfügung des Absatzes 6 wird durch die Einführung des Ersatz-Personalausweises notwendig. Insofern handelt es sich um eine Folgeänderung zur Änderung in Nummer 5.
Zu Nummer 7 (§ 28)
Zu Buchstabe a
Es handelt sich um eine redaktionelle Folgeänderung.
Zu Buchstabe b
Es handelt sich um eine redaktionelle Folgeänderung.
Zu Buchstabe c
In § 28 Absatz 1 wird mit der Nummer 4 ein neuer Ungültigkeitstatbestand eingeführt.
Der Personalausweis, der vorläufige Personalausweis und der Ersatz-Personalausweis sind kraft Gesetzes ungültig, wenn gegen den Ausweisinhaber eine Anordnung nach § 6a ergangen ist und er die Bundesrepublik Deutschland verlässt.
Dies ermöglicht den zuständigen Behörden eine unmittelbare Ausschreibung des jeweiligen Ausweises im Schengener Informationssystem (SIS) und der Stolenand-Lost TravelDocuments-(SLTD)-Datenbank von Interpol. Hierdurch lässt sich die Wahrscheinlichkeit des Aufgreifens des Reisenden bereits in den Transitländern deutlich erhöhen.
Zu Nummer 8 (§ 30)
Die Vorschrift regelt zukünftig auch für die Entziehung des Personalausweises bzw. des vorläufigen Personalausweises und die Ausstellung eines Ersatz-Personalausweises (§ 6a) die sofortige Vollziehung. Für diese Fälle entfällt nunmehr neben den bereits geregelten Fällen ebenfalls die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Anfechtungsklage kraft Gesetzes gemäß § 80 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 der Verwaltungsgerichtsordnung. Dies ist geboten, um mögliche Ausreiseversuche schnell und effektiv unterbinden zu können.
Zu Nummer 9 (§ 32)
Die Ergänzung des Absatzes 1 Nummer 4 soll sicherstellen, dass Verstöße gegen § 9 Absatz 3 Satz 2 PAuswG auch im Rahmen der Ausstellung eines Ersatz-Personalausweises bußgeldbewehrt sind.
Zu Artikel 2 (Änderung des Passgesetzes)
Zu Nummer 1 (§ 11)
Zu Buchstabe a
Es handelt sich um eine redaktionelle Folgeänderung zur Änderung in Buchstabe b.
Zu Buchstabe b
Nach der neuen Nummer 4 wird der Reisepass kraft Gesetzes ungültig, wenn gegen den Passinhaber eine Passentziehung unter den Voraussetzungen, die zur Ausstellung eines Ersatz-Personalausweises berechtigen, angeordnet worden ist, der Passinhaber dieser Anordnung aber nicht nachkommt und die Bunderepublik Deutschland trotzdem verlässt.
Dies ermöglicht den zuständigen Behörden eine unmittelbare Ausschreibung des jeweiligen Ausweises im Schengener Informationssystem (SIS) und der Stolenand-Lost-TravelDocuments-(SLTD)-Datenbank" von Interpol. Hierdurch lässt sich die Wahrscheinlichkeit des Aufgreifens des Reisenden bereits in den Transitländern deutlich erhöhen.
Die neue Nummer 5 führt als Ungültigkeitstatbestand die Fallkonstellation ein, dass der Passinhaber entgegen einer Anordnung nach § 7 Absatz 2 des Passgesetzes unter den Voraussetzungen, die zur Ausstellung eines Ersatz-Personalausweises berechtigen, die Bundesrepublik Deutschland verlässt und sich in einem Land aufhält, welches von der Beschränkung des Geltungsbereiches des Passes betroffen ist.
Zu Nummer 2 (§ 14)
Die Vorschrift regelt zukünftig auch für die Passversagung (§ 7 Absatz 1), die Beschränkung des Geltungsbereiches oder der Gültigkeitsdauer des Passes (§ 7 Absatz 2) sowie die Passentziehung (§ 8) die sofortige Vollziehung. Für diese Fälle entfällt nunmehr neben den bereits geregelten Fällen ebenfalls die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Anfechtungsklage kraft Gesetzes gemäß § 80 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 der Verwaltungsgerichtsordnung. Dies ist zur Rechtsangleichung geboten. Wie in den bisher aufgeführten Regelungen und in vergleichbaren Regelungen des Personalausweisrechts soll der Betroffene sich der sofortigen Vollziehung der gegen ihn getroffenen Maßnahmen nicht entziehen können. Ansonsten wäre zu besorgen, dass die durch Passbeschränkung, Passversagung oder Passentziehung zu verhindernde Schädigung übergeordneter Rechtsgüter im Zeitraum bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens verwirklicht werden könnte. Es sollen mögliche Ausreiseversuche schnell und effektiv unterbunden werden können.
Zu Artikel 3 (Inkrafttreten)
Die Vorschrift regelt das Inkrafttreten.
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Anlage
Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates gem. § 6 Abs. 1 NKR-Gesetz: NKR-Nr. 2814:
Neuregelung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes und der AnlagenregisterVerordnung
Der Nationale Normenkontrollrat hat den gesetzlichen Auftrag zu prüfen, ob in den Ausführungen zu einem Regelungsentwurf der Bundesregierung die erwarteten Kostenfolgen sowie relevante Regelungsalternativen und Evaluierungserwägungen methodengerecht und nachvollziehbar dargestellt wurden.
Mit Blick auf den vorgelegten Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des ErneuerbareEnergien-Gesetzes (Stand 28. März 2014) stellt der Normenkontrollrat fest, dass die Anforderungen an eine hinreichende Abschätzung und Darstellung der Gesetzesfolgen entsprechend den Bestimmungen des NKR-Gesetzes nicht erfüllt sind.
Die bisherigen Ausführungen zum Gesetzentwurf enthalten weder eine Abschätzung der mit der EEG-Novelle einhergehenden Auswirkungen auf den Erfüllungsaufwand noch auf die Weiteren Kosten wie die Strompreise und die EEG-Umlage.
Bezüglich relevanter Regelungsalternativen - z.B. die vom Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung empfohlene technologieneutrale Förderung erneuerbarer Energien - weist der Entwurf lediglich darauf hin, dass diese geprüft und verworfen wurden. Eine methodengerechte und nachvollziehbare Darstellung im Hinblick auf ihre Kostenfolgen sowie Benennung wesentlicher Gründe für ihre Nichtberücksichtigung liegt nicht vor.
Mit dem vorgelegten Gesetzentwurf werden zentrale Weichen für die zukünftige Ausgestaltung und damit auch für das Gelingen der Energiewende gestellt. Die EEG-Novelle gehört ohne Zweifel zu den wichtigsten Vorhaben der Bundesregierung in dieser Legislaturperiode. Der Normenkontrollrat hat daher am 24. März 2014 gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2 NKR-Gesetz eine eigene Anhörung zu dem Gesetzentwurf durchgeführt. Sowohl in der Anhörung als auch in den Stellungnahmen von Ländern und Verbänden ist deutlich geworden, dass das Regelungsvorhaben erhebliche Auswirkungen auf die Kostenfolgen hat. Dies gilt in besonderem Maße für die Entwicklung der Strompreise aber auch für den Erfüllungsaufwand.
Fazit:
Mit Blick auf die Bedeutung des Vorhabens fehlt dem Gesetzgeber durch die fehlende Darstellung der Kostenfolgen und der Regelungsalternativen eine wichtige Entscheidungsgrundlage. Der Rat macht zu den Ausführungen zum Gesetzentwurf im Rahmen seines Mandats grundsätzliche Bedenken geltend, weil den Anforderungen des NKR-Gesetzes zur Gesetzesfolgenabschätzung und Alternativenprüfung nicht entsprochen wird.
Der Normenkontrollrat fordert den Bundesminister für Wirtschaft und Energie auf, die fehlenden Angaben zu Kostenfolgen sowie zur Alternativendarstellung und -bewertung zum frühestmöglichen Zeitpunkt dem Normenkontrollrat vorzulegen und in das parlamentarische Gesetzgebungsverfahren einzubringen.
Im Einzelnen:
Mit dem vorliegenden Regelungsvorhaben wird das Erneuerbare-Energien-Gesetz grundlegend novelliert. Wesentliche Ziele des Gesetzes sind
- - die stetige Erhöhung des Anteils erneuerbarer Energien. Bis zum Jahr 2050 sollen erneuerbare Energien 80 Prozent des deutschen Bruttostromverbrauchs decken; - die Durchbrechung der Kostendynamik der vergangenen Jahre und damit die Begrenzung des Anstiegs der Kosten für Stromverbraucher;
- - Planungssicherheit für alle Akteure der Energiewirtschaft,
- - stärkere Integration erneuerbarer Energien in den Strommarkt.
Zur Erreichung dieser Ziele sieht der Gesetzentwurf eine Reihe neuer Steuerungs- und Förderungsinstrumente vor. Teilweise werden bestehende Instrumente modifiziert oder erweitert. Sowohl die Stellungnahmen von Ländern und Verbänden als auch die vom NKR durchgeführte Anhörung verdeutlichen, dass die mit der Novelle vorgenommenen Änderungen nicht unerhebliche Auswirkungen auf den Erfüllungsaufwand und die Weiteren Kosten wie die Strompreise und die EEG-Umlage haben.
Das Ressort hat bisher nur die Kostenfolgen der Anlagenregisterverordnung dargestellt. Danach führt die Einführung des Registers für die Wirtschaft zu einem Erfüllungsaufwand von jährlich 450.000 Euro und einmalig 4.000 Euro. Für Bürgerinnen und Bürger hat das Regelungsvorhaben insofern Auswirkungen, als dass die Anlagenregisterverordnung auch eine Registrierungspflicht für Anlagen vorsieht, für deren Strom kein Anspruch auf finanzielle Förderung besteht. Den daraus resultierenden Erfüllungsaufwand privater Anlagenbetreiber - und in diesem Sinne für Bürgerinnen und Bürger - hat das Ressort nicht separat ausgewiesen. Für die Verwaltung führt das Regelungsvorhaben nach Angaben des Ressorts zu jährlichen Mehrkosten von 985.000 Euro sowie einem einmaligen Erfüllungsaufwand von 933.000 Euro.
Eine Darstellung der Kostenfolgen aller weiteren Änderungen, die mit der Novelle einhergehen, liegt sowohl mit Blick auf den Erfüllungsaufwand als auch die Weiteren Kosten nicht vor. Hierzu zählen insbesondere die Auswirkungen
- - des in § 3 festgelegten Ausbaupfades, - der Einführung der verpflichtenden Direktvermarktung,
- - des Ausschreibungsmodells als neues Förderinstrument,
- - der Einbeziehung von eigenverbrauchtem Strom in die EEG-Umlage, - der geänderten Degressionsregeln und der Erweiterung des "Atmenden Deckels" sowie
- - der Änderungen der Besonderen Ausgleichsregelung.
Bezüglich relevanter Regelungsalternativen stellt das Ressort in den Ausführungen zum Gesetzentwurf dar, dass die Ziele zum Ausbau der erneuerbaren Energien kostengünstiger erreicht werden. Dies sei auch Ergebnis der verschiedenen Studien, die die Bundesregierung im Zusammenhang mit dem EEG-Erfahrungsbericht vergeben hat. Weitergehende Alternativen - z.B. die Einführung eines Quotenmodells oder eine technologieneutrale Förderung - seien geprüft, aber gerade im Hinblick auf die Ziele und Grundsätze des Gesetzes verworfen worden.
Der Normenkontrollrat stellt zur Darstellung der Alternativen zunächst fest, dass ohne eine hinreichende Darstellung der o.g. Kostenfolgen bisher nicht nachvollziehbar ist, ob mit der vorliegenden EEG-Novelle die Ausbauziele kostengünstiger erreicht werden. Zudem liegen dem NKR bisher keine Ergebnisse zum Erfahrungsbericht bzw. den dem Bericht zugrunde liegenden Studien vor.
In der Diskussion zur Reform des EEG wird auch die Umstellung auf ein technologieneutrales Förderungssystem empfohlen. So spricht sich u.a. der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung für diese weitergehende Alternative aus. Mit Blick auf die vom Sachverständigenrat zur Diskussion gestellten Einspareffekte in einer Größenordnung von 50 Mrd. Euro sind die Ausführungen im Gesetzentwurf zu dieser weitergehenden Alternative aus Sicht des Rates in Keiner. Weise hinreichend. Der Rat hält eine methodengerechte und nachvollziehbare Darstellung im Blick auf die Kostenfolgen sowie eine umfassendere
Benennung wesentlicher Gründe für die Nichtberücksichtigung dieser Alternative für erforderlich.
Dr. Ludewig Schleyer
Vorsitzender Berichterstatter