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Regelwerk

LTwS 27-3 - Anforderungen an vorgefertigte, schwimmende Ölsperren für Binnengewässer

Vom 8. März 1999
(GMBl. Nr. 14 vom 10.05.1999 S. 278; 03.12.2020 S. 1119aufgehoben)



- Bek. d. BMU - Wa 13 - 23074/22

1 Zweck und Geltungsbereich

Ölsperren sollen die Ausbreitung und Verdriftung von Mineralölen und Mineralölprodukten begrenzen und deren möglichst schadlose Sammlung und Beseitigung ermöglichen. Hierzu müssen sie bestimmte Bedingungen hinsichtlich Funktionsweise, Materialeigenschaften und Handhabbarkeit erfüllen, die sich an einheitlichen und konkreten Mindestnormen orientieren. Die dafür formulierten "Anforderungen" geben den mit der Beschaffung, Prüfung und Anwendung von Ölsperren befaßten Stellen Verfahrensregeln an die Hand, nach denen sie die Eignung einer Sperre beurteilen können.

Die "Anforderungen" beziehen sich auf vorgefertigte, schwimmende Ölsperren, die auf Binnengewässern im Klimagebiet Mitteleuropas eingesetzt werden.

2 Arten von schwimmenden Ölsperren

Schwimmende Ölsperren für Binnengewässer lassen sich nach ihrer technischen Ausführung wie folgt unterteilen:

2.1 Tauchwandsperren

Die Stabilität der Schwimmlage erhalten Tauchwandsperren durch Eigenauftrieb, durch spezielle Luftkammern oder durch zusätzlich angebrachte Schwimmkörper sowie durch Eigengewicht oder zusätzlich angebrachte Gewichtselemente.

Zu unterscheiden sind:

Bei letzteren unterscheidet man:

2.2 Sonderformen

Sonderformen sind ölaufsaugende Sperren, die unter Verwendung von Ölbindern gefertigt sein können. Bei Einsatz von ölaufsaugenden Sperren müssen vorab die Möglichkeiten der Beseitigung der Rückstände (Deponie, Verbrennen usw.) geklärt werden.

3 Werkstoffe

Als Werkstoffe zum Herstellen von Ölsperren und den dazugehörigen Verbindungselementen finden vor allem Kunststoffe, Metalle und Holz Verwendung. Die Werkstoffe müssen den unter 5.2 gestellten Anforderungen genügen.

4 Einsatz von Ölsperren

4.1 Begriffe

Anstellwinkel β Winkel zwischen dem jeweiligen Sperrensegment und der dort herrschenden Fließrichtung
Anströmgeschwindigkeit vA Fließgeschwindigkeitskomponente senkrecht zum jeweiligen Sperrensegment
Auftriebskörper   Schwimmelemente an einer Sperre, die den zusätzlichen Auftrieb gewährleisten
Blockageeffekt   Die durch die Sperre bedingte Verengung des Fließquerschnitts des Gewässers wird berechnet als Verhältnis des von der Sperre blockierten Querschnitts zum Fließquerschnitt des Gewässers
effektive Tauchtiefe he Abstand des vertikalen Staupunkts von der Stillwasserlinie entspricht der Tiefe der Rezirkulationszone vor der Sperre bzw. der Rückstautiefe
Einbringwinkel α Winkel zwischen der Sperrensehne LSund der Fließrichtung nach dem Auslegen der Sperre. α = 90°, wenn die Sperrensehne LS rechtwinklig zur Fließrichtung verläuft
Fließgeschwindigkeit vF Geschwindigkeitskomponente in Fließrichtung eines Gewässers
Freibord   Über die Wasseroberfläche ragender Teil der Sperre
Frontlinie   Oberströmige Begrenzung der Rezirkulationszone im Abstand LR von der Sperre
Frontzone   Bereich unmittelbar unterstrom der Frontlinie, wo die abtauchende Anströmung und die umgelenkte Rezirkulationsströmung einen flachen Trichter bilden, in dem sich Öl sammelt
Gewässerbreite B Abstand vom linken zum rechten Ufer
Leitbereich   Bereich einer Sperre, an der das Öl aus der Fließrichtung des Gewässers längs der Sperre umgelenkt wird
Nachlaufwalze   Wasserrezirkulation unterstrom der Sperre als Folge der Unterströmung der Sperre
Randwirbel   Wirbel am Übergang vom Leit- zum Staubereich einer Sperre
Rezirkulationszone   Zone mit der Länge LRzwischen Frontlinie und Sperre, wo Wasser und Öl gegen die Strömung umgelenkt werden
Rückstaubereich (Staubereich)   Bereich der Sperre zwischen den beiden Randwirbeln, wo das Öl gestaut wird
Rückstaubreite (Staubreite) BS Entfernung zwischen den beiden Rand wirbeln
Rückstaulänge LR Entfernung zwischen der Frontlinie und der Sperrenwand
Rückstautiefe he Abstand des Staupunktes von der Stillwasserlinie, der der effektiven Tauchtiefe bzw. der Tiefe der Rezirkulationszone vor der Sperre entspricht
Rückstauvolumen   Ölvolumen, das von einer Ölsperre durch Rückstau gebildet werden kann und das von Rückstaulänge LR, Rückstaubreite BS und Rückstautiefe he abhängig ist
Schürze   Vertikaler Teil einer Tauchwandsperre
Sperrenlänge L Summe der Längen der einzelnen Sperrensegmente
Sperrenlinie   In der Sperrenachse verlaufende Verbindung zwischen den Endpunkten der Sperre
Sperrensehne   Gerade zwischen den beiden Schnittpunkten der Sperrenlinie mit den Ufern bzw. zwischen einem Schnittpunkt und einem wasserseitigen Sperrenende bzw. zwischen zwei wasserseitigen Sperrenenden
Sperrensehnenlänge LS Länge der Sperrensehne zwischen den Schnittpunkten mit den Ufern bzw. zwischen einem Schnittpunkt und einem wasserseitigen Sperrenende bzw. zwischen zwei wasserseitigen Sperrenenden
Staubereich   Bereich an der Sperre, an der das Öl rückgestaut wird, der sich zwischen den beiden Randwirbeln einer Sperre befindet
Staupunkt (vertikal)   Vertikale Stromtrennung im Punkt Sv an einer getauchten Platte im Abstand he von der Stillwasserlinie
Staupunkt (horizontal)   Horizontale Stromtrennung im Punkt Sh vor einer getauchten Platte
Stillwasserlinie SWL Wasserspiegellinie der ungestörten Strömung
Stromtrennung   Trennung der Stromfäden an einem Hindernis in einer Strömung
Tauchtiefe ht Abstand des tiefsten Punktes der Sperre von der Stillwasserlinie
Verdrängungsströmung   Strömung unter dem Staukörper "Sperre" hindurch
Wassertiefe h Abstand der Stillwasserlinie von der Gewässersohle
Wellenhöhe H vertikale Entfernung zwischen Wellenberg und Wellental

Die Bilder 1, 2 und 3 verdeutlichen die Definitionen.

4.2 Einsatzarten

Ölsperren können für folgende Einsatzmöglichkeiten bereitgehalten werden:

Grundsätzlich sind vier technische Einsatzarten möglich, an der Wasseroberfläche driftende Öllachen zu bekämpfen und zwar mittels:

4.3 Einsatzbereiche

Einsatzarten, konstruktive Ausbildung und Stau- bzw. Rückhaltevermögen schwimmender Ölsperren richten sich nach der Art der Gewässer, die von den unterschiedlichen geometrischen, hydraulischen und meteorologischen Bedingungen mitgeprägt werden.

4.3.1 Stehende und sehr langsam fließende Gewässer (vF < 0,1 m/s)

Bei stehenden und sehr langsam fließenden Gewässern mit Fließgeschwindigkeiten vF < 0,1 m/s (Seen, Häfen, Kanäle, Stauhaltungen usw.) haben Wind und Wellen größeren Einfluß auf das Verhalten von aufgestauten Öllachen als die Strömung. Es fehlt z.B. die die Schwimmlage stabilisierende Strömungskraft auf die Sperrenschürze, so daß die auf den Freibord wirkenden Windkräfte Sperren kippen können. Zu beachten ist jedoch, daß in solchen Strömungsbereichen Sperren durch den Wind selbst verdriftet und entgegen der Strömungsrichtung bewegt werden können.

Aufgabe der Sperre ist hier primär, einer Ausbreitung des Öls oder seiner Verdriftung durch Wind entgegenzuwirken. Beim Einsatz von Sperren wird die auf der Wasseroberfläche driftende Öllache gegen die vertikale Sperrwand verfrachtet, an der Fortbewegung gehindert und zurückgestaut (siehe Kapitel 5.3.1). Es genügen daher Tauchtiefen einer Sperre, die der maximal zu erwartenden Ölschichtdicke entsprechen. Für diesen Bereich kommen Sammel- und Trogsperren in Frage.

4.3.2 Schneller fließende Gewässer (0,1 m/s < vF < 1,5 m/s)

Für das Rückstauverhalten von schwimmenden Ölsperren (mechanischen Barrieren) in einem Fließgewässer ist die senkrecht zur Sperrenline wirkende Fließgeschwindigkeitskomponente vA von ausschlaggebender Bedeutung. Diese ist nur dann mit der Fließgeschwindigkeit vF des Gewässers identisch, wenn die Sperrenlinie senkrecht zur Fließrichtung verläuft (Anstellwinkel β = 90°). In allen anderen Fällen ist die Anströmgeschwindigkeit vA eine Funktion der örtlichen Fließgeschwindigkeit vF und des jeweiligen Anstellwinkels β des Sperrensegments zur Fließrichtung.

4.3.2.1 Anströmgeschwindigkeit 0,1 m/s < vA < 0,35 m/s

Mit wachsender Fließgeschwindigkeit bzw. Anströmgeschwindigkeit wird die Öllache mit dem strömenden Wasser zur Sperre verfrachtet. Aufgabe der Sperre ist es nun, das Öl zurückzuhalten. In diesem Bereich können alle vier Einsatzarten von Sperren genutzt werden.

4.3.2.2 Anströmgeschwindigkeit vA > 0,35 m/s

Ab einer Anströmgeschwindigkeit von vA 0,35 m/s im Staubereich der Sperre nimmt das Rückhaltevermögen schwimmender Ölsperren rasch ab, und die Sperren werden bei falsch gewähltem Anstellwinkel vom Öl unterlaufen. Um auch bei dieser Geschwindigkeit ein wirksames Zurückhalten und Sammeln von Öl zu ermöglichen, muß die Sperre schräg zur Fließrichtung ausgebracht werden (Leitsperre). Dadurch kann das Öl in jene Gewässerbereiche umgeleitet werden, wo die Anströmgeschwindigkeit unter die kritische Grenze von va krit = 0,35 m/s sinkt und das Zurückhalten, Sammeln und Beseitigen wieder möglich wird. Das Rückhaltevermögen kann durch das Hintereinanderlegen mehrerer paralleler Sperren verbessert werden, wobei hier ein ausreichender Abstand zwischen den Sperren (je nach Fließgeschwindigkeit und Anstellwinkel der Sperren) zwischen 6 m und 10 m einzuhalten ist. In diesem Bereich sind also nur noch Leitsperren sinnvoll einsetzbar.

4.3.3 Sehr schnell fließende Gewässer (vF> 1,5 m/s)

Ab einer Fließ- bzw. Anströmgeschwindigkeit von vf bzw. vA = 1,5 m/s ist auch bei dieser Einsatzart selbst bei sehr spitzem Anstellwinkel β ein wirksames Zurückhalten und Sammeln von Öl mittels Ölsperren jeder Art nicht mehr möglich.

4.4 Wellenbeeinflußte Gewässer

Hier sind Ölsperren zu verwenden, die sich durch ihre Konstruktion und Installation der Wellenbewegung anpassen können:

Außerdem müssen die Ölsperren eine so große Festigkeit besitzen, daß sie die auftretenden Kräfte aufnehmen können. Gerade infolge der Einwirkung von Wellen können sehr große Zugkräfte entstehen.

5 Anforderungen

5.1 Allgemeine Anforderungen/Eigenschaften

Ölsperren müssen eine stabile Lage im Wasser bei Strömungs-, Wind- und Welleneinflüssen aufweisen. Die Schwimmfähigkeit muß über den vorgesehenen Einsatzzeitraum erhalten bleiben.

Die Auftriebsreserve an einem Sperrenkörper sollte das 2,5fache seines Gewichts betragen.

Die hydraulischen Anforderungen gelten sinngemäß auch für andere Gewässerbereiche.

5.2 Werkstoffeigenschaften

Für die Herstellung von Ölsperren sind Werkstoffe zu verwenden, die hinsichtlich der nachstehenden Eigenschaften auf die jeweilige Einsatzart abgestimmt sein müssen:

Druckfestigkeit
Zugfestigkeit
Biegezugfestigkeit
Knickfestigkeit
Scherfestigkeit
Stoßfestigkeit
Schlagfestigkeit
Abriebfestigkeit
Witterungsbeständigkeit
Beständigkeit gegen Mikroorganismen
Beständigkeit gegen Mineralöle und Detergentien
Brandverhalten
Pflegeleichtigkeit (Reinigung)

Für besondere Einsatzzwecke bei Stoffen der Gefahrenklasse A1 sollten sämtliche Ölsperrenteile - insbesondere die Verbindungselemente - aus nicht funkenschlagendem Material bestehen.

Vor allem bei der Verwendung von Kunststoffen sind bestimmte Auswahlkriterien zu berücksichtigen, von denen hier nur die wichtigsten genannt werden sollen. Im Hinblick auf den Einsatz und den Transport der Ölsperren bei niedrigen Temperaturen dürfen nur Kunststoffe mit entsprechenden Tieftemperatureigenschaften verwandt werden, die eine ausreichende Kälteflexibilität und Kältebruchtemperatur aufweisen. Ungeeignet sind deshalb Kunststoffe, deren Temperaturflexibilität und -elastizität durch ein spezielles Einstellen auf Ölbeständigkeit gemindert werden. Zu vermeiden ist die Verwendung von Kunststoffen, deren Resistenzfaktoren durch längeres Einwirken von Öl gemindert werden und deren Festigkeitsniveau bzw. deren Reißfestigkeit durch den Einbau von Flammschutzmitteln herabgesetzt werden. Falls die Kunststoffe Flammschutzmittel enthalten, dürfen diese nicht abdampfen. Abzulehnen sind auch Kunststoffe, deren Zeitstandfestigkeit sich durch längere Lagerung im Gewässer oder auf dem Ufer verringert.

Im Hinblick auf die Widerstandsfestigkeit des Materials für Ölsperren gegenüber schädigender Einwirkung durch Pflanzen und Tiere ist mit besonderer Sorgfalt bei der Auswahl von Textilien und Kunststoffen vorzugehen. Die Materialien sollen so beschaffen sein, daß sie sich unter dem Einfluß der Stoffwechselprodukte von Pflanzen und Tieren nicht zersetzen. Bei Verbleib im Wasser dürfen Algen- und Muschelbewuchs nicht zu nachteiligen Veränderungen der Materialeigenschaften führen.

Alle geforderten Eigenschaften sind vom Hersteller durch entsprechende Zertifikate zu belegen.

Handelt es sich um Sperren, die neben der Sperrwirkung auch gleichzeitig eine ölaufsaugende Wirkung haben sollen und deshalb entweder aus ölaufsaugenden Materialien bestehen oder mit ölaufsaugenden Materialien gefüllt sind, dann sollte für diese Materialien ein Prüfzeugnis gemäß den " Anforderungen an Ölbinder" (jeweils gemäß der gültigen Fassung) vorliegen. Solche ölaufsaugenden Materialien sollten Ölbinder der typen I, II oder VI sein. Hierbei kann es sich vor allem um Granulate, Pulver, Vliese und Würfel handeln.

Die ordnungsgemäße Entsorgung der mit Öl beaufschlagten ölaufsaugenden Sperren muß gesichert sein.

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