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Regelwerk, Wasser

Behördliche Überwachung von Abwasseranlagen durch Anlagenkontrollen
Sachsen-Anhalt

Vom 18. April 2012
(MBl. LSa Nr. 22 vom 18.06.2012 S. 476; 12.04.2023 S. 151aufgehoben)
Gl.-Nr.: 7536



RdErl. des MLU vom 18.04.2012 - 23.31-62400

Bezug:
RdErl. des MLU vom 19.12.2003 - 24.2/24.5/62400 (n. v.), geändert durch RdErl. vom 01.03.2006 - 24.1.21-62400 (n. v.), wieder in Kraft gesetzt durch RdErl. vom 02.01.2012 - 23.31/62400 (n. v.)

1. Grundsätze

1.1 Die behördliche Überwachung von Abwasseranlagen und Abwassereinleitungen ist Bestandteil der Gewässeraufsicht nach § 100 des Wasserhaushaltsgesetzes (WHG). Zuständig für die Gewässeraufsicht sind die Wasserbehörden sowie die Bergbehörde in Bezug auf die Überwachung von Benutzungen, Anlagen, Einrichtungen und Vorgängen, wenn die Bergbehörde für die Erlaubnis der Benutzung oder die Genehmigung zuständig ist ( § 4 Satz 1 Nr. 2 der Verordnung über abweichende Zuständigkeiten auf dem Gebiet des Wasserrechts).

1.2 Ergänzend zur behördlichen Überwachung von Abwassereinleitungen (Abwasserprobenahme, Laboruntersuchung und Bewertung der Ergebnisse) nach den Vorgaben des RdErl. über die Durchführung von Abwasserprobenahmen und Laboruntersuchungen im Rahmen der behördlichen Überwachung von Abwasseranlagen vom 26.10.2011 (MBl. LSa S. 521) ist auch eine behördliche Überwachung der Abwasseranlagen (nachfolgend: Anlagenkontrolle) durchzuführen.

1.3 Mit diesem RdErl. werden Mindestanforderungen an die Anlagenkontrolle geregelt.

2. Anwendungsbereich

2.1 Dieser RdErl. gilt für die Anlagenkontrolle von Abwasserbehandlungsanlagen, die in Verbindung mit einer erlaubnispflichtigen Gewässerbenutzung nach den § § 8 und 9 in Verbindung mit § 57 WHG (Direkteinleitungen) oder einer genehmigungspflichtigen Abwassereinleitung in öffentliche oder private Abwasseranlagen nach den § § 58 und 59 WHG und der Indirekteinleiterverordnung (Indirekteinleitungen) stehen.

2.2 Abweichend von Nummer 2.1 gilt dieser RdErl. nicht für die Anlagenkontrolle von Kleinkläranlagen. Kleinkläranlagen sind Abwasserbehandlungsanlagen für häusliches Abwasser, die für weniger als acht Kubikmeter Abwasser pro Tag bemessen sind. Dies entspricht einer Behandlungskapazität von etwa 50 Einwohnern.

3. Umfang der Anlagenkontrolle

3.1 Anforderungen

Im Rahmen der regelmäßig durchzuführenden Anlagenkontrolle soll der Anlagen- und Betriebszustand erfasst und festgestellt werden, ob dieser den Anforderungen des wasserrechtlichen Bescheides und den allgemein aner kannten Regeln der Technik entspricht. Mit der Anlagenkontrolle verschafft sich die Wasserbehörde insbesondere Kenntnis über

  1. den baulichen Zustand der Anlage,
  2. die Betriebsführung und den Betrieb,
  3. die Selbstüberwachung,
  4. das Vorhandensein von Handlungsanweisungen bei Betriebsstörungen in der Betriebsvorschrift und die Vorhaltung von Geräten und Material zur schnellstmöglichen Beseitigung einer Betriebsstörung,
  5. den Qualifizierungsstand des Personals zum Betrieb der Abwasserbehandlungsanlage,
  6. die Aktualität und die Vollständigkeit von Kontroll und Wartungsplänen, einschließlich der durchgeführten Belehrungen und Schulungen des Anlagenpersonals,
  7. die Durchführung von Instandsetzungs- und Instandhaltungsmaßnahmen und
  8. die Abfallentsorgung (Entsorgungsart und Menge).

3.2 Kläranlagen für häusliches und kommunales Abwasser

Bei kommunalen Kläranlagen soll über die in Nummer 3.1 genannten Punkte hinaus geprüft werden:

  1. ob der Zustand der Kläranlage mit der dem wasserrechtlichen Bescheid zugrundeliegenden Planung (Vergleich zwischen den ursprünglichen Planungsunterlagen und den tatsächlichen baulichen Gegebenheiten und ihres Genehmigungsstandes) übereinstimmt,
  2. ob es abwasserrelevante Veränderungen im Einzugsgebiet der Kläranlage gibt,
  3. wie der Auslastungsgrad der Kläranlage (hydraulisch und frachtbezogen) ist,
  4. wie die Klärschlammbehandlung durchgeführt wird,
  5. ob ein aktuelles Indirekteinleiterkataster vorliegt und
  6. wie sich der Zustand der Anlagen zur Annahme von angeliefertem Klärschlamm, Abwasser und anderen Stoffen, einschließlich Eingangsüberwachung (Menge, Qualität) darstellt.

3.3 Abwasserbehandlungsanlagen für industrielles und gewerbliches Abwasser

Bei der Anlagenkontrolle soll über die in Nummer 3.1 genannten Punkte hinaus geprüft werden:

  1. wie die abwasserrelevanten Betriebsparameter der Produktionsanlagen eingestellt sind,
  2. ob das Einsatzverbot bestimmter Stoffe eingehalten wird,
  3. ob die Anforderungen an die produktionsintegrierte Abwasservermeidung und Verringerung der Schadstofffracht eingehalten werden und
  4. ob die Voraussetzungen, die gemäß der Abwasserverordnung vor Erteilung des wasserrechtlichen Bescheides einzuhalten waren, noch vorliegen.

4. Häufigkeit der Anlagenkontrollen

4.1 Kläranlagen für häusliches und kommunales Abwasser

4.1.1 Bei neu errichteten oder wesentlich geänderten Anlagen ist eine Anlagenkontrolle vor der Inbetriebnahme (bei neu errichteten Anlagen: vor dem Beginn der Einleitung) vorzunehmen. Danach ist eine Wiederholungskontrolle innerhalb von sechs Monaten nach dem Einleitungsbeginn oder der Inbetriebnahme der Änderung oder nach der Beendigung des Einfahr- oder Probebetriebes durchzuführen.

4.1.2 Für die regelmäßigen Anlagenkontrollen gelten grundsätzlich folgende Häufigkeiten:

  1. Anlagen der Größenklasse 1 l einmal in fünf Jahren
  2. Anlagen der Größenklassen 2 und 3 l einmal in drei Jahren
  3. Anlagen der Größenklassen 4 und 5 l einmal in 18 Monaten.

4.2 Abwasseranlagen für industrielles und gewerbliches Abwasser

4.2.1 Bei neu errichteten oder wesentlich geänderten Anlagen ist ein Anlagenkontrolle vor der Inbetriebnahme (bei neu errichteten Anlagen: vor dem Beginn der Einleitung) vorzunehmen. Danach ist eine Wiederholungskontrolle innerhalb von sechs Monaten nach dem Einleitungsbeginn oder der Inbetriebnahme der Änderung oder nach der Beendigung des Einfahr- oder Probebetriebes durchzuführen.

4.2.2 Für die Kontrolle von Anlagen, die in Verbindung mit einer Anlage im Anwendungsbereich der Verordnung zur Regelung des Verfahrens zur Erteilung wasserrechtlicher Erlaubnisse vom 19.05.2011 (GVBl. LSa S. 583) stehen (Umsetzung der IVU-Richtlinie 2, gelten die folgenden Häufigkeiten:

  1. Anlagen mit einer Direkteinleitung einmal in 18 Monaten
  2. Anlagen mit einer Indirekteinleitung einmal in drei Jahren.

Ist die Umweltrelevanz einer Anlage mit einer Direkteinleitung gering, kann die Kontrollhäufigkeit auf bis zu einmal in drei Jahren verringert werden. Die Begründung für eine solche Verringerung ist zu dokumentieren.

4.2.3 Die regelmäßigen Anlagenkontrollen aller nicht in Nummer 4.2.2 bezeichneten Anlagen sind entsprechend der Umweltrelevanz der Einleitung im Abstand von längstens fünf Jahren durchzuführen. Es ist zu dokumentieren, welche Gründe zur Festlegung der Kontrollhäufigkeit geführt haben. Die Kontrollhäufigkeit ist in den Kontrollplan nach Nummer 5.1 aufzunehmen.

4.2.4 Bei der Festlegung der Kontrollhäufigkeit ist auch zu berücksichtigen, ob der Betriebsstandort der Anlage in ein Standortverzeichnis nach Artikel 13 in Verbindung mit Artikel 12 der Verordnung (EG) Nr. 1221/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25.11.2009 über die freiwillige Teilnahme von Organisationen an einem Gemeinschaftssystem für Umweltmanagement und Umweltbetriebsprüfung und zur Aufhebung der Verordnung (EG) 761/2001, sowie der Beschlüsse der Kommission 2001/ 681/EG und 2006/193/EG (ABl. L 342 vom 22.12.2009 S. 1) eingetragen ist.

4.2.5 Wurde bei einer Anlagenkontrolle nach Nummer 4.2.2 festgestellt, dass in schwerwiegender Weise gegen die Anforderungen des wasserrechtlichen Bescheides verstoßen wird, so ist innerhalb von sechs Monaten eine Nachkontrolle durchzuführen.

4.2.6 Bei Anlagen, für die eine allgemeine bauaufsichtliche Zulassung besteht, wie zum Beispiel Leichtflüssigkeitsabscheider und Amalgamabscheider, und die entsprechend dieser Zulassung eingebaut, betrieben und gewartet sowie vor Inbetriebnahme und in regelmäßigen Abständen auf ihren ordnungsgemäßen Zustand überprüft werden, kann von einer regelmäßigen Anlagenkontrolle durch die Wasserbehörde abgesehen werden. Davon ist in der Regel auszugehen, wenn eine regelmäßige Prüfung der Anlagen durch einen Fachkundigen oder eine andere sachverständige Stelle nach den Anforderungen der allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassung erfolgt und der Prüfbericht der Wasserbehörde vorgelegt wird. Dies gilt nicht für Anlagenkontrollen nach Nummer 4.2.2.

4.3 Anlagenkontrollen von sonstigen Abwasseranlagen, wie zum Beispiel Anlagen zur Niederschlagswasserbehandlung, sollen stichprobenartig und anlassbezogen durchgeführt werden.

4.4 Bei Anlagen bei denen häufig Betriebsstörungen oder Überschreitungen der Überwachungswerte auftreten oder bei denen Nebenbestimmungen des wasserrechtlichen Bescheides nicht eingehalten werden, sind die Anlagenkontrollen in kürzeren Abständen durchzuführen.

5. Planung der Anlagenkontrollen

5.1 Die Wasserbehörden stellen für ihren jeweiligen Zuständigkeitsbereich einen Plan für die regelmäßigen Kontrollen auf (Anlagenkontrollplan). In den Plan sind alle zu überwachenden Anlagen aufzunehmen. Der Kontrollplan ist rechtzeitig vor Beginn eines neuen Kontrolljahres zu aktualisieren. Die unteren Wasserbehörden übergeben ihre Anlagenkontrollpläne erstmals zum 30.11.2012 sowie ihre aktualisierten Anlagenkontrollpläne bis zum 15.12. eines jeden Jahres dem Landesverwaltungsamt. Das Landesverwaltungsamt übergibt seinen Anlagenkontrollplan und die Anlagenkontrollpläne der unteren Wasserbehörden bis zum 15.1. des aktuellen Kalenderjahres dem Ministerium.

5.2 Der Anlagenkontrollplan nach Nummer 5.1 bildet für die Wasserbehörde die Grundlage für die Koordinierung der regelmäßigen Anlagenkontrollen.

5.3 Dem Anlagenbetreiber ist der Termin der Anlagenkontrolle bekannt zu geben. Zur Vorbereitung der Anlagenkontrolle stellt die Wasserbehörde die zur Anlagenkontrolle erforderlichen Angaben zusammen. Die Daten sind, soweit es zweckmäßig und möglich ist, vor der Anlagenkontrolle in das Anlagenkontrollprotokoll einzutragen.

5.4 Bei der Vorbereitung der Anlagenkontrolle empfiehlt sich die Koordinierung mit anderen zuständigen Behörden, wie zum Beispiel der Abfall- und Immissionsschutzbehörde.

6. Auswertung und Dokumentation der Anlagenkontrollen

6.1 Die Wasserbehörde dokumentiert die Anlagenkontrolle und wertet sie mit dem Anlagenbetreiber aus. Die Ergebnisse der Anlagenkontrolle sowie festgestellte Mängel sind in einem Abschlussgespräch mit dem Verantwortlichen der kontrollierten Anlage zu erörtern. Die Wasserbehörde bewertet, ob die Abwasseranlage den Anforderungen nach § 60 Abs. 1 WHG entspricht oder durch den Anlagenbetreiber erforderliche Maßnahmen zur Anpassung der Anlage in angemessenen Fristen durchgeführt werden.

6.2 Die Wasserbehörde fertigt über die Anlagenkontrolle ein Protokoll an. Die Ergebnisse der Anlagenkontrolle und der wasserwirtschaftlichen Bewertung, festgestellte Mängel sowie Abstimmungen und Festlegungen zur Mängelbeseitigung sind im Protokoll festzuhalten. Die Wasserbehörde übergibt ein Exemplar des Protokolls dem Anlagenbetreiber und, soweit keine Personenidentität zwischen Beseitigungspflichtigem, Anlagenbetreiber und Inhaber des wasserrechtlichen Bescheides besteht, dem Inhaber des wasserrechtlichen Bescheides und dem Abwasserbeseitigungspflichtigen.

6.3 Die Wasserbehörde übergibt dem Landesamt für Umweltschutz eine Kopie des Anlagenkontrollprotokolls. Das gilt für kontrollierte Abwasserbehandlungsanlagen für industrielles und gewerbliches Abwasser ausnahmslos und für Kläranlagen für häusliches und kommunales Abwasser ab einer Bemessungsgröße von 2.000 Einwohnerwerten. Dem Landesverwaltungsamt (Vollzugsbehörde für das Abwasserabgabengesetz) ist für Kläranlagen für häusliches und kommunales Abwasser ein Auszug aus dem Anlagenprotokoll mit der Einschätzung der Anlage zur Einhaltung der Anforderungen nach § 60 Abs. 1 und 2 WHG zu übergeben.

6.4 Die zuständige Wasserbehörde ordnet die Beseitigung der Mängel grundsätzlich schriftlich an, soweit sie nicht aufgrund vorheriger mündlicher Anordnung unverzüglich beseitigt worden sind. Die Anordnung ist mit Fristen zu versehen und auf ihre Einhaltung zu kontrollieren.

6.5 Auf den Internetseiten des Ministeriums unter www.mlu.sachsenanhalt.de (Stichwort A-Z; Abwasser; Behördliche Überwachung) und des Landesamtes für Umweltschutz unter www.1au.sachsenanhalt.de (Abwasser; Behördliche Überwachung) sind Muster für die Anlagenkontrollpläne und von Protokollen für Abwasseranlagenkontrollen eingestellt. Die Musterprotokolle müssen an die jeweilige Anlage, den Umfang und den Anlass der Anlagenkontrolle entsprechend angepasst werden.

7. Sprachliche Gleichstellung

Personen und Funktionsbezeichnungen in diesem RdErl. gelten jeweils in männlicher und weiblicher Form.

8. Inkrafttreten, Außerkrafttreten

Dieser RdErl. tritt am Tag nach seiner Veröffentlichung in Kraft. Gleichzeitig tritt der Bezugs-RdErl. außer Kraft.


1) Größenklasse der Abwasserbehandlungsanlage nach Anhang 1 der Abwasserverordnung

2) Richtlinie 2008/1/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15.01.2008 über die integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung (ABl. L 24 vom 29.01.2008 S. 8), zuletzt geändert durch Richtlinie 2010/75/EU vom 24.11.2010 (ABl. L 334 vom 17.12.2010 S. 17)

ENDE

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