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Nr. 50: C.I. Basic Violet 3 (Kristallviolett)
(CAS-Nr.: 548-62-9)

(BArbBl. 8/1999 S. 49)
Ausgabe: Juli 1999
Stand: Nov. 1998



Vorbemerkungen:

Kristallviolett (C.I. Basic Violet 3, C.I. 42555, CAS-Nr. 548-62-9) ist das Hexamethylderivat von Pararosanilin und Bestandteil des Farbstoffes Gentian Violet.

Kristallviolett ist synthesebedingt stets in größeren Mengen auch in Methylviolett, dem Pentamethylderivat von Pararosanilin (C.I. Basic Violet 1, C.I. 42535, CAS-Nr. 8004-87-3 und 603-47-4) enthalten. Ein auf Methylviolett basierender Farbstoff ist z.B. Gentian Violet B.

Weiterhin können die unter diesen Bezeichnungen vermarkteten Farbstoffe verfahrensbedingt noch zu geringen Anteilen Michler`s Keton enthalten (siehe hierzu EU-Dossier, Dez. 1994, BASF AG).

Bei Sichtung der Literatur ergab sich, daß Kristallviolett, Gentian Violett (oder Gentian Violet) und Methylviolett manchmal als verschiedene, in anderen Fällen als identische Farbstoffe angesehen wurden; eine ausreichende chemische Charakterisierung fehlt meist.

Bei der Zusammenstellung der Daten wurde der synonymen Verwendung der Farbstoffbezeichnungen (Gentian Violett, Kristallviolett, Methylviolett) Rechnung getragen; relevante Studien wurden zitiert.

Genotoxizität:

in-vitro:

Die Ergebnisse zur mutagenen und DNA-schädigenden Wirkung an bakteriellen Testsystemen sind uneinheitlich; bei einigen Untersuchungen interferierte die hohe Bakterientoxizität [1,2] mit der Erfassung der vorhandenen mutagenen Wirkung [3,4].

Punktmutationstests an Säugerzellen [4] verliefen negativ, jedoch führte Kristallviolett in allen Untersuchungen an Säugerzellen zu Chromosomenaberrationen [5,6].

An Hefen und Pilzen ist die Datenlage [7-9] in bezug auf erbgutverändernde Wirkungen uneinheitlich.

in-vivo:

Es liegen keine, heutigen Kriterien entsprechenden Prüfungen zur erbgutverändernden Wirkung in-vivo vor - alle in-vivo durchgeführten Prüfungen (SLRL-Tests an Drosophila [10], Schwesterchromatidenaustausch [11, 12] an Hühnerembryonen (Cornell K-strain chicken), sowie ein Chromosomenaberrationstest an Knochenmarkzellen der Maus [11] mit bis zu 4wöchiger Substanzapplikation im Trinkwasser (berechnet wurde eine Aufnahme von 4 und 8 mg/kg/Tag)) ergaben keinen Hinweis auf eine erbgutverändernde Wirkung (das Knochenmark wurde erreicht; der Mitoseindex im Knochenmark war nach Substanzgabe vermindert).

Kanzerogenität:

Die beiden älteren (zitiert in NCTR 304 [13] und 338 [18]) an Ratten durchgeführten Langzeitstudien (Kinosita (1940) [14] und Fitzhugh (1949) [15]) entsprechen in Durchführung und Dokumentation nicht heutigen Anforderungen; sie werden entsprechend von Littlefield et al. [13,18] als wenig valide zitiert und können somit nicht zur Bewertung von Kristallviolett herangezogen werden.

F344-Ratte Kontrolle
(n[pro Geschlecht]= 180)
100 ppm (n=90) 300 ppm (n=90) 600 ppm (n=90) Histor. Kontroll-
inzidenz (Bereich)2,.3
Mortalität [% nach 24 Monaten] * signifikant verändert gegenüber der Kontrolle (p < 0,05)
2) Haseman J.K. et al. (1996), Risk Analysis 16, 8 13-820
3) Haseman J.K. (1983), Fund. Appl. Toxicol. 3, 1-9
männlich 33 33 48* 39  
weiblich 33 38 60 * [66 1*
[% Tumoren nach 24 Monaten]
Leberzelladenome
männlich 0,5 2 3* 4* 3,3 (0-8)
weiblich 0 1 2* 1 0,7 (0-8)
Schilddrüse, Adenome +Adenokarzinome
männlich 1 5 3 9 * 14,5 (2-20)
weiblich 1 4 9 * 12 * 15 (2-18)
Hoden, maligne Mesotheliome 0 0 0 1 nach 18 Monaten: 0/0/7/7

Bei der Studie von Kinosita [14] sind, wie in NCTR 304 [13] und NCTR 338 [18] angegeben, Papillome des Magens und eine adematöse Proliferation des hepatischen Gewebes nach wahrscheinlich oraler Verabreichung über 300 Tage aufgetreten.

Bei der Studie von Fitzhugh [15], bei der Ratten der Farbstoff in Dosierungen bis 1600 ppm über 2 Jahre verabreicht wurde, werden dosisabhängig aufgetretene neoplastische Knoten und dysplastische Herde in der Leber beschrieben, deren Ausprägung beim weiblichen Geschlecht stärker war.

Die mit Gentian Violet von Littlefield et al. an Ratten [16,18] und Mäusen [13,17] durchgeführten Studien zur krebserzeugenden Wirkung entsprechen annähernd heutigen Anforderungen.

Hierbei wurde Gentian Violet einer Reinheit (HPLC, bezogen auf den festen Farbstoff) von 99 % mit 1 % Methylviolett als Nebenkomponente geprüft.

Mit der F1a-Generation Gentian Violet-behandelter Fischer F344-Ratten [16,18] wurde eine Langzeitstudie in Dosierungen von 100, 300 und 600 ppm im Futter über die Dauer von 24 Monaten durchgeführt. Insgesamt wurden 570 weibliche und 570 männliche Ratten eingesetzt, nach 12 und 18 Monaten wurden je 15 männliche und 15 weibliche Ratten pro Gruppe (incl. Kontrollgruppen) getötet, die weiteren Ratten wurden nach 24 Monaten getötet (90/Dosisgruppe und Geschlecht und 180/Kontrollgruppe und Geschlecht. Alle getöteten oder vorzeitig verstorbenen Tiere wurden makroskopisch und mikroskopisch untersucht.

Bei der Futteraufnahme wurde kein signifikanter dosisabhängiger Unterschied zu den entsprechenden Kontrollen gesehen; die für weibliche F344-Ratten berechnete Substanzaufnahme (6/14/28 mg/kg bw./Tag) war leicht höher als die für männliche Tiere (5/12/23 mg/kg bw./Tag).

Die Körpergewichte der männlichen und weiblichen Ratten der hohen Dosisgruppe blieben bereits ab der 5. Woche hinter den Kontrollen zurück. Nach 12 und 18 Monaten war das Körpergewicht der Ratten dieser Dosisgruppe um ca. 10 %, nach 24 Monaten um ca. 10 - 15 % gegenüber der Kontrolle reduziert.

Die Mortalität weiblicher und männlicher Tiere der Kontrollgruppen lag am Ende der Studie bei 33 %. Hingegen trat erhöhte Mortalität in beiden Geschlechtern bei der mittleren und hohen Dosisgruppe auf (w: 60 und 66 %; m: 48 und 39 %).

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(Stand: 20.08.2018)

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