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2. 2-Brom-2-chlor-1,1,1-trifluorethan (Halothan)
(CAS-Nr. 151-67-7)

(BArbBl. 3/97 S. 57)


Epidemiologische Untersuchungen:

In den 70er Jahren sind in mehreren Ländern retrospektive epidemiologische Studien (überwiegend Fragebogenaktionen) zum Einfluß einer Tätigkeit in der Anästhesiologie auf die Schwangerschaft durchgeführt worden. Ein kausaler Zusammenhang mit der Exposition gegenüber anästhetischen Gasen, für die zu dieser Zeit effektive Absaugungsvorrichtungen noch nicht zur Verfügung standen, lag diesen Untersuchungen zwar als Vorstellung zugrunde, konnte aber der Studienanlage entsprechend nicht untersucht werden, weil Expositionsdaten nicht erhoben wurden.

Die meisten dieser Studien dokumentieren einen Zusammenhang zwischen einer Tätigkeit in der Anästhesiologie und einer erhöhten Aborthäufigkeit und/oder einer erhöhten Häufigkeit von angeborenen Anomalien (s. Anhang 1). Sie sind in der Literatur mehrfach einer Kritik unterzogen worden. Probleme bei einer zusammenfassenden Beurteilung sind insbesondere:

  1. die mangelnde Erfassung von zahlreichen bekannten individuellen disponierenden Faktoren wie Arzneimittelkonsum, Infektionen, Vorerkrankungen (lediglich die Rauchgewohnheiten und das Alter der Mütter wurden in einigen Studien erfaßt),
  2. die Existenz von schwer quantifizierbaren arbeitsplatzspezifischen disponierenden Faktoren wie Streß,
  3. die Möglichkeit von verfälschten Antworten dadurch, daß den sachkundigen betroffenen Eltern das Ziel der Befragung bekannt war,
  4. die Diskrepanzen in den Ereignishäufigkeiten bei vergleichbaren Gruppen in den verschiedenen Studien.

Da ein kausaler Zusammenhang mit der Halothanexposition aus methodischen Gründen nicht hergestellt, sondern nur vermutet werden kann (Halothan war im Untersuchungszeitraum ein vielverwendetes Allgemeinanästhetikum), können die epidemiologischen Studien für die Einstufung von Halothan als reproduktionstoxischer Stoff nur im Sinne eines unterstützenden Hinweises gewertet werden.

Tierexperimentelle Untersuchungen:

Es wurden zahlreiche Untersuchungen, die meisten vor 10-20 Jahren, zum Einfluß von Halothan auf Schwangerschaftsverlauf und Mißbildungshäufigkeit bei Ratten und Mäusen, und zwar in sehr unterschiedlichen Dosierungsbereichen von Expositionen in der Nähe der MAK (5 ppm) bis zu anästhetischen Konzentrationen (bei Ratten und Mäusen ebenso wie beim Menschen > 10000 ppm), durchgeführt (Anhang 2). Positivbefunde im anästhetischen Dosierungsbereich sind mit Vorsicht zu bewerten: Die Effekte könnten auf die Narkose als solche zurückgehen, Kontrollversuche mit anderen Narkoseverfahren sind jedoch in der Regel nicht durchgeführt worden.

Im folgenden werden diejenigen Studien, die gut dokumentiert sind, nach Endpunkten unterteilt aufgeführt; detaillierte Angaben zu diesen Studien sowie weitere, weniger gut dokumentierte Untersuchungen finden sich in Anhang 2.

Embryoletale und fetotoxische Effekte:

Im niedrigen Dosisbereich nahe dem MAK-Wert fanden Popova et al. (1979) bei Ratten, die 4h/d über die gesamte Schwangerschaftsdauer mit 9 ppm behandelt wurden, weniger Mütter mit ausschließlich lebenden Feten und mehr Periimplantationsverluste. Halsey et al. (1981) sahen mit 10 ppm bei Ratten und Bruce et al. (1973) mit 16 ppm bei Mäusen keine Positivbefunde bis auf ein geringfügig verringertes Geburtsgewicht bei den Ratten.

Im höheren Dosierungsbereich stehen Positivbefunden ebenfalls Negativbefunde gegenüber. Wharton et al. (1979) behandelten männliche und weibliche Mäuse 9 Wochen lang und die trächtigen Weibchen dann weiter über 17 Schwangerschaftstage mit Dosierungen ab 1 000 ppm (4h/d, 5d/w) und fanden bei den Nachkommen ein verringertes Körpergewicht. 10 000 ppm waren maternal toxisch. Lansdown et al. (1976) fanden bei Ratten, die über die ganze Schwangerschaftsdauer mit 1 600 ppm (8h/d) behandelt worden waren, ein geringeres Gewicht der Feten. Die Tiere waren nicht paargefüttert, die halothanexponierten Mütter hatten weniger Futter aufgenommen. Mazze et al. fanden bei Ratten nach Exposition der trächtigen Weibchen gegenüber 8 000 ppm an drei Tagen (6h/d) ebenfalls eine Verringerung des Fetengewichts; die Gewichtszunahme während der Schwangerschaft war bei den behandelten Müttern geringer. In den genannten drei Studien fand sich kein Hinweis auf erhöhte Resorptionshäufigkeit. Wittmann (1974) verabreichte 8 000 ppm nur an einem Tag (6 oder 1 2h) an den Schwangerschaftstagen 6-10 und fand über alle Behandlungszeitpunkte gemittelt eine erhöhte Aborthäufigkeit. Dagegen sahen Patsalos et al. (1980) bei Ratten nach 5 (>00 ppm vom 5. Schwangerschaftstag an (8h/d), Koeter and Rodier (1986) bei Mäusen nach 5000 ppm nur am 14. Schwangerschaftstag (6h) und Basford and Fink (196.8) bei Ratten nach 8 000 ppm nur an einem Tag im Zeitraum 6.-10. Tag (12h) keinen Einfluß von Halothan auf das Fetengewicht. Kennedy et al. (1976) fand bei Ratten nach 14 000 ppm über 5 Tage (1h/d) keine Substanzeffekte auf Resorptionshäufigkeit und Zahl der lebenden Feten.

Morphologische Veränderungen:

Chang et al. (1975; 1976) beschreiben bei Ratten elektronenmikroskopische Veränderungen in Niere und Gehirn nach 10 ppm über die gesamte Schwangerschaft (8h/d, 5d/w). Im höheren Dosierungsbereich ab 1 000 ppm werden Ossifikationsverzögerungen und/oder Skelettanomalien von fast allen Arbeitsgruppen, die gezielt danach gesucht hatten, berichtet. Wharton et al. (1979) fanden in der oben zitierten Studie an Mäusen Ossifikationsverzögerungen bei 1 000 ppm und zusätzlich Skelettvarianten und eine verzögerte Entwicklung des Nierenbeckens bei 3 000 ppm. Basford and Fink (1968) beobachteten bei eintägiger Exposition von Ratten gegenüber 8 000 ppm (12h) zwischen Tag 6 und 10 vermehrt Wirbelanomalien und Lumbalrippen bei Ratten. Mazze et al. (1986) fanden nach Behandlung von Ratten mit 8 000 ppm (6h/d) an Tag 14-16 vermehrt Entwicklungsvarianten an inneren Organen, jedoch keine Skelettanomalien. Kennedy et al. (1976) fanden in einer Studie mit 14 000 ppm (1h/d) an Tag 11-15 Ossifikationsstörungen bei Ratten. Dagegen beobachten Lansdown et al. (1976) bei 1 600 und 3 200 ppm über die ganze Schwangerschaft ( 8h/d) bei Ratten keine Ossifikationsverzögegerungen. Ein Hinweis auf das Auftreten von Gaumenspalten und fehlenden Gliedmaßen nach eintägiger Behandlung von Mäusen mit 10000 ppm (3h/d; Smith et al. 1971) ist nicht ausreichend detailliert.

Postnatale Entwicklungsstörungen:

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