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Diisononylphthalat (DINP)
(CAS-Nr.: 28553-12-0; 68515-48-0)
Ausgabe: März 2001
Stand: November 2000
Vorbemerkung:
Unter der Bezeichnung DINP finden sich mehrere Produkte, die sich im Verzweigungstyp der Alkoholkette leicht unterscheiden. Zwei CAS-Nummern existieren: CAS-Nr. 28553-12-0 und CAS-Nr. 68515-48-0.
Bei CAS-Nr. 28533-12-0 bestehen mehr als 50% der Alkoholkomponente aus alkylsubstituierten Octanolen und/oder Heptanolen bzw. Hexanolen. Bei CASNr.68515-48-0 besteht der Alkoholanteil zu etwa gleichen Anteilen nur aus Heptanolen (3,4-, 4,6-, 3,6-, 3,5-, 4,5- und 5,6-Dimethylheptanol-1) und weist damit einen geringeren Verzweigungsgrad auf. Die toxikologischen Daten und Wirkprofile zeigen praktisch keine Unterschiede, so dass die Diisononylphthalate toxikologisch und regulatorisch gleich zu behandeln sind.
A) Mutagene Effekte: DINP ist durchgängig negativ in allen Untersuchungen zur Gentoxizität.
Invitro-Daten wurden erhoben im Rahmen von Ames-Tests (Exxon, 1996a; Zeiger et al., 1985; BASF, 1986/1995), in Maus-Lymphoma-Tests (Hazleton, 1986a; Litton Bionetics 1985a), im Klastogenitätstest an CHO-Zellen (Exxon, 1996b); ferner im UDS-Test an primären Rattenhepatozyten (Litton Bionetics, 1981) und in Zelltransformationsassays an BALB/C-3T3-Zellen (Microbiol. Ass., 1981a-c und 1982; Litton Bionetics, 1981 b und c, 1985b). Alle Tests zeigten ein negatives Ergebnis.
Im Rahmen einer Zytogenetik-Studie an Fischer-Ratten mit 5-maliger Zufuhr von 0,5, 1,7 und 5 ml (4,9 g)/kg und Tag fanden sich keine Hinweise auf klastogene Wirkungen in vivo (Microbiol. Ass., 1981d).
Auch aufgrund der strukturellen Merkmale und in Analogie zu der sehr umfangreichen Datenbasis von Diethylhexylphthalat (DEHP) zu diesem Endpunkt bestehen keine Verdachtsmomente für eine gentoxische Wirkung.
Eine Einstufung gemäß EU-Kriterien erfolgt nicht (M: -).
B) Kanzerogenität:
DINP ist ein schwacher Peroxisomenproliferator und führt als solcher auch zu einem Anstieg der Lebergewichte. Die Verbindung von Peroxisomenproliferation und Hepatomegalie ist bei Ratte und Maus eine Lebertumordisponierende Stoffwechselsituation, die jedoch in hohem Maße nagerspezifisch ist.
Speziesvergleichende Daten mit zahlreichen Peroxisomenproliferatoren liegen vor, die praktisch eine Resistenz von Primaten (und auch beim Menschen) gegenüber diesem Effekt belegen. Mit DINP selbst existieren Speziesvergleichende in-vitro- und in-vivo-Studien an Leberzellen von Ratten, Marmosets und Menschen.
Der Monoester von DINP, das Monoisononylphthalat (MINP), kann als das eigentliche bioverfügbare Agens angesehen werden. Es hemmte in vivo und in vitro die metabolische Kooperation an Rattenhepatozyten (Lington et al., 1994), wobei die NOEC bei 100 mMol lag. Damit war MINP etwas schwächer wirksam als Monoethylhexylphthalat (MEHP). Die Hemmung der metabolischen Kooperation ließ sich an Leberzellen von Hamstern und Menschen nicht darstellen. Vermutlich besteht ein Zusammenhang mit der bei Peroxisomenproliferation ausgelösten Volumenzunahme der Zelle und dem hierbei ausgelösten initialen Zellteilungsschub.
Im Rahmen einer 2-Jahresstudie (Lington et al., 1997) an Fischer-Ratten im Futter von 0, 300 und 3.000 und 6.000 ppm (vergleichbar 0, 15, 150 und 300 mg/kg KGW/Tag) zeigte sich in der obersten Dosisgruppe ein grenzwertiger Anstieg von Lebertumoren im Vergleich zu den beiden anderen Dosisgruppen. In der Nullkontrolle war die Spontanrate ungewöhnlich hoch. Somit war eine Tumorigenität hier nicht eindeutig beweisbar. Zusätzlich wurde ein dosisabhängiger Anstieg der Leber- und Nierengewichte gefunden, ferner eine erhöhte Anzahl mononukleärer Leukosen; letztere sind für Fischer-Ratten ein typischer Befund mit hoher Spontanrate; per se stellen sie noch keinen Hinweis auf eine kanzerogene Wirkung dar (Caldwell, 1999).
Eine weitere 2-Jahresstudie an Fischer-Ratten mit 500, 1.500, 6.000 und 12.000 ppm (70 Tiere pro Geschlecht und Dosis) zeigte in der obersten Dosisgruppe bei den männlichen Tieren einen Anstieg der hepatozellulären Tumoren sowie Nierentumoren bei männlichen Tieren. Eine "recovery"-Gruppe, die die gleiche Behandlung nur über 78 Wochen erhalten hatte, hatte eine weitaus geringere Tumorinzidenz, die nahezu im Bereich der Kontrolle lag. Männliche Ratten zeigten zudem eine erhöhte a-2-µ-Globulin-Akkumulation in der Niere, verbunden mit einer vermehrten Zellproliferation im P-2-Segment des proximalen Konvolutes. Somit sind die beobachteten Nierentumoren ebenfalls rattenspezifisch und für den Menschen nicht relevant. Mäuse zeigten im Rahmen eines gleichartig angelegten Fütterungsversuches ebenfalls eine Zunahme hepatozellulärer Karzinome bei beiden Geschlechtern, auch hier auf der Basis einer peroxisomalen Proliferation (Butala et al., 1996/1997).
Auch in dieser Studie wurde eine Zunahme der mononukleären Leukosen in den beiden oberen Dosisgruppen beobachtet.
Ein weiteres, nicht mehr im Handel befindliches DINP führte zu einem Anstieg der Lebertumorrate an Sprague-Dawley-Ratten bei 10.000 ppm im Futter (ca. 550 - 670 mg/kg/Tag). Bei 500 ppm war keine erhöhte Tumorinzidenz erkennbar. Eine statistische Datenanalyse liegt nicht vor (Bio/Dynamics, 1986).
DINP ist nicht gentoxisch. Seine Lebertumorpromovierende Wirkung korreliert mit einer chronisch persistierenden Hepatomegalie (Lebervergrößerung), die ebenfalls nur am Nager beobachtet wird und mit einer bestimmten Form von Enzyminduktion (Peroxisomenproliferation) einhergeht. Es handelt sich um einen schwellenabhängigen pleiotropen Effekt, der - zumindest initial - mit einer vermehrten DNA-Synthese verbunden ist. Bei Ratte und Maus stellt dies potentiell eine lebertumordisponierende Stoffwechselsituation dar.
Allerdings ist die tatsächliche Kanzerogenität der einzelnen Peroxisomenproliferatoren höchst unterschiedlich ausgeprägt. Von prognostischer Aussagekraft sind die Höhe der Wirkschwelle und das Ausmaß der Lebervergrößerung, weniger die maximale Peroxisomendichte und Enzymaktivität im Hochdosisbereich. Ausführlich untersucht in dieser Hinsicht wurden verschiedene lipidsenkende Arzneistoffe und auch die Phthalsäureester DEHP und DINP. Die Phthalsäureester gehören hierbei zu den eher schwach wirksamen Verbindungen, so dass durchweg hohe Dosen zur Auslösung dieses Effektes erforderlich sind.
Nicht-Nager zeigen eine weitgehende Resistenz gegenüber dem Phänomen der Peroxisomenproliferation (s. u.) und den hiermit assoziierten Effekten wie Enzyminduktion, Hepatomegalie und Tumorinduktion. Hamster zeigen hingegen noch schwache Effekte (Lake et al., 1984).
(Stand: 20.08.2018)
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