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Diisodecylphthalat (DIDP)
(CAS-NR.: 68515-49-1/26761-40-0)
Ausgabe: Mai 2002
Stand: November 2001
Bei DIDP handelt es sich um ein Gemisch von Phthalsäureestern auf der Basis von einem Dekanolisomerengemisch. Die CAS-Nrn. lauten 68515-49-1 und 26761-40-0.
Untersuchungen zur Bioverfügbarkeit von DIDP bzw. seinen primären Metaboliten an unterschiedlichen Tierarten liegen zur Zeit noch nicht vor. Vieles deutet jedoch darauf hin, dass die Bioverfügbarkeit von DIDP an Primaten analog zu DEHP und DINP geringer ist als bei der Ratte.
Mutagene Effekte:
Es liegen mehrere in vitro Studien vor, in denen durchweg negative Ergebnisse erhalten wurden: Ames-Test (Zeiger et al., 1985) inkl. der Liquid-Suspension-Assay-Modifikation an Ta 100, an E. coli und im Maus-Lymphoma-Assay (Hazleton, 1986; Barber et al., 2000).
Aufgrund der strukturellen Merkmale und in Analogie zu der sehr umfangreichen Datenbasis von Diethylhexylphthalat (DEHP) zu diesem Endpunkt bestehen keine Verdachtsmomente für eine gentoxische Wirkung.
Kanzerogenität:
Ein Zelltransformationstest an BALB/C-3T3-Zellen in Konzentrationen bis zu 20.000 µl/ml brachte ein negatives Ergebnis (Litton Bionetics, 1985; Barber et. al., 2000). Langzeitstudien mit DIDP liegen bisher nicht vor.
DIDP ist jedoch ein Peroxisomenproliferator an der Ratte und hat in einem 28-Tage-Versuch an Fischer-Ratten in Konzentrationen von 0,02; 0,05; 0,1; 0,3 und 1 % im Futter ab 0, 1 % (116 mg/kg/Tag) zu einer dosisabhängigen Erhöhung der relativen Lebergewichte und der Aktivität der hepatischen Palmitoyl-CoA-Oxidation geführt. Als NOEL wurden 0,05 % (äquivalent 57 mg/kg/Tag) identifiziert (Lake et al., 1991). Ähnliche Effekte fanden sich in einer 3-Wochen-Futterungsstudie mit 0,6, 1,2 und 2,5 %. Aus den Daten geht hervor, dass 2,5 % DIDP in etwa zu einer Verdoppelung des Lebergewichtes führen (Barber et al., 1987).
Bei Ratte und Maus stellt diese Form der Enzyminduktion eine potentiell lebertumordisponierende Stoffwechselsituation dar.
Allerdings ist die tatsächliche Kanzerogenität der einzelnen Peroxisomenproliferatoren höchst unterschiedlich ausgeprägt. Von prognostischer Aussagekraft sind die Höhe der Wirkschwelle und das Ausmaß der Lebervergrößerung, weniger die maximale Peroxisomendichte und Enzymaktivität im Hochdosisbereich. Ausführlich untersucht in dieser Hinsicht wurden verschiedene lipidsenkende Pharmawirkstoffe und auch die mit DIDP strukturell verwandten Phthalsäureester DEHP und DINP. Die Phthalsäureester gehören zu den eher schwach wirksamen Verbindungen, und unter diesen zeigt DIDP die relativ schwächste Aktivität, so dass durchweg hohe Dosen zur Auslösung dieses Effektes erforderlich sind.
Nicht-Nager zeigen eine weitgehende Resistenz gegenüber dem Phänomen der Peroxisomenproliferation (s. u.) und der hiermit assoziierten Effekte wie Enzyminduktion, Hepatomegalie und Tumorinduktion. Hamster zeigen hingegen noch schwache Effekte (Lake et al., 1984).
Man nimmt heute an, dass die Speziesunterschiede auf Dichte und Funktionalität eines bestimmten Rezeptortyps zurückgehen, des peroxisomenstimulierenden (PPARα-)- Rezeptors, welcher bei Ratte und Maus in besonders hohem Maße und vollständiger Form exprimiert wird (Ashby et al., 1994; Bentley et al., 1993; Lee et al., 1995; Cattley et al., 1998; Maloney and Waxman, 1999). Die Stimulation der Rezeptoren führt in den Zielzellen zu einer Vielzahl von Transkriptionen bzw. Genexpressionen und morphologisch zu einer Proliferation von Zellorganellen (Peroxisomen, Mitochondrien, endoplasmatisches Retikulum), zur Suppression von Apoptose (Roberts et al., 1998) sowie zu einer zumindest initialen, bei manchen Stoffen auch kontinuierlichen Erhöhung der DNA-Synthese (Marsman et al., 1988) und Mitoserate nach Aktivierung der Kupffer'schen Sternzellen (Rose et al., 1997); die Leber ist in allen wirksamen Dosen auf längere Zeit vergrößert.
Transgene Mäuse, denen der peroxisomenstimulierende (PPARα-)Rezeptor fehlt, zeigten mit DEHP keine Peroxisomenproliferation, keine Hepatomegalie und keine vermehrte DNA-Synthese (Ward et al., 1998). Die Bioverfügbarkeit war gegeben, dies konnte man an den Hoden- und Nierenschädigungen sehen, die allerdings schwächer ausgeprägt waren als beim Wild-Typ. Auch war selbst mit der hochwirksamen Verbindung Wy-14,643 keine Hepatokanzerogenität an PPARα-Knockout-Mäusen mehr erkennbar (Peters et al., 1997).
Die menschliche Leber weist 1 - 10 % der funktionalen PPARα-Rezeptordichte von Mäusen auf (Palmer et al., 1998). Hierin dürfte der Grund für die geringere toxikodynamische Empfindlichkeit des Menschen zu sehen sein, wie sie auch in vitro an Leberzellkulturen zum Ausdruck kommt (s. u.).
Aufgrund der experimentellen und klinischen Erfahrungen werden Peroxisomenproliferatoren zur Zeit von IARC nicht als kanzerogen für den Menschen klassifiziert (IARC, 1995/1996). Diese Einschätzung wird überwiegend auch in neueren Publikationen geteilt, wenngleich sie heute differenzierter und mehr im Sinne quantitativer Unterschiede erfolgt (Cattley et al., 1998; Doull et al., 1999; Maloney and Waxman, loc. cit.).
In Leberzellkulturen von Kaninchen, Meerschweinchen, Marmosets und Menschen ließen sich mit DEHP bzw. DINP u. a. Peroxisomenproliferatoren bzw. ihren aktiven Metaboliten keine Effekte darstellen (Elcombe et al., 1997; Ashby et al., 1994; Butterworth et al., 1989; Dirven et al., 1993; Goll et al., 1999; Hasmall et al., 1999).
Bei den mit DIDP strukturverwandten, aber aktiveren Stoffen DEHP und DINP besteht neben dem toxikodynamischen Aspekt auch eine toxikokinetische Speziesdifferenz: Primaten zeigen eine im Vergleich zur Ratte nur sehr geringe Bioverfügbarkeit und keine Effekte an der Leber (Rhodes et al., 1986; Kurata et al., 1998; Short et al., 1987; Dirven et al., 1993). Die Ursachen hierfür sind noch ungeklärt.
Entwicklungsschäden und Reproduktionstoxizität:
Entwicklungsschädigung
Pränatale Toxizitätsstudien
CD1-Mäuse erhielten DIDP in einer Dosis von 9.650 mg/kg vom 6. - 15. Trächtigkeitstag (10 ml/kg unverdünnt). Es wurde anhand der Parameter Mortalität und Gewichtsentwicklung, keine maternale Toxizität beobachtet. Die Anzahl der lebensfähigen Nachkommen, die Wurfgröße, die Anzahl der lebenden Embryos pro Wurf und die Prozentzahl der überlebenden Jungtiere, das Geburtsgewicht und die Gewichtsentwicklung waren ohne Beeinträchtigung (Hardin et al., 1987a und b).
(Stand: 20.08.2018)
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