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1,4-Dichlorbenzol
(CAS-Nr.: 106-46-7)
Ausgabe: September 2003
Stand: Juli 2003
Zusammenfassung:
Mutagenität:
p-DCB erwies sich als negativ in validierten in vitro - und in vivo - Prüfsystemen, die als primär relevant für die Einstufung gelten können (z.B. Genmutationstests an Bakterien, Genmutations- und Chromosomenaberrationstests in permanenten Säugerzellkulturen, in vivo Mikronukleustests am Knochenmark und peripheren Blut von Mäusen, in vivo Chromosomenaberrationstests am Knochenmark von Ratten sowie der Dominant Letal Test als Keimzellentest an Mäusen). Auch die Ergebnisse nach 16stündiger Behandlung mit p-DCB im in vivo UDS-Test an der Leber von Mäusen und der Niere von Ratten waren negativ.
Die Gründe für eine geringe DNA-Bindungsaktivität, wie sie für Organe (vor allem Lunge und Leber) von Mäusen beschrieben wird, sowie für berichtete positive Ergebnisse aus organspezifischen Untersuchungen (Niere von Ratten) sind bisher noch offen. Allerdings deuten die überwiegend negativen Ergebnisse für p-DCB in den o.g. Mutagenitätstests nicht auf ein relevantes Potential zur Induzierung erblicher genetischer Schäden hin.
Zusammenfassend betrachtet lässt sich mit den Daten eine Einstufung von p-DCB als Mutagen nicht begründen.
Kanzerogenität:
Gut durchgeführte, sich über einen Zeitraum von 2 Jahren erstreckende Kanzerogenitätsstudien (inhalativ und oral) mit p-DCB fanden an Ratten und Mäusen statt. Zusätzliche Informationen bietet eine Inhalationsstudie mit kürzerer Expositionsdauer (76 Wochen bei Ratten und 57 Wochen bei Mäusen).
Nach inhalativer Exposition war keine Tumorinduzierung bei Ratten offensichtlich. Jedoch zeigte sich in der Studie mit oraler Exposition eine mit der Behandlung in Zusammenhang stehende Tumorbildung in der Niere männlicher Ratten bei der höchsten geprüften Dosis, die Nierentoxizität verursachte. In den 2 Jahres- Studien an Mäusen (oral und inhalativ) wurden Leberzelltumore in männlichen und weiblichen Tieren beobachtet. Die Daten sind in Tabelle 1 zusammengefasst.
Niere
Eine signifikant erhöhte Nierentumorrate wurde in männlichen F344 Ratten nur nach oraler Exposition durch die nephrotoxische Dosis von 300 mg/kg KGW p-DCB, nicht aber nach Inhalation des Dampfes von p-DCB festgestellt. Die Induzierung von Adenokarzinomen in Tubuluszellen männlicher Ratten durch p-DCB ist auf den international anerkannten, spezies- und geschlechtsspezifischen Mechanismus der ±2-µ-Globulin vermittelten Nephropathie zurückzuführen. Bei männlichen Ratten begünstigt die Ansammlung von Hyalintröpfchen und Tubulusnephropathie, verstärkt durch p-DCB, die Bildung von Nierentumoren. Dieser Mechanismus kann nicht auf den Menschen übertragen werden. Überdies kann eine chronisch progrediente Nephropathie (chronic progressive nephropathy - CPN) - eine sich spontan entwickelnde, degenerative und insbesondere bei männlichen Ratten auftretende Krankheit - zur Bildung von Tumoren in der Niere männlicher Ratten beitragen. Der mit CPN einhergehende erhöhte Zellumsatz könnte die Wahrscheinlichkeit von Fehlern in der DNA-Replikation erhöhen, die Möglichkeit der DNA-Reparatur solcher Fehler verringern und die klonale Reproduktion stimulieren. Überdies kann die mitogene Stimulierung von Nierenzellen durch p-DCB diesen Vorgang fördern. pDCB zeigte in der Niere von Ratten keine Tumorinitiierende Wirkung.
In Übereinstimmung mit dem französischen Vorschlag wird die durch p-DCB induzierte Bildung von Tumoren in der Niere männlicher Ratten auf einen geschlechts- und speziesspezifischen Mechanismus zurückgeführt, der als nicht relevant für den Menschen angesehen wird.
Leber
Erhöhte Häufigkeiten von Adenomen und Karzinomen in Leberzellen wurden bei BDF1-Mäusen nach inhalativer Exposition durch p-DCB und bei B6C3F1-Mäusen nach oraler Exposition beobachtet. Eine Dosis-Wirkungs-Korrelation für das Auftreten von Leberzelltumoren wurde nicht gezeigt. Die Überlebensrate von mit pDCB behandelten Mäusen war vergleichbar mit der Überlebensrate von Kontrolltieren und wurde folglich nicht von der erhöhten Tumorbildung beeinflußt. Lebertumore wurden überwiegend bei Mäusen nachgewiesen, bei denen Hepatotoxizität auftrat, nicht jedoch bei Ratten, wo die Substanz nicht hepatotoxisch war. Obwohl eine Tumorbildung in der Leber von Mäusen vor allem bei gleichzeitigem Vorkommen von Hepatotoxizität stattfand, konnte keine klare quantitative Korrelation festgestellt werden. Es ist zu bedenken, dass p-DCB eine Zellproliferation in der Leber von Mäusen induziert. Ein erhöhter Zellumsatz begünstigt die Bildung von Tumoren. Außerdem sind Lebertumore die am häufigsten auftretenden Neoplasien in unbehandelten B6C3F1 und BDF1-Mäusen.
p-DCB zeigte kein mutagenes Potential in einem breiten Spektrum international anerkannter und validierter Prüfsysteme, die primär für eine Einstufung relevant sind. Auch wurden für 2,5-DCP, dem Hauptmetaboliten von p-DCB, keine mutagenen Eigenschaften nachgewiesen. Die Gründe für eine berichtete geringe DNA-Bindung von p-DCB in Mäusen und die Wirkungen in organspezifischen Untersuchungen sind noch nicht aufgeklärt.
Zusammenfassend zeigen diese Daten, dass p-DCB eine Bildung von Lebertumoren in Mäusen induzierte. Es liegt keine klare quantitative Korrelation zwischen Hepatotoxizität und Hepatokanzerogenität vor. Der Mechanismus der Tumorbildung ist bisher nicht vollständig bekannt. Einige andere Tumore wurden mit leicht erhöhten Inzidenzen beobachtet, es zeigte sich jedoch keine Dosis-Wirkungs-Korrelation. p-DCB ist daher als krebserzeugend Kategorie 3 (C: 3) einzustufen.
Tabelle 1: Zusammenfassung der mit p-DCB in Zusammenhang stehenden Tumorbildung in 2 Jahres- Kanzerogenitätsstudien (inhalativ und oral) an Ratten und Mäusen (nähere Einzelheiten sind in den Tabellen 8-11 der englischsprachigen Langfassung enthalten)
Konzentration (ml/m3) oder Dosierung (mg/kg Körpergewicht und Tag) | |||||
F344-Ratten - oral (NTP) | 0 (mg/kg) | 150 (mg/kg) | 300 (mg/kg) | 600 (mg/kg) | |
Niere: Tubuluszelladenokarzinome3 | M | 1/50 (2 %) | 3/50 (6 %) |
(Stand: 20.08.2018)
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