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Dibutylphthalat (DBP)
(CAS-N r.: 84-74-2)
Ausgabe: September 2001
Stand: Mai 2001
A) MUTAGENE EFFEKTE:
Di-nbutylphthalat (DBP) wurde in mehreren Testmodellen auf Gentoxizität geprüft. Die Daten sind überwiegend negativ.
Eine tabellarische Übersicht zu den Mutagenitätstesten mit DBP findet sich im Entwurf des EU Risk Assessment Report der EU, Kap. 4.1.2.7 sowie im WHO/IPCS Dokument (WHO 1997; Kap. 7.6.). Darin referiert sind:
In vitro-Studien:
Invivo-Studien:
Auch andere Phthalsäureester (besonders ausführliche Datenlage bei DEHP) und ihre Metaboliten haben sich in Mutagenitätstests fast durchgehend als nicht mutagen / nicht gentoxisch erwiesen. Strukturell bestehen keine Verdachtsmomente (WHO, 1997).
B) Kanzerogene Effekte:
Eine Langzeitstudie zu Di-nbutylphthalat (DBP) existiert nicht. Doch sind für DBP tumorigene Effekte an Nagern nicht auszuschließen, denn DBP verursacht in subakuten/subchronischen Studien an Nagern eine Hepatomegalie (Lebervergrößerung), die mit einer bestimmten Form von Enzyminduktion (Peroxisomenproliferation) einhergeht. Dabei handelt es sich um einen schwellenabhängigen pleiotropen Effekt, der zumindest initial mit vermehrter DNA-Synthese verbunden ist. Bei Ratte und Maus stellt dieses Phänomen potentiell eine lebertumordisponierende Stoffwechselsituation dar.
Die tatsächliche Kanzerogenität der einzelnen Peroxisomenproliferatoren ist höchst unterschiedlich ausgeprägt. Von prognostischer Aussagekraft sind die Höhe der Wirkschwelle und das Ausmaß der Lebervergrößerung, weniger die maximale Peroxisomendichte und Enzymaktivität im Hochdosisbereich. Ausführlich untersucht in dieser Hinsicht wurden verschiedene lipidsenkende Arzneistoffe und die Phthalsäureester DEHP und DINP. Die Phthalsäureester gehören zu den eher schwach wirksamen Verbindungen, so dass relativ hohe Dosen zur Auslösung dieses Effektes erforderlich sind.
Nicht-Nager zeigen eine weitgehende Resistenz gegenüber dem Phänomen der Peroxisomenproliferation (s. u.) und der hiermit assoziierten Effekte wie Enzyminduktion, Hepatomegalie und Tumorinduktion. Hamster zeigen hingegen noch schwache Effekte (Lake et al., 1984).
Man nimmt heute an, dass die Speziesunterschiede auf Dichte und Funktionalität eines bestimmten Rezeptortyps zurückgehen, des peroxisomenstimulierenden (PPARa-)-Rezeptors, welcher bei Ratte und Maus in besonders hohem Maße und vollständiger Form exprimiert wird (Ashby et al., 1994; Bentley et al., 1993; Lee et al., 1995; Cattley et al., 1998; Maloney and Waxman, 1999). Die Stimulation der Rezeptoren führt in den Zielzellen zu einer Vielzahl von Transkriptionen bzw. Genexpressionen und morphologisch zu einer Proliferation von Zellorganellen (Peroxisomen, Mitochondrien, endoplasmatisches Retikulum), zur Suppression von Apoptose (Roberts et al., 1998) sowie zu einer zumindest initialen, bei manchen Stoffen auch kontinuierlichen Erhöhung der DNA-Synthese (Marsman et al., 1988) und Mitoserate nach Aktivierung der Kupffer'schen Sternzellen (Rose et al., 1997); die Leber ist in allen wirksamen Dosen auf längere Zeit vergrößert.
Transgene Mäuse, denen der peroxisomenstimulierende (PPARa-)Rezeptor fehlt, zeigten mit dem in dieser Hinsicht wohl aktivsten Phthalsäureester DEHP keine Peroxisomenproliferation, keine Hepatomegalie und keine vermehrte DNA-Synthese (Ward et al., 1998). Die Bioverfügbarkeit war gegeben, dies konnte man an den Hoden- und Nierenschädigungen sehen, die allerdings schwächer ausgeprägt waren als beim Wild-Typ. Auch war selbst mit der hochwirksamen Verbindung Wy-14,643 keine Hepatokanzerogenität an PPARa-Knockout-Mäusen mehr erkennbar (Peters et al., 1997).
Die menschliche Leber weist 1 - 10 % der funktionalen PPARa-Rezeptordichte von Mäusen auf (Palmer et al., 1998). Hierin dürfte der Grund für die geringere toxikodynamische Empfindlichkeit des Menschen zu sehen sein, wie sie auch in vitro an Leberzellkulturen zum Ausdruck kommt (s. u.). Aus der langjährigen Erfahrung mit Fibrat-Therapien hat sich bisher kein Hinweis auf eine tumorigene Wirkung am Menschen ergeben.
In Leberzellkulturen von Kaninchen, Meerschweinchen, Marmosets und Menschen ließen sich mit verschiedenartigen Peroxisomenproliferatoren bzw. ihren aktiven Metaboliten keine Effekte darstellen (Elcombe et al., 1997; Ashby et al., 1994; Butterworth et al., 1989; Dirven et al., 1993a; Goll et al., 1999; Hasmall et al., 1999).
Aufgrund der experimentellen und klinischen Erfahrungen werden Peroxisomenproliferatoren zur Zeit von IARC nicht als kanzerogen für den Menschen klassifiziert (IARC, 1995/1996). Diese Einschätzung wird überwiegend auch in neueren Publikationen geteilt, wenngleich sie heute differenzierter und mehr im Sinne quantitativer Unterschiede erfolgt (Cattley et al., 1998; Doull et al., 1999; Maloney and Waxman, loc. cit.).
C) Reproduktionstoxizität und Entwicklungsschäden:
Wirkungen von Di-nbutylphthalat (DBP) auf die Hoden und auf die pränatale Entwicklung sind seit vielen Jahren bekannt. Die Studien sind im Entwurf zum EU Risk Assessment Report, im BUA-Report und im WHO/IPCS-Dokument (WHO, 1997) dargestellt. Wesentliche Schlüsselstudien werden nachfolgend beschrieben:
1. Entwicklungsschädigung:
Pränatale Toxizitätsstudien
Entwicklungsschädigende Effekte fanden sich an Ratte und Maus, wobei Mäuse - wie bei anderen Phthalsäureestern auch - offenbar empfindlicher reagierten.
An trächtigen Mäusen wurden 2 Fütterungsstudien durchgeführt:
ICL-ICR-Mäuse erhielten DBP vom 1. - 18. Trächtigkeitstag in Konzentrationen von 0,5 - 1,0% im Futter. In den höheren Dosisbereichen kam es zu einem dosisabhängigen Anstieg embryotoxischer Effekte und bei 1,0% zu einer hohen Resorptionsrate. Nur 3 Feten in dieser Gruppe wurden nicht resorbiert, von diesen hatten 2 eine Exencephalie. 0,05% (80 mg/kg/ Tag) wurden als "no adverse effect level" registriert. In der obersten Dosisgruppe waren die Gewichte der Muttertiere stark vermindert, wobei in solchen Fällen schon die hohe Resorptionsrate per se zu einer Gewichtsverminderung führt (Shiota et al., 1982).
(Stand: 20.08.2018)
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