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Regelwerk

TRGS 903 - Biologische Grenzwerte
Technische Regeln für Gefahrstoffe (TRGS)

Ausgabe: Dezember 2006
(BArbBl 12/2006 S. 167; 19.12.2011 S. 1018 11aufgehoben)


Zur aktuellen Fassung

Die Technischen Regeln für Gefahrstoffe (TRGS) geben den Stand der Technik, Arbeitsmedizin und Arbeitshygiene sowie sonstige gesicherte wissenschaftliche Erkenntnisse für Tätigkeiten mit Gefahrstoffen, einschließlich deren Einstufung und Kennzeichnung, wieder. Sie werden vom

Ausschuss für Gefahrstoffe (AGS)

aufgestellt und von ihm der Entwicklung entsprechend angepasst. Die TRGS werden vom Bundesminister für Arbeit und Soziales (BMAS) im Bundesarbeitsblatt (BArbBl.) bekannt gegeben.

Diese TRGS enthält biologische Grenzwerte nach § 3 Abs. 7 Gefahrstoffverordnung (GefStoffV).

1 Begriffsbestimmungen und Erläuterungen

(1) Der biologische Grenzwert (BGW) ist der Grenzwert für die toxikologischarbeitsmedizinisch abgeleitete Konzentration eines Stoffes, seines Metaboliten oder eines Beanspruchungsindikators im entsprechenden biologischen Material, bei dem im Allgemeinen die Gesundheit eines Beschäftigten nicht beeinträchtigt wird. ( § 3 Abs. 7 GefStoffV).

(2) Biologische Grenzwerte sind als Höchstwerte für gesunde Einzelpersonen konzipiert. Sie werden unter Berücksichtigung der Wirkungscharakteristika der Stoffe in der Regel für Blut und/oder Urin aufgestellt. Maßgebend sind dabei arbeitsmedizinischtoxikologisch fundierte Kriterien des Gesundheitsschutzes. Biologische Grenzwerte gelten in der Regel für eine Belastung mit Einzelstoffen.

(3) Biologische Grenzwerte können als Konzentrationen, Bildungs- oder Ausscheidungsraten (Menge/Zeiteinheit) definiert sein. Wie bei den Arbeitsplatzgrenzwerten (AGW) wird in der Regel eine Stoffbelastung von maximal 8 Stunden täglich und 40 Stunden wöchentlich zugrunde gelegt.

(4) Allergische Erscheinungen können nach Sensibilisierung, z.B. der Haut oder der Atemwege, je nach persönlicher Disposition unterschiedlich schnell und stark durch Stoffe verschiedener Art ausgelöst werden. Die Einhaltung des biologischen Grenzwertes gibt keine Sicherheit gegen das Auftreten derartiger Reaktionen.

(5) Bei den in dieser TRGS enthaltenen, vom BMAS nach Beratung durch den AGS bekannt gemachten Werten werden Vorschläge der Senatskommission zur Prüfung gesundheitsschädlicher Arbeitsstoffe der Deutschen Forschungsgemeinschaft berücksichtigt. Die von der DFG-Kommission vorgeschlagenen Werte sind in ihrer aktuellen Mitteilung veröffentlicht'). Die zugehörigen Begründungen werden ebenfalls fortlaufend veröffentlicht 2).

2 Anwendung von biologischen Grenzwerten

2.1 Zusammenhänge zwischen Arbeitsplatzgrenzwerten und biologischen Grenzwerten

Unter laborexperimentellen Bedingungen bestehen bei inhalativer Aufnahme im Fließgleichgewicht eines Stoffes mit Funktionen der Pharmakokinetik formulierbare Beziehungen zwischen den biologischen Grenzwerten und Arbeitsplatzgrenzwerten. Aufgrund der am Arbeitsplatz bestehenden Randbedingungen sind jedoch im konkreten Fall aus dem stoffspezifischen biologischen Wert nicht ohne weiteres Rückschlüsse auf die bestehende Stoffkonzentration in der Arbeitsplatzluft zulässig. Dementsprechend entbindet die Einhaltung von biologischen Grenzwerten nicht von einer Überwachung der Stoffkonzentration in der Luft. Dies gilt insbesondere für lokal reizende und ätzende Stoffe.

2.2 Hinweise zur Überwachung und zur Beurteilung von Untersuchungsdaten

(1) Biologische Grenzwerte dienen insbesondere im Rahmen spezieller ärztlicher Vorsorgeuntersuchungen dem Schutz der Gesundheit am Arbeitsplatz. Sie geben eine Grundlage für die Beurteilung der Bedenklichkeit oder Unbedenklichkeit vom Organismus aufgenommener Stoffmengen ab. Neben den sonstigen ärztlichen Befunden sind dabei insbesondere zu berücksichtigen

(2) Der durch die Aufstellung von biologischen Grenzwerten erstrebte individuelle Gesundheitsschutz kann durch die periodische, quantitative Bestimmung der Stoffe bzw. ihrer Stoffwechselprodukte in biologischem Material oder biologischer Parameter überwacht werden. Die dabei verwendeten Untersuchungsmethoden sollten für die Beantwortung der anstehenden Frage diagnostisch hinreichend spezifisch und empfindlich, für den Beschäftigten zumutbar und für den Arzt praktikabel sein. Der Zeitpunkt der Probengewinnung ist so zu planen, dass diese den Expositionsverhältnissen am Arbeitsplatz sowie dem pharmakokinetischen Verhalten des jeweiligen Stoffes gerecht wird ("Messstrategie"). In der Regel wird insbesondere bei kumulierenden Stoffen eine Probengewinnung am Ende eines Arbeitstages nach einer längeren Arbeitsperiode (Arbeitswoche) dieser Forderung Rechnung tragen.

(3) Bei der Anwendung der Analysenmethoden ist die Qualitätssicherung nach TRGS 710 3) zu beachten. Auf die von der Arbeitsgruppe "Analytische Chemie" der DFG-Kommission zusammengestellten Sammlung von Analysemethoden wird hingewiesen 4).

(4) Die Beurteilung der Ergebnisse von Analysen in biologischem Material muss grundsätzlich dem Arzt vorbehalten bleiben. Im Übrigen gelten insbesondere die §§ 15 und 16 GefStoffV über arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen. Bei der Bewertung der Messergebnisse durch den Arzt müssen auch solche Befunde Beachtung finden, die zwar den biologischen Grenzwert noch unterschreiten, aber oberhalb einer für die Allgemeinbevölkerung geltenden Hintergrundbelastung liegen. Hieraus können im Einzelfall unter Umständen nicht nur individuelle Besonderheiten abgeleitet werden, sondern es können sich auch wichtige Hinweise auf Gefährdungen am Arbeitsplatz ergeben.

3 Liste der biologischen Grenzwerte

Abkürzungen und Symbole Untersuchungsmaterial

B = Vollblut
E = Erythrozyten P/S = Plasma/Serum
U = Urin

Probennahmezeitpunkt:

  1. keine Beschränkung
  2. Expositionsende, bzw. Schichtende
  3. bei Langzeitexposition: nach mehreren vorangegangenen Schichten
  4. vor nachfolgender Schicht
  5. nach Expositionsende:...Stunden
Arbeitsstoff
CAS-Nr.]
Parameter BGW Untersu-
chungs-
material
Proben-
nahmezeit-
punkt
Aceton
[67-64-1]
Aceton 80 mg/l U b
Acetylcholinesterase- Hemmer Acetylcholinesterase Reduktion der Aktivität auf 70% des Bezugswertes E b,c
Aluminium
[7429-90-5]
Aluminium 200 µg/l U b
Anilin
[62-53-3]
Anilin
(ungebunden)
1 mg/l U b,c
Anilin
(aus Hämoglobin-Konjugat freigesetzt)
100 µg/l B b,c
Blei
[7439-92-1]
Blei 400 µg/l
300 µg/l
(Frauen <45 J.)
B a
Bleitetraethyl
[78-00-2]
Diethylblei 25 µg/l, als Pb berechnet U b
Gesamtblei (gilt auch für Gemische mit Bleitetramethyl) 50 µg/l U b
Bleitetramethyl
[75-74-1]
s. Bleitetraethyl      
2-Brom-2-chlor-1,1,1- trifluorethan (Halothan)
[151-67-7]
Trifluoressigsäure 2,5 mg/l B b,c
1-Butanol
[71-36-3]
1-Butanol 2 mg/g Kreatinin U d
1-Butanol 10 mg/g Kreatinin U b
2-Butanon
(Ethylmethylketon)
[78-93-3]
2-Butanon 5 mg/l U b
2-Butoxyethanol
[111-76-2]
Butoxyessigsäure 100 mg/l U c
2-Butoxyethylacetat
[112-07-2]
Butoxyessigsäure 100 mg/l U c
ptert-Butylphenol (PTBP)
[98-54-4]
PTBP 2 mg/l U b
Chlorbenzol
[108-90-7]
Gesamt-4-Chlorkatechol 35 mg/g Kreatinin U d
Gesamt-4-Chlorkatechol 175 mg/g Kreatinin U b
Cyclohexan
[110-82-7]
Gesamt-1,2-Cyciohexandiol 170 mg/g Kreatinin U c, b
1,2-Dichlorbenzol
[95-50-1]
1,2-Dichlorbenzol 140 µg/l B b
3,4 und 4,5 Dichlorkatechol 150 mg/g Kreatinin U b
1,4-Dichlorbenzol
[106-46-7]
Gesamt-2,5-Dichlorphenol 150 mg/g Kreatinin
30 mg/g Kreatinin
U b
d
Dichlormethan
[75-09-2]
Co-Hb 5 % B b
Dichlormethan 1 mg/l B b
N,N-Dimethylacetamid
[127-19-5]
N-Methylacetamid 30 mg/g Kreatinin U c,b
Arbeitsstoff
[CAS-Nr.]
Parameter BGW Untersu-
chungs-
material
Proben-
nahmezeit-
punkt
N,N-Dimethylformamid
[68-12-2]
N-Methylformamid 35 mg/l U b
Diphenylmethan-4,4'- diisocyanat5)
[101-68-8]
4,4'-Diaminodiphenylmethan 10 µg/g Kreatinin U b
2-Ethoxyethanol
[110-80-5]
Ethoxyessigsäure 50 mg/l U c,b
2-Ethoxyethylacetat
[111-15-9]
Ethoxyessigsäure 50 mg/l U c,b
Ethylbenzol
[100-41-4]
Ethylbenzol 1 mg/l B b
Mandelsäure plus Phenylglyoxylsäure 800 mg/g Kreatinin U b
Ethylenglykoldinitrat
[628-96-6]
Ethylenglykoldinitrat 0,3 µg/l B b
Fluorwasserstoff
[7664-39-3]
und anorganische Fluorverbindungen (Fluoride)
Fluorid 7,0 mg/g Kreatinin U b
4,0 mg/g Kreatinin U d
Glycerintrinitrat
[55-63-0]
1,2-Glycerindinitrat 0,5 µg/l P/S b
1,3-Glycerindinitrat 0,5 µg/l P/S b
n-Hexan
[110-54-3]
2,5-Hexandion plus
4,5-Dihydroxy-2-hexanon
5 mg/l U b
2-Hexanon
(Methyln-butylketon)
[591-78-6]
2,5-Hexandion plus
4,5 Dihydroxy-2-hexanon
5 mg/l U b
Kohlendisulfid
(Schwefelkohlenstoff)
[75-15-0]
2-Thiothiazolidin-4- carboxylsäure (TTCA) 8 mg/l U b
Kohlenmonoxid
[630-08-0]
CO-Hb 5 % B b
Lindan
-1,2,3,4,5,6-
Hexachlorcyclohexan)
[58-89-9]
Lindan 25 µg/l P/S b
Mangan
[7439-96-5]
und seine anorganischen Verbindungen
Mangan 20 µg/l B c, b
Methanol
[67-56-1]
Methanol 30 mg/l U c,b
Arbeitsstoff
[CAS-Nr.]
Parameter BGW Untersu-
chungs-
material
Proben-
nahmezeit-
punkt
4-Methylpentan-2-on (Mehylisobutylketon)
[108-10-1]
4-Methylpentan-2-on 3,5 mg/l U b
Nitrobenzol
[98-95-3]
Anilin
(aus Hämoglobin- Konjugat freigesetzt)
100 µg/l B c
Parathion
[56-38-2]
p-Nitrophenol plus Acetylcholinesterase 500 µg/l
Reduktion der Aktivität auf 70 % des Bezugswertes
U
E
c
c
Phenol
[108-95-2]
Phenol 300 mg/l U b
2-Propanol
[67-63-0]
Aceton 50 mg/l B b
Aceton 50 mg/l U b
iso-Propylbenzol (Cumol)
[98-82-8]
2-Phenyl-2-propanol 50 mg/g Kreatinin U b
iso-Propylbenzol 2 mg/l B b
Quecksilber 6
[7439-97-6], metallisches und seine anorganische Quecksilberverbindungen
Quecksilber 25 µg/g Kreatinin U a
Quecksilber, organische Quecksilberverbindungen Quecksilber 100 µg/l B a
Styrol
[100-42-5]
Mandelsäure plus Phenylglyoxylsäure 600 mg/g Kreatinin U c,b
Tetrachlorethen (Perchlorethylen)
[127-18-4]
Tetrachlorethen 1 mg/l B d
Tetrachlormethan (Tetrachlorkohlenstoff)
[56-23-5]
Tetrachlormethan 70 µg/l B c,b
Tetrahydrofuran
[109-99-9]
Tetrahydrofuran 2 mg/l U b
Toluol
[108-88-3]
Toluol 1,0 mg/l B b
o-Kresol 3,0 mg/l U c, b
1,1,1-Trichlorethan (Methylchloroform)
[71-55-6]
1,1,1-Trichlorethan 550 µg/l B c,d
Trichlorethylen (Trichlorethen)
[79-01-6]
Trichlorethanol 5 mg/l B b,c
Trichloressigsäure 100 mg/l U b,c
Vanadiumpentoxid
[1314-62-1]
Vanadium 70 µg/g Kreatinin U c, b
Xylol (alle Isomeren)
[1330-20-7]
Xylol 1,5 mg/l B b
Methylhippur- (Tolur-)säure 2 g/l U b

________________
1) Mitteilungen der Senatskommission zur Prüfung gesundheitsschädlicher Arbeitsstoffe der Deutschen Forschungsgemeinschaft, zu beziehen bei WILEY-VCH Verlag GmbH; D-69.451 Weinheim

2) Arbeitsmedizinischtoxikologische Begründungen für BAT-Werte, zu beziehen bei WILEY-VCH Verlag GmbH, D-69.451 Weinheim

3) TRGS 710 "Biomonitoring" Ausgabe Februar 2000 (BArbBl. Heft 2/2000 S. 60-62)

4) DFG-Senatskommission zur Prüfung gesundheitsschädlicher Arbeitsstoffe. Band 2: Analysen im biologischen Material. Loseblattwerk; WILEY-VCH, Weinheim

5) BGW reflektieren die Gesamtkörperbelastung eines inhalativ, dermal usw. aufgenommenen Arbeitsstoffes. Bei beruflicher Exposition gegen MDI erfasst der Parameter 4,4-'Diaminodiphenylmethan (MDA) im Harn alle Komponenten eines komplexen MDI-Gemisches, da sowohl Monomere als auch Oligomere des MDI unabhängig vom Aufnahmeweg zu monomerem MDa abgebaut werden.

6) Der BGW darf bei mehreren Messungen einer Person im Mittel nicht überschritten sein.

Demgegenüber berücksichtigt der AGW für MDI nur den monomeren MDI-Anteil.

Der von der Senatskommission der DFG zur Prüfung gesundheitsschädlicher Arbeitsstoffe erarbeitete Wert, ist auf der Basis einer Korrelation vom AGW für MDI abgeleitet. Diese Korrelation ergibt sich aus mehreren arbeitsmedizinischen Studien am Menschen.

In solchen Expositionsszenarien, bei denen eine überwiegend inhalative Aufnahme von MDI erfolgt und das Verhältnis zwischen Monomeren und Oligo- bzw. Polymeren etwa demjenigen entspricht, das der Ableitung des AGW zugrunde lag, entspricht der BGW dem AGW. Falls eine ungewöhnliche Verteilung zwischen monomeren und polymeren Anteilen im Sinne einer übermäßigen Vermehrung der Polymere oder falls eine verstärkte dermale Aufnahme vorliegt, führt dies zu einer Erhöhung des Parameters im biologischen Material. Insofern befindet man sich bei Einhaltung des BGW in diesen Fällen "auf der sicheren Seite".

Eine Einhaltung des BGW bietet somit im Vergleich zum AGW einen zusätzlichen Schutz bei ungewöhnlich hoher Exposition gegen Oligo- bzw. Polymere des MDI und bei verstärkter dermaler Exposition.

ENDE

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