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98. Erläuterung zu 4-Aminoazobenzol
(CAS-NR.: 60-09-3)

Ausgabe: Mai 2002
BArbBl. 5/2002 S. 113



Ein Luftgrenzwert für 4-Aminoazobenzol wird nicht festgelegt, da der Stoff nach den vorliegenden Informationen zurzeit nur in zwei Betrieben in geschlossenen Anlagen eingesetzt wird und eine Exposition aufgrund der persönlichen Schutzmaßnahmen bei bestimmungsgemäßem Betrieb nicht zu erwarten ist.

4-Aminoazobenzol ist im Anhang I der Richtlinie 67/548/EWG als krebserzeugend in die Kategorie 2 eingeordnet. Zubereitungen sind als krebserzeugend im Sinne des § 35 Abs. 1 GefStoffV anzusehen, wenn der Massengehalt an 4-Aminoazobenzol > 0 1 % beträgt.

Arbeitsmedizinische Erfahrungen

Arbeitsmedizinische Erfahrungen liegen dem AGS nicht vor und sind bislang nicht publiziert worden [1]. Dies geht auch aus dem vorliegenden BUA-Bericht [2] hervor. Der BUA-Bericht enthält Hinweise, dass die Substanz positive Reaktionen im Epikutantest an Arbeitsplatzexponierten Personen und bei Dermatitis-Patienten erzeugte.

Toxikologische Erfahrungen

Eine Zusammenstellung der toxikologischen Daten enthält der BUA-Stoffbericht 217 [2].

Messverfahren

Zur Messung von 4-Aminoazobenzol liegt ein validiertes Messverfahren vor, das dem anerkannten Verfahren für 2,4-Toluylendiamin (BGI 505-45, früher ZH 1/120.45) entspricht. Es sind personenbezogene und ortsfeste Probenahmen für Messungen zur Beurteilung der Konzentrationen an 4-Aminoazobenzol in der Luft in Arbeitsbereichen möglich. Die Probenahme erfolgt mit Hilfe eines mit Salzsäure imprägnierten Kieselgelröhrchens.

Mit einer vorgeschalteten Glassonde von definiertem Innendurchmesser und einer entsprechend eingestellten Pumpe wird die Luftansauggeschwindigkeit auf 1,25 m/s ± 10 % eingestellt und damit die einatembare Fraktion (E-Staub) erfasst. Nach Desorption mit einem Gemisch aus Methanol und wässriger Ammoniaklösung wird 4-Aminoazobenzol flüssigkeitschromatographisch bestimmt. Die Bestimmungsgrenze beträgt 0,01 mg/m3für 120 L Probeluft. Das maximale Probeluftvolumen liegt bei 240 L.

Herstellung und Verwendung

Chemische Industrie/Pigmentvorprodukte

In Deutschland ist ein Hersteller und ein Verwender von 4-Aminoazo-benzol bekannt. Der Umgang ist auf 2 Firmen beschränkt.

Hersteller: 4-Aminoazobenzol wird hergestellt durch Diazotierung von Anilin mit nachfolgender Kupplung und Umlagerung. Die Aufbereitung erfolgt über Destillation und Umkristallisation. Das getrocknete 4-Aminoazobenzol wird in abgesaugte Stahlcontainer abgefüllt.

Verwender: 4-Aminoazobenzol wird in Containern angeliefert. Der Stoff wird bei erhöhtem Druck/erhöhter Temperatur in einem Syntheseschritt zu einem höher molekularen Pigment umgesetzt und dieses einer zweifachen Reinigungsstufe unterworfen. Bei beiden Reinigungsschritten wird jeweils wasserfeuchtes Produkt isoliert. Danach ist im Pigment kein 4-Aminoazobenzol nachweisbar. In mehreren Finishschritten wird das Endprodukt hergestellt.

In der Summe haben zwischen 50 und 100 Mitarbeiter Umgang mit 4-Aminoazobenzol.

Schutzmaßnahmen

Die Anlagen zur Herstellung bzw. Verwendung sind geschlossen gemäß der TRGS 420.

Ausnahmen: Expositionsmöglichkeiten (bis zu 8 h pro Schicht) bestehen bei Probenahmen, Stoffeintrag, Abfüllung sowie Reinigungs-, Reparatur- und Instandhaltungsarbeiten. Die Stahlcontainer werden während der Abfüllung (Hersteller) abgesaugt und die Arbeitnehmer tragen vorsorglich Atemschutz.

Bei beiden Aufarbeitungsschritten im Bereich Herstellung wird jeweils wasserfeuchtes Produkt isoliert, so dass keine Staubexposition gegeben ist. Das Expositionsrisiko bei Probenahmen wird als vernachlässigbar gering beurteilt.

Stoffeintrag sowie Reinigungs-, Reparatur- und Instandhaltungsarbeiten werden unter Verwendung persönlicher Schutzausrüstung ausgeführt.

Ergebnisse von Arbeitsbereichsmessungen

Herstellung

Aus dem Bereich der Herstellung liegen 16 Messergebnisse (personenbezogen) als 8-Std.-Schichtmittelwerte vor, die zwischen 1995 und 1999 ermittelt wurden. Die Messergebnisse schwanken zwischen <0,01 und 0,029 mg/m3bezogen auf 4-Aminoazobenzol.

Verwendung

Eier liegt der Hinweis vor, dass beim Eintrag von 4-Aminoazobenzol aus Containern Konzentrationswerte für E-Staub (ohne Analyse der Einzelstoffe) personenbezogen ermittelt wurden. Die 8-Std.-Schichtmittelwerte liegen unterhalb 1 mg/m3 (E-Staub). Bei den Arbeiten wurde Atemschutz getragen.

Hinweise

Sollte 4-Aminoazohenzol über die beschriebene Herstellung und Verwendung hinaus wieder technische Bedeutung erlangen, ist durch eine Arbeitsbereichsanalyse unverzüglich das Expositionsniveau festzustellen. Die Schichtmittelwerte sollten unterhalb von 0,1 mg/m3liegen. Die Ergebnisse der Arbeitsbereichsanalyse sind dem Ausschuss für Gefahrstoffe (AGS) mitzuteilen. Aufsichtsbehörden, die Kenntnis über den Umgang mit 4-Aminoazobenzol erlangen, werden gebeten, dies dem AGS mitzuteilen.

Literatur

[1] Ergebnis einer Recherche in TOXALL

[2] Beratergremium für Altstoffe (BUA) der Gesellschaft Deutscher Chemiker: 4-Aminoazobenzol, BUA-Stoffbericht 217, Stuttgart, Hirzel - Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft (1999).

Stand: November 2001

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