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48. TRK-Wert für 3,3'-Diaminobenzidin und seine Salze

(BArbBl. 1/94 S. 48)


0,03 mg/m3(0,003 ml/m3)

3,3'-Diaminobenzidin und sein Tetrahydrochlorid sind in der Anlage 3 (Einstufung der krebserzeugenden, erbgutverändernden und fortpflanzungsgefährdenden Stoffe) der TRGS 500, in die MAK-Gruppe III B eingestuft worden.

Arbeitsmedizinische Erfahrungen

Arbeitsmedizinische Erfahrungen sind bisher nicht publiziert worden [1].

Toxikologische Erfahrungen

Im Ames-Test wirkt 3,3'-Diaminobenzidin an den gängigen Styphimurium-Stämmen mit Ausnahme des Stammes Ta 100 sowohl mit als auch ohne Zusatz von S9-Mix mutagen. Bei Saccharomyces, cerevisiae werden durch Inkubation mit 0,03 µg 3,3'-Diaminobenzidin/ ml sogenannte "Petite"-Mutationen induziert. In verschiedenen in vitro-Untersuchungen zeigt die Substanz eine DNA-schädigende Wirkung [2];

3,3'-Diaminobenzidin wurde in einigen nach heutigen Kriterien unzureichend dokumentierten Versuchen auf krebserzeugende Wirkung geprüft. Eine eindeutige Aussage zur Kanzerogenität der Substanz läßt sich aus den Befunden nicht ableiten.

Während bei 20 weiblichen Sprague-Dawley-Ratten nach einmaliger intragastraler Gabe von 300 mg 3,3'-Diaminobenzidin/Tier innerhalb der 6-monatigen Nachbeobachtungszeit keine Tumoren auftreten, führt die 10-malige intragastrale Gabe von je 100 mg/Tier an jedem 3. Tag innerhalb von 9 Monaten zur Entstehung eines Mammakarzinoms (1/20 = 5 % ; Kontrolle: 2/132 = 1,5 %) [2].

In einer Kanzerogenesestudie erhielten je 25 männliche Charles River CD-Ratten sowie je 25 männliche und weibliche CD-1 Mäuse über einen Zeitraum von 18 Monaten Futter mit einem 3,3' -Diaminobenzidin-Tetrahydrochlorid-Gehalt von 0; 4000 bzw. 8000 mg/kg (ca. 267 bzw. 533 mg/kg KGW/Tag für Ratten und ca. 570 bzw. 1140 mg/kg KGW/Tag für Mäuse). Die höchste Dosis entsprach der maximalen tolerierten Dosis (MTD) Am Ende der 6-monatigen (Ratten) bzw. 3-monatigen (Mäusen) Nachbeobachtungszeit wurden Lebertumoren bei Ratten und Lungentumoren bei männlichen Mäusen festgestellt (siehe Tabelle 1); bei weiblichen Mäusen traten keine Tumoren auf [3].

Tabelle 1: Tumor-Inzidenzen bei männlichen CD-Ratten und männlichen CD-1 Mäusen [3]

Kontrollen

4000 mg/kg

8000 mg/kg

simultan gepoolt
Männliche CD-Ratten/Lebertumoren
0/16 (0 %) 2/111 (1,8 %) 1/16 (6,3 %) 3/15 (20,0 %)
Männliche CD- 1 Mäuse/Lungentumoren
1/19 (5,3 %) 24/99 (24,2 %) 6/18 (33,3 %) 7/22 (31,8 %)

Aus den vorliegenden Befunden sowie auf Grund der strukturellen Ähnlichkeit zu anderen krebserzeugenden Benzidin-Derivaten ergibt sich ein begründeter Verdacht auf ein kanzerogenes Potential von 3,3'-Diaminobenzidin und sein Tetrahydrochlorid. Die Substanz wirkt im in vitro-Versuch gentoxisch; Untersuchungen zur Gentoxizität in vivo liegen bisher nicht vor.

Analytik

Ein Verfahren zur Bestimmung von 3,3'-Diaminobenzidin wurde von der Herstellerfirma erarbeitet. Anfragen zum Analysenverfahren sind an das Sekretariat des Ua V des Ausschusses für Gefahrstoffe zu richten (Anschrift: Berufsgenossenschaftliches Institut für Arbeitssicherheit - BIA, Alte Heerstraße 111, 53757 Sankt Augustin).

Herstellung und Verwendung

3,3'-Diaminobenzidin findet vorwiegend Einsatz als Diazotierungskomponente bei der Herstellung von Azopigmenten Die Anlieferung erfolgt vorwiegend als technisch wasserfeuchtes Produkt.

Ergebnisse von Arbeitsbereichsmessungen

Die Herstellung von 3,3'-Diaminobenzidin erfolgt im geschlossenen System. Der Stoff wird durch Substitution von 3,3'-Dichlorbenzidin synthetisiert.

Für die Sackabfüllung von Fertigprodukt 3,3'-Diaminobenzidin liegen vier 8-h-Schichtmittelwerte vor.

Die Meßergebnisse der sechs personenbezogenen Arbeitsplatzmessungen betragen im Durchschnitt 0,02 mg/m3. Zwei Konzentrationsspitzen liegen bei 0,03 und 0,08 mg/m3Eine ortsbezogene Messung ergab 0,01 mg/m3.

Hinweise

Neben der inhalativen Aufnahme kann 3,3'-Diaminobenzidin auch über die Haut aufgenommen werden. Dem ist auch bei Ausschöpfung der technischen Möglichkeiten zusätzlich durch geeignete Körperschutzmaßnahmen Rechnung zu tragen (weitere Hinweise: siehe TRGS 150 "Unmittelbarer Hautkontakt mit Gefahrstoffen").

Bei der Festlegung des Grenzwertes wurden die analytischen Möglichkeiten berücksichtigt.

Literatur

[1] Ergebnis einer Recherche in TOXALL

[2] Henschler, D: Gesundheitsschädliche Arbeitsstoffe, Toxikologisch-arbeitsmedizinische Begründung von MAK-Werten: 3,3'-Diaminobenzidin-Tetrahydrochlorid, Kommission zur Prüfung gesundheitsschädlicher Arbeitsstoffe der Deutschen Forschungsgemeinschaft. Verlag Chemie, Weinheim (1989)

[3] Weisburger, E.K., Russfield, A.B., Homburger, F., Weisburger, J.H., Boger, E., Van Dongen, C.G u. Chu, K. C.: Testing of twenty-one environmental aromatic amines or derivatives for long-term toxicity or carcinogenicity. J. Environ. Pathol. Toxicol. 2, 325-356 (1978)

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