zurück

30. Erläuterung zu Dichloracetylen

(BarbBl. 6/92 S. 58)


Es wird kein TRK-Wert für Dichloracetylen festgelegt, da keine Arbeitsplatzdaten vorliegen und kein geeignetes Analysenverfahren bekannt ist.

Dichloracetylen ist im Verzeichnis der krebserzeugenden Gefahrstoffe bei Massengehalt³ 1 % in Gruppe II (stark gefährdend) und bei Massengehalten < 1 % bis 0,1 % in Gruppe III (gefährdend) eingeordnet.

Arbeitsmedizinische Erfahrungen

Dichloracetylen wird als Arbeitsstoff nicht eingesetzt. Arbeitsmedizinische Erfahrungen liegen daher nicht vor. Es sind jedoch eine Reihe von gewerblichen und nichtgewerblichen Vergiftungen beschrieben. Sie zeigen, daß Dichloracetylen für die Hirnnerven eine ausgeprägte neurotoxische Wirkung hat (Übersicht bei [1]).

Toxikologische Erfahrungen

Dichloracetylen weist eine hohe chemische Reaktivität auf. Bei Zutritt von Luft zersetzt es sich sofort in eine Reihe von meist perchlorierten Verbindungen. Von toxikologischem Interesse sind daher insbesondere stabile Gemische z.B. mit Trichlorethylen oder Acetylen. Aus beiden Verbindungen kann Dichloracetylen auch am Arbeitsplatz entstehen.

Dichloracetylen hat einen süßlichen, unangenehmen Geruch. Es reizt die Schleimhäute der Augen und Atemwege. Dichloracetylen ist im Ames-Test mutagen. Im Tierversuch (Mäuse, Ratten Kaninchen) wirkt Dichloracetylen stark nierentoxisch.

In einer Kanzerogenese-Inhalations-Studie wurden Gruppen von je 30 männlichen und 30 weiblichen Mäusen und Ratten Dichlor. acetylen exponiert (Acetylen als Stabilisator; Dichloracetylen : Acetylen = 1: 2).

Mäuse:
9 ml/m3Dichloracetylen: 6 Std./Tag: 1 x/Woche über 12 Monate
Ratten
14 ml/m3Dichloracetylen: 6 Std/Tag: 2 x/Woche über 18 Monate

Nach der Expositionszeit wurden die Tiere bis zu ihrem natürlichen Tod weiterbeobachtet.

Folgende (statistisch signifikant erhöhte) Tumorhäufigkeiten wurden beobachtet (in Klammern die entsprechenden Zahlen bei den Kontrolltieren):

Gutartige Nierentumoren bei 38/60 (8/54) Mäusen
10/59 (0/60) Ratten
Bösartige Nierentumoren bei 4/30 (0/30) männlichen Mäusen
Gutartige Gehörgangstumoren bei 13/51 (8/50) Mäusen
Gutartige Gallengangstumoren bei 17/59 (4/60) Ratten

Die meist gutartigen Tumore traten demnach bevorzugt in der Niere auf, in dem Organ also, das bei den Nagern auch das Hauptzielorgan der akut-toxischen Wirkung ist. Deutlich verringerte Körpergewichte und verkürzte Lebenszeiten bei den Versuchstieren deuten darauf hin, daß die in diesem Falle von den Ratten und Mäusen aufgenommenen Dosen bereits toxisch waren oder zumindest nahe den toxischen Dosen lagen. Bei den Mäusen hat also eine Konzentration von 9 ml/m3eine krebserzeugende Wirkung gezeigt (eine niedere Konzentration wurde nicht untersucht).

Der Grenzwert muß deshalb weit unter 9 ml/m3liegen. Bei einem Grenzwert von 0,05 ml/m3bestünde zu der bei Mäusen wirksamen Konzentration ein Abstand von 1: 180.

Ergebnisse von Arbeitsbereichsmessungen

Dem Ausschuß für Gefahrstoffe liegen keine Ergebnisse von Arbeitsbereichsmessungen vor.

Hinweise

Dichloracetylen fällt beispielsweise als unerwünschtes Nebenprodukt bei der Dehydrochlorierung von Trichlorethen an. Weiterhin kann Dichloracetylen aus Trichlorethen bei der thermischen Zersetzung sowie beim Kontakt von Trichlorethen mit alkalischen Materialien (z.B. NaOH, KOH) oder mit Hopcalite entstehen [1, 2].

Literatur

[1] Henschler, D.: Gesundheitsschädliche Arbeitsstoffe: Toxikologisch. arbeitsmedizinische Begründungen von MAK-Werten: Arbeitsstoff-Kommission der Deutschen Forschungsgemeinschaft. Verlag Chemie, D-6940 Weinheim

[2] Patty`s Industrial Hygiene and Toxicology, 3ed, Vol. 2 B, John Wiley & Sons, New York, (1981)

umwelt-online - Demo-Version


(Stand: 20.08.2018)

Alle vollständigen Texte in der aktuellen Fassung im Jahresabonnement
Nutzungsgebühr: 90.- € netto (Grundlizenz)

(derzeit ca. 7200 Titel s.Übersicht - keine Unterteilung in Fachbereiche)

Preise & Bestellung

Die Zugangskennung wird kurzfristig übermittelt

? Fragen ?
Abonnentenzugang/Volltextversion