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29. Erläuterung zu 1,2-Dibrom-3-chlorpropan

(BArbBl. 6/92 S. 57)



Ein TRK-Wert für 1,2-Dibrom-3-chlorpropan wird nicht festgelegt, da keine Angaben zum Umgang mit diesem Gefahrstoff vorliegen.

1,2-Dibrom-3-chlorpropan ist im Verzeichnis der krebserzeugenden Gefahrstoffe bei Massengehalten> 1 % in Gruppe II (starkgefährdend) und bei Massengehalten (1 % bis 0,1 % in Gruppe III gefährdend) eingeordnet.

Arbeitsmedizinische Erfahrungen

Bei einer Gruppe von 550 Chemiearbeitern, die u. a. auch gegenüber1,2-Dibrom-3-chlorpropan (DBCP) exponiert waren, wurde eine statistisch nicht signifikante Erhöhung der Krebsmortalität gefunden. Die 12 beobachteten Tumoren betrafen überwiegend den Respirationstrakt [1]. Bei einer weiteren Studie an 3500 gegenüber verschiedenen bromierten Substanzen exponierten Arbeitern wurde unter den 1034 gegenüber DBCP Exponierten ebenfalls eine geringe statistisch nicht signifikante Erhöhung der Krebsmortalität gefunden, darunter 9 Karzinome des Respirationstrakts(Erwartungswert 4,8). Im Teilkollektiv derjenigen 238 Arbeiter, die"routinemäßig" exponiert waren, fand sich jedoch kein Todesfall an Krebs [2].

Verschiedene Studien haben einen Einfluß von DBCP auf die Spermatogenese gezeigt. Es wurden neben einer verringerten Spermatogenese auch eine Verkleinerung der Hoden beschrieben [3, 4, 5, 6,].

Toxikologische Erfahrungen

1,2-Dibrom-3-chlorpropan zeigte in verschiedenen Tests sowohl eine punktmutagene als auch eine chromosomenschädigende Wirkung [7].

Im Bereich der maximal verträglichen Dosis zeigte 1,2-Dibrom-3-chlorpropannach Schlundsonden-Applikation fünfmal pro Woche bei Ratte und Maus eine deutlich krebserzeugende Wirkung. Vornehmlich traten Vormagenkarzinome auf [8]:

Ratte: 5 x 15 mg/kg/Woche
bereits nach 54 Wochen bei 28/100 Ratten Vormagenkarzinome (0/40 bei der Kontrolle).
Maus: 5 x 100 mg/kg/Woche
bereits nach 42 Wochen bei 6/100 Mäusen Vormagenkarziname (0/40 bei der Kontrolle).

Nach Inhalation von 0,6 bzw. 3,0 ml/m3 (6 Std./Tag; 5 mal/Woche)über 76-104 Wochen erwies sich 1,2-Dibrom-3-chlorpropan in beiden Konzentrationen bei Ratte und Maus als krebserzeugend. Bei der Ratte entwickelten sich hauptsächlich Geschwülste der Nasenhöhle und an zweiter Stelle Tumoren der Zunge. Bei der Maus war die Zahl der Nasenhöhlen-Tumoren und die Zahl der Lungentumoren erhöht [9] (Tabelle):

Ratte 0 ml/m 0,6 ml/m 3.0 ml/m
Nasenhöhlen-Tumoren
(Männchen) 0/50 32/50 39/50
(Weibchen) 1/50 21/50 32/50
Zungen-Tumoren
(Männchen) 0/50 1/50 11/50
(Weibchen) 0/50 4/50 9/50
Maus 0 ml/m 0,6 ml/m 30 ml/m
Nasenhöhlen-Tumoren
(Männchen) 0/50 1/50 21/50
(Weibchen) 0/50 11/50 38/50
Lungen-Tumoren
(Männchen) 0/50 3/50 11/50
(Weibchen) 4/50 12/50 18/50

Nach den vorliegenden Ergebnissen ist 1,2-Dibrom-3-chlorpropan als starkkrebserzeugend anzusehen. Da 0,6 ml/m3 sich bei Ratte und Maus als deutlich krebserzeugend erwiesen haben, sollte ein Grenzwert weit unter 0,6 ml/m3 liegen.

Bei einem Grenzwert von 0,005 ml/m3 bestünde zu der im Tierversuch wirksamen Konzentration ein Abstand von 1:120.

Analytik

Zur Messung von 1,2-Dibrom-3-chlorpropan in der Luft in Arbeitsbereichen wird von der Kommission der Europäischen Gemeinschaft ein Verfahren empfohlen [10, 11]. Für die Probenahme wird als Absorbens Chromosorb verwendet. Nach der Extraktion mit Hexan erfolgt die Bestimmung mittels Gaschromatographie unter Verwendung eines Elektroneneinfangdetektors mit einer Nachweisgrenze von 0,000014 ml/m3.

Ergebnisse von Arbeitsbereichsmessungen

Dem Ausschuß für Gefahrstoffe sind keine Arbeitsbereiche bekanntgeworden, in denen mit dieser Substanz umgegangen wird. Ergebnisse von Arbeitsbereichsmessungen liegen daher nicht vor.

Hinweise

In Arbeitsbereichen, in denen mit diesem Stoff umgegangen werden sollte, ist durch eine Arbeitsbereichsanalyse unverzüglich festzustellen, ob der Wert von 0,05 mg/m3 (0,005 ml/m3) eingehalten ist.Die Ergebnisse der Arbeitsbereichsanalyse sind dem Ausschuß für Gefahrstoffe (AGS) mitzuteilen.

Literatur

[1] Hearn, S., M.G. Ott, R.C. Kolesar, R.R. Cook: J. occup. Med 39, 49 (1984)

[2] Wong, O., W. Brocker, H.V. Davis, G.S. Nagle: Brit. J. industr. Med. 41, (1984)

[3] Whorton, D., R.M. Krauss, S. Marshall, T.H. Milby: Lancet 2 1259 (1977)

[4] Whorton, D., T.H. Milby, R.M. Krauss, HA. Stubbs: J. occup. Med. 21, 161 (1979)

[5] Lanham, J.M.: (Abstract) 1. occup. Med. 21, 294 (1979)

[6] Lanham, J.M: Toxicologist 1. 103 (1981)

[7] Teramoto, S., Y. Shirasu: Genetic toxicology of 1,2-dibromo-3-chloropropane (DBCP). Mutat. Res. 221 (1989), S. 1-9.

[8] IARC Monographs Bd. 15, S. 139-147, 1977.

[9] National Cancer Institute: Carcinogenesis Technical Reprot Series (T.R. No. 206). U.S.D.H.H.S. Publication No. (NIH). 82-1762, 1982.

[10] Commission of the European Communities. Measurement Techniques for Carcinogenic Agents in Workplace Air, Royal Society of Chemistry, 1989.

[11] J.B. Mann et al., J. Environ. Sci. Health, Pan B, 15 (1980), 519


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