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Regelwerk

TRBa 400 - Handlungsanleitung zur Gefährdungsbeurteilung und für die Unterrichtung der Beschäftigten
bei Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen

Technische Regeln für Biologische Arbeitsstoffe (TRBA)

Ausgabe: April 2006
(BArbBl. 6/2006 S. 62; 31.03.2017 S. 158aufgehoben)



Zur aktuellen Fassung

Archiv: 2001
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Die Technischen Regeln für Biologische Arbeitsstoffe (TRBA) geben den Stand der sicherheitstechnischen, arbeitsmedizinischen, hygienischen sowie arbeitswissenschaftlichen Anforderungen bei Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen wieder. Sie werden vom

Ausschuss für Biologische Arbeitsstoffe (ABAS)

aufgestellt und von ihm der Entwicklung entsprechend angepasst. Die TRBa werden vom Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung im Bundesarbeitsblatt bekanntgegeben.

1. Anwendungsbereich

Die TRBa gilt für die Gefährdungsbeurteilung und für die Unterrichtung der Beschäftigten bei gezielten und nicht gezielten Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen nach Biostoffverordnung ( BioStoffV). Sie gibt darüber hinaus Hinweise für die Überprüfung der Wirksamkeit der Schutzmaßnahmen nach § 11 Abs. 2 BioStoffV.

2. Begriffsbestimmungen

2.1 Biologische Arbeitsstoffe

Der Begriff der biologischen Arbeitsstoffe ist in der BioStoffV abschließend definiert. Im weitesten Sinne handelt es sich dabei um Mikroorganismen, die Infektionen, sensibilisierende oder toxische Wirkungen hervorrufen können.

2.2 Schutzmaßnahmen

Schutzmaßnahmen sind die im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung festzulegenden technischen, organisatorischen und personenbezogenen Maßnahmen sowie Hygienemaßnahmen zum Schutz der Beschäftigten. Sie umfassen die allgemeinen Anforderungen gemäß §§ 10 und 11 BioStoffV und die Sicherheitsmaßnahmen gemäß Punkt 2.3.

2.3 Sicherheitsmaßnahmen

Sicherheitsmaßnahmen sind die besonderen Schutzmaßnahmen, die in den Anhängen II und III der BioStoffV aufgeführt sind.

2.4 Tätigkeit

Tätigkeiten im Sinne der BioStoffV sind das Herstellen und Verwenden von biologischen Arbeitsstoffen, insbesondere das Isolieren, Erzeugen und Vermehren, das Aufschließen, das Ge- und Verbrauchen, das Be- und Verarbeiten, Ab- und Umfüllen, Mischen und Abtrennen sowie das innerbetriebliche Befördern, das Lagern einschließlich Aufbewahren, das Inaktivieren und das Entsorgen. Zu den Tätigkeiten zählt auch der berufliche Umgang mit Menschen, Tieren, Pflanzen, biologischen Produkten, Gegenständen und Materialien, wenn bei diesem Umgang biologische Arbeitsstoffe freigesetzt werden können und dabei Beschäftigte mit den biologischen Arbeitsstoffen direkt in Kontakt kommen können.

Gezielte Tätigkeiten liegen vor, wenn

  1. biologische Arbeitsstoffe mindestens der Spezies nach bekannt sind,
  2. die Tätigkeiten auf einen oder mehrere biologische Arbeitsstoffe unmittelbar ausgerichtet sind und
  3. die Exposition der Beschäftigten im Normalbetrieb hinreichend bekannt oder abschätzbar ist.

Nicht gezielte Tätigkeiten liegen vor, wenn mindestens eine der vorgenannten Voraussetzungen nicht gegeben ist.

2.5 Fachkunde

Fachkundig ist, wer aufgrund seiner Ausbildung und aufgrund der beruflichen Erfahrung sowie der gewonnenen Kenntnisse des Arbeitsverfahrens mit der Problematik der biologischen Arbeitsstoffe im jeweiligen Arbeitsbereich vertraut ist.

2.6 Exposition

Exposition wird verstanden als Vorhandensein von biologischen Arbeitsstoffen bei Tätigkeiten der Beschäftigten im Sinne des Punktes 2.4.

2.7 Branchenspezifische Hilfestellungen

Branchenspezifische Hilfestellungen sind von Fachgremien erarbeitete und konkret auf bestimmte Tätigkeiten, Verfahren oder Anlagen bezogene Empfehlungen. Sie geben dem Arbeitgeber Hilfestellung bei der Erfüllung der Anforderungen der BioStoffV, wenn der ABAS für den entsprechenden Bereich keine konkretisierende TRBa erstellt hat. Solche Hilfestellungen können z.B. von Aufsichtsbehörden der Länder oder Trägern der gesetzlichen Unfallversicherung, von Innungen, Handwerkskammern und Verbänden erarbeitet werden.

2.8 Bestimmungsgemäßer Betrieb

(1) Bestimmungsgemäßer Betrieb einer technischen Anlage ist der zulässige Betrieb, für den die Anlage nach ihrem technischen Zweck bestimmt, ausgelegt und geeignet ist. Der bestimmungsgemäße Betrieb umfasst

(2) Bestimmungsgemäßer Betrieb eher anderen Einrichtung ist der geschäftsübliche Normalbetrieb.

(3) Betriebsstörung ist eine sicherheitstechnisch bedeutsame Abweichung vom bestimmungsgemäßen Betrieb.

3. Allgemeines

3.1 Zielsetzung

(1) Ziel der vorliegenden TRBa ist es, dem Arbeitgeber und den an der Gefährdungsbeurteilung beteiligten Personen eine allgemeine Anleitung zu geben, nach der sie, bezogen auf die konkreten betrieblichen Gegebenheiten beim bestimmungsgemäßen Betrieb, die Gefährdungsbeurteilung durchführen und die Beschäftigten unterrichten können.

Der Schutz der Beschäftigten vor Gefährdungen durch biologische Arbeitsstoffe ist nur dann möglich, wenn alle Einflussgrößen, die zu einer Gefährdung führen können, ermittelt, bewertet und die erforderlichen Schutzmaßnahmen festgelegt und durchgeführt werden.

(2) Diese TRBa kann darüber hinaus von Fachgremien als Basis für die Erarbeitung branchenspezifischer Hilfestellungen zur Gefährdungsbeurteilung herangezogen werden.

3.2 Rechtsgrundlagen für die Gefährdungsbeurteilung

(1) Der Arbeitgeber ist nach § 5 Arbeitsschutzgesetz ( ArbSchG) verpflichtet, durch eine Ermittlung und Beurteilung der arbeitsplatzbedingten Gefährdungen die notwendigen Schutzmaßnahmen festzulegen. Diese allgemeine Vorschrift wird für Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen in der BioStoffV konkretisiert.

(2) Ob die BioStoffV anzuwenden ist, ergibt sich im Rahmen der Beurteilung der arbeitsbedingten Gefährdungen nach dem ArbSchG. Maßgebend ist die Ausrichtung der beruflichen Tätigkeit. Umfasst die berufliche Aufgabe Tätigkeiten, durch deren Ausübung es zu einem Kontakt mit biologischen Arbeitsstoffen kommen kann, wird eine Tätigkeit im Sinne der BioStoffV ausgeübt.

Beispiel 1:
Eine Tätigkeit i.S. der BioStoffV führt z.B. eine Krankenschwester aus, die bei der Pflege von Patienten mit biologischen Arbeitsstoffen in Berührung kommen kann, nicht jedoch ein Busfahrer, dessen Tätigkeit das Busfahren ist und der zufällig auch einen kranken Fahrgast transportiert. Ebenso wie der Busfahrer sind auch Beschäftigte an Büroarbeitsplätzen mit unzureichend gewarteter Klimaanlage zu sehen. Die letztgenannten Tätigkeiten sind über das Arbeitsstättenrecht und das Arbeitsschutzgesetz abgedeckt.

Anmerkung:
Aufgrund der vorliegenden Betriebskenntnisse (z.B. Arbeitsverfahren) und Randbedingungen lässt sich im Allgemeinen feststellen, ob Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen durchgeführt werden.

Dies ist der Fall, wenn biologische Arbeitsstoffe bewusst eingesetzt werden, wie z.B. Hefen bei der Herstellung von Bier oder bei der Anzucht bestimmter Mikroorganismen im Labor.

Auf das Vorhandensein biologischer Arbeitsstoffe als ungewollte Begleiterscheinungen können u.a. hinweisen:

(3) Neben Gefährdungen durch biologische Arbeitsstoffe können in der Praxis auch weitere Gefährdungen und Belastungen vorkommen, die ebenfalls nach ArbSchG zu ermitteln und beurteilen sind. Die Ergebnisse dieser Beurteilungen sollten zusammengefasst werden, damit die zu treffenden Schutzmaßnahmen aufeinander abgestimmt werden können (s. Abb. 1). Dies ist besonders dann wichtig, wenn - wie in Beispiel 2 beschrieben - durch unterschiedliche Gefährdungen konkurrierende Anforderungen an Schutzmaßnahmen entstehen.

Abb. 1: Gefährdungen durch biologische Arbeitsstoffe als Teil der Beurteilung der Arbeitsbedingungen nach § 5 ArbSchG


Beispiel 2:
Wassergemischte Kühlschmierstoffe können von Mikroorganismen besiedelt werden. Nach dem durch die BioStoffV bestehenden Minimierungsgebot könnte dies durch Zugabe von Bioziden verhindert werden. Dadurch und insbesondere bei einer Überdosierung kann es zu irritativen und allergischen Hauterkrankungen sowie zu Atemwegsbeschwerden kommen, weil Biozide ihrerseits Gefahrstoffe mit reizenden und/oder sensibilisierenden Eigenschaften sein können. Deshalb muss auch bzgl. dieser Eigenschaften die Frage nach Ersatzstoffen bzw. Ersatzverfahren gestellt werden. Als Ergebnis der Gesamtbeurteilung muss also sichergestellt werden, dass möglichst nur Biozide ohne sensibilisierende Wirkung und in der niedrigsten geeigneten Konzentration zugesetzt werden, um das Mikroorganismenwachstum zu begrenzen.

4. Gefährdungsbeurteilung

4.1 Allgemeines

(1) Die Gefährdungsbeurteilung ist vor Aufnahme der Tätigkeit durchzuführen und zu dokumentieren.

Sie ist zu aktualisieren

(2) Die sachgerechte und vollständige Ermittlung und Beurteilung der Gefährdungen durch biologische Arbeitsstoffe am Arbeitsplatz und die Festlegung von Schutzmaßnahmen liegen in der Verantwortung des Arbeitgebers und bedürfen der Fachkunde. Ist der Arbeitgeber nicht selber fachkundig, muss er sich entsprechend beraten lassen. Hierfür kommen insbesondere die Fachkraft für Arbeitssicherheit und der Betriebsarzt in Frage. Hinsichtlich der Beteiligungsrechte des Betriebs- und Personalrates gelten die Bestimmungen des Betriebsverfassungsgesetzes bzw. des jeweiligen Personalvertretungsgesetzes.

(3) Der Arbeitgeber kann sich darüber hinaus auch anderweitig betriebsintern oder zusätzlich extern beraten und unterstützen lassen, z.B. durch staatliche Arbeitsschutzbehörden und Träger der gesetzlichen Unfallversicherung oder überbetriebliche Institutionen wie sicherheitstechnische und arbeitsmedizinische Dienste, außerbetriebliche Messstellen, Handwerkskammern, Innungen und Verbände.

(4) Bei vergleichbaren Tätigkeiten und Expositionsbedingungen (z.B. mehrere gleichartige Arbeitsplätze bei der Wertstoffsortierang) braucht der Arbeitgeber die Gefährdungsbeurteilung nur für eine Tätigkeit vorzunehmen.

4.2 Informationen für die Gefährdungsbeurteilung

(1) Für die Durchführung der Gefährdungsbeurteilung ist es von entscheidender Bedeutung, über ausreichende Kenntnisse der Arbeitsbedingungen zu verfügen. § 5 der BioStoffV nennt dem Arbeitgeber Schwerpunkte für die Informationsbeschaffung, wonach er insbesondere zu ermitteln hat:

  1. die ihm zugänglichen Informationen über die Identität, die Einstufung und das Infektionspotential der bei der Tätigkeit vorkommenden biologischen Arbeitsstoffe sowie die von ihnen ausgehenden sensibilisierenden und toxischen Wirkungen,
  2. tätigkeitsbezogene Informationen über Betriebsabläufe und Arbeitsverfahren,
  3. Art und Dauer der Tätigkeiten und damit verbundene mögliche Übertragungswege sowie Informationen über eine Exposition der Beschäftigten,
  4. Erfahrungen aus vergleichbaren Tätigkeiten, Belastungs- und Expositionssituationen und über bekannte tätigkeitsbezogene Erkrankungen sowie die ergriffenen Gegenmaßnahmen.

Abhängig von der Tätigkeit und den vorkommenden biologischen Arbeitsstoffen können die Informationen ggf. nicht zu allen aufgeführten Punkten beschaffbar sein bzw. es können weitergehende Angaben erforderlich werden. Auch in diesen Fällen erfolgt die Beurteilung der Gefährdung auf der Grundlage aller letztendlich vorliegenden Informationen.

(2) Bei der Informationsbeschaffung sind die tätigkeitsrelevanten betriebseigenen Erfahrungen einschließlich der Kenntnisse und Fähigkeiten der Beschäftigten sowie die entsprechenden betrieblichen Unterlagen, wie z.B. Berichte aus den Arbeitsschutzausschuss-Sitzungen, Unfallmeldebögen, Berufskrankheitenverdachtsmeldungen und ggf. vorliegende innerbetriebliche Unterlagen zu Messungen heranzuziehen.

Für viele Tätigkeitsbereiche mit biologischen Arbeitsstoffen liegen bereits Erfahrungen und branchenspezifische Hilfestellungen vor, die zu einer Gefährdungsbeurteilung herangezogen werden können.

Betriebsübergreifende Informationsquellen sind

(3) Die Informationsbeschaffung erfordert in der Regel keine Messungen biologischer Arbeitsstoffe am Arbeitsplatz.

(4) Eine Zusammenfassung relevanter Fragen zur Informationsbeschaffung enthält Anlage 1.

4.2.1 Informationen über die biologischen Arbeitsstoffe
5 Abs. 1 Nr. 1 BioStoffV)

(1) Ausgangspunkt bei der Informationsbeschaffung ist die Feststellung der Identität des biologischen Arbeitsstoffes. In vielen Fällen können bei nicht gezielten Tätigkeiten, insbesondere wenn eine wechselnde Mischexposition vorliegt, die einzelnen vorkommenden Mikroorganismen nicht oder nur mit unverhältnismäßig großem Aufwand bestimmt werden. In diesen Fällen prüft der Arbeitgeber, welche Mikroorganismen oder Gruppen von Mikroorganismen für die zu beurteilenden Tätigkeiten relevant sind (Beispiel 3); hierbei spielen neben der Identität auch die Wahrscheinlichkeit und die Art des Auftretens (z.B. luftgetragen, an Oberflächen gebunden) der Mikroorganismen eine Rolle.

Beispiel 3:
Im Gegensatz zu biotechnischen Verfahren, bei denen die Identität des oder der verwendeten biologischen Arbeitsstoffe/s bekannt Ist und somit die Einstufung in die Risikogruppe vorgenommen werden kann, ist bei Tätigkeiten im Bereich der Abfallsortierung die Feststellung der Identität ohne großen analytischen Aufwand nicht möglich und aufgrund des variierenden Organismenspektrums nicht sinnvoll. Für die Informationsbeschaffung und Gefährdungsbeurteilung ist es ausreichend, Aussagen über die vorkommenden für die Exposition relevanten Organismengruppen, wie z.B. Schimmelpilze oder Enterobakterien, zu treffen.

Mit der Information zur Identität verbunden sind in der Regel auch Aussagen zum Infektionspotenzial sowie zu etwaigen sensibilislerenden und toxischen Wirkungen.

(2) Die Einstufung eines biologischen Arbeitsstoffes in eine Risikogruppe erfolgt ausschließlich nach dem Infektionspotential 1. EU-weit, verbindliche Einstufungen biologischer Arbeitsstoffe der Risikogruppen 2 bis 4 enthält Anhang III der Richtlinie 2000/54/EG in Verbindung mit den jeweils gültigen Änderungs- und Anpassungsrichtlinien (kodifizierte Fassung: Richtlinie 2000/54/ EG).

Ergänzend hierzu enthalten Einstufungen:

Einstufungen in die Risikogruppe 1 enthalten die TRBa 460, 464 und 466 sowie die Merkblätter der BG-Chemie BGI 631 bis BGI 636. Dort finden sich auch Hinweise auf bestimmte opportunistische Erreger, die bei gesunden Beschäftigten keine Infektionen hervorrufen, jedoch bei Vorliegen von Störungen der körpereigenen Abwehr des Beschäftigten zu Erkrankungen führen können.

(3) Die toxischen und sensibilisierenden Wirkungen biologischer Arbeitsstoffe müssen zusätzlich ermittelt werden.

Hinweise hierzu werden im Einzelfall im Anhang III der RL 2000/54/EG durch eine Kennzeichnung mit a (=allergisierend) oder T (=toxisch) gegeben.

Darüber hinaus finden sich Hinweise auf sensibilisierende Eigenschaften biologischer Arbeitsstoffe auch im ABAS-Beschluss 606 und in den folgenden technischen Regeln für Gefahrstoffe:

(4) Für die Gefährdungsbeurteilung ist es erforderlich, die Übertragungswege der ermittelten biologischen Arbeitsstoffe zu kennen (Beispiel 4).

Beispiel 4:
Übertragungswege am Beispiel ausgewählter biologischer Arbeitsstoffe:
Mikroorganismus Übertragungsweg Risikogruppe
Mycobacteriumtuberculosis Luftweg 3
Hepatitis-B-Virus (HBV), Blut oder andere Körperflüssigkeiten 3 (**)
Hepatitis-C-Virus (HCV),
Immundefizienzvirus des Menschen (HIV),
Hepatitis a Virus (HAV) fäkal/oral 2

Biologische Arbeitsstoffe der Risikogruppe 3, bei denen normalerweise nicht mit einer Übertragung auf dem Luftweg zu rechnen ist, sind in den Einstufungslisten mit (**) gekennzeichnet. Regelungen hierzu enthält die TRBa 105 "Sicherheitsmaßnahmen bei Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen der Risikogruppe 3(**)"

(5) Im Rahmen der Ermittlung der stoffbezogenen Informationen kann der Arbeitgeber bereits der Verpflichtung zur Auflistung der relevanten biologischen Arbeitsstoffe nach § 8 BioStoffV nachkommen. Beispiel 5 enthält ein Muster für ein solches Verzeichnis der biologischen Arbeitsstoffe.

Beispiel 5:
Muster für ein Verzeichnis biologischer Arbeitsstoffe
Lfd. Nr. B= Bakterien
Pi= Pilze
V= Viren
Pa= Parasiten
TSE
Zellkulturen
Biologischer Arbeitsstoff Risikogruppe Übertragungsweg bemerkungen (toxische und sensibilisierende Wirkungen u.a.)


Beispiel 6:
Aufnahmepfade
Aufnahmepfad Beispiele
Aufnahme von Bioaerosolen über die Atemwege (kleinste Tröpfchen, Nebel und Stäube, da z.B. eine erhöhte Staubentwicklung eine erhöhte Keimbelastung bedeuten kann) - Zellaufschluss mit Ultraschall oder Hochdruck Einfüllen, Umfüllen oder Mischen von Stoffen

- Lagerung und Transport von Staub entwickelnden kontaminierten Materialien

- Reinigung staubbelasteter Bereiche

- Entfernung mikrobiell kontaminierter Materialien

- Einsatz von technischer Luftbefeuchtung

- Sprühverfahren, Hochdruckreiniger, Turbinenbohrer beim Zahnarzt

Einwirkung auf Haut oder Schleimhäute - Eindringen bei Hautverletzungen

- Vorgeschädigte Haut (Feuchtarbeit, Irritanzien)

- Spritzer auf die unbedeckte Haut (Gesicht, Arme) und in die Augen

- Chronische Hauterkrankungen (Ekzem, Psoriasis)

Aufnahme über den Mund - Essen, Trinken, Rauchen ohne vorherige Reinigung der Hände

- Kontaminierte Nahrungs- und Genussmittel

Eindringen in tieferes Gewebe (Muskulatur, Unterhautfettgewebe) - Stich- und Schnittverletzungen

- Biss- oder Stichverletzungen durch Tiere

4.2.2 Tätigkeitsbezogene Informationen
5 Abs. 1 Nr. 2 - 4 BioStoffV)

(1) Betriebsabläufe und Arbeitsverfahren sind detailliert und ggf. in einzelne Arbeitsschritte untergliedert zu erfassen. Tätigkeiten sind konkret zu beschreiben 2.

Berufsbezeichnungen wie z.B. "Laborant" lassen keinen unmittelbaren Rückschluss auf die Art der Tätigkeit zu und sind daher nicht ausreichend, wohingegen die Tätigkeitsbeschreibung "Beimpfen eines Vorfermenters mit Starterkultur" hinreichend genau ist.

(2) Die einzelnen Tätigkeiten sind hinsichtlich einer möglichen Exposition der Beschäftigten zu prüfen, sowie die Art der Exposition (z.B. Aerosolbildung) und - soweit möglich - deren Ausmaß und Dauer zu ermitteln. Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen bedeuten nicht gleichzeitig eine Exposition der Beschäftigten. So ist das Überwachen einer geschlossenen bim technischen Anlage im Allgemeinen nicht mit einer Exposition verbunden. Das Beimpfen, die Beprobung und die Ernte einer Kultur kann allerdings eine Expositionsmöglichkeit darstellen.

(3) Die bei den Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen auftretenden Aufnahmepfade sind zu ermitteln (Beispiel 6). Dabei ist zu beachten, dass gleichzeitig mehrere Aufnahmepfade möglich sind (Beispiel 7).

Beispiel 7
Die bei Reinigungsarbeiten im Rahmen der Kanalsanierung anfallenden Abwässer enthalten biologische Arbeitsstoffe. Diese können einerseits bei direktem Kontakt über Hautverletzungen und durch Schmierinfektionen sowie andererseits als Aerosole eingeatmet in den menschlichen Organismus gelangen.

(4) Zu den erforderlichen Informationen gehört auch das Wissen über tätigkeitsbedingte Erkrankungen und sonstige arbeitsmedizinische Erkenntnisse mit direktem Bezug zu den Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen. Insbesondere hierzu sollte der Betriebsarzt oder der Arzt nach § 15 Abs. 3 BioStoffV einbezogen werden.

4.2.3 Entscheidung über die Art der Tätigkeit (gezielt oder nicht gezielt)

An Hand der zusammengetragenen Informationen muss - wie in Abb. 2 dargestellt - entschieden werden, ob es sich um gezielte oder nicht gezielte Tätigkeiten handelt (Beispiel 8).

Nicht gezielte Tätigkeiten liegen in der Regel vor bei Arbeiten mit Stoffen, Gegenständen, Materialien die Mikroorganismen natürlicherweise oder zufällig durch Verunreinigungen enthalten oder diesen anhaften. Hierzu werden auch Tätigkeiten im Rahmen des beruflichen Umgangs mit Menschen, Tieren und Pflanzen gerechnet, wenn dabei biologische Arbeitsstoffe frei werden.

Nicht gezielte Tätigkeiten sind oftmals auch dadurch gekennzeichnet, dass eine wechselnde Mischexposition mit biologischen Arbeitsstoffen unterschiedlicher Risikogruppen vorliegt.

Abb. 2: Ablauf des Entscheidungsprozesses "Gezielte Tätigkeiten - nicht gezielte Tätigkeiten"

Diese Entscheidung hat keinen Einfluss auf das Schutzniveau, obwohl sich die Gefährdungsbeurteilung und die Festlegung der Schutzmaßnahmen bei gezielten und nicht gezielten Tätigkeiten unterscheiden.

Beispiel 8:
Diagnostische Untersuchungen von humanem Probenmaterial stellen in der Regel nicht gezielte Tätigkeiten dar. Werden beispielsweise Blutwerte bestimmt, so sind diese Tätigkeiten nicht auf einen bestimmten biologischen Arbeitsstoff ausgerichtet. Erfolgt eine Untersuchung auf das Vorhandensein eines bestimmten Krankheitserregers und werden im Zuge dessen Kulturen angesetzt, so ist zwar die Tätigkeit auf diesen potentiell vorhandenen biologischen Arbeitstoff selbst ausgerichtet, aber noch ist unbekannt, ob eine Infektionsgefährdung wirklich vorliegt und um welche Spezies es sich ggf. handelt. Von daher sind die für gezielte Tätigkeiten geltenden Kriterien nicht erfüllt.

Wird allerdings ein bestimmter biologischer Arbeitsstoff nachgewiesen und sind weitere Charakterisierungen im Hinblick auf die erforderliche Therapie notwendig (z.B. Anzucht von Bakterien zur Bestimmung von Antibiotika-Resistenzen), handelt es sich um gezielte Tätigkeiten: der biologische Arbeitsstoff ist bekannt, die Tätigkeit ist auf ihn ausgerichtet und Art, Ausmaß und Dauer der Exposition sind abschätzbar.

4.3 Zuordnung zu einer Schutzstufe bei gezielten Tätigkeiten

(1) Bei gezielten Tätigkeiten erfolgt ausgehend von der Einstufung der biologischen Arbeitsstoffe in Risikogruppen die Zuordnung in die entsprechende Schutzstufe. Die Schutzstufen und die zugehörigen Hygiene- und Sicherheitsmaßnahmen sind in den Anhängen II und III der BioStoffV aufgeführt und enthalten neben verbindlichen auch empfohlene Sicherheitsmaßnahmen. Konkretisierungen zu den Anhängen II und III finden sich in spezifischen Schutzmaßnahmen-TRBa (siehe Literaturverzeichnis).

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