umwelt-online: VersMedV - Versorgungsmedizin- Verordnung (Bund) (2)

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(Red. Anm.: Diese VO wurde neu dargestellt siehe =>)

7.8 Verlust des Kehlkopfes

bei guter Ersatzstimme und ohne Begleiterscheinungen, unter Mitberücksichtigung der Beeinträchtigung der körperlichen Leistungsfähigkeit (fehlende Bauchpresse) 70
in allen anderen Fällen 80

Anhaltende schwere Bronchitiden und Beeinträchtigungen durch Nervenlähmungen im Hals- und Schulterbereich sind zusätzlich zu berücksichtigen.

Bei Verlust des Kehlkopfes wegen eines malignen Tumors ist in den ersten fünf Jahren eine Heilungsbewährung abzuwarten;

GdB bzw. GdS während dieser Zeit 100

Teilverlust des Kehlkopfes

je nach Sprechfähigkeit und Beeinträchtigung der körperlichen Leistungsfähigkeit 20-50

Bei Teilverlust des Kehlkopfes wegen eines malignen Tumors ist in den ersten fünf Jahren eine Heilungsbewährung abzuwarten;

GdS während dieser Zeit bei Geschwulstentfernung im Frühstadium (T1 N0 M0) 50-60
sonst 80

7.9 Tracheostoma

reizlos oder mit geringen Reizerscheinungen (Tracheitis, Bronchitis), gute Sprechstimme 40
mit erheblichen Reizerscheinungen und/oder erheblicher Beeinträchtigung der Sprechstimme bis zum Verlust der Sprechfähigkeit (z.B. bei schweren Kehlkopfveränderungen) 50-80

Einschränkungen der Atemfunktion sind ggf. zusätzlich zu berücksichtigen.

Trachealstenose ohne Tracheostoma

Der GdS ist je nach Atembehinderung analog der dauernden Einschränkung der Lungenfunktion zu beurteilen.

7.10 Funktionelle und organische Stimmstörungen (z.B. Stimmbandlähmung)

mit geringer belastungsabhängiger Heiserkeit 0-10
mit dauernder Heiserkeit 20-30
nur Flüsterstimme 40
mit völliger Stimmlosigkeit 50

Atembehinderungen sind ggf. zusätzlich zu bewerten analog der dauernden Einschränkung der Lungenfunktion.

7.11 Artikulationsstörungen

durch Lähmungen oder Veränderungen in Mundhöhle oder Rachen mit verständlicher Sprache 10
mit schwer verständlicher Sprache 20-40
mit unverständlicher Sprache 50

Stottern

leicht 0-10
mittelgradig, situationsunabhängig 20
schwer, auffällige Mitbewegungen 30-40
mit unverständlicher Sprache 50

Außergewöhnliche psychoreaktive Störungen einschließlich somatoformer Störungen sind ggf. zusätzlich zu berücksichtigen

8. Brustkorb, tiefere Atemwege und Lungen

Bei chronischen Krankheiten der Bronchien und des Lungenparenchyms sowie bei Brustfellschwarten richtet sich der GdS vor allem nach der klinischen Symptomatik mit ihren Auswirkungen auf den Allgemeinzustand. Außerdem sind die Einschränkung der Lungenfunktion, die Folgeerscheinungen an anderen Organsystemen (z.B. Cor pulmonale) und bei allergisch bedingten Krankheiten auch die Vermeidbarkeit der Allergene zu berücksichtigen.

8.1 Brüche und Defekte der Knochen des Brustkorbs (Rippen, Brustbein, Schlüsselbein)

ohne Funktionsstörungen verheilt, je nach Ausdehnung des Defektes 0-10

Rippendefekte mit Brustfellschwarten

ohne wesentliche Funktionsstörung 0-10
bei sehr ausgedehnten Defekten einschließlich entstellender Wirkung 20

Brustfellverwachsungen und -schwarten

ohne wesentliche Funktionsstörung 0-10

Fremdkörper im Lungengewebe oder in der Brustkorbwand

reaktionslos eingeheilt 0

8.2 Chronische Bronchitis, Bronchiektasen

als eigenständige Krankheiten - ohne dauernde Einschränkung der Lungenfunktion, leichte Form
(symptomfreie Intervalle über mehrere Monate, wenig Husten, geringer Auswurf)
0-10
schwere Form
(fast kontinuierlich ausgiebiger Husten und Auswurf, häufige akute Schübe)
20-30

Pneumokoniosen (z.B. Silikose, Asbestose)

ohne wesentliche Einschränkung der Lungenfunktion 0-10

8.3 Krankheiten der Atmungsorgane mit dauernder Einschränkung der Lungenfunktion

geringen Grades
das gewöhnliche Maß übersteigende Atemnot bei mittelschwerer Belastung (z.B. forsches Gehen [5-6 km/h], mittelschwere körperliche Arbeit); statische und dynamische Messwerte der Lungenfunktionsprüfung bis zu 1/3 niedriger als die Sollwerte, Blutgaswerte im Normbereich
20-40


mittleren Grades
das gewöhnliche Maß übersteigende Atemnot bereits bei alltäglicher leichter Belastung (z.B. Spazierengehen [3-4 km/h], Treppensteigen bis zu einem Stockwerk, leichte körperliche Arbeit); statische und dynamische Messwerte der Lungenfunktionsprüfung bis zu2/3 niedriger als die Sollwerte, respiratorische Partialinsuffizienz
50-70


schweren Grades
Atemnot bereits bei leichtester Belastung oder in Ruhe; statische und dynamische Messwerte der Lungenfunktionsprüfung um mehr als2/3 niedriger als die Sollwerte, respiratorische Globalinsuffizienz
80-100

8.4 Nach einer Lungentransplantation ist eine Heilungsbewährung abzuwarten (im Allgemeinen zwei Jahre); während dieser Zeit ist ein GdS von 100 anzusetzen. Danach ist der GdS selbst bei günstigem Heilungsverlauf unter Mitberücksichtigung der erforderlichen Immunsuppression nicht niedriger als 70 zu bewerten.

Nach Entfernung eines malignen Lungentumors oder eines Bronchialtumors ist in den ersten fünf Jahren eine Heilungsbewährung abzuwarten.

GdS während dieser Zeit wenigstens 80
bei Einschränkung der Lungenfunktion mittleren bis schweren Grades 90-100

8.5 Bronchialasthma ohne dauernde Einschränkung der Lungenfunktion,

Hyperreagibilität mit seltenen (saisonalen) und/oder leichten Anfällen 0-20
Hyperreagibilität mit häufigen (mehrmals pro Monat) und/oder schweren Anfällen 30-40
Hyperreagibilität mit Serien schwerer Anfälle 50

Eine dauernde Einschränkung der Lungenfunktion ist zusätzlich zu berücksichtigen.

8.6 Bronchialasthma bei Kindern

geringen Grades
(Hyperreagibilität mit seltenen (saisonalen) und/oder leichten Anfällen, keine dauernde Einschränkung der Atemfunktion, nicht mehr als sechs Wochen Bronchitis im Jahr)
20-40
mittleren Grades
(Hyperreagibilität mit häufigeren und/oder schweren Anfällen, leichte bis mittelgradige ständige Einschränkung der Atemfunktion, etwa 2 bis 3 Monate kontinuierliche Bronchitis im Jahr)
50-70
schweren Grades
(Hyperreagibilität mit Serien schwerer Anfälle, schwere Beeinträchtigung der Atemfunktion, mehr als 3 Monate kontinuierliche Bronchitis im Jahr)
80-100

8.7 Schlaf-Apnoe-Syndrom (Nachweis durch Untersuchung im Schlaflabor)

ohne Notwendigkeit einer kontinuierlichen nasalen Überdruckbeatmung 0-10
mit Notwendigkeit einer kontinuierlichen nasalen Überdruckbeatmung 20
bei nicht durchführbarer nasaler Überdruckbeatmung 50

Folgeerscheinungen oder Komplikationen (z.B. Herzrhythmusstörungen, Hypertonie, Cor pulmonale) sind zusätzlich zu berücksichtigen.

8.8 Tuberkulose

Tuberkulöse Pleuritis

Der GdS richtet sich nach den Folgeerscheinungen.

Lungentuberkulose

ansteckungsfähig (mehr als 6 Monate andauernd) 100
nicht ansteckungsfähig ohne Einschränkung der Lungenfunktion 0

sonst je nach Einschränkung der Lungenfunktion.

8.9 Sarkoidose

Der GdS richtet sich nach der Aktivität mit ihren Auswirkungen auf den Allgemeinzustand und nach den Auswirkungen an den verschiedenen Organen.

Bei chronischem Verlauf mit klinischen Aktivitätszeichen und Auswirkungen auf den Allgemeinzustand ist ohne Funktionseinschränkung von betroffenen Organen ein GdS von 30 anzunehmen.

9. Herz und Kreislauf

Für die Bemessung des GdS ist weniger die Art einer Herz- oder Kreislaufkrankheit maßgeblich als die Leistungseinbuße. Bei der Beurteilung des GdS ist zunächst von dem klinischen Bild und von den Funktionseinschränkungen im Alltag auszugehen. Ergometerdaten und andere Parameter stellen Richtwerte dar, die das klinische Bild ergänzen. Elektrokardiographische Abweichungen allein gestatten keinen Rückschluss auf die Leistungseinbuße.

9.1 Krankheiten des Herzens

9.1.1 Einschränkung der Herzleistung:

1. keine wesentliche Leistungsbeeinträchtigung (keine Insuffizienzerscheinungen wie Atemnot, anginöse Schmerzen) selbst bei gewohnter stärkerer Belastung (z.B. sehr schnelles Gehen [7-8 km/h], schwere körperliche Arbeit), keine Einschränkung der Solleistung bei Ergometerbelastung; bei Kindern und Säuglingen (je nach Alter) beim Strampeln, Krabbeln, Laufen, Treppensteigen keine wesentliche Leistungsbeeinträchtigung, keine Tachypnoe, kein Schwitzen 0-10
2. Leistungsbeeinträchtigung bei mittelschwerer Belastung (z.B. forsches Gehen [5-6 km/h], mittelschwere körperliche Arbeit), Beschwerden und Auftreten pathologischer Messdaten bei Ergometerbelastung mit 75 Watt (wenigstens 2 Minuten); bei Kindern und Säuglingen Trinkschwierigkeiten, leichtes Schwitzen, leichte Tachy- und Dyspnoe, leichte Zyanose, keine Stauungsorgane, Beschwerden und Auftreten pathologischer Messdaten bei Ergometerbelastung mit 1 Watt/kg Körpergewicht 20-40
3. Leistungsbeeinträchtigung bereits bei alltäglicher leichter Belastung (z.B. Spazierengehen [3-4 km/h], Treppensteigen bis zu einem Stockwerk, leichte körperliche Arbeit), Beschwerden und Auftreten pathologischer Messdaten bei Ergometerbelastung mit 50 Watt (wenigstens 2 Minuten); bei Kindern und Säuglingen deutliche Trinkschwierigkeiten, deutliches Schwitzen, deutliche Tachy- und Dyspnoe, deutliche Zyanose, rezidivierende pulmonale Infekte, kardial bedingte Gedeihstörungen, Beschwerden und Auftreten pathologischer Messdaten bei Ergometerbelastung mit 0,75 Watt/kg Körpergewicht 50-70
mit gelegentlich auftretenden, vorübergehend schweren Dekompensationserscheinungen 80
4. Leistungsbeeinträchtigung bereits in Ruhe (Ruheinsuffizienz, z.B. auch bei fixierter pulmonaler Hypertonie); bei Kindern und Säuglingen auch hypoxämische Anfälle, deutliche Stauungsorgane, kardiale Dystrophie 90-100

(Die für Erwachsene angegebenen Wattzahlen sind auf mittleres Lebensalter und Belastung im Sitzen bezogen.)

Liegen weitere objektive Parameter zur Leistungsbeurteilung vor, sind diese entsprechend zu berücksichtigen. Notwendige körperliche Leistungsbeschränkungen (z.B. bei höhergradiger Aortenklappenstenose, hypertrophischer obstruktiver Kardiomyopathie) sind wie Leistungsbeeinträchtigungen zu bewerten.

9.1.2 Nach operativen und anderen therapeutischen Eingriffen am Herzen ist der GdS von der bleibenden Leistungsbeeinträchtigung abhängig. Bei Herzklappenprothesen ist der GdS nicht niedriger als 30 zu bewerten; dieser Wert schließt eine Dauerbehandlung mit Antikoagulantien ein.

9.1.3 Nach einem Herzinfarkt ist der GdS von der bleibenden Leistungsbeeinträchtigung abhängig.

9.1.4 Nach Herztransplantation ist eine Heilungsbewährung abzuwarten (im Allgemeinen zwei Jahre); während dieser Zeit ist ein GdS von 100 anzusetzen. Danach ist der GdS selbst bei günstigem Heilungsverlauf unter Berücksichtigung der erforderlichen Immunsuppression nicht niedriger als 70 zu bewerten.

9.1.5 Fremdkörper im Herzmuskel oder Herzbeutel

reaktionslos eingeheilt 0
mit Beeinträchtigung der Herzleistung siehe oben

9.1.6 Rhythmusstörungen

Die Beurteilung des GdS richtet sich vor allem nach der Leistungsbeeinträchtigung des Herzens.

Anfallsweise auftretende hämodynamisch relevante Rhythmusstörungen (z.B. paroxysmale Tachykardien) je nach Häufigkeit, Dauer und subjektiver Beeinträchtigung

bei fehlender andauernder Leistungsbeeinträchtigung des Herzens 10-30

bei bestehender andauernder Leistungsbeeinträchtigung des Herzens sind sie entsprechend zusätzlich zu bewerten.

nach Implantation eines Herzschrittmachers 10
nach Implantation eines Kardioverter-Defibrillators wenigstens 50
bei ventrikulären tachykarden Rhythmusstörungen im Kindesalter ohne Implantation eines Kardioverter-Defibrillators wenigstens 60

9.2 Gefäßkrankheiten

9.2.1 Arterielle Verschlusskrankheiten, Arterienverschlüsse an den Beinen (auch nach rekanalisierenden Maßnahmen)

mit ausreichender Restdurchblutung, Pulsausfall ohne Beschwerden oder mit geringen Beschwerden (Missempfindungen in Wade und Fuß bei raschem Gehen) ein- oder beidseitig 0-10

mit eingeschränkter Restdurchblutung (Claudicatio intermittens)

Stadium II

Schmerzen ein- oder beidseitig nach Gehen einer Wegstrecke in der Ebene von mehr als 500 m 20
Schmerzen ein- oder beidseitig nach Gehen einer Wegstrecke in der Ebene von 100 bis 500 m 30-40
Schmerzen ein- oder beidseitig nach Gehen einer Wegstrecke in der Ebene von 50 bis 100 m 50-60
Schmerzen ein- oder beidseitig nach Gehen einer Wegstrecke in der Ebene von weniger als 50 m ohne Ruheschmerz 70-80
Schmerzen nach Gehen einer Wegstrecke unter 50 m mit Ruheschmerz (Stadium III) einschließlich trophischer Störungen (Stadium IV )  
einseitig 80
beidseitig 90-100

Apparative Messmethoden (z.B. Dopplerdruck) können nur eine allgemeine Orientierung über den Schweregrad abgeben.

Bei Arterienverschlüssen an den Armen wird der GdS ebenfalls durch das Ausmaß der Beschwerden und Funktionseinschränkungen - im Vergleich mit anderen Schäden an den Armen - bestimmt.

9.2.2 Nach größeren gefäßchirurgischen Eingriffen (z.B. Prothesenimplantation) mit vollständiger Kompensation einschließlich

Dauerbehandlung mit Antikoagulantien 20

Arteriovenöse Fisteln

Der GdS richtet sich nach den hämodynamischen Auswirkungen am Herzen und/oder in der Peripherie.

Aneurysmen (je nach Sitz und Größe)

ohne lokale Funktionsstörung und ohne Einschränkung der Belastbarkeit 0-10
ohne oder mit nur geringer lokaler Funktionsstörung mit

Einschränkung der Belastbarkeit

20-40
große Aneurysmen wenigstens 50

Hierzu gehören immer die dissezierenden Aneurysmen der Aorta und die großen Aneurysmen der Aorta abdominalis und der großen Beckenarterien.

9.2.3 Unkomplizierte Krampfadern 0

Chronischvenöse Insuffizienz (z.B. bei Krampfadern), postthrombotisches Syndrom ein- oder beidseitig

mit geringem belastungsabhängigem Ödem, nicht ulzerösen Hautveränderungen, ohne wesentliche Stauungsbeschwerden 0-10
mit erheblicher Ödembildung, häufig (mehrmals im Jahr) rezidivierenden Entzündungen 20-30
mit chronischen rezidivierenden Geschwüren, je nach Ausdehnung und Häufigkeit (einschließlich arthrogenes Stauungssyndrom) 30-50

Lymphödem

an einer Gliedmaße ohne wesentliche Funktionsbehinderung, Erfordernis einer Kompressionsbandage 0-10
mit stärkerer Umfangsvermehrung (mehr als 3 cm) je nach Funktionseinschränkung 20-40
mit erheblicher Beeinträchtigung der Gebrauchsfähigkeit der betroffenen Gliedmaße, je nach Ausmaß 50-70
bei Gebrauchsunfähigkeit der ganzen Gliedmaße 80

Entstellungen bei sehr ausgeprägten Formen sind ggf. zusätzlich zu berücksichtigen.

9.3 Hypertonie (Bluthochdruck)

leichte Form

keine oder geringe Leistungsbeeinträchtigung (höchstens leichte Augenhintergrundveränderungen) 0-10

mittelschwere Form

mit Organbeteiligung leichten bis mittleren Grades
(Augenhintergrundveränderungen - Fundus hypertonicus I-II - und/oder Linkshypertrophie des Herzens und/oder Proteinurie), diastolischer Blutdruck mehrfach über 100 mm Hg trotz Behandlung, je nach Leistungsbeeinträchtigung
20-40

schwere Form

mit Beteiligung mehrerer Organe (schwere Augenhintergrundveränderungen und Beeinträchtigung der Herzfunktion, der Nierenfunktion und/oder der Hirndurchblutung) je nach Art und Ausmaß der Leistungsbeeinträchtigung 50-100

maligne Form

diastolischer Blutdruck konstant über 130 mm Hg; Fundus hypertonicus III-IV (Papillenödem, Venenstauung, Exsudate, Blutungen, schwerste arterielle Gefäßveränderungen); unter Einschluss der Organbeteiligung (Herz, Nieren, Gehirn) 100

Funktionelle kardiovaskuläre Syndrome, (z.B. orthostatische Fehlregulation)

mit leichten Beschwerden 0
mit stärkeren Beschwerden und Kollapsneigung 10-20

10. Verdauungsorgane

10.1 Speiseröhrenkrankheiten

Traktionsdivertikel je nach Größe und Beschwerden 0-10

Pulsionsdivertikel

ohne wesentliche Behinderung der Nahrungsaufnahme je nach Größe und Beschwerden 0-10
mit erheblicher Behinderung der Nahrungsaufnahme je nach Auswirkung auf den Allgemeinzustand 20-40

Funktionelle Stenosen der Speiseröhre (Ösophagospasmus, Achalasie)

ohne wesentliche Behinderung der Nahrungsaufnahme 0-10
mit deutlicher Behinderung der Nahrungsaufnahme 20-40
mit erheblicher Beeinträchtigung des Kräfte- und Ernährungszustandes, häufige Aspiration 50-70

Auswirkungen auf Nachbarorgane (z.B. durch Aspiration) sind zusätzlich zu bewerten.

Organische Stenose der Speiseröhre (z.B. angeboren, nach Laugenverätzung, Narbenstenose, peptische Striktur)

ohne wesentliche Behinderung der Nahrungsaufnahme je nach Größe und Beschwerden 0-10
mit deutlicher Behinderung der Nahrungsaufnahme je nach Auswirkung
(Einschränkung der Kostform, verlängerte Essdauer)
20-40
mit erheblicher Beeinträchtigung des Kräfte- und Ernährungszustandes 50-70

Refluxkrankheit der Speiseröhre

mit anhaltenden Refluxbeschwerden je nach Ausmaß 10-30

Auswirkungen auf Nachbarorgane sind zusätzlich zu bewerten.

Nach Entfernung eines malignen Speiseröhrentumors ist in den ersten fünf Jahren eine Heilungsbewährung abzuwarten. GdS während dieser Zeit

je nach Beeinträchtigung des Kräfte- und Ernährungszustandes 80-100

Speiseröhrenersatz

Der GdS ist nach den Auswirkungen (z.B. Schluckstörungen, Reflux, Narben) jedoch nicht unter 20 zu bewerten.

10.2 Magen- und Darmkrankheiten

Bei organischen und funktionellen Krankheiten des Magen-Darmkanals ist der GdS nach dem Grad der Beeinträchtigung des Allgemeinzustandes, der Schwere der Organstörung und nach der Notwendigkeit besonderer Diätkost zu beurteilen. Bei allergisch bedingten Krankheiten ist auch die Vermeidbarkeit der Allergene von Bedeutung.

10.2.1 Magen- oder Zwölffingerdarmgeschwürsleiden (chronisch rezidivierende Geschwüre, Intervallbeschwerden)

mit Rezidiven in Abständen von zwei bis drei Jahren 0-10
mit häufigeren Rezidiven und Beeinträchtigung des Ernährungs- und Kräftezustandes 20-30
mit erheblichen Komplikationen (z.B. Magenausgangsstenose) und andauernder erheblicher Minderung des Ernährungs- und Kräftezustandes 40-50

Nach einer selektiven proximalen Vagotomie kommt ein GdS nur in Betracht, wenn postoperative Darmstörungen oder noch Auswirkungen des Grundleidens vorliegen.

Chronische Gastritis (histologisch gesicherte Veränderung der Magenschleimhaut) 0-10
Reizmagen (funktionelle Dyspepsie) 0-10

Teilentfernung des Magens, Gastroenterostomie

mit guter Funktion, je nach Beschwerden 0-10
mit anhaltenden Beschwerden (z.B. Dumping-Syndrom, rezidivierendes Ulcus jejuni pepticum) 20-40

Totalentfernung des Magens

ohne Beeinträchtigung des Kräfte- und Ernährungszustandes je nach Beschwerden 20-30
bei Beeinträchtigung des Kräfte- und Ernährungszustandes und/oder Komplikationen (z.B. Dumping-Syndrom) 40-50

Nach Entfernung eines malignen Magentumors ist eine Heilungsbewährung abzuwarten.

GdS während einer Heilungsbewährung von zwei Jahren nach Entfernung eines Magenfrühkarzinoms 50
GdS während einer Heilungsbewährung von fünf Jahren nach Entfernung aller anderen malignen Magentumoren je nach Stadium und Auswirkung auf den Allgemeinzustand 80-100

10.2.2 Chronische Darmstörungen (irritabler Darm, Divertikulose, Divertikulitis, Darmteilresektion)

ohne wesentliche Beschwerden und Auswirkungen 0-10
mit stärkeren und häufig rezidivierenden oder anhaltenden Symptomen (z.B. Durchfälle, Spasmen) 20-30
mit erheblicher Minderung des Kräfte- und Ernährungszustandes 40-50

Angeborene Motilitätsstörungen des Darmes (z.B. HirschsprungKrankheit, neuronale Dysplasie)

ohne wesentliche Gedeih- und Entwicklungsstörung 10-20
mit geringer Gedeih- und Entwicklungsstörung 30-40
mit mittelgradiger Gedeih- und Entwicklungsstörung 50
mit schwerer Gedeih- und Entwicklungsstörung 60-70

Kurzdarmsyndrom im Kindesalter

mit mittelschwerer Gedeih- und Entwicklungsstörung 50-60
mit schwerer Gedeih- und Entwicklungsstörung (z.B. Notwendigkeit künstlicher Ernährung) 70-100

Colitis ulcerosa, Crohn-Krankheit (Enteritis regionalis)

mit geringer Auswirkung (geringe Beschwerden, keine oder geringe Beeinträchtigung des Kräfte- und Ernährungszustandes, selten Durchfälle) 10-20
mit mittelschwerer Auswirkung (häufig rezidivierende oder länger anhaltende Beschwerden, geringe bis mittelschwere Beeinträchtigung des Kräfte- und Ernährungszustandes, häufiger Durchfälle) 30-40
mit schwerer Auswirkung (anhaltende oder häufig rezidivierende erhebliche Beschwerden, erhebliche Beeinträchtigung des Kräfte- und Ernährungszustandes, häufige, tägliche, auch nächtliche Durchfälle) 50-60
mit schwerster Auswirkung (häufig rezidivierende oder anhaltende schwere Beschwerden, schwere Beeinträchtigung des Kräfte- und Ernährungszustandes, ausgeprägte Anämie) 70-80

Fisteln, Stenosen, postoperative Folgezustände (z.B. Kurzdarmsyndrom, Stomakomplikationen), extraintestinale Manifestationen (z.B. Arthritiden), bei Kindern auch Wachstums- und Entwicklungsstörungen, sind zusätzlich zu bewerten.

Zöliakie, Sprue

ohne wesentliche Folgeerscheinungen unter diätetischer Therapie 20

bei andauerndem, ungenügendem Ansprechen auf glutenfreie Kost (selten) sind - je nach Beeinträchtigung des Kräfte- und Ernährungszustands - höhere Werte angemessen.

Nach Entfernung maligner Darmtumoren ist eine Heilungsbewährung abzuwarten.

GdS während einer Heilungsbewährung von zwei Jahren

nach Entfernung eines malignen Darmtumors im Stadium (T1 bis T2) N0 M0 oder von lokalisierten Darmkarzinoiden 50
mit künstlichem After (nicht nur vorübergehend angelegt) 70-80

GdS während einer Heilungsbewährung von fünf Jahren

nach Entfernung anderer maligner Darmtumoren wenigstens 80
mit künstlichem After (nicht nur vorübergehend angelegt) 100

10.2.3 Bauchfellverwachsungen

ohne wesentliche Auswirkung 0-10
mit erheblichen Passagestörungen 20-30
mit häufiger rezidivierenden Ileuserscheinungen 40-50

10.2.4 Hämorrhoiden

ohne erhebliche Beschwerden, geringe Blutungsneigung 0-10
mit häufigen rezidivierenden Entzündungen, Thrombosierungen oder stärkeren Blutungen 20

Mastdarmvorfall

klein, reponierbar 0-10
sonst 20-40

Afterschließmuskelschwäche

mit seltenem, nur unter besonderen Belastungen auftretendem, unwillkürlichem Stuhlabgang 10
sonst 20-40
Funktionsverlust des Afterschließmuskels wenigstens 50

Fistel in der Umgebung des Afters

geringe, nicht ständige Sekretion 10
sonst 20-30

Künstlicher After

mit guter Versorgungsmöglichkeit 50
sonst (z.B. bei Bauchwandhernie, Stenose, Retraktion, Prolaps, Narben, ungünstige Position) 60-80

Bei ausgedehntem Mastdarmvorfall, künstlichem After oder stark sezernierenden Kotfisteln, die zu starker Verschmutzung führen, sind ggf. außergewöhnliche seelische Begleiterscheinungen zusätzlich zu berücksichtigen.

10.3 Krankheiten der Leber, Gallenwege und Bauchspeicheldrüse

Der GdS für Krankheiten der Leber, der Gallenwege und der Bauchspeicheldrüse wird bestimmt durch die Art und Schwere der Organveränderungen sowie der Funktionseinbußen, durch das Ausmaß der Beschwerden, die Beeinträchtigung des Allgemeinzustandes und die Notwendigkeit einer besonderen Kostform. Der serologische Nachweis von Antikörpern als Nachweis einer durchgemachten Infektion (Seronarbe) rechtfertigt allein noch keinen GdS.

10.3.1 Chronische Hepatitis

Unter dem Begriff "chronische Hepatitis" werden alle chronischen Verlaufsformen von Hepatitiden zusammengefasst (früher: "chronische Hepatitis ohne Progression" <chronischpersistierende Hepatitis> und "chronische Hepatitis mit Progression" <chronisch aktive Hepatitis>). Dazu gehören insbesondere die Virus-, die Autoimmun-, die Arzneimittel- und die kryptogene Hepatitis.

Die gutachtliche Beurteilung einer chronischen Hepatitis beruht auf dem klinischen Befund einschließlich funktionsrelevanter Laborparameter, auf der Ätiologie sowie auf dem histopathologischen Nachweis des Grades der nekroinflammatorischen Aktivität (Grading) und des Stadiums der Fibrose (Staging). Zusätzlich sind engmaschige Verlaufskontrollen und die Beachtung der Differentialdiagnose erforderlich. Dies gilt auch für geltend gemachte Verschlimmerungen im Leidensverlauf. Der GdS und die Leidensbezeichnung ergeben sich aus der nachfolgenden Tabelle,

wobei bereits übliche Befindlichkeitsstörungen - nicht aber extrahepatische Manifestationen - berücksichtigt sind.

Chronische Hepatitis

ohne (klinisch-) entzündliche Aktivität 20
ehemals: chronische Hepatitis ohne Progression mit geringer (klinisch-) entzündlicher Aktivität 30
ehemals: chronische Hepatitis mit Progression, gering entzündliche Aktivität mit mäßiger (klinisch-) entzündlicher Aktivität 40
ehemals: chronische Hepatitis mit Progression, mäßig entzündliche Aktivität mit starker (klinisch-) entzündlicher Aktivität  
ehemals: chronische Hepatitis mit Progression, stark entzündliche Aktivität  
je nach Funktionsstörung 50-70
Alleinige Virus-Replikation ("gesunder Virusträger") 10

bei Hepatitis-C-Virus nur nach histologischem Ausschluss einer Hepatitis.

Bei Vorliegen eines histologischen Befundes gelten für die Virus-Hepatitiden folgende Besonderheiten:

Die histopathologische Bewertung der chronischen Virushepatitis umfasst die nekroinflammatorische Aktivität (Grading) und den Grad der Fibrose (Staging). Der GdS ergibt sich aus folgender Tabelle, wobei die genannten GdS-Werte die üblichen klinischen Auswirkungen mit umfassen.

nekroinflammatorische Aktivität Fibrose
null - gering mäßig stark
gering 20 20 30
mäßig 30 40 40
stark 50 60 70

Anmerkung:

Die Auswertung des histologischen Befundes soll sich an dem modifizierten histologischen Aktivitätsindex (HAI) ausrichten. Eine geringe nekroinflammatorische Aktivität entspricht einer Punktzahl von 1 bis 5, eine mäßige nekroinflammatorische Aktivität einer Punktzahl von 6 bis 10 und eine starke nekroinflammatorische Aktivität einer Punktzahl von 11 bis 18. Eine fehlende bzw. geringe Fibrose entspricht einer Punktzahl 0 bis 2, eine mäßige Fibrose der Punktzahl 3 und eine starke Fibrose einer Punktzahl von 4 bis 5.

Für die Virushepatitis C gelten bei fehlender Histologie im Hinblick auf die chemischen Laborparameter folgende Besonderheiten:

ALAT-/GPT-Werte im Referenzbereich entsprechen bei nachgewiesener Hepatitis-C-Virus-Replikation einer chronischen Hepatitis ohne (klinisch-) entzündliche Aktivität.

ALAT-/GPT-Werte bis zum 3-fachen der oberen Grenze des Referenzbereichs entsprechen einer geringen (klinisch-) entzündlichen Aktivität

ALAT-/GPT-Werte vom 3-fachen bis zum 6-fachen der oberen Grenze des Referenzbereichs entsprechen einer mäßigen (klinisch-) entzündlichen Aktivität

ALAT-/GPT-Werte von mehr als dem 6-fachen der oberen Grenze des

Referenzbereichs entsprechen einer starken (klinisch-) entzündlichen Aktivität

Diese Bewertungen sind nur zulässig, wenn sie sich in das klinische Gesamtbild des bisherigen Verlaufs einfügen.

10.3.2 Fibrose der Leber

ohne Komplikationen 0-10

Leberzirrhose

kompensiert

inaktiv 30
gering aktiv 40
stärker aktiv 50
dekompensiert (Aszites, portale Stauung, hepatische Enzephalopathie) 60-100

10.3.3 Fettleber (auch nutritivtoxisch)

ohne Mesenchymreaktion 0-10

Toxischer Leberschaden

Der GdS ist je nach Aktivität und Verlauf analog zur chronischen Hepatitis oder Leberzirrhose zu beurteilen.

Zirkulatorische Störungen der Leber (z.B. Pfortaderthrombose)

Der GdS ist analog zur dekompensierten Leberzirrhose zu beurteilen.

Nach Leberteilresektion ist der GdS allein davon abhängig, ob und wieweit Funktionsbeeinträchtigungen verblieben sind.

10.3.4 Nach Entfernung eines malignen primären Lebertumors ist in den ersten fünf Jahren eine Heilungsbewährung abzuwarten; GdS während dieser Zeit 100

Nach Lebertransplantation ist eine Heilungsbewährung abzuwarten (im Allgemeinen zwei Jahre);

GdS während dieser Zeit 100.

Danach selbst bei günstigem Heilungsverlauf unter Berücksichtigung der erforderlichen Immunsuppression wenigstens 60

10.3.5 Primäre biliäre Zirrhose, primäre sklerosierende Cholangitis GdS ist je nach Aktivität und Verlauf analog zur chronischen Hepatitis oder Leberzirrhose zu beurteilen.

Gallenblasen- und Gallenwegskrankheiten (Steinleiden, chronisch rezidivierende Entzündungen)

mit Koliken in Abständen von mehreren Monaten, Entzündungen in Abständen von Jahren 0-10
mit häufigeren Koliken und Entzündungen sowie mit Intervallbeschwerden 20-30
mit langanhaltenden Entzündungen oder mit Komplikationen 40-50

Angeborene intra- und extrahepatische Transportstörungen der Galle (z.B. intra-, extrahepatische Gallengangsatresie), metabolische Defekte (z.B. Meulengracht-Krankheit)

ohne Funktionsstörungen, ohne Beschwerden 0-10

mit Beschwerden (Koliken, Fettunverträglichkeit, Juckreiz),

ohne Leberzirrhose 20-40
mit Leberzirrhose 50
mit dekompensierter Leberzirrhose 60-100

Folgezustände sind zusätzlich zu bewerten.

Verlust der Gallenblase ohne wesentliche Störungen 0

bei fortbestehenden Beschwerden wie bei Gallenwegskrankheiten

Nach Entfernung eines malignen Gallenblasen-, Gallenwegs- oder Papillentumors ist in den ersten fünf Jahren eine Heilungsbewährung abzuwarten; GdS während dieser Zeit

bei Gallenblasen- und Gallenwegstumor 100
bei Papillentumor 80

10.3.6 Chronische Krankheit der Bauchspeicheldrüse (exkretorische Funktion) je nach Auswirkung auf den Allgemeinzustand, Häufigkeit und Ausmaß der Schmerzen

ohne wesentlichen Beschwerden, keine Beeinträchtigung des Kräfte- und Ernährungszustandes 0-10
geringe bis erhebliche Beschwerden, geringe bis mäßige Beeinträchtigung des Kräfte- und Ernährungszustandes 20-40
starke Beschwerden, Fettstühle, deutliche bis ausgeprägte Herabsetzung des Kräfte- und Ernährungszustandes 50-80

Nach teilweiser oder vollständiger Entfernung der Bauchspeicheldrüse sind ggf. weitere Funktionsbeeinträchtigungen (z.B. bei Diabetes mellitus, Osteopathie, oder infolge chronischer Entzündungen der Gallenwege, Magenteilentfernung und Milzverlust) zusätzlich zu berücksichtigen.

Nach Entfernung eines malignen Bauchspeicheldrüsentumors ist in den ersten fünf Jahren eine Heilungsbewährung abzuwarten; GdS während dieser Zeit 100.

11. Brüche (Hernien)

11.1 Leisten- oder Schenkelbruch je nach Größe und Reponierbarkeit

ein- oder beidseitig 0-10
bei erheblicher Einschränkung der Belastungsfähigkeit 20

11.2 Nabelbruch oder Bruch

in der weißen Linie 0-10

Bauchnarbenbruch, angeborene Bauchwandbrüche und -defekte

ohne wesentliche Beeinträchtigung, je nach Größe 0-10
mit ausgedehnter Bauchwandschwäche und fehlender oder stark eingeschränkter Bauchpresse 20
mit Beeinträchtigung der Bauchorgane bei Passagestörungen ohne erhebliche Komplikationen 20-30
bei häufigen rezidivierenden Ileuserscheinungen 40-50

Bei schweren angeborenen Bauchwanddefekten mit entspechender Beeinträchtigung der Bauch- und Brustorgane kommt auch ein höherer GdS in Betracht.

11.3 Zwerchfellbrüche (einschl. Zwerchfellrelaxation)

Speiseröhrengleithernie 0-10
andere kleine Zwerchfellbrüche ohne wesentliche Funktionsstörung 0-10
größere Zwerchfellbrüche je nach Funktionsstörung 20-30

Komplikationen sind zusätzlich zu bewerten.

Angeborene Zwerchfelldefekte mit Verlagerung von inneren Organen in den Brustkorb und Minderentwicklung von Lungengewebe

mit geringer Einschränkung der Lungenfunktion 40
sonst je nach Funktionsbeeinträchtigung der betroffenen Organe 50-100

12. Harnorgane

Die Beurteilung des GdS bei Schäden der Harnorgane richtet sich nach dem Ausmaß der Störungen der inkretorischen und exkretorischen Nierenfunktion und/oder des Harntransportes, das durch spezielle Untersuchungen zu erfassen ist.

Daneben sind die Beteiligung anderer Organe (z.B. Herz/Kreislauf, Zentralnervensystem, Skelettsystem), die Aktivität eines Entzündungsprozesses, die Auswirkungen auf den Allgemeinzustand und die notwendige Beschränkung in der Lebensführung zu berücksichtigen.

Unter dem im Folgenden verwendeten Begriff "Funktionseinschränkung der Nieren" ist die Retention harnpflichtiger Substanzen zu verstehen.

12.1 Nierenschäden

12.1.1 Verlust, Ausfall oder Fehlen einer Niere bei Gesundheit der anderen Niere 25
Verlust, Ausfall oder Fehlen einer Niere bei Schaden der anderen Niere, ohne Einschränkung der Nierenfunktion, mit krankhaftem Harnbefund 30
Nierenfehlbildung (z.B. Erweiterung des Nierenhohlsystems bei Ureterabgangsstenose, Nierenhypoplasie, Zystennieren, Nierenzysten, Beckenniere), Nephroptose ohne wesentliche Beschwerden und ohne Funktionseinschränkung 0-10
mit wesentlichen Beschwerden und ohne Funktionseinschränkung 20-30
Nierensteinleiden ohne Funktionseinschränkung der Niere mit Koliken in Abständen von mehreren Monaten 0-10
mit häufigeren Koliken, Intervallbeschwerden und wiederholten Harnwegsinfekten 20-30
Nierenschäden ohne Einschränkung der Nierenfunktion (z.B. Glomerulopathien, tubulointerstitielle Nephropathien, vaskuläre Nephropathien), ohne Beschwerden, mit krankhaftem Harnbefund (Eiweiß und/oder Erythrozyten- bzw. Leukozytenausscheidung) 0-10
12.1.2 Nierenschäden ohne Einschränkung der Nierenfunktion, mit Beschwerden rezidivierende Makrohämaturie, je nach Häufigkeit 10-30
Nephrotisches Syndrom kompensiert (keine Ödeme) 20-30
dekompensiert (mit Ödemen) 40-50
bei Systemerkrankungen mit Notwendigkeit einer immunsuppressiven Behandlung 50

12.1.3 Nierenschäden mit Einschränkung der Nierenfunktion

Eine geringfügige Einschränkung der Kreatininclearance auf 50-80 ml/min bei im Normbereich liegenden Serumkreatininwerten bedingt keinen messbaren GdS.

Nierenfunktionseinschränkung leichten Grades
(Serumkreatininwerte unter 2 mg/dl [Kreatininclearance ca. 35-50 ml/min], Allgemeinbefinden nicht oder nicht wesentlich reduziert, keine Einschränkung der Leistungsfähigkeit)
20-30
(Serumkreatininwerte andauernd zwischen 2 und 4 mg/dl erhöht, Allgemeinbefinden wenig reduziert, leichte Einschränkung der Leistungsfähigkeit) 40
mittleren Grades
(Serumkreatininwerte andauernd zwischen 4 und 8 mg/dl erhöht, Allgemeinbefinden stärker beeinträchtigt, mäßige Einschränkung der Leistungsfähigkeit)
50-70
schweren Grades
(Serumkreatininwerte dauernd über 8 mg/dl, Allgemeinbefinden stark gestört, starke Einschränkung der Leistungsfähigkeit, bei Kindern keine normalen Schulleistungen mehr)
80-100

Verlust, Ausfall oder Fehlen einer Niere mit Funktionseinschränkung der anderen Niere

leichten Grades 40-50
mittleren Grades 60-80
schweren Grades 90-100
Notwendigkeit der Dauerbehandlung mit Blutreinigungsverfahren
(z.B. Hämodialyse, Peritonealdialyse)
100

Bei allen Nierenschäden mit Funktionseinschränkungen sind Sekundärleiden (z.B. Hypertonie, ausgeprägte Anämie [Hb-Wert unter 8 g/dl], Polyneuropathie, Osteopathie) zusätzlich zu bewerten.

12.1.4 Nach Nierentransplantation ist eine Heilungsbewährung abzuwarten (im Allgemeinen zwei Jahre); während dieser Zeit ist ein GdS von 100 anzusetzen. Danach ist der GdS entscheidend abhängig von der verbliebenen Funktionsstörung; unter Mitberücksichtigung der erforderlichen Immunsuppression ist jedoch der GdS nicht niedriger als 50 zu bewerten.

Nach Entfernung eines malignen Nierentumors oder Nierenbeckentumors ist eine Heilungsbewährung abzuwarten.

GdS während einer Heilungsbewährung von zwei Jahren

nach Entfernung eines Nierenzellkarzinoms (Hypernephrom) im Stadium T1 N0 M0 (Grading G1) 50
nach Entfernung eines Nierenbeckentumors im Stadium Ta N0 M0 (Grading G1) 50

GdS während einer Heilungsbewährung von fünf Jahren

nach Entfernung eines Nierenzellkarzinoms (Hypernephrom) im Stadium (T1 [Grading ab G2], T2) N0 M0 60
in höheren Stadien wenigstens 80

nach Entfernung eines Nierenbeckentumors

im Stadium (T1 bis T2) N0 M0 60
in höheren Stadien wenigstens 80

nach Entfernung eines Nephroblastoms

im Stadium I und II 60
in höheren Stadien wenigstens 80

12.2 Schäden der Harnwege

12.2.1 Chronische Harnwegsentzündungen (insbesondere chronische Harnblasenentzündung)

leichten Grades (ohne wesentliche Miktionsstörungen) 0-10
stärkeren Grades (mit erheblichen und häufigen Miktionsstörungen) 20-40
chronische Harnblasenentzündung mit Schrumpfblase
(Fassungsvermögen unter 100 ml, Blasentenesmen)
50-70

12.2.2 Bei Entleerungsstörungen der Blase (auch durch Harnröhrenverengung) sind Begleiterscheinungen (z.B. Hautschäden, Harnwegsentzündungen) ggf. zusätzlich zu bewerten.

Entleerungsstörungen der Blase leichten Grades (z.B. geringe Restharnbildung, längeres Nachträufeln) 10
stärkeren Grades (z.B. Notwendigkeit manueller Entleerung, Anwendung eines Blasenschrittmachers, erhebliche Restharnbildung, schmerzhaftes Harnlassen) 20-40
mit Notwendigkeit regelmäßigen Katheterisierens, eines Dauerkatheters, eines suprapubischen Blasenfistelkatheters oder Notwendigkeit eines Urinals, ohne wesentliche Begleiterscheinungen 50

12.2.3 Nach Entfernung eines malignen Blasentumors ist eine Heilungsbewährung abzuwarten.

GdS während einer Heilungsbewährung von zwei Jahren nach Entfernung des Tumors im Frühstadium unter

Belassung der Harnblase (Ta bis T1) N0 M0, Grading G1 50

GdS während einer Heilungsbewährung von fünf Jahren

nach Entfernung im Stadium Tis oder T1 (Grading ab G2) 50
nach Entfernung in den Stadien (T2 bis T3a) N0 M0 60
mit Blasenentfernung einschließlich künstlicher Harnableitung 80
nach Entfernung in höheren Stadien 100

12.2.4 Harninkontinenz

relative

leichter Harnabgang bei Belastung (z.B. Stressinkontinenz Grad I) 0-10
Harnabgang tags und nachts (z.B. Stressinkontinenz Grad II-III) 20-40
völlige Harninkontinenz 50
bei ungünstiger Versorgungsmöglichkeit 60-70
nach Implantation einer Sphinkterprothese mit guter Funktion 20
Harnröhren-Hautfistel der vorderen Harnröhre bei Harnkontinenz 10
Harnweg-Darmfistel bei Analkontinenz, je nach Luft- und Stuhlentleerung über die Harnröhre 30-50
Künstliche Harnableitung (ohne Nierenfunktionsstörung) in den Darm 30
nach außen mit guter Versorgungsmöglichkeit 50
sonst (z.B. bei Stenose, Retraktion, Abdichtungsproblemen) 60-80
Darmneoblase mit ausreichendem Fassungsvermögen, ohne Harnstau, ohne wesentliche Entleerungsstörungen 30

13. Männliche Geschlechtsorgane

13.1 Verlust des Penis 50
Teilverlust des Penis  
Teilverlust der Eichel 10
Verlust der Eichel 20
Sonst 30-40

Nach Entfernung eines malignen Penistumors ist in den ersten fünf Jahren eine Heilungsbewährung abzuwarten; GdS während dieser Zeit nach Entfernung im Frühstadium (T1 bis T2) N0 M0

bei Teilverlust des Penis 50
bei Verlust des Penis 60
mit vollständiger Entfernung der Corpora cavernosa 80
nach Entfernung in höheren Stadien 90-100
   
   

13.2 Unterentwicklung, Verlust oder Schwund eines Hodens bei

intaktem anderen Hoden 0

Unterentwicklung, Verlust oder vollständiger Schwund beider Hoden

in höherem Lebensalter (etwa ab 8. Lebensjahrzehnt) 10
sonst je nach Ausgleichbarkeit des Hormonhaushalts durch Substitution 20-30
vor Abschluss der körperlichen Entwicklung 20-40
Verlust oder Schwund eines Nebenhodens 0

Verlust oder vollständiger Schwund beider Nebenhoden und/oder Zeugungsunfähigkeit (Impotentia generandi)

in jüngerem Lebensalter bei noch bestehendem Kinderwunsch 20
Impotentia coeundi bei nachgewiesener erfolgloser Behandlung 20
13.3 Hydrozele (sog. Wasserbruch) 0-10
Varikozele (sog. Krampfaderbruch) 0-10

13.4 Nach Entfernung eines malignen Hodentumors ist eine Heilungsbewährung abzuwarten.

GdS während einer Heilungsbewährung von zwei Jahren

nach Entfernung eines Seminoms oder nichtseminomatösen Tumors im Stadium (T1 bis T2) N0 M0 50

GdS während einer Heilungsbewährung von fünf Jahren

nach Entfernung eines Seminoms im Stadium (T1 bis T2) N1 M0 bzw. T3 N0 M0 50
nach Entfernung eines nichtseminomatösen Tumors im Stadium (T1 bis T2) N1 M0 bzw. T3 N0 M0 60
in höheren Stadien 80

13.5 Chronische bakterielle Entzündung der Vorsteherdrüse oder abakterielle Prostatopathie

ohne wesentliche Miktionsstörung 0-10
mit andauernden Miktionsstörungen und Schmerzen 20

Prostataadenom

Der GdS richtet sich nach den Harnentleerungsstörungen und der Rückwirkung auf die Nierenfunktion.

13.6 Nach Entfernung eines malignen Prostatatumors ist eine Heilungsbewährung abzuwarten.

GdS während einer Heilungsbewährung von zwei Jahren

nach Entfernung im Stadium T1a N0 M0 (Grading G1) 50

GdS während einer Heilungsbewährung von fünf Jahren

nach Entfernung in den Stadien T1a N0 M0 (Grading ab G2) und (T1b bis T2) N0 M0 50
nach Entfernung in höheren Stadien wenigstens 80

Maligner Prostatatumor

ohne Notwendigkeit einer Behandlung 50
auf Dauer hormonbehandelt wenigstens 60

14. Weibliche Geschlechtsorgane

14.1 Verlust der Brust (Mastektomie)

einseitig 30
beidseitig 40
Segment- oder Quadrantenresektion der Brust 0-20

Funktionseinschränkungen im Schultergürtel, des Armes oder der Wirbelsäule als Operations- oder Bestrahlungsfolgen (z.B. Lymphödem, Muskeldefekte, Nervenläsionen, Fehlhaltung) sind ggf. zusätzlich zu berücksichtigen.

Aufbauplastik zur Wiederherstellung der Brust mit Prothese je nach Ergebnis (z.B. Kapselfibrose, Dislokation der Prothese, Symmetrie) nach Mastektomie

einseitig 10-30
beidseitig 20-40

nach subkutaner Mastektomie

einseitig beidseitig 10-20
beidseitig 20-30

Nach Aufbauplastik zur Wiederherstellung der Brust mit Eigengewebe kommt ein geringerer GdS in Betracht.

Nach Entfernung eines malignen Brustdrüsentumors ist in den ersten fünf Jahren eine Heilungsbewährung abzuwarten. GdS während dieser Zeit

bei Entfernung im Stadium (T1 bis T2) pN0 M0 50
bei Entfernung im Stadium (T1 bis T2) pN1 M0 60
in höheren Stadien wenigstens 80

Bedingen die Folgen der Operation und gegebenenfalls anderer Behandlungsmaßnahmen einen GdS von 50 oder mehr, ist der während der Heilungsbewährung anzusetzende GdS entsprechend höher zu bewerten.

Nach Entfernung eines Carcinoma in situ der Brustdrüse ist in den ersten zwei

Jahren eine Heilungsbewährung abzuwarten. Der GdS beträgt während dieser Zeit 50.

14.2 Verlust der Gebärmutter und/oder Sterilität 0
in ijüngerem Lebensalter bei noch bestehendem Kinderwunsch 20

Nach Entfernung eines malignen Gebärmuttertumors ist eine Heilungsbewährung abzuwarten.

GdS während einer Heilungsbewährung von zwei Jahren

nach Entfernung eines Zervixtumors (Mikrokarzinom) im Stadium T1a N0 M0 50
nach Entfernung eines Korpustumors im Frühstadium (Grading G1, Infiltration höchstens des inneren Drittels des Myometrium) 50

GdS während einer Heilungsbewährung von fünf Jahren nach Entfernung eines Zervixtumors

im Stadium (T1b bis T2a) N0 M0 50
im Stadium T2b N0 M0 60
in höheren Stadien 80

nach Entfernung eines Korpustumors

im Stadium T1 N0 M0 (Grading ab G2, Infiltration über das innere Drittel des Myometrium hinaus) 50
im Stadium T2 N0 M0 60
in höheren Stadien 80
14.3 Verlust eines Eierstockes 0

Unterentwicklung, Verlust oder Ausfall beider Eierstöcke, ohne Kinderwunsch und ohne wesentliche Auswirkung auf

den Hormonhaushalt - immer in der Postmenopause 10
im jüngeren Lebensalter bei noch bestehendem Kinderwunsch oder bei unzureichender Ausgleichbarkeit des Hormonausfalls durch Substitution 20-30
vor Abschluss der körperlichen Entwicklung je nach Ausgleichbarkeit des Hormonausfalls 20-40

Endokrin bedingte Funktionsstörungen der Eierstöcke sind gut behandelbar, so dass im Allgemeinen anhaltende Beeinträchtigungen nicht zu erwarten sind. Selten auftretende Komplikationen (z.B. Sterilität, abnormer Haarwuchs) sind gesondert zu beurteilen.

Nach Entfernung eines malignen Eierstocktumors ist in den ersten fünf Jahren eine Heilungsbewährung abzuwarten; GdS während dieser Zeit

nach Entfernung im Stadium T1 N0 M0 50
in anderen Stadien 80
14.4 Chronischer oder chronischrezidivierender entzündlicher Prozess der Adnexe und/oder der Parametrien je nach Art, Umfang und Kombination der Auswirkungen (z.B. Adhäsionsbeschwerden, chronische Schmerzen, Kohabitationsbeschwerden) 10-40

14.5 Endometriose leichten Grades

(geringe Ausdehnung, keine oder nur geringe Beschwerden) 0-10
mittleren Grades 20-40
schweren Grades
(z.B. Übergreifen auf die Nachbarorgane, starke Beschwerden, erhebliche Beeinträchtigung des Allgemeinzustandes, Sterilität)
50-60

14.6 Scheidenfisteln

Harnweg- Scheidenfistel 50-60
Mastdarm-Scheidenfistel 60-70
Harnweg-Mastdarm-Scheidenfistel (Kloakenbildung) 100

Fisteln mit geringer funktioneller Beeinträchtigung sind entsprechend niedriger zu bewerten.

Senkung der Scheidenwand, Vorfall der Scheide und/oder der Gebärmutter

ohne Harninkontinenz oder mit geringer Stressinkontinenz (Grad I) 0-10
mit stärkerer Harninkontinenz und/oder stärkeren Senkungsbeschwerden 20-40
mit völliger Harninkontinenz 50-60
bei ungünstiger Versorgungsmöglichkeit 70

Ulzerationen sind ggf. zusätzlich zu bewerten.

Isolierte Senkung der Scheidenhinterwand mit leichten Defäkationsstörungen 0-10
Scheiden-Gebärmutteraplasie, ohne Plastik, nach Vollendung des 14. Lebensjahres (einschließlich Sterilität) 40

Kraurosis vulvae

geringen Grades (keine oder nur geringe Beschwerden) 0-10
mäßigen Grades (erhebliche Beschwerden, keine Sekundärveränderungen) 20-30
stärkeren Grades (starke Beschwerden, therapeutisch schwer beeinflussbare Sekundärveränderungen) 40
Vollständige Entfernung der Vulva 40

Nach Beseitigung eines malignen Scheidentumors ist in den ersten fünf Jahren eine Heilungsbewährung abzuwarten; GdS während dieser Zeit

nach Beseitigung im Stadium T1 N0 M0 60
in höheren Stadien 80

Nach Entfernung eines malignen Tumors der äußeren Geschlechtsteile ist in den ersten fünf Jahren eine Heilungsbewährung abzuwarten; GdS während dieser Zeit

nach Entfernung im Stadium (T1 bis T2) N0 M0 50
sonst 80

15. Stoffwechsel, innere Sekretion

In diesem Abschnitt nicht erwähnte angeborene Stoffwechselstörungen sind analog und unter Berücksichtigung ihrer vielfältigen Auswirkungen zu beurteilen. Normabweichungen der Laborwerte bedingen für sich allein noch keinen GdS.

15.1 Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus) 10a

Die an Diabetes erkrankten Menschen, deren Therapie regelhaft keine Hypoglykämie auslösen kann und die somit in der Lebensführung kaum beeinträchtigt sind,
erleiden auch durch den Therapieaufwand keine Teilhabebeeinträchtigung, die die Feststellung eines GdS rechtfertigt
Der GdS beträgt 0.
Die an Diabetes erkrankten Menschen, deren Therapie eine Hypoglykämie auslösen kann und die durch Einschnitte in der Lebensführung beeinträchtigt sind,
erleiden durch den Therapieaufwand eine signifikante Teilhabebeeinträchtigung.
Der GdS beträgt 20.
Die an Diabetes erkrankten Menschen, deren Therapie eine Hypoglykämie auslösen kann, die mindestens einmal täglich eine dokumentierte Überprüfung
des Blutzuckers selbst durchführen müssen und durch weitere Einschnitte in der Lebensführung beeinträchtigt sind, erleiden je nach Ausmaß des
Therapieaufwands und der Güte der Stoffwechseleinstellung eine stärkere Teilhabebeeinträchtigung.
Der GdS beträgt 30 bis 40.
Die an Diabetes erkrankten Menschen, die eine Insulintherapie mit täglich mindestens vier Insulininjektionen durchführen, wobei die Insulindosis in Abhängigkeit
vom aktuellen Blutzucker, der folgenden Mahlzeit und der körperlichen Belastung selbständig variiert werden muss, und durch erhebliche Einschnitte
gravierend in der Lebensführung beeinträchtigt sind, erleiden auf Grund dieses Therapieaufwands eine ausgeprägte Teilhabebeeinträchtigung. Die Blutzuckerselbstmessungen und Insulindosen (beziehungsweise Insulingaben über die Insulinpumpe) müssen dokumentiert sein.
Der GdS beträgt 50.
Außergewöhnlich schwer regulierbare Stoffwechsellagen können jeweils höhere GdS-Werte bedingen.

15.2 Gicht

Bei der Beurteilung des GdS sind die Funktionseinschränkungen der betroffenen Gelenke, Schmerzen, Häufigkeit und Schwere der entzündlichen Schübe und eine Beteiligung der inneren Organe zu berücksichtigen.

15.3 Fettstoffwechselkrankheit

Der GdS ist grundsätzlich abhängig von dem Ausmaß der Folgekrankheiten.

Bei Notwendigkeit einer LDL-Apherese 30

Alimentäre Fettsucht, Adipositas

Die Adipositas allein bedingt keinen GdS. Nur Folge- und Begleitschäden (insbesondere am kardiopulmonalen System oder am Stütz- und Bewegungsapparat) können die Annahme eines GdS begründen. Gleiches gilt für die besonderen funktionellen Auswirkungen einer Adipositas permagna.

15.4 Phenylketonurie

ohne fassbare Folgeerscheinungen

im Kindesalter bis zur Vollendung des 16. Lebensjahres 30
danach bei Notwendigkeit weiterer Diäteinnahme 10

Beim Vorliegen eines Hirnschadens ist der GdS vor allem vom Ausmaß der geistigen Behinderung und weiterer Folgen (z.B. hirnorganische Anfälle) abhängig.

15.5 Mukoviszidose (zystische Fibrose)

unter Therapie Aktivitäten, Gedeihen und Ernährung altersgemäß 20
unter Therapie Aktivitäten und Lungenfunktion leicht eingeschränkt,

Gedeihen und Ernährung noch altersgemäß

30-40

Aktivitäten und Lungenfunktion deutlich eingeschränkt, häufig Gedeih- und Entwicklungsstörungen, Schulbesuch

und Erwerbstätigkeit in der Regel noch möglich 50-70
schwere bis schwerste Einschränkung der Aktivitäten, der Lungenfunktion und des Ernährungszustandes 80-100

Folgekrankheiten (z.B. Diabetes mellitus, Impotenz, Leberzirrhose) sind ggf. zusätzlich zu berücksichtigen.

15.6 Schilddrüsenkrankheiten

Schilddrüsenfunktionsstörungen sind gut behandelbar, so dass in der Regel anhaltende Beeinträchtigungen nicht zu erwarten sind. Selten auftretende Organkomplikationen (z.B. Exophthalmus, Trachealstenose) sind gesondert zu beurteilen. Bei der nicht operativ behandelten Struma richtet sich der GdS nach den funktionellen Auswirkungen.

Nach Entfernung eines malignen Schilddrüsentumors ist in den ersten fünf Jahren eine Heilungsbewährung abzuwarten; GdS während dieser Zeit nach Entfernung eines papillären oder follikulären Tumors,

ohne Lymphknotenbefall 50
sonst 80

Bedingt der nach der Entfernung verbliebene Organschaden einen GdS von 50 oder mehr, ist der während der Heilungsbewährung anzusetzende GdS entsprechend höher zu bewerten.

Tetanie

Sie ist gut behandelbar, so dass in der Regel dauernde Beeinträchtigungen nicht zu erwarten sind.

15.7 Chronische Nebennierenrindeninsuffizienz (Addison-Syndrom)

Sie ist gut behandelbar, so dass in der Regel dauernde Beeinträchtigungen nicht zu erwarten sind. Selten auftretende Funktionsstörungen sind analogen funktionellen Beeinträchtigungen (z.B. orthostatische Fehlregulation) entsprechend zu beurteilen.

Cushing-Syndrom

Der GdS wird bestimmt von der Muskelschwäche und den Auswirkungen an den verschiedenen Organsystemen (Hypertonie, Herzinsuffizienz, Diabetes mellitus, Osteoporose, psychische Veränderungen).

15.8 Porphyrien

Erythropoetische Porphyrie (Günther-Krankheit) 100

Hepatische Porphyrien

akutintermittierende Porphyrie 30
Porphyria cutanea tarda ohne wesentliche Beschwerden 10

Organkomplikationen sind jeweils zusätzlich zu berücksichtigen.

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