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Richtlinie der Gendiagnostik-Kommission (GEKO) für die Beurteilung genetischer Eigenschaften hinsichtlich ihrer Bedeutung für Erkrankungen oder gesundheitliche Störungen sowie für die Möglichkeiten, sie zu vermeiden, ihnen vorzubeugen oder sie zu behandeln gemäß § 23 Abs. 2 Nr. 1a GenDG
Vom 17.Juli .2012
(Bundesgesundheitsbl. Nr.1 vom Jan.2013 S.159)
I Vorwort
Am 1. Februar 2010 ist in Deutschland das Gesetz über genetische Untersuchungen bei Menschen (Gendiagnostikgesetz - GenDG) in Kraft getreten. Die Aufgabe, Richtlinien im gesetzlichen Rahmen ( § 23 GenDG) für verschiedene Teilbereiche des GenDG zu erarbeiten, wurde der am Robert Koch-Institut (RKI) eingerichteten Gendiagnostik-Kommission (GEKO) übertragen. Die GEKO ist aus 13 Sachverständigen aus den Fachrichtungen Medizin und Biologie, zwei Sachverständigen aus den Fachrichtungen Ethik und Recht sowie drei Vertretern der für die Wahrnehmung der Interessen der Patientinnen und Patienten, der Verbraucherinnen und Verbraucher und der Selbsthilfe behinderter Menschen auf Bundesebene maßgeblichen Organisationen zusammengesetzt.
Die GEKO hat unter anderem den gesetzlichen Auftrag, in Bezug auf den allgemein anerkannten Stand der Wissenschaft und Technik eine Richtlinie zur Beurteilung genetischer Eigenschaften hinsichtlich ihrer Bedeutung für Erkrankungen oder gesundheitliche Störungen sowie die Möglichkeiten, sie zu vermeiden, ihnen vorzubeugen oder sie zu behandeln zu erstellen ( § 23 Abs. 2 Nr.1a GenDG).
II Zweck der Richtlinie
Die Richtlinie legt die Kriterien zur Beurteilung genetischer Eigenschaften gemäß § 3 Nr. 4 GenDG in allgemeiner Art fest. Sie basiert auf allgemeinen, international konsentierten Bewertungskriterien, die für eine solche Beurteilung hinsichtlich der klinischen Validität und des klinischen Nutzens einer genetischen Untersuchung nach dem derzeitigen und allgemein anerkannten Stand der Wissenschaft und Technik notwendig sind. Diese Kriterien können bei verschiedenen Erkrankungen bzw. gesundheitlichen Störungen sowie im konkreten Einzelfall unterschiedliches Gewicht haben.
Es gibt in der aktuellen wissenschaftlichen Literatur eine Reihe national und international anerkannter Leitlinien (z.B. "Clinical Utility Gene Cards" [1] und "Gene Reviews" [2] sowie die "Indikationskriterien" der Deutschen Gesellschaft für Humangenetik [3]), die nach den in dieser Richtlinie festgelegten Bewertungskriterien erstellt wurden und den allgemein anerkannten Stand des Wissens zu einigen genetisch bedingten Erkrankungen und gesundheitlichen Störungen zusammenfassend darstellen. Diese aktuellen Informationen sind öffentlich verfügbar und somit flankierend zu dieser Richtlinie direkt durch die verantwortliche ärztliche Person nutzbar.
Für eine große Zahl insbesondere sehr seltener genetischer Erkrankungen und gesundheitlicher Störungen existieren derartige krankheitsspezifische Leitlinien nicht. Die in dieser Richtlinie dargestellten Bewertungskriterien sollen auch in diesen Fällen der verantwortlichen ärztlichen Person dazu dienen, im Einzelfall auf Basis des aktuellen medizinischen Kenntnisstandes zu beurteilen, ob die geplante genetische Untersuchung zu medizinischen Zwecken sinnvoll ist.
Die Beurteilung des klinischen Nutzens der Untersuchung einer genetischen Eigenschaft ist zumeist vielschichtiger Natur. In erster Linie ist die Aussagekraft einer solchen Untersuchung hinsichtlich Sensitivität und Spezifität sowie positiv und negativ prädiktiven Wert abzuschätzen. Welches Vorgehen im Einzelfall am besten geeignet ist, ob es dabei z.B. eher auf den positiv prädiktiven Wert (beabsichtigte Diagnosesicherung) oder negativ prädiktiven Wert (beabsichtigte Ausschlussdiagnose) ankommt, hängt vom konkreten klinischen Zweck und klinischen Kontext der Untersuchung ab.
Die Eignung einer Untersuchung ist kontextabhängig und kann von unterschiedlichen Faktoren abhängen, z.B.: -
Die Aussagekraft der Untersuchung einer genetischen Eigenschaft bildet ein Kontinuum. Bei genetischen Untersuchungen zur Prädiktion multifaktorieller Erkrankungen ist z.B. der positiv prädiktive Wert in der Regel geringer als bei der Diagnose oder Prädiktion monogener Erkrankungen. Bei multifaktoriellen Erkrankungen kann die Aussagekraft zudem durch nichtgenetische Faktoren mehr oder weniger stark beeinflusst werden.
III Bewertungskriterien
III.1 Klinische Validität
Die klinische Validität einer genetischen Untersuchung bemisst, wie geeignet die Untersuchung ist, in einer Zielpopulation das Vorliegen einer Erkrankung oder gesundheitlichen Störung zu diagnostizieren ("diagnostischer Test") bzw. deren späteres Auftreten vorherzusagen ("prädiktiver Test"). Kennzahlen klinischer Validität sind der positiv prädiktive Wert und der negativ prädiktive Wert, die sich durch Anwendung des Bayes'schen Theorems aus Sensitivität und Spezifität des Untersuchungsverfahrens sowie der Prävalenz bzw. Inzidenz der Erkrankung oder gesundheitlichen Störung in der Zielpopulation ("Basisrisiko") ergeben. Die prädiktiven Werte hängen maßgeblich von der Definition der Zielpopulation (z.B. Ethnizität, Geschlecht, Alter, Familiarität) und des gesundheitlichen Merkmals (z.B. klinische Symptomatik, Erkrankungsalter) ab. 3
III.1.1 Klinische Sensitivität
(Stand: 06.07.2018)
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