Verordnung (EG) Nr. 6/2002 des Rates vom 12. Dezember 2001 über das Gemeinschaftsgeschmacksmuster
(ABl. Nr. L 3 vom 05.01.2002 S. 1, ber. L 179 S. 31;
Beitrittsakte 2003 - ABl. Nr. L 236 vom 23.09.2003 S. 344;
Beitrittsakte 2005 - ABl. Nr. L 157 vom 21.06.2005 S. 233;
VO (EG) 1891/2006 - ABl. Nr. L 386 vom 29.12.2006 S. 14)
Der Rat der Europäischen Union -
gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 308,
auf Vorschlag der Kommission1,
nach Stellungnahme des Europäischen Parlaments2,
nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses3,
in Erwägung nachstehender Gründe:
(1) Ein einheitliches System für die Erlangung eines Gemeinschaftsgeschmacksmusters, dem einheitlicher Schutz mit einheitlicher Wirkung für die gesamte Gemeinschaft verliehen wird, würde die im Vertrag festgelegten Ziele der Gemeinschaft fördern.
(2) Nur die Benelux-Länder haben bisher ein einheitliches Geschmacksmusterschutzgesetz erlassen. In allen anderen Mitgliedstaaten ist der Geschmacksmusterschutz Gegenstand einschlägiger einzelstaatlicher Gesetze und beschränkt sich auf das Gebiet des jeweiligen Mitgliedstaats. Daher können identische Muster in den verschiedenen Mitgliedstaaten unterschiedlich und zugunsten verschiedener Inhaber geschützt werden, was beim Handel zwischen den Mitgliedstaaten zwangsläufig zu Konflikten führt.
(3) Die erheblichen Unterschiede zwischen den Geschmacksmusterschutzgesetzen der Mitgliedstaaten verhindern und verzerren den gemeinschaftsweiten Wettbewerb. Im Vergleich zum innerstaatlichen Handel und Wettbewerb mit Erzeugnissen, in denen ein Muster Verwendung findet, werden nämlich der innergemeinschaftliche Handel und Wettbewerb durch eine große Zahl von Anmeldungen, Behörden, Verfahren, Gesetzen, einzelstaatlich begrenzten ausschließlichen Rechten, sowie den Verwaltungsaufwand mit entsprechend hohen Kosten und Gebühren für den Anmelder verhindert und verzerrt. Die Richtlinie 98/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Oktober 1998 über den rechtlichen Schutz von Mustern und Modellen4 trägt dazu bei, diesen Problemen abzuhelfen.
(4) Der auf das Gebiet der einzelnen Mitgliedstaaten beschränkte Geschmacksmusterschutz kann - unabhängig davon, ob deren Rechtsvorschriften aneinander angeglichen sind oder nicht - bei Erzeugnissen, bei denen ein Geschmacksmuster verwendet wird, das Gegenstand nationaler Rechte seitens unterschiedlicher Personen ist, zu einer Spaltung des Binnenmarktes führen und stellt damit ein Hindernis für den freien Warenverkehr dar.
(5) Daher ist ein in den einzelnen Mitgliedstaaten unmittelbar geltendes Gemeinschaftsgeschmacksmuster notwendig; denn nur auf diese Weise ist es möglich, durch eine Anmeldung beim Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) aufgrund eines einzigen Verfahrens nach Maßgabe eines Gesetzes ein Geschmacksmusterrecht für ein alle Mitgliedstaaten umfassendes Gebiet zu erlangen.
(6) Da die Ziele der beabsichtigten Aktion, nämlich insbesondere der Schutz eines Geschmacksmusters in einem einzigen Gebiet, das alle Mitgliedstaaten umfasst, auf Ebene der Mitgliedstaaten nicht ausreichend erreicht werden können und daher wegen des Umfangs und der Wirkungen der Schaffung eines gemeinschaftlichen Geschmacksmusters und einer entsprechenden Gemeinschaftsbehörde besser auf Gemeinschaftsebene zu verwirklichen sind, kann die Gemeinschaft im Einklang mit dem in Artikel 5 des Vertrags niedergelegten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nach demselben Artikel geht die vorliegende Verordnung nicht über das zur Erreichung dieser Ziele erforderliche Maß hinaus.
(7) Ein verbesserter Schutz für gewerbliche Geschmacksmuster fördert deshalb nicht nur den Beitrag einzelner Entwerfer zu der herausragenden Gesamtleistung der Gemeinschaft auf diesem Gebiet, sondern ermutigt auch zur Innovation und zur Entwicklung neuer Erzeugnisse sowie zu Investitionen für ihre Herstellung.
(8) Ein solches Geschmacksmustersystem wäre die Voraussetzung, um auf den wichtigsten Ausfuhrmärkten der Gemeinschaft auf einen entsprechenden Geschmacksmusterschutz hinzuwirken.
(9) Die materiellrechtlichen Bestimmungen dieser Verordnung über das Geschmacksmusterrecht sollten den entsprechenden Bestimmungen der Richtlinie 98/71/EG angepasst werden.
(10) Technologische Innovationen dürfen nicht dadurch behindert werden, dass ausschließlich technisch bedingten Merkmalen Geschmacksmusterschutz gewährt wird. Das heißt nicht, dass ein Geschmacksmuster unbedingt einen ästhetischen Gehalt aufweisen muss. Ebenso wenig darf die Interoperabilität von Erzeugnissen unterschiedlichen Fabrikats dadurch behindert werden, dass sich der Schutz auf das Design mechanischer Verbindungselemente erstreckt. Dementsprechend dürfen Merkmale eines Geschmacksmusters, die aus diesen Gründen vom Schutz ausgenommen sind, bei der Beurteilung, ob andere Merkmale des Geschmacksmusters die Schutzvoraussetzungen erfüllen, nicht herangezogen werden.
(11) Abweichend hiervon können die mechanischen Verbindungselemente von Kombinationsteilen ein wichtiges Element der innovativen Merkmale von Kombinationsteilen bilden und einen wesentlichen Faktor für das Marketing darstellen und sollten daher schutzfähig sein.
(12) Der Schutz sollte sich weder auf Bauelemente erstrecken, die während der bestimmungsgemäßen Verwendung eines Erzeugnisses nicht sichtbar sind, noch auf Merkmale eines Bauelements, die unsichtbar sind, wenn das Bauelement eingebaut ist, oder die selbst nicht die Voraussetzungen der Neuheit oder Eigenart erfüllen. Merkmale eines Geschmacksmusters, die aus diesen Gründen vom Schutz ausgenommen sind, sollten bei der Beurteilung, ob andere Merkmale des Geschmacksmusters die Schutzvoraussetzungen erfüllen, nicht herangezogen werden.
(13) Durch die Richtlinie 98/71/EG konnte keine vollständige Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten im Bereich der Anwendung des Musterschutzes auf Bauelemente erreicht werden, die mit dem Ziel verwendet werden, die Reparatur eines komplexen Erzeugnisses zu ermöglichen, um diesem wieder sein ursprüngliches Erscheinungsbild zu verleihen, wenn das Muster bei einem Erzeugnis benutzt oder in dieses Erzeugnis eingefügt wird, das Bauelement eines komplexen Erzeugnisses ist, von dessen Erscheinungsbild das Muster abhängig ist. Im Rahmen des Vermittlungsverfahrens hinsichtlich der genannten Richtlinie hat sich die Kommission verpflichtet, die Auswirkungen dieser Richtlinie drei Jahre nach Ablauf der Umsetzungsfrist zu überprüfen, insbesondere im Hinblick auf die Industriesektoren, die am stärksten betroffen sind. Unter diesen Umständen ist es angebracht, das Recht an dem durch diese Verordnung eingeführten Muster nicht zu gewähren, wenn dieses Muster bei einem Erzeugnis benutzt oder in dieses Erzeugnis eingefügt wird, das Bauelement eines komplexen Erzeugnisses ist, von dessen Erscheinungsbild das Muster abhängig ist, und das mit dem Ziel verwendet wird, die Reparatur dieses komplexen Erzeugnisses zu ermöglichen, um diesem wieder sein ursprüngliches Erscheinungsbild zu verleihen, bis der Rat über seine Politik auf diesem Gebiet auf der Grundlage eines Vorschlags der Kommission einen Beschluss gefasst hat.
(14) Ob ein Geschmacksmuster Eigenart besitzt, sollte danach beurteilt werden, inwieweit sich der Gesamteindruck, den der Anblick des Geschmacksmusters beim informierten Benutzer hervorruft, deutlich von dem unterscheidet, den der vorbestehende Formschatz bei ihm hervorruft, und zwar unter Berücksichtigung der Art des Erzeugnisses, bei dem das Geschmacksmuster benutzt wird oder in das es aufgenommen wird, und insbesondere des jeweiligen Industriezweigs und des Grades der Gestaltungsfreiheit des Entwerfers bei der Entwicklung des Geschmacksmusters.
(15) Ein Gemeinschaftsgeschmacksmuster sollte so weit wie möglich den Bedürfnissen aller Wirtschaftszweige in der Gemeinschaft entsprechen.
(16) Einige dieser Wirtschaftszweige bringen zahlreiche Geschmacksmuster für Erzeugnisse hervor, die häufig nur eine kurze Lebensdauer auf dem Markt haben; für sie ist ein Schutz ohne Eintragungsformalitäten vorteilhaft und die Schutzdauer von geringerer Bedeutung. Andererseits gibt es Wirtschaftszweige, die die Vorteile der Eintragung wegen ihrer größeren Rechtssicherheit schätzen und der Möglichkeit einer längeren, der absehbaren Lebensdauer ihrer Erzeugnisse auf dem Markt entsprechenden Schutzdauer bedürfen.
(17) Hierfür sind zwei Schutzformen notwendig, nämlich ein kurzfristiges nicht eingetragenes Geschmacksmuster und ein längerfristiges eingetragenes Geschmacksmuster.
(18) Ein eingetragenes Gemeinschaftsgeschmacksmuster macht die Schaffung und Führung eines Registers erforderlich, in das alle Anmeldungen eingetragen werden, die den formalen Erfordernissen entsprechen und deren Anmeldetag feststeht. Das Eintragungssystem sollte grundsätzlich nicht auf eine materiellrechtliche Prüfung der Erfüllung der Schutzvoraussetzungen vor der Eintragung gegründet sein. Dadurch wird die Belastung der Anmelder durch Eintragungs- und andere Verfahrensvorschriften auf ein Minimum beschränkt.
(19) Das Gemeinschaftsgeschmacksmuster sollte nur dann bestehen, wenn das Geschmacksmuster neu ist und wenn es außerdem eine Eigenart im Vergleich zu anderen Geschmacksmustern besitzt.
(20) Es ist auch notwendig, dass der Entwerfer oder sein Rechtsnachfolger die Erzeugnisse, in denen das Geschmacksmuster verwendet wird, vor der Entscheidung darüber, ob der Schutz durch ein eingetragenes Gemeinschaftsgeschmacksmuster wünschenswert ist, auf dem Markt testen können. Daher ist vorzusehen, dass Offenbarungen des Geschmacksmusters durch den Entwerfer oder seinen Rechtsnachfolger oder missbräuchliche Offenbarungen während eines Zeitraums von 12 Monaten vor dem Tag der Einreichung der Anmeldung eines eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmusters bei der Beurteilung der Neuheit oder der Eigenart des fraglichen Geschmacksmusters nicht schaden.
(21) Der ausschließliche Charakter des Rechts aus dem eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmuster steht mit seiner größeren Rechtssicherheit im Einklang. Das nicht eingetragene Gemeinschaftsgeschmacksmuster sollte dagegen nur das Recht verleihen, Nachahmungen zu verhindern. Der Schutz kann sich somit nicht auf Erzeugnisse erstrecken, für die Geschmacksmuster verwendet werden, die das Ergebnis eines selbständigen Entwurfs eines anderen Entwerfers sind; dieses Recht sollte sich auch auf den Handel mit Erzeugnissen erstrecken, in denen nachgeahmte Geschmacksmuster verwendet werden.
(22) Die Durchsetzung dieser Rechte muss den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften überlassen bleiben; daher sind in allen Mitgliedstaaten einige grundlegende einheitliche Sanktionen vorzusehen, damit unabhängig von der Rechtsordnung, in der die Durchsetzung verlangt wird, den Rechtsverletzungen Einhalt geboten werden kann.
(23) Ein Dritter, der glaubhaft machen kann, dass er ein in den Schutzumfang des eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmusters fallendes Geschmacksmuster, das diesem nicht nachgeahmt wurde, in der Gemeinschaft gutgläubig in Nutzung, einschließlich der Nutzung für gewerbliche Zwecke, genommen oder wirkliche und ernsthafte Anstalten dazu getroffen hat, hat unter Umständen Anspruch auf eine begrenzte Nutzung des Geschmacksmusters.
(24) Ein grundlegendes Ziel dieser Verordnung besteht darin, dass das Verfahren zur Erlangung eines eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmusters für die Anmelder mit den geringst möglichen Kosten und Schwierigkeiten verbunden ist, damit es sowohl für kleine und mittlere Unternehmen als auch für einzelne Entwerfer leicht zugänglich ist.
(25) Wirtschaftszweige, die sehr viele möglicherweise kurzlebige Geschmacksmuster während kurzer Zeiträume hervorbringen, von denen vielleicht nur einige tatsächlich vermarktet werden, werden das nicht eingetragene Gemeinschaftsgeschmacksmuster vorteilhaft finden. Für diese Wirtschaftszweige besteht ferner der Bedarf, leichter auf das eingetragene Gemeinschaftsgeschmacksmuster zugreifen zu können. Die Möglichkeit, eine Vielzahl von Geschmacksmustern in einer Sammelanmeldung zusammenzufassen, würde diesem Bedürfnis abhelfen. Die in einer Sammelanmeldung enthaltenen Geschmacksmuster können allerdings geltend gemacht werden oder Gegenstand einer Lizenz, eines dinglichen Rechts, einer Zwangsvollstreckung, eines Insolvenzverfahrens, eines Verzichts, einer Erneuerung, einer Rechtsübertragung, einer Aufschiebung der Bekanntmachung oder einer Nichtigerklärung unabhängig voneinander sein.
(26) Die normale Bekanntmachung nach Eintragung eines Gemeinschaftsgeschmacksmusters könnte in manchen Fällen den kommerziellen Erfolg des Geschmacksmusters zunichte machen oder gefährden. Die Möglichkeit, die Bekanntmachung um einen angemessenen Zeitraum aufzuschieben, schafft in solchen Fällen Abhilfe.
(27) Ein Klageverfahren betreffend die Rechtsgültigkeit eines eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmusters an einem einzigen Ort wäre gegenüber Verfahren vor unterschiedlichen einzelstaatlichen Gerichten kosten- und zeitsparend.
(28) In diesem Zusammenhang ist insbesondere die Möglichkeit der Beschwerde vor einer Beschwerdekammer und in letzter Instanz vor dem Gerichtshof zu gewährleisten. Auf diese Weise würde sich eine einheitliche Auslegung der Voraussetzungen für die Rechtsgültigkeit von Gemeinschaftsgeschmacksmustern herausbilden.
(29) Es ist von wesentlicher Bedeutung, dass die Rechte aus einem Gemeinschaftsgeschmacksmuster in der gesamten Gemeinschaft wirksam durchgesetzt werden können.
(30) Die Streitbeilegungsregelungen sollten so weit wie möglich ein "forum shopping" verhindern. Daher sind klare Regeln über die internationale Zuständigkeit erforderlich.
(31) Diese Verordnung schließt nicht aus, dass auf Geschmacksmuster, die durch Gemeinschaftsgeschmacksmuster geschützt werden, Rechtsvorschriften zum gewerblichen Rechtsschutz oder andere einschlägige Vorschriften der Mitgliedstaaten Anwendung finden, die sich beispielsweise auf den durch Eintragung erlangten Geschmacksmusterschutz oder auf nicht eingetragene Geschmacksmuster, Marken, Patente und Gebrauchsmuster, unlauteren Wettbewerb oder zivilrechtliche Haftung beziehen.
(32) In Ermangelung einer vollständigen Angleichung des Urheberrechts ist es wichtig, den Grundsatz des kumulativen Schutzes als Gemeinschaftsgeschmacksmuster und nach dem Urheberrecht festzulegen, während es den Mitgliedstaaten freigestellt bleibt, den Umfang des urheberrechtlichen Schutzes und die Voraussetzungen festzulegen, unter denen dieser Schutz gewährt wird.
(33) Die zur Durchführung dieser Verordnung erforderlichen Maßnahmen sollten nach dem Beschluss 1999/468/EG des Rates vom 28. Juni 1999 zur Festlegung der Modalitäten für die Ausübung der der Kommission übertragenen Durchführungsbefugnisse5 getroffen werden
- hat folgende Verordnung erlassen:
Titel I
Allgemeine Bestimmungen
Artikel 1 Gemeinschaftsgeschmacksmuster
(1) Ein den Voraussetzungen dieser Verordnung entsprechendes Geschmacksmuster wird nachstehend "Gemeinschaftsgeschmacksmuster" genannt.
(2) Ein Geschmacksmuster wird:
(3) Das Gemeinschaftsgeschmacksmuster ist einheitlich. Es hat dieselbe Wirkung in der gesamten Gemeinschaft. Es kann nur für dieses gesamte Gebiet eingetragen oder übertragen werden oder Gegenstand eines Verzichts oder einer Entscheidung über die Nichtigkeit sein, und seine Benutzung kann nur für die gesamte Gemeinschaft untersagt werden. Dieser Grundsatz gilt, sofern in der Verordnung nichts anderes bestimmt ist.
Artikel 2 Amt
Das Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle), nachstehend "Amt" genannt, das im Rahmen der Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke6, nachstehend "Verordnung über die Gemeinschaftsmarke" genannt, errichtet wurde, erfüllt die Aufgaben, die ihm durch diese Verordnung übertragen werden.
Titel II
Materielles Geschmacksmusterrecht
Abschnitt 1
Schutzvoraussetzungen
Artikel 3 Begriffe
Im Sinne dieser Verordnung bezeichnet:
Artikel 4 Schutzvoraussetzungen
(1) Ein Geschmacksmuster wird durch ein Gemeinschaftsgeschmacksmuster geschützt, soweit es neu ist und Eigenart hat.
(2) Ein Geschmacksmuster, das in einem Erzeugnis, das Bauelement eines komplexen Erzeugnisses ist, benutzt oder in dieses Erzeugnis eingefügt wird, gilt nur dann als neu und hat nur dann Eigenart:
(3) "Bestimmungsgemäße Verwendung" im Sinne des Absatzes 2 Buchstabe a) bedeutet Verwendung durch den Endbenutzer, ausgenommen Instandhaltungs-, Wartungs- oder Reparaturarbeiten.
Artikel 5 Neuheit
(1) Ein Geschmacksmuster gilt als neu, wenn der Öffentlichkeit:
kein identisches Geschmacksmuster zugänglich gemacht worden ist.
(2) Geschmacksmuster gelten als identisch, wenn sich ihre Merkmale nur in unwesentlichen Einzelheiten unterscheiden.
Artikel 6 Eigenart
(1) Ein Geschmacksmuster hat Eigenart, wenn sich der Gesamteindruck, den es beim informierten Benutzer hervorruft, von dem Gesamteindruck unterscheidet, den ein anderes Geschmacksmuster bei diesem Benutzer hervorruft, das der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden ist, und zwar:
(2) Bei der Beurteilung der Eigenart wird der Grad der Gestaltungsfreiheit des Entwerfers bei der Entwicklung des Geschmacksmusters berücksichtigt.
Artikel 7 Offenbarung
(1) Im Sinne der Artikel 5 und 6 gilt ein Geschmacksmuster als der Öffentlichkeit zugänglich gemacht, wenn es nach der Eintragung oder auf andere Weise bekannt gemacht, oder wenn es ausgestellt, im Verkehr verwendet oder auf sonstige Weise offenbart wurde, und zwar vor dem in Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe a) und Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe a) beziehungsweise in Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe b) und Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe b) genannten Zeitpunkt, es sei denn, dass dies den in der Gemeinschaft tätigen Fachkreisen des betreffenden Wirtschaftszweigs im normalen Geschäftsverlauf nicht bekannt sein konnte. Ein Geschmacksmuster gilt jedoch nicht als der Öffentlichkeit zugänglich gemacht, wenn es lediglich einem Dritten unter der ausdrücklichen oder stillschweigenden Bedingung der Vertraulichkeit offenbart wurde.
(2) Eine Offenbarung bleibt bei der Anwendung der Artikel 5 und 6 unberücksichtigt, wenn ein Geschmacksmuster, das als eingetragenes Gemeinschaftsgeschmacksmuster geschützt werden soll, der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden ist:
(3) Absatz 2 gilt auch dann, wenn das Geschmacksmuster als Folge einer missbräuchlichen Handlung gegen den Entwerfer oder seinen Rechtsnachfolger der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde.
Artikel 8 Durch ihre technische Funktion bedingte Geschmacksmuster und Geschmacksmuster von Verbindungselementen
(1) Ein Gemeinschaftsgeschmacksmuster besteht nicht an Erscheinungsmerkmalen eines Erzeugnisses, die ausschließlich durch dessen technische Funktion bedingt sind.
(2) Ein Gemeinschaftsgeschmacksmuster besteht nicht an Erscheinungsmerkmalen eines Erzeugnisses, die zwangsläufig in ihrer genauen Form und ihren genauen Abmessungen nachgebildet werden müssen, damit das Erzeugnis, in das das Geschmacksmuster aufgenommen oder bei dem es verwendet wird, mit einem anderen Erzeugnis mechanisch verbunden oder in diesem, an diesem oder um dieses herum angebracht werden kann, so dass beide Erzeugnisse ihre Funktion erfüllen können.
(3) Ungeachtet des Absatzes 2 besteht ein Gemeinschaftsgeschmacksmuster unter den in den Artikeln 5 und 6 festgelegten Voraussetzungen an einem Geschmacksmuster, das dem Zweck dient, den Zusammenbau oder die Verbindung einer Vielzahl von untereinander austauschbaren Erzeugnissen innerhalb eines modularen Systems zu ermöglichen.
Artikel 9 Geschmacksmuster, die gegen die öffentliche Ordnung oder gegen die guten Sitten verstoßen
Ein Gemeinschaftsgeschmacksmuster besteht nicht an einem Geschmacksmuster, wenn dieses gegen die öffentliche Ordnung oder gegen die guten Sitten verstößt.
Abschnitt 2
Umfang und Dauer des Schutzes
Artikel 10 Schutzumfang
(1) Der Umfang des Schutzes aus dem Gemeinschaftsgeschmacksmuster erstreckt sich auf jedes Geschmacksmuster, das beim informierten Benutzer keinen anderen Gesamteindruck erweckt.
(2) Bei der Beurteilung des Schutzumfangs wird der Grad der Gestaltungsfreiheit des Entwerfers bei der Entwicklung seines Geschmacksmusters berücksichtigt.
Artikel 11 Schutzdauer des nicht eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmusters
(1) Ein Geschmacksmuster, das die im 1. Abschnitt genannten Voraussetzungen erfüllt, wird als ein nicht eingetragenes Gemeinschaftsgeschmacksmuster für eine Frist von drei Jahren geschützt, beginnend mit dem Tag, an dem es der Öffentlichkeit innerhalb der Gemeinschaft erstmals zugänglich gemacht wurde.
(2) Im Sinne des Absatzes 1 gilt ein Geschmacksmuster als der Öffentlichkeit innerhalb der Gemeinschaft zugänglich gemacht, wenn es in solcher Weise bekannt gemacht, ausgestellt, im Verkehr verwendet oder auf sonstige Weise offenbart wurde, dass dies den in der Gemeinschaft tätigen Fachkreisen des betreffenden Wirtschaftszweigs im normalen Geschäftsverlauf bekannt sein konnte. Ein Geschmacksmuster gilt jedoch nicht als der Öffentlichkeit zugänglich gemacht, wenn es lediglich einem Dritten unter der ausdrücklichen oder stillschweigenden Bedingung der Vertraulichkeit offenbart wurde.
Artikel 12 Schutzdauer des eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmusters
Nach Eintragung durch das Amt wird ein Geschmacksmuster, das die im 1. Abschnitt genannten Voraussetzungen erfüllt, für einen Zeitraum von fünf Jahren, beginnend mit dem Anmeldetag durch ein eingetragenes Gemeinschaftsgeschmacksmuster geschützt. Der Rechtsinhaber kann die Schutzdauer einmal oder mehrmals um einen Zeitraum von jeweils fünf Jahren bis zu einer Gesamtlaufzeit von 25 Jahren ab dem Anmeldetag verlängern lassen.
Artikel 13 Verlängerung
(1) Die Eintragung des eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmusters wird auf Antrag des Rechtsinhabers oder einer von ihm hierzu ausdrücklich ermächtigten Person verlängert, sofern die Verlängerungsgebühr entrichtet worden ist.
(2) Das Amt unterrichtet den Inhaber des eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmusters und die im Register eingetragenen Inhaber von Rechten an dem eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmuster, die im Register gemäß Artikel 72 (nachstehend "Register" genannt) eingetragen sind, rechtzeitig vor dem Ablauf der Eintragung. Das Unterbleiben dieser Unterrichtung hat keine Haftung des Amtes zur Folge.
(3) Innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten vor Ablauf des letzten Tages des Monats, in dem die Schutzdauer endet, ist der Antrag auf Verlängerung einzureichen und die Verlängerungsgebühr zu entrichten. Der Antrag und die Gebühr können noch innerhalb einer Nachfrist von sechs Monaten nach Ablauf des in Satz 1 genannten Tages eingereicht bzw. gezahlt werden, sofern innerhalb dieser Nachfrist eine Zuschlaggebühr entrichtet wird.
(4) Die Verlängerung wird am Tage nach Ablauf der bestehenden Eintragung wirksam. Sie wird im Register eingetragen.
Abschnitt 3
Recht auf das Gemeinschaftsgeschmacksmuster
Artikel 14 Recht auf das Gemeinschaftsgeschmacksmuster
(1) Das Recht auf das Gemeinschaftsgeschmacksmuster steht dem Entwerfer oder seinem Rechtsnachfolger zu.
(2) Haben mehrere Personen ein Geschmacksmuster gemeinsam entwickelt, so steht ihnen das Recht auf das Gemeinschaftsgeschmacksmuster gemeinsam zu.
(3) Wird ein Geschmacksmuster jedoch von einem Arbeitnehmer in Ausübung seiner Aufgaben oder nach den Weisungen seines Arbeitgebers entworfen, so steht das Recht auf das Gemeinschaftsgeschmacksmuster dem Arbeitgeber zu, sofern vertraglich nichts anderes vereinbart wurde oder sofern die anwendbaren innerstaatlichen Rechtsvorschriften nichts anderes vorsehen.
Artikel 15 Geltendmachung der Berechtigung auf das Gemeinschaftsgeschmacksmuster
(1) Wird ein nicht eingetragenes Gemeinschaftsgeschmacksmuster von einer Person offenbart oder geltend gemacht, die hierzu nach Artikel 14 nicht berechtigt ist, oder ist ein eingetragenes Gemeinschaftsgeschmacksmuster auf den Namen einer solchen Person eingetragen oder angemeldet worden, so kann der nach Artikel 14 Berechtigte unbeschadet anderer Möglichkeiten verlangen, dass er als der rechtmäßige Inhaber des Gemeinschaftsgeschmacksmusters anerkannt wird.
(2) Steht einer Person das Recht auf ein Gemeinschaftsgeschmacksmuster gemeinsam mit anderen zu, so kann sie entsprechend Absatz 1 verlangen, dass sie als Mitinhaber anerkannt wird.
(3) Ansprüche gemäß Absatz 1 oder 2 verjähren in drei Jahren nach dem Zeitpunkt der Veröffentlichung im Falle eingetragener Gemeinschaftsgeschmacksmuster bzw. der Offenbarung im Falle nicht eingetragener Gemeinschaftsgeschmacksmuster. Dies gilt nicht, wenn die Person, der kein Recht am Gemeinschaftsgeschmacksmuster zusteht, zu dem Zeitpunkt, zu dem dieses Muster angemeldet, offenbart oder ihr übertragen wurde, bösgläubig war.
(4) Im Falle des eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmusters wird Folgendes in das Register eingetragen:
Artikel 16 Wirkungen der Gerichtsentscheidung über den Anspruch auf ein eingetragenes Gemeinschaftsgeschmacksmuster
(1) Bei vollständigem Wechsel der Rechtsinhaberschaft an einem eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmuster infolge eines gerichtlichen Verfahrens gemäß Artikel 15 Absatz 1 erlöschen mit der Eintragung der berechtigten Person in das Register die Lizenzen und sonstigen Rechte.
(2) Hat vor der Eintragung der Einleitung des gerichtlichen Verfahrens nach Artikel 15 Absatz 1 der Inhaber des eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmusters oder ein Lizenznehmer das Geschmacksmuster in der Gemeinschaft verwertet oder dazu wirkliche und ernsthafte Anstalten getroffen, so kann er diese Verwertung fortsetzen, wenn er bei dem in das Register eingetragenen neuen Inhaber innerhalb der in der Durchführungsverordnung vorgeschriebenen Frist eine nicht ausschließliche Lizenz beantragt. Die Lizenz ist für einen angemessenen Zeitraum zu angemessenen Bedingungen zu gewähren.
(3) Absatz 2 findet keine Anwendung, wenn der Inhaber der eingetragenen Gemeinschaftsgeschmackmuster oder der Lizenznehmer zu dem Zeitpunkt, zu dem er mit der Verwertung des Geschmacksmusters begonnen oder Anstalten dazu getroffen hat, bösgläubig war.
Artikel 17 Vermutung zugunsten des eingetragenen Geschmacksmusterinhabers
In jedem Verfahren vor dem Amt sowie in allen anderen Verfahren gilt die Person als berechtigt, auf deren Namen das Gemeinschaftsgeschmacksmuster eingetragen wurde, oder vor der Eintragung die Person, in deren Namen die Anmeldung eingereicht wurde.
Artikel 18 Recht des Entwerfers auf Nennung
Der Entwerfer hat wie der Anmelder oder der Inhaber des eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmusters das Recht, vor dem Amt und im Register als Entwerfer genannt zu werden. Ist das Geschmacksmuster das Ergebnis einer Gemeinschaftsarbeit, so kann die Nennung des Entwerferteams an die Stelle der Nennung der einzelnen Entwerfer treten.
Abschnitt 4
Wirkung des Gemeinschaftsgeschmacksmusters
Artikel 19 Rechte aus dem Gemeinschaftsgeschmacksmuster
(1) Das eingetragene Gemeinschaftsgeschmacksmuster gewährt seinem Inhaber das ausschließliche Recht, es zu benutzen und Dritten zu verbieten, es ohne seine Zustimmung zu benutzen. Die erwähnte Benutzung schließt insbesondere die Herstellung, das Anbieten, das Inverkehrbringen, die Einfuhr, die Ausfuhr oder die Benutzung eines Erzeugnisses, in das das Muster aufgenommen oder bei dem es verwendet wird, oder den Besitz des Erzeugnisses zu den genannten Zwecken ein.
(2) Das nicht eingetragene Gemeinschaftsgeschmacksmuster gewährt seinem Inhaber das Recht, die in Absatz 1 genannten Handlungen zu verbieten, jedoch nur, wenn die angefochtene Benutzung das Ergebnis einer Nachahmung des geschützten Musters ist.
Die angefochtene Benutzung wird nicht als Ergebnis einer Nachahmung des geschützten Geschmacksmusters betrachtet, wenn sie das Ergebnis eines selbständigen Entwurfs eines Entwerfers ist, von dem berechtigterweise angenommen werden kann, dass er das von dem Inhaber offenbarte Muster nicht kannte.
(3) Absatz 2 gilt auch für eingetragene Gemeinschaftsgeschmacksmuster, deren Bekanntmachung aufgeschoben ist, solange die entsprechenden Eintragungen im Register und die Akte der Öffentlichkeit nicht gemäß Artikel 50 Absatz 4 zugänglich gemacht worden sind.
Artikel 20 Beschränkung der Rechte aus dem Gemeinschaftsgeschmacksmuster
(1) Die Rechte aus dem Gemeinschaftsgeschmacksmuster können nicht geltend gemacht werden für:
(2) Die Rechte aus dem Gemeinschaftsgeschmacksmuster können ferner nicht geltend gemacht werden für:
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(Stand: 26.11.2024)
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