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Methoden zur Bestimmung der Toxizität

B.43. Prüfung auf Neurotoxizität bei Nagetieren 
Stand RL 2004/73/EG

Anhang V
zur RL 67/548/EWG

zur aktuellen Fassung

B.43. 1. Methode

Diese Methode entspricht der OECD TG 424 (1997).

Diese Prüfmethode wurde zur Gewinnung von Informationen entwickelt, die benötigt werden, um die potenzielle Neurotoxizität von Chemikalien bei ausgewachsenen Tieren zu bestätigen oder näher zu charakterisieren. Sie kann entweder mit bestehenden Testmethoden für Prüfungen auf Toxizität bei wiederholter Verabreichung kombiniert oder als Einzelstudie durchgeführt werden. Es wird empfohlen, das OECD Guidance Document an Neurotoxicity Testing Strategies and Methods (1) als Hilfe hinzuzuziehen, wenn auf der Basis dieser Prüfmethode Studien entwickelt werden. Dies ist besonders dann wichtig, wenn Änderungen der für die routinemäßige Anwendung dieser Methode empfohlenen Beobachtungen und Testverfahren in Betracht gezogen werden. Das Guidance Document wurde erarbeitet, um die Auswahl abweichender Testverfahren für spezifische Anwendungsbedingungen zu vereinfachen.

Die Beurteilung einer Entwicklungs-Neurotoxizität ist nicht Ziel dieser Methode.

B.43. 1.1 Einleitung

Bei der Beurteilung und Bewertung der toxischen Eigenschaften von Chemikalien muss das Potenzial für neurotoxische Wirkungen berücksichtigt werden. Die Prüfmethode für systemische Toxizität bei wiederholter Verabreichung umfasst bereits Untersuchungen mit denen auf potenzielle Neurotoxizität getestet wird. Diese Prüfmethode kann zur Entwicklung einer Studie eingesetzt werden, die zu weiteren Informationen über neurotoxische Wirkungen führt, die bei den Studien zur systemischen Toxizität bei wiederholter Verabreichung beobachtet wurden, oder diese Wirkungen bestätigt. Überlegungen zur potenziellen Neurotoxizität bestimmter Chemikalienklassen können jedoch zu der Vermutung führen, dass mit Hilfe dieser Methode eine zweckmäßigere Auswertung möglich ist, auch wenn vorherige Studien zur systemischen Toxizität bei wiederholter Verabreichung nicht auf eine potenzielle Neurotoxizität dieser Chemikalien hingewiesen haben. Anhaltspunkte für Überlegungen dieser Art können beispielsweise sein:

Darüber hinaus sind weitere Fälle vorstellbar, in denen die Anwendung dieser Prüfmethode sinnvoll ist (siehe Literaturhinweis (1)).

Bei der Entwicklung dieser Methode wurde darauf geachtet, dass sie an spezielle Anforderungen angepasst werden kann, um die spezifische histopathologische und verhaltensbezogene Neurotoxizität einer Chemikalie zu bestätigen und eine Charakterisierung und Quantifizierung der neurotoxischen Wirkungen zu ermöglichen.

In der Vergangenheit wurde Neurotoxizität mit Neuropathie in Form von neuropathologischen Befunden oder neurologischen Funktionsstörungen wie Krämpfen, Lähmungen oder Tremor gleichgesetzt. Neuropathie ist eine wichtige Ausprägung einer neurotoxischen Wirkung; heute ist jedoch unstrittig, dass noch viele weitere Anzeichen toxischer Wirkungen auf das Nervensystem in Betracht kommen (z.B. Verlust der motorischen Koordination, sensorische Defizite, Funktionsstörungen hinsichtlich Lernfähigkeit und Gedächtnis), die in der Neuropathie oder in anderweitigen Studien eventuell nicht berücksichtigt werden.

Diese Methode zur Prüfung auf Neurotoxizität wurde für die Erkennung deutlicher verhaltensbezogener und neuropathologischer Wirkungen bei ausgewachsenen Nagetieren entwickelt. Verhaltensbezogene Wirkungen können einen schädlichen Einfluss auf den Organismus widerspiegeln, selbst wenn keine morphologischen Veränderungen auftreten, nicht aber alle Verhaltensänderungen sind für das Nervensystem spezifisch. Daher sollen alle beobachteten Änderungen im Zusammenhang mit korrelierenden histopathologischen, hämatologischen oder biochemischen Daten sowie mit Daten zu anderen Arten systemischer Toxizität ausgewertet werden. Die Untersuchungen, die bei dieser Methode erforderlich sind zur Charakterisierung und Quantifizierung der neurotoxischen Wirkungen, beinhalten spezifische histopathologische und verhaltensbezogene Verfahren, die durch elektrophysiologische und/oder biochemische Untersuchungen (1)(2)(3)(4) weiter unterstützt werden können.

Innerhalb des Nervensystems können neurotoxische Stoffe über eine Vielzahl von Mechanismen und auf eine Anzahl verschiedener Zielgewebe wirken. Da keine einzelne Versuchsreihe in der Lage ist, das neurotoxische Potenzial sämtlicher Substanzen umfassend zu testen, kann der Einsatz weiterer in-vivo- oder in-vitro-Tests erforderlich sein, die für den beobachteten oder erwarteten Typ einer Neurotoxizität spezifisch sind.

Diese Prüfmethode kann auch in Verbindung mit den Hinweisen im OECD Guidance Document an Neurotoxicity Testing Strategies and Methods (1) für die Entwicklung von Studien verwendet werden, welche die Dosis-Wirkungs-Quantifizierung näher charakterisieren oder ihre Empfindlichkeit erhöhen sollen, um eine Dosis ohne beobachtete schädliche Wirkungen (NOAEL) besser abschätzen oder bekannte oder vermutete Gefahren einer Chemikalie bestätigen zu können. Beispielsweise können Studien entwickelt werden, die zur Ermittlung und Beurteilung der neurotoxischen Mechanismen oder zur Ergänzung der aus der Anwendung grundlegender verhaltensbezogener und neuropathologischer Beobachtungsverfahren bereits gewonnenen Daten dienen. Derartige Studien sollen keine Daten replizieren, die bei der Anwendung der in dieser Methode empfohlenen Standardverfahren gewonnen würden, wenn entsprechende Daten bereits vorliegen und nicht als erforderlich für die Interpretation der Ergebnisse der Studie angesehen werden.

Diese Prüfung auf Neurotoxizität führt, sowohl für sich allein als auch in Kombination mit anderen Studien, zu Informationen,

Bei dieser Prüfmethode wird die Testsubstanz oral verabreicht. Andere Verabreichungswege (z.B. dermal oder inhalativ) können besser geeignet sein und eine Modifizierung der empfohlenen Verfahren erforderlich machen. Überlegungen zur Wahl des Verabreichungswegs sind vom menschlichen Expositionsprofil und von den verfügbaren toxikologischen oder kinetischen Informationen abhängig.

B.43. 1.2 Begriffsbestimmungen

Schädliche Wirkung: Jede behandlungsbedingte Abweichung von den Basiswerten, welche die Fähigkeit eines Organismus herabsetzt, zu überleben, sich zu vermehren oder sich an die Umgebung anzupassen.

Dosis: Verabreichte Menge der Testsubstanz; die Dosis wird als Gewicht (g, mg), als Gewicht der Testsubstanz pro Gewichtseinheit des Versuchstiers (z.B. mg/kg) oder als konstante Konzentration in der Nahrung (ppm) angegeben.

Dosierung: Ein genereller Begriff, der sich aus Dosis, Häufigkeit und Dauer der Verabreichung zusammensetzt.

Neurotoxizität: Schädliche Veränderung der Struktur oder Funktion des Nervensystems, die infolge der Exposition gegenüber einem chemischen, biologischen oder physikalischen Agens entsteht.

Neurotoxisches Agens: Jedes chemische, biologische oder physikalische Agens, das neurotoxisch wirken kann.

NOAEL: ist die Abkürzung für "No-Observed-Adverse-Effect Level" (Dosis ohne beobachtete schädigende Wirkung); entspricht der höchsten Dosis, bei der keine behandlungsbedingten schädigenden Wirkungen festgestellt werden.

B.43. 1.3 Prinzip der Prüfmethode

Die Testchemikalie wird bei oralem Applikationsweg in einer Reihe von Dosierungen mehreren Gruppen von Labor-Nagetieren verabreicht. In der Regel ist eine wiederholte Gabe erforderlich, wobei der Dosierungszeitplan 28 Tage, 90 Tage (subchronisch) oder 1 Jahr und mehr (chronisch) abdecken kann. Das für diese Prüfmethode beschriebene Verfahren kann auch für eine Studie zur akuten Neurotoxizität angewandt werden. Durch die Tests an den Versuchstieren soll die Erkennung oder Charakterisierung von verhaltensbezogenen und/oder neurologischen Anomalien ermöglicht werden. In jedem Beobachtungszeitraum wird eine Reihe von Verhaltensmerkmalen beurteilt, die durch ein neurotoxisches Agens beeinträchtigt werden könnten. Am Ende des Versuchs wird aus jeder Gruppe eine Teilmenge von Tieren beiderlei Geschlechts in situ mittels Perfusion fixiert, und es werden Gewebeschnitte von Gehirn, Rückenmark und peripheren Nerven angefertigt und untersucht.

Wenn die Untersuchung als Einzelstudie durchgeführt wird, um eine Prüfung auf Neurotoxizität durchzuführen oder um neurotoxische Wirkungen zu charakterisieren, können die Tiere in jeder Gruppe, die nicht für eine Perfusionsfixation und anschließende Histopathologie verwendet werden (siehe Tabelle 1), für spezifische verhaltensbezogene, neuropathologische, neurochemische oder elektrophysiologische Verfahren eingesetzt werden, die als Ergänzung zu den Daten dienen können, die bei den für diese Methode erforderlichen Standarduntersuchungen gewonnen wurden (1). Diese ergänzenden Verfahren können dann besonders nützlich sein, wenn empirische Beobachtungen oder erwartete Wirkungen auf einen spezifischen Typ oder ein spezifisches Zielgewebe für die Neurotoxizität einer Chemikalie hindeuten. Alternativ können die verbleibenden Tiere für Auswertungen verwendet werden, wie sie bei Prüfmethoden an Nagetieren zur Prüfung der Toxizität bei wiederholter Verabreichung erforderlich sind.

Wenn die Verfahren dieser Prüfmethode mit denen anderer Prüfungen kombiniert werden, muss die Anzahl der Versuchstiere ausreichend groß sein, um die Anforderungen für die Untersuchungen beider Studien zu erfüllen.

B.43. 1.4 Beschreibung der Prüfmethode

B.43. 1.4.1 Auswahl der Tierspezies

Die bevorzugte Nagetierspezies ist die Ratte, es können aber bei entsprechender Begründung auch andere Spezies verwendet werden. Es sind junge, gesunde, ausgewachsene Tiere üblicher Laborstämme zu verwenden. Die weiblichen Tiere dürfen weder bereits geworfen haben noch trächtig sein. Die Verabreichung soll normalerweise so bald wie möglich nach der Entwöhnung beginnen, vorzugsweise spätestens im Alter von sechs Wochen, in jedem Fall aber vor dem Alter von neun Wochen. Wenn diese Studie allerdings mit anderen Studien kombiniert wird, müssen diese Altersanforderungen eventuell angepasst werden. Zu Beginn der Studie sollen die Gewichtsunterschiede zwischen den Tieren ± 20 % des geschlechtsspezifischen Durchschnittsgewichts nicht überschreiten. Wenn eine kurzzeitige Studie mit wiederholter Verabreichung als Vorstudie für eine Langzeitstudie durchgeführt wird, sollen bei beiden Studien Tiere des gleichen Stamms und derselben Herkunft verwendet werden.

B.43. 1.4.2 Haltung und Fütterung

Die Temperatur im Versuchstierraum soll 22 °C (± 3 °C) betragen. Die relative Luftfeuchtigkeit soll mindestens 30 % betragen und außer während der Reinigung vorzugsweise nicht über 70 % liegen; anzustreben ist ein Wert von 50 -60 %. Die Beleuchtung soll künstlich sein und die Hell- und Dunkelphasen sollen sich im Abstand von 12 Stunden abwechseln. Kurzzeitige laute Geräusche sollen auf ein Minimum reduziert werden. An die Versuchstiere kann herkömmliches Laborfutter verfüttert werden, wobei eine unbegrenzte Trinkwasserversorgung zu gewährleisten ist. Die Auswahl des Futters wird eventuell dadurch beeinflusst, dass eine geeignete Beimischung der Testsubstanz sichergestellt werden muss, wenn die Testsubstanz auf diese Art verabreicht werden soll. Die Tiere können entweder einzeln oder in kleinen gleichgeschlechtlichen Gruppen in Käfigen untergebracht werden.

B.43. 1.4.3 Vorbereitung der Versuchstiere

Für die Behandlungs- und Kontrollgruppen werden gesunde Jungtiere nach Zufallskriterien ausgewählt. Die Käfige sollen so angeordnet werden, dass etwaige Einflüsse der Käfigplatzierung minimiert werden. Die Tiere werden eindeutig gekennzeichnet und für eine Dauer von mindestens 5 Tagen vor Versuchsbeginn in ihren Käfigen gehalten, damit sie sich an die Laborbedingungen gewöhnen können.

B.43. 1.4.4 Verabreichungsweg und Vorbereitung der Testsubstanz

Diese Prüfmethode behandelt ausdrücklich die orale Verabreichung der Testsubstanz. Die orale Verabreichung kann per Sondenfütterung (gavage), im Futter, im Trinkwasser oder in Form von Kapseln erfolgen. Andere Verabreichungswege (z.B. dermal oder inhalativ) können ebenfalls verwendet werden, machen aber eventuell eine Modifizierung der empfohlenen Verfahren erforderlich. Die Wahl des Verabreichungswegs ist vom zu erwartenden menschlichen Expositionsprofil und von den verfügbaren toxikologischen oder kinetischen Informationen abhängig. Die Entscheidung für einen geeigneten Verabreichungsweg sowie entsprechende Änderungen der Verfahrensweisen bei dieser Prüfmethode sind zu begründen.

Im Bedarfsfall kann die Testsubstanz gelöst oder in einem geeigneten Vehikel suspendiert werden. Es wird empfohlen, zunächst die Verwendung einer wässrigen Lösung/Suspension in Betracht zu ziehen, dann eine Lösung/Suspension in Öl (z. 8. Maisöl) und erst an dritter Stelle eine Lösung/Suspension in einem anderen Vehikel. Die toxischen Eigenschaften des Vehikels müssen bekannt sein. Darüber hinaus sollen die folgenden Eigenschaften des Vehikels berücksichtigt werden: Wirkungen des Vehikels auf Absorption, Verteilung, Verstoffwechslung oder Retention der Testsubstanz, durch die sich ihre toxischen Eigenschaften ändern können, sowie Wirkungen auf den Futter- oder Trinkwasserverzehr oder den Ernähungszustand der Tiere.

B.43. 1.5 Versuchsdurchführung

B.43. 1.5.1 Anzahl und Geschlecht der Tiere

Wenn die Untersuchung als Einzelstudie durchgeführt wird, sind mindestens 20 Tiere (10 weibliche und 10 männliche Tiere) in jeder Dosierungs- und Kontrollgruppe zur Auswertung der detaillierten klinischen und funktionsbezogenen Beobachtungen einzusetzen. Mindestens fünf männliche und fünf weibliche Tiere, die aus diesen zehn männlichen und zehn weiblichen Tieren ausgewählt wurden, sollen am Ende der Studie in vilu mittels Perfusion fixiert und für eine ausführliche Neurohistopathologie verwendet werden. In Fällen wo nur eine begrenzte Anzahl von Tieren in einer bestimmten Dosierungsgruppe Anzeichen für neurotoxische Wirkungen zeigen, sollte erwogen werden, diese Tiere gleichfalls in die Gruppe der für die Perfusionsfixation ausgewählten Tiere aufzunehmen. Wenn die Studie in Verbindung mit einer Prüfung auf Toxizität bei wiederholter Verabreichung durchgeführt wird, sollte die Anzahl der Versuchstiere groß genug sein, um die Zielvorgaben beider Studien erfüllen zu können. Die Mindestzahl der Tiere pro Gruppe ist in Tabelle 1 für verschiedene Kombinationen von Studien angegeben. Wenn zwischenzeitliche Tötungen oder Erholungsgruppen zur Beobachtung von Reversibilität, Persistenz oder verzögertem Auftreten von toxischen Wirkungen nach der Behandlung vorgesehen sind oder wenn ergänzende Untersuchungen erwogen werden, sollte die Anzahl der Versuchstiere erhöht werden, um zu gewährleisten, dass genügend Tiere zur Beobachtung und für die Histopathologie zur Verfügung stehen.

B.43. 1.5.2 Behandlungs- und Kontrollgruppe

Es sollen mindestens drei Dosierungsgruppen und eine Kontrollgruppe eingesetzt werden; wenn aber angesichts der Beurteilung anderer Daten bei einer wiederholten Dosis von 1.000 mg pro kg Körpergewicht und Tag keine Wirkungen zu erwarten sind, kann ein Limit-Test durchgeführt werden. Wenn keine geeigneten Daten zur Verfügung stehen, kann als Hilfe zur Ermittlung der zu verwendenden Dosierungen eine Dosisfindungsstudie durchgeführt werden. Abgesehen von der Behandlung mit der Testsubstanz sollen die Tiere in der Kontrollgruppe unter identischen Bedingungen behandelt werden wie die Versuchstiere in der Testgruppe. Wenn bei der Verabreichung der Testsubstanz ein Vehikel verwendet wird, sollte die Kontrollgruppe die größte verwendete Volumenmenge des Vehikels erhalten.

B.43. 1.5.3 Überprüfung der Zuverlässigkeit

Das Labor, das die Untersuchung durchführt, soll Daten vorlegen, die seine Befähigung zur Durchführung der Studie sowie die Empfindlichkeit der eingesetzten Verfahren belegen. Diese Daten sollen zeigen, dass Änderungen bei den verschiedenen für die Beobachtung empfohlenen Endpunkten erkannt und quantifiziert werden können, z.B. autonome Anzeichen, sensorisches Reaktionsvermögen, Greitkraft der Extremitäten und motorische Aktivität. Informationen zu Chemikalien, die neurotoxische Reaktionen verschiedener Art auslösen und als positive Kontrollsubstanzen eingesetzt werden können, sind den Quellen 2 bis 9 zu entnehmen. Historische Kontrolldaten können verwendet werden, wenn die wesentlichen Aspekte der Versuchsabläufe gleich bleiben. Eine regelmäßige Aktualisierung der historischen Kontrolldaten wird empfohlen. Wenn ein wesentliches Element der Versuchsdurchführung oder der Verfahrensweisen durch das ausführende Labor verändert wurde, sollen neue Daten erarbeitet werden, welche die unveränderte Empfindlichkeit der Verfahren belegen.

B.43. 1.5.4 Wahl der Dosierungen

Bei der Wahl der Dosierungen sollen zuvor ermittelte toxikologische und kinetische Daten berücksichtigt werden, die für die zu testende Verbindung oder verwandte Materialien zur Verfügung stehen. Die höchste Dosis solle mit dem Ziel gewählt werden, neurotoxische Wirkungen oder deutliche systemische toxische Wirkungen auszulösen. Anschließend soll eine absteigende Folge von Dosierungsstufen ausgewählt werden, um dosisabhängige Wirkungen und dies niedrigste Dosis ohne zu beobachtende schädliche Wirkungen (NOAEL) zu bestimmen. Grundsätzlich sollen die Dosierungen so gewählt werden, dass primäre toxische Wirkungen auf das Nervensystem von Wirkungen in Zusammenhang mit systemischer Toxizität unterschieden werden können. Häufig sind zwei bis drei Intervalle das Optimum, und die Ergänzung durch eine vierte Testgruppe ist häufig der Anwendung sehr langer Intervalle (d.h. größer als Faktor 10) zwischen den Verabreichungen vorzuziehen. Sofern eine realistische Expositionsabschätzung für Menschen vorhanden ist, soll diese ebenfalls berücksichtigt werden.

B.43. 1.5.5 Limit-Test

Wenn bei einer Untersuchung mit einer Dosierung von mindestens 1.000 mg pro kg Körpergewicht und Tag bei Anwendung der beschriebenen Verfahren keine neurotoxischen Wirkungen festzustellen und aufgrund der Daten für strukturverwandte Verbindungen keine toxischen Wirkungen zu erwarten sind, ist eine vollständige Untersuchung mit drei Dosierungen eventuell nicht erforderlich. Je nach der für Menschen zu erwartenden Exposition kann die Verwendung einer höheren oralen Dosierung beim Limit-Test notwendig sein. Bei anderen Verabreichungsformen, z.B. Inhalation oder dermale Applikation, wird der maximal erzielbare Expositionsgrad in vielen Fällen durch die physikalisch-chemischen Eigenschaften der Testsubstanz bestimmt. Bei der Durchführung einer Studie zur akuten oralen Toxizität soll die Dosis für einen Limit-Test mindestens 2.000 mg/kg betragen.

B.43. 1.5.6 Verabreichung der Dosen

Die Testsubstanz wird den Tieren mindestens 28 Tage lang, sieben Tage pro Woche, täglich verabreicht. Wenn eine Verabreichung an nur fünf Tagen pro Woche oder eine kürzere Expositionsdauer gewählt wird, muss dies begründet werden. Wenn die Testsubstanz per Sondenfütterung verabreicht wird, soll dies in Form einer Einzeldosis über einen Magenschlauch oder eine geeignete Intubationskanüle erfolgen. Welches Flüssigkeitsvolumen jeweils höchstens auf einmal verabreicht werden kann, hängt von der Größe des Versuchstiers ab. Das Volumen soll 1 ml pro 100 g Körpergewicht nicht überschreiten. Bei wässrigen Lösungen kann jedoch auch die Verwendung von bis zu 2 ml pro 100 g Körpergewicht in Betracht gezogen werden. Außer bei reizenden oder ätzenden Stoffen, die bei höheren Konzentration normalerweise heftigere Wirkungen hervorrufen, sollen Veränderungen des Testvolumens durch Anpassung der Konzentration so minimiert werden, dass bei allen Dosierungen ein gleich bleibendes Volumen gewährleistet ist.

Bei Substanzen, die im Futter oder Trinkwasser verabreicht werden, ist es wichtig, sicherzustellen, dass die eingesetzte Menge der Testsubstanz die normale Nahrungsaufnahme oder den Wasserhaushalt nicht beeinträchtigt. Wenn die Testsubstanz im Futter verabreicht wird, kann entweder eine konstante Konzentration im Futter (ppm) oder eine konstante Dosis, bezogen auf das Körpergewicht des Tieres, verwendet werden; die jeweils gewählte Verfahrensweise muss angegeben werden. Bei Verabreichung der Prüfsubstanz durch Sondenfütterung soll die Dosis jeden Tag zu ähnlichen Zeiten gegeben und nach Bedarf angepasst werden, um bezogen auf das Körpergewicht der Tiere eine konstante Dosierung einzuhalten. Wenn eine Prüfung mit wiederholter Verabreichung als Vorbereitung zu einer Langzeituntersuchung durchgeführt wird, soll bei beiden Studien ein ähnliches Futter verwendet werden. Bei Studien zur akuten Toxizität kann die Dosis, sofern die Verabreichung als Einzeldosis nicht möglich ist, über einen Zeitraum von maximal 24 Stunden in kleineren Teilmengen verabreicht werden.

B.43. 1.6 Beobachtungen

B.43. 1.6.1 Häufigkeit der Beobachtungen und Untersuchungen

Bei Prüfungen mit wiederholter Verabreichung soll der Beobachtungszeitraum den gesamten Verabreichungszeitraum abdecken. Bei Studien zur akuten Toxizität soll ein Zeitraum von 14 Tagen nach der Behandlung beobachtet werden. Bei Tieren in Satelittengruppen , die während eines auf die Behandlung folgenden Zeitraums ohne Exposition gehalten werden, sollen die Beobachtungen diesen Zeitraum ebenfalls abdecken.

Die Beobachtungen sollen ausreichend häufig erfolgen, damit verhaltensbezogene und/oder neurologische Anomalien mit möglichst großer Wahrscheinlichkeit erkannt werden. Die Beobachtungen sollen vorzugsweise jeden Tag zur gleichen Uhrzeit erfolgen, wobei die Zeit der nach der Verabreichung erwarteten maximalen Wirkungen zu berücksichtigen ist. Die Häufigkeit der klinischen Beobachtungen und Funktionstests ist in Tabelle 2 zusammengefasst. Wenn kinetische oder andere Daten, die aus einer früheren Studie gewonnen wurden, es notwendig erscheinen lassen, abweichende Beobachtungs- oder Testzeitpunkte oder andere Zeiträume nach der Beobachtung zu verwenden, sollte ein alternativer Zeitplan verwendet werden, um möglichst viele Informationen gewinnen zu können. Änderungen des Zeitplans sollen begründet werden.

B.43. 1.6.1.1 Beobachtungen zum allgemeinen Gesundheitszustand und zur Mortalität/Morbidität

Alle Versuchstiere sollen mindestens einmal täglich gründlich auf ihren Gesundheitszustand sowie mindestens zweimal täglich auf Morbidität und Mortalität untersucht werden.

B.43. 1.6.1.2 Detaillierte klinische Beobachtungen

Detaillierte klinische Beobachtungen sollen an allen für diesen Zweck ausgewählten Tieren durchgeführt werden (siehe Tabelle 1), und zwar einmal vor der ersten Exposition (um Vergleiche zwischen den Versuchstieren zu ermöglichen) sowie anschließend je nach Dauer der Untersuchung in unterschiedlichen Intervallen (siehe Tabelle 2). Am Ende des Erholungszeitraums sollen detaillierte klinische Beobachtungen an den Satellitengruppen vorgenommen werden. Die detaillierten klinischen Beobachtungen sollen außerhalb des Unterbringungskäfigs in einer üblichen Untersuchungsumgebung erfolgen. Diese Beobachtungen sollen anhand von Bewertungssystemen sorgfältig registriert werden, die Kriterien oder Bewertungsskalen für jede bei den Beobachtungen vorgenommene Messung enthalten. Die verwendeten Kriterien oder Skalen sollen vom Versuchslabor explizit festgelegt werden. Es soll versucht werden, dafür zu sorgen, dass Abweichungen der Versuchsbedingungen minimal sind (und nicht systematisch mit der Behandlung in Verbindung stehen) und dass die Beobachtungen von geschulten Beobachtern durchgeführt werden, denen die Behandlung des gegenwärtig beobachteten Tieres nicht bekannt ist.

Es wird empfohlen, die Beobachtungen in einer strukturierten Form durchzuführen, wobei auf jedes Versuchstier zu jedem Beobachtungszeitpunkt genau definierte Kriterien (einschließlich der Definition des "Normalbereichs") auf systematische Weise angewandt werden. Der "Normalbereich" soll auf geeignete Weise dokumentiert werden. Alle beobachteten Anzeichen sollen registriert werden. Wann immer möglich, sollte auch die Größenordnung der beobachteten Anzeichen registriert werden. Die klinischen Beobachtungen sollen mindestens, aber nicht ausschließlich Veränderungen an Haut, Fell, Augen und Schleimhäuten sowie das Auftreten von Sekreten, Ausscheidungen und autonomen Aktivitäten umfassen (z.B. Tränenfluss, Haaraufrichtung, Pupillengröße, ungewöhnliche Atemmuster und/oder Mundatmung, ungewöhnliche Anzeichen von Urin- oder Kotabsonderung sowie Urin mit Farbabweichungen).

Ungewöhnliche Reaktionen hinsichtlich Körperhaltung, Aktivitätsgrad (z.B. verminderte oder verstärkte Erkundung der üblichen Untersuchungsumgebung) sowie Bewegungskoordination sollen ebenfalls vermerkt werden. Veränderungen des Gangs (z.B. watschelnder Gang, Ataxie), der Haltung (z.B. Buckelhaltung) und des Reaktionsverhaltens beim Aufnehmen oder Umsetzen des Versuchstieres oder anderen Umgebungsstimuli sowie Auftreten von klonischen oder tonischen Bewegungen, Krämpfen oder Tremors, Stereotypien (z.B. übermäßige Fellpflege, ungewöhnliche Kopfbewegungen, repetitives Laufen im Kreis) oder auffälliges Verhalten (z.B. Beißen oder übermäßiges Lecken, Selbstverstümmelung, Rückwärtslaufen, Lautäußerungen) oder Aggressionen sollen registriert werden.

B.43. 1.6.1.3 Funktionstests

Ähnlich wie die detaillierten klinischen Beobachtungen sollen auch die Funktionstests bei allen für diesen Zweck ausgewählten Versuchstieren einmal vor der ersten Exposition und mehrmals danach durchgeführt werden (siehe Tabelle 1). Die Häufigkeit der Funktionstests ist ebenfalls von der Dauer der Studie abhängig (siehe Tabelle 2). Zusätzlich zu den in Tabelle 2 genannten Beobachtungszeiträumen sollen auch funktionsbezogene Beobachtungen an weiteren Erholungsgruppen so nahe wie möglich am Zeitpunkt der endgültigen Tötung erfolgen. Funktionstests sollen die sensorische Reaktionsfähigkeit auf Stimuli verschiedener Art (z.B. akustische, visuelle und propriozeptive Stimuli (5)(6)(7)) berücksichtigen und die Beurteilung der Greifkraft der Extremitäten (8) sowie die Beurteilung der motorischen Aktivität (9) beinhalten. Die motorische Aktivität soll mit Hilfe eines automatischen Geräts gemessen werden, mit dem sowohl eine Abnahme als auch eine Zunahme der Aktivität festgestellt werden kann. Wenn ein anderes definiertes System eingesetzt wird, sollte es quantitativ ausgerichtet sein; Empfindlichkeit und Zuverlässigkeit des Systems sollen nachgewiesen werden. Jedes Gerät soll getestet werden, um die Langzeit-Zuverlässigkeit und die Vergleichbarkeit unterschiedlicher Geräte sicherzustellen. Weitere Informationen zu den anwendbaren Verfahren sind den jeweiligen Literaturhinweisen zu entnehmen. Wenn keine Daten (z.B. Strukturaktivität, epidemiologische Daten, weitere toxikologische Studien) vorhanden sind, die auf potenzielle neurotoxische Wirkungen hindeuten, soll die Einbeziehung speziellerer Tests der sensorischen und motorischen Funktionen sowie der Lern- und Gedächtnisfähigkeit in Betracht gezogen werden, um diese möglichen Wirkungen gründlicher zu untersuchen. Weitere Informationen über speziellere Tests und ihre Anwendung sind Literaturhinweis (1) zu entnehmen.

Im Ausnahmefall können Tiere, die Anzeichen für Toxizität in einem Maß aufweisen, was die Funktionstests deutlich beeinträchtigen würde, von dem betreffenden Test ausgeschlossen werden. Wenn einzelne Tiere von einem Funktionstest ausgeschlossen wurden, sollte hierfür eine Begründung angegeben werden.

B.43. 1.6.2 Körpergewicht und Futter-/Trinkwasserverbrauch

Bei Prüfungen mit einer Dauer von bis zu 90 Tagen sollen alle Tiere mindestens einmal wöchentlich gewogen werden, und es sollen mindestens in wöchentlichem Abstand Messungen des Futterverbrauchs (sowie des Wasserverbrauchs, wenn die Testsubstanz auf diesem Wege verabreicht wird) durchgeführt werden. Bei Langzeitstudien sollen alle Tiere während der ersten dreizehn Wochen mindestens einmal wöchentlich sowie anschließend mindestens einmal alle vier Wochen gewogen werden. Messungen des Futterverbrauchs (sowie des Wasserverbrauchs, wenn die Testsubstanz auf diesem Wege verabreicht wird) sollen während der ersten 13 Wochen mindestens einmal sowie anschließend in etwa dreimonatigem Abstand durchgeführt werden, sofern der Gesundheitszustand oder Veränderungen des Körpergewichts nicht ein anderes Vorgehen erforderlich machen.

B.43. 1.6.3 Ophthalmologie

Bei Prüfungen mit einer Dauer von über 28 Tagen soll vor der Verabreichung der Testsubstanz und am Ende der Studie eine ophthalmologische Untersuchung mit einem Ophthalmoskop oder einem vergleichbaren Instrument durchgeführt werden; die Untersuchung soll vorzugsweise bei allen Versuchstieren, zumindest aber bei den Tieren in der Gruppe mit hoher Dosierung und in der Kontrollgruppe vorgenommen werden. Wenn Veränderungen an den Augen festgestellt werden oder wenn klinische Anzeichen dies erforderlich erscheinen lassen, sollen alle Tiere untersucht werden. Bei Langzeitstudien soll außerdem nach 13 Wochen eine ophthalmologische Untersuchung durchgeführt werden. Ophthalmologische Untersuchungen sind nicht erforderlich, wenn diese Daten bereits aus anderen Studien mit ähnlicher Dauer und ähnlichen Dosierungen zur Verfügung stehen.

B.43. 1.6.4 Hämatologie und klinische Biochemie

Wenn die Prüfung auf Neurotoxizität in Verbindung mit einer Studie zur systemischen Toxizität bei wiederholter Verabreichung durchgeführt wird, sollen hämatologische Untersuchungen und klinisch biochemische Untersuchungen durchgeführt werden, wie in der entsprechenden Methode für die Prüfung auf systemische Toxizität beschrieben. Die Werte sollen so erfasst werden, dass potenzielle verhaltensbezogene Wirkungen minimiert werden.

B.43. 1.6.5 Histopathologie

Die neuropathologische Untersuchung soll darauf abzielen, die während der in-vivo-Phase der Studie gemachten Beobachtungen zu ergänzen und zu erweitern. Gewebeproben von mindestens fünf Tieren pro Geschlecht und Gruppe (siehe Tabelle 1 und nächsten Abschnitt) sollen mit Hilfe allgemein anerkannter Perfusions- und Fixierungsverfahren in situ perfundiert und fixiert werden (siehe Literaturhinweis 3, Kapitel 5, und Literaturhinweis 4, Kapitel 50). Alle erkennbaren makroskopischen Veränderungen sollen registriert werden. Wenn die Studie als Einzeltest auf Neurotoxizität oder zur Charakterisierung von neurotoxischen Wirkungen durchgeführt wird, können die restlichen Tiere entweder für spezifische verhaltensbezogene (10)(11), neuropathologische (10)(11)(12)(13), neurochemische (10)(11)(14)(15) oder elektrophysiologische (10)(11)(16)(17) Untersuchungen verwendet werden, die eine Ergänzung zu den hier beschriebenen Verfahren und Untersuchungen bilden, oder für histopathologische Untersuchungen eingesetzt werden, um die Anzahl der Versuchstiere zu vergrößern. Diese ergänzenden Untersuchung sind dann besonders sinnvoll, wenn empirische Beobachtungen oder erwartete Wirkungen auf einen bestimmten Typ oder ein bestimmtes Zielgewebe für die Neurotoxizität einer Chemikalie hindeuten (2)(3). Alternativ können die verbleibenden Tiere auch für pathologische Routineauswertungen verwendet werden, wie bei der Methode für Studien mit wiederholter Verabreichung beschrieben.

Bei allen in Paraffin eingebetteten Gewebeproben soll ein übliches Färbeverfahren, z.B. Hämatoxylin und Eosin (H&E), angewandt und eine mikroskopische Untersuchung durchgeführt werden. Wenn Anzeichen einer peripheren Neuropathie beobachtet oder vermutet werden, sollen in Kunststoff eingebettete Proben des peripheren Nervengewebes untersucht werden. Klinische Anzeichen können auch auf weitere zu untersuchende Bereiche hinweisen oder die Anwendung von speziellen Färbeverfahren nahe legen. Hinweise zu weiteren zu untersuchenden Bereichen finden sich in (3)(4). Geeignete Spezial-Färbeverfahren zur Sichtbarmachung bestimmter pathologischer Veränderungen können ebenfalls nützlich sein (18).

Repräsentative Gewebeschnitte aus dem zentralen und peripheren Nervensystem sollen histologisch untersucht werden (siehe Literaturhinweis 3, Kapitel 5, und Literaturhinweis 4, Kapitel 50). Dabei sollen normalerweise die folgenden Bereiche untersucht werden: Vorderhirn, Mitte des Großhirns einschließlich eines Anschnitts durch den Hippokampus, Mittelhirn, Kleinhirn, Brücke, verlängertes Mark, Auge mit Sehnerv und Netzhaut, Rückenmark an den zervikalen und lumbalen Verdickungen, dorsale Wurzelganglien, dorsale und ventrale Nervenwurzelfasern, proximaler Ischiasnerv, proximaler Schienbeinnerv (am Knie) und Wadenmuskel-Aste des Schienbeinnervs. Die Gewebeschnitte durch Rückenmark und peripheres Nervengewebe sollen sowohl Quer-- als auch Längsschnitte umfassen. Auf die Gefäßversorgung des Nervensystems soll geachtet werden. Es soll auch eine Probe eines Skelettmuskels, insbesondere eines Wadenmuskels, untersucht werden. Bereiche mit Zell- und Faserstruktur und -muster im ZNS und PNS, bei denen eine besondere Anfälligkeit für neurotoxische Stoffe bekannt ist, sollen besonders beachtet werden.

Anmerkungen zu neuropathologischen Veränderungen, die typischerweise durch Exposition gegenüber neurotoxischen Stoffen entstehen, sind den Quellen (3)(4) zu entnehmen. Es wird eine schrittweise Untersuchung der Gewebeproben empfohlen, wobei zunächst Gewebeschnitte aus der Gruppe mit hoher Dosis mit denen der Kontrollgruppe verglichen werden. Wenn bei den Proben aus diesen Gruppen keine neuropathologischen Veränderungen festgestellt werden, ist eine anschließende Analyse nicht erforderlich. Wenn bei der Gruppe mit hoher Dosis neuropathologische Veränderungen beobachtet werden, soll anschließend eine Probe von jedem der potenziell betroffenen Gewebebereiche aus der Gruppe mit mittlerer und niedriger Dosis codiert und nacheinander untersucht werden.

Wenn sich bei der qualitativen Untersuchung ein Hinweis auf neuropathologische Veränderungen ergibt, sollte in allen Bereichen des Nervensystems, die diese Veränderungen zeigen, eine zweite Untersuchung durchgeführt werden. Gewebeschnitte aus allen Dosierungsgruppen und aus jeder der potenziell betroffenen Regionen sollen codiert und ohne Kenntnis des Codes nach Zufallskriterien untersucht werden. Die Häufigkeit und der Schweregrad jedes Befundes soll registriert werden. Nachdem in allen Dosierungsgruppen sämtliche Regionen bewertet wurden, kann die Codierung aufgehoben und eine statistische Analyse durchgeführt werden, um die Dosis-Wirkungs-Beziehungen auszuwerten. Beispiele für die unterschiedlichen Schweregrade der einzelnen Befunde sollen beschrieben werden.

Die neuropathologischen Ergebnisse sollen in Zusammenhang mit verhaltensbezogenen Beobachtungen und Messungen sowie mit anderen Daten ausgewertet werden, die aus vorausgegangenen und gleichzeitig durchgeführten Studien zur systemischen Toxizität der Testsubstanz stammen.

B.43. 2 Daten

B.43. 2.1 Behandlung der Ergebnisse

Es sollen Einzeldaten zur Verfügung gestellt werden. Darüber hinaus sollen sämtliche Daten in Form einer Tabelle zusammengefasst werden, die für jede Test- oder Kontrollgruppe die folgenden Informationen enthält: die Anzahl der Tiere zu Beginn des Tests, die Anzahl der Tiere, deren Tod während des Tests festgestellt wurde oder die aus Gründen des Tierschutzes getötet wurden, sowie der jeweilige Todes- oder Tötungszeitpunkt, die Anzahl der Tiere mit Anzeichen einer toxischen Wirkung, eine Beschreibung der beobachteten Toxizitätszeichen einschließlich des Zeitpunkts des Einsetzens, der Dauer und des Schweregrads etwaiger toxischer Wirkungen, die Anzahl der Tiere, die pathologische Befunde aufweisen, einschließlich der Art und des Schweregrads.

B.43. 2.2 Auswertung und Interpretation der Ergebnisse

Die Ergebnisse der Studie sollen hinsichtlich Häufigkeit, Schweregrad und Wechselbeziehung der verhaltensbezogenen und neuropathologischen Wirkungen (auch der neurochemischen oder elektrophysiologischen Wirkungen, sofern ergänzende Untersuchungen ebenfalls durchgeführt wurden) sowie im Hinblick auf sonstige beobachtete schädliche Wirkungen ausgewertet werden. Wenn möglich, sollen die nummerischen Ergebnisse mittels einer geeigneten und allgemein anerkannten statistischen Methode ausgewertet werden. Die statistische Methode soll in der Entwurfsphase der Studie ausgewählt werden.

B.43. 3 Bericht

Prüfbericht

Der Prüfbericht muss folgende Angaben enthalten:

Testsubstanz:

Vehikel (wenn verwendet):

Versuchstiere:

Testbedingungen:

Beobachtungen- und Testverfahren:

Ergebnisse:

Diskussion der Ergebnisse:

Schlussfolgerungen:

B.43. 4 Literatur

  1. OECD Guidance Document an Neurotoxicity Testing Strategies and Test Methods. OECD, Paris, in Vorbereitung.
  2. Test Guideline for a Developmental Neurotoxicity Study, OECD Guidelines for the Testing of Chemicals. In Vorbereitung.
  3. World Health Organization (WHO) (1986). Environmental Health Criteria document 60: Principles and Methods for the Assessment of Neurotoxicity associated with Exposure to Chemicals.
  4. Spencer, P.S. and Schaumburg, H.H. (1980). Experimental and Clinical Neurotoxicology. Eds. Spencer, P.S. and Schaumburg, H.H. eds. Williams and Wilkins, Baltimore/ London.
  5. Tupper, D.E. and Wallace, R.B. (1980). Utility of the Neurological Examination in Rats. Acta Neurobiol. Exp., 40, 999-1003.
  6. Gad, S.C. (1982). a Neuromuscular Screen for Use in Industrial Toxicology. J. Toxicol. Environ. Health, 9, 691-704.
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  8. Meyer, O.A., Tilson, H.A., Byrd, W.C. and Riley, M.T. (1979). a Method for the Routine Assessment of Fore- and Hind- limb Grip Strength of Rats and Mice. Neurobehav. Toxicol., 1, 233-236.
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Tabelle 1: Benötigte Mindestanzahl der Tiere pro Gruppe abhängig davon, ob die Prüfung auf Neurotoxizität als Einzelstudie oder in Verbindung mit anderen Studien durchgeführt wird

  Durchführung der Prüfung auf Neurotoxizität als:
  Einzelstudie Kombinierte Prüfung in Verbindung mit 28-Tage-Studie Kombinierte Prüfung in Verbindung mit 90-Tage-Studie Kombinierte Prüfung in Verbindung mit Studie zur chronischen Toxizität
Gesamtzahl der Tiere pro Gruppe 10 männliche und 10
weibliche Tiere
10 männliche und 10
weibliche Tiere
15 männliche und 15
weibliche Tiere
25 männliche und 25
weibliche Tiere
Anzahl der für Funktionstests einschließlich detaillierter klinischer Beobachtungen ausgewählten Tiere 10 männliche und 10
weibliche Tiere
10 männliche und 10
weibliche Tiere
10 männliche und 10
weibliche Tiere
10 männliche und 10
weibliche Tiere
Anzahl der für In-situ- Perfusionsfixation und Neurohistopathologie ausgewählten Tiere 5 männliche und 5
weibliche Tiere
5 männliche und 5
weibliche Tiere
5 männliche und 5
weibliche Tiere
5 männliche und 5
weibliche Tiere
Anzahl der für die Beobachtungen (Toxizität bei wiederholter Verabreichung /subchronische Toxizität/ chronische Toxizität, Hämatologie, klinische Biochemie, Histopathologie usw.) ausgewählten Tiere, wie in den entsprechenden Prüfrichtlinien (Guidelines) angegeben   5 männliche und 5
weibliche Tiere
10 männliche* und 10
weibliche Tiere *
20 männliche* und 20
weibliche Tiere*
Ergänzende Beobachtungen nach Bedarf 5 männliche und 5
weibliche Tiere
     
*) Einschließlich fünf Tiere, die für Funktionstests und detaillierte klinische Beobachtungen im Rahmen der Neurotoxizitätsstudie ausgewählt werden

Tabelle 2: Häufigkeit der klinischen Beobachtungen und Funktionstests

Art der Beobachtung Dauer der Studie
Akut 28 Tage 90 Tage Chronisch
Bei allen Tieren Allgemeiner Gesundheitszustand täglich täglich täglich täglich
Mortalität/Morbidität Zweimal täglich Zweimal täglich Zweimal täglich Zweimal täglich



Bei den für Funktionsbeobachtungen ausgewählten Tieren
Detaillierte klinische Beobachtungen
  • vor der ersten Exposition
  • binnen 8 Stunden nach Verabreichung zum Zeitpunkt der erwarteten maximalen Wirkung
  • Am 7. Und 14. Tag nach Verabreichung
  • vor der ersten Exposition
  • anschließend einmal wöchentlich
  • vor der ersten Exposition
  • einmal während der ersten oder zweiten Expositionswoche
  • anschließend monatlich
  • vor der ersten Exposition
  • einmal am Ende des ersten Expositionsmonats
  • anschließend alle drei Monate
Funktionstests
  • vor der ersten Exposition
  • binnen 8 Stunden nach Verabreichung zum Zeitpunkt der erwarteten maximalen
  • Am 7. Und 14. Tag nach Verabreichung
  • vor der ersten Exposition
  • während der vierten Behandlungswoche möglichst nahe am Ende des Expositionszeitraums
  • vor der ersten Exposition
  • einmal während der ersten oder zweiten Expositionswoche
  • anschließend monatlich
  • vor der ersten Exposition
  • einmal am Ende des ersten Expositionsmonats
  • anschließend alle drei Monate


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