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Regelwerk, EU 2024, Wirtschaft - EU Bund

Verordnung (EU) 2024/3015 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. November 2024 über ein Verbot von in Zwangsarbeit hergestellten Produkten auf dem Unionsmarkt sowie zur Änderung der Richtlinie (EU) 2019/1937

(Text von Bedeutung für den EWR)

(ABl. L 2024/3015 vom 12.12.2024)



Das Europäische Parlament und der Rat der Europäischen Union -

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf die Artikel 114 und 207,

auf Vorschlag der Europäischen Kommission,

nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente,

nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses 1,

gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren 2,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1) Wie in der Präambel des Protokolls von 2014 zum Übereinkommen (Nr. 29) der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) über Zwangsarbeit (im Folgenden "IAO-Übereinkommen Nr. 29") anerkannt wird, stellt Zwangsarbeit eine schwere Verletzung der Menschenwürde und der grundlegenden Menschenrechte dar, trägt zum Fortbestehen von Armut bei und steht der Verwirklichung des Ziels der menschenwürdigen Arbeit für alle im Wege. Die IAO hat die Beseitigung aller Formen von Zwangs- oder Pflichtarbeit zu einem Prinzip der grundlegenden Rechte erklärt. Die IAO stuft das IAO-Übereinkommen Nr. 29, einschließlich des ergänzenden Protokolls von 2014 zum IAO-Übereinkommen Nr. 29, und das IAO-Übereinkommen (Nr. 105) über die Abschaffung der Zwangsarbeit (im Folgenden "IAO-Übereinkommen Nr. 105") als grundlegende IAO-Übereinkommen ein und legt Empfehlungen für die Verhinderung und Beseitigung von Zwangsarbeit und für entsprechende Rechtsbehelfe und Abhilfemaßnahmen, wie beispielsweise die Empfehlung Nr. 203 betreffend ergänzende Maßnahmen zur effektiven Beseitigung von Zwangsarbeit, vor. Die IAO hat mehrere Indikatoren ausgearbeitet, die eingesetzt werden, um Fälle von Zwangsarbeit zu erkennen und aufzuzeigen, wie Drohungen oder tatsächlicher physischer oder sexueller Schaden, Ausnutzung der Schutzbedürftigkeit, ausbeuterische Arbeits- und Lebensbedingungen sowie Arbeitszeitüberschreitungen in hohem Maße, Täuschung, Einschränkung der Bewegungsfreiheit oder räumliche Beschränkung auf den Arbeitsplatz oder einen begrenzten Bereich, Isolation, Schuldknechtschaft, Einbehaltung von Löhnen oder eine übermäßige Lohnminderung, Einbehaltung von Pässen und Identitätsdokumenten oder Androhung einer Anzeige bei den Behörden, wenn die Arbeitskraft einen irregulären Einwanderungsstatus hat. Zwangsarbeit steht sehr häufig im Zusammenhang mit Armut und Diskriminierung. Die Manipulation von Krediten und Schulden, entweder durch Arbeitgeber oder durch Anwerber, ist nach wie vor häufig dafür ausschlaggebend, dass schutzlose Arbeitskräfte in die Zwangsarbeitsfalle geraten. Laut den Aufsichtsgremien der IAO stellt Arbeit in Haftanstalten, auch wenn sie für Privatunternehmen erbracht wird, an sich keine Zwangsarbeit dar, sofern sie freiwillig zum Nutzen des Häftlings geleistet wird und den Bedingungen eines freien Arbeitsverhältnisses entspricht. Bei gemeinnütziger Arbeit als alternative strafrechtliche Sanktion zu einer Freiheitsstrafe sollte es sich stets um Tätigkeiten im öffentlichen Interesse handeln, und sie darf vom Staat unter keinen Umständen als Mittel dafür missbraucht werden, die verurteilte Person zu erniedrigen oder sie ihrer Würde zu berauben. In Fällen, in denen Arbeit oder eine Dienstleistung unter Ausnutzung der Schutzbedürftigkeit der Arbeitskraft und unter Androhung einer Strafe verlangt wird, muss diese Androhung nicht unbedingt strafrechtliche Sanktionen betreffen, sondern kann es sich um einen Verlust von Rechten oder Leistungen handeln.

(2) Der Einsatz von Zwangsarbeit ist auf der ganzen Welt weitverbreitet. Schätzungen zufolge waren im Jahr 2021 etwa 27,6 Mio. Menschen von Zwangsarbeit betroffen. Bei gefährdeten und marginalisierten Gruppen einer Gesellschaft ist die Gefahr besonders groß, dass sie zu Arbeit gezwungen werden. Zu diesen Gruppen gehören Frauen, Kinder, ethnische Minderheiten, Menschen mit Behinderungen, Angehörige einer niedrigeren Kaste, Angehörige indigener oder in Stämmen lebender Völker sowie Migranten, insbesondere Migranten ohne gültige Ausweispapiere, die einen prekären Status haben oder in der informellen Wirtschaft tätig sind. Auch wenn Menschen nicht vom Staat zu Arbeit gezwungen werden, ist Zwangsarbeit häufig eine Folge von fehlendem oder mangelndem verantwortungsvollen Handeln in Bezug auf bestimmte Wirtschaftsakteure und ein Beleg dafür, dass der Staat Sozial- und Arbeitnehmerrechte, insbesondere zugunsten schutzbedürftiger und marginalisierter Gruppen, nicht durchsetzt. Zwangsarbeit kann auch als Ergebnis der stillschweigenden Zustimmung von Behörden auftreten. 86 % aller Fälle von Zwangsarbeit treten in der Privatwirtschaft auf, insbesondere in Form einer Ausbeutung durch Zwangsarbeit von 17,3 Mio. Menschen. Die aus dieser Verordnung erwachsenden Pflichten von Wirtschaftsakteuren sollten vorhersehbar und eindeutig sein, damit ihre vollständige und wirksame Erfüllung sichergestellt und ein Beitrag dazu geleistet wird, Zwangsarbeit ein Ende zu setzen.

(3) Die Beseitigung der Zwangsarbeit in all ihren Formen, einschließlich staatlich auferlegter Zwangsarbeit, stellt eine Priorität für die Union dar. Die Achtung der Menschenwürde sowie die universelle Gültigkeit und Unteilbarkeit der Menschenrechte sind in Artikel 21

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