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Regelwerk, EU 2018, Wirtschaft - EU Bund/ Berufe, Arbeits- und Sozialrecht - EU Bund

Richtlinie (EU) 2018/958 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Juni 2018 über eine Verhältnismäßigkeitsprüfung vor Erlass neuer Berufsreglementierungen

(ABl. Nr. L 173 vom 09.07.2018 S. 25)



Das Europäische Parlament und der Rat der Europäischen Union -

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 46, Artikel 53 Absatz 1 und Artikel 62,

auf Vorschlag der Europäischen Kommission,

nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente,

nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses 1,

nach Anhörung des Ausschusses der Regionen,

gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren 2,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1) Die Berufsfreiheit ist ein Grundrecht. Die Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden "Charta") garantiert die Berufsfreiheit und die unternehmerische Freiheit. Die Freizügigkeit der Arbeitnehmer, die Niederlassungsfreiheit und die Dienstleistungsfreiheit sind Grundprinzipien des Binnenmarktes, die im Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) verankert sind. Nationale Bestimmungen, die den Zugang zu reglementierten Berufen regeln, sollten daher keine ungerechtfertigten oder unverhältnismäßigen Hindernisse für die Ausübung dieser Grundrechte schaffen.

(2) Bestehen im Unionsrecht keine spezifischen Rechtsvorschriften zur Harmonisierung der Anforderungen an den Zugang zu einem reglementierten Beruf oder zur Ausübung eines solchen Berufs, so fällt die Entscheidung, ob und wie ein Beruf zu reglementieren ist, in den Zuständigkeitsbereich eines Mitgliedstaats, solange die Grundsätze der Nichtdiskriminierung und der Verhältnismäßigkeit gewahrt bleiben.

(3) Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gehört zu den allgemeinen Grundsätzen des Unionsrechts. Aus der Rechtsprechung 3 ergibt sich, dass nationale Maßnahmen, welche die im AEUV garantierte Ausübung der Grundfreiheiten behindern oder weniger attraktiv machen können, vier Bedingungen erfüllen sollten, sie sollten nämlich: in nichtdiskriminierender Weise angewendet werden, durch Ziele des öffentlichen Interesses gerechtfertigt sein, geeignet sein, die Verwirklichung des mit ihnen verfolgten Zieles zu gewährleisten, und nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Zieles erforderlich ist.

(4) Die Richtlinie 2005/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates 4 enthält eine Verpflichtung der Mitgliedstaaten, die Verhältnismäßigkeit der eigenen Anforderungen, die den Zugang zu reglementierten Berufen oder deren Ausübung beschränken, zu prüfen und die Ergebnisse dieser Prüfung der Kommission vorzulegen, wodurch der Prozess der gegenseitigen Evaluierung eingeleitet wird. Dieser Prozess bedeutet, dass die Mitgliedstaaten eine Überprüfung sämtlicher Rechtsvorschriften zu allen in ihrem Hoheitsgebiet reglementierten Berufen vornehmen mussten.

(5) Die Ergebnisse des Prozesses der gegenseitigen Evaluierung offenbarten einen Mangel an Klarheit hinsichtlich der von den Mitgliedstaaten bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Anforderungen für den Zugang zu reglementierten Berufen oder ihre Ausübung anzuwendenden Kriterien sowie eine uneinheitliche Kontrolle dieser Anforderungen auf allen Regulierungsebenen. Um eine Fragmentierung des Binnenmarktes zu vermeiden und Schranken bei der Aufnahme und Ausübung bestimmter abhängiger oder selbstständiger Tätigkeiten abzubauen, sollte es ein gemeinsames Verfahren auf Unionsebene geben, das den Erlass unverhältnismäßiger Maßnahmen verhindert.

(6) In ihrer Mitteilung vom 28. Oktober 2015 mit dem Titel "Den Binnenmarkt weiter ausbauen: mehr Chancen für die Menschen und die Unternehmen" identifizierte die Kommission die Notwendigkeit, den Mitgliedstaaten ein Raster für die Verhältnismäßigkeitsprüfung an die Hand zu geben, das sie bei der Überprüfung bestehender oder dem Erlass neuer Berufsreglementierungen anwenden können.

(7) Mit dieser Richtlinie sollen Regeln zu von den Mitgliedstaaten durchzuführenden Verhältnismäßigkeitsprüfungen vor der Einführung von neuen oder der Änderung von bestehenden Berufsreglementierungen festgelegt werden, damit sichergestellt ist, dass der Binnenmarkt ordnungsgemäß funktioniert und gleichzeitig Transparenz und ein hohes Verbraucherschutzniveau gewährleistet werden.

(8) Die von der vorliegenden Richtlinie erfassten Tätigkeiten sollten die in den Geltungsbereich der Richtlinie 2005/36/EG fallenden reglementierten Berufe betreffen. Diese Richtlinie sollte auf Anforderungen, die den Zugang zu bestehenden reglementierten Berufen oder deren Ausübung beschränken oder auf den Zugang zu neuen Berufen oder deren Ausübung, deren Reglementierung die Mitgliedstaaten in Betracht ziehen, Anwendung finden. Die vorliegende Richtlinie sollte zusätzlich zur Richtlinie 2005/36/EG zur Anwendung kommen, unbeschadet sonstiger Rechtsvorschriften, die in einem gesonderten Rechtsakt der Union festgelegt wurden und den Zugang zu einem bestimmten reglementierten Beruf oder die Ausübung dieses Berufs betreffen.

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