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Regelwerk, EU 2017, Biotechnologie/Gesundheitswesen - EU Bund

EU-Leitlinien für die umsichtige Verwendung antimikrobieller Mittel in der Humanmedizin
(2017/C 212/01)

(ABl. Nr. C 212 vom 01.07.2017 S. 1)



1. Einleitung

Die Kommission betrachtet die Resistenz gegen antimikrobielle Mittel als vorrangiges Problem und nahm im Jahr 2011 einen Aktionsplan zur Abwehr der steigenden Gefahr der Antibiotikaresistenz an. Wichtige Ziele dabei waren Fortschritte in Richtung einer umsichtigen Verwendung antimikrobieller Mittel bei Menschen und Tieren. Im Jahr 2015 wurden Leitlinien für die umsichtige Verwendung von antimikrobiellen Mitteln in der Veterinärmedizin veröffentlicht 1. 2016 forderte der Rat die Kommission und die Mitgliedstaaten in seinen Schlussfolgerungen zu den nächsten Schritten im Rahmen des Konzepts "Eine Gesundheit" zur Bekämpfung der Antibiotikaresistenz dazu auf, Leitlinien der Europäischen Union zur umsichtigen Verwendung antimikrobieller Mittel in der Humanmedizin auszuarbeiten, die die einzelstaatlichen Leitlinien und Empfehlungen unterstützen 2.

Die vorliegenden Leitlinien für die umsichtige Verwendung antimikrobieller Mittel in der Humanmedizin stützen sich auf einen Fachbericht, den das Europäische Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC) unter Einbeziehung von Sachverständigen der EU-Mitgliedstaaten und von Interessenvertretern erstellt hat und dem die Einzelheiten zur Methodik für die Erstellung der Leitlinien sowie weitere Referenzen zu entnehmen sind 3.

Als Quellen herangezogen für diese Leitlinien wurden unter anderem die Empfehlung 2002/77/EG des Rates vom 15. November 2001 zur umsichtigen Verwendung antimikrobieller Mittel in der Humanmedizin 4 und der globale Aktionsplan der WHO zur Bekämpfung der Resistenz gegen antimikrobielle Mittel 5.

2. Begriffsbestimmungen

Ein antimikrobielles Mittel ist ein Stoff natürlichen, halbsynthetischen oder synthetischen Ursprungs, der in In-vivo-Konzentrationen Mikroorganismen abtötet oder deren Wachstum hemmt, indem er mit einem spezifischen Zielerreger interagiert 6. Antimikrobielle Mittel, die gegen Bakterien wirken, werden als antibakterielle Mittel bezeichnet.

Ein Antibiotikum ist ein Stoff, der durch einen Mikroorganismus erzeugt bzw. aus diesem gewonnen (chemisch erzeugt) wird und selektiv andere Mikroorganismen zerstört bzw. deren Wachstum hemmt 7. Der Begriff "Antibiotikum" wird häufig als Bezeichnung für antibakterielle Mittel verwendet.

Eine erworbene Resistenz gegen antimikrobielle Mittel ist die Resistenz eines Mikroorganismus gegen ein antimikrobielles Mittel, das ursprünglich bei der Behandlung von durch diesen Mikroorganismus verursachten Infektionen wirksam war.

Ein multiresistenter Organismus ist ein Mikroorganismus, der keine Empfindlichkeit gegenüber mindestens je einem Mittel aus drei oder mehr Kategorien antimikrobieller Mittel 8 (oder im Fall von Mycobacterium tuberculosis in zwei oder mehr Kategorien antimikrobieller Mittel) aufweist.

Antimikrobielle Behandlung: Eine empirische antimikrobielle Behandlung beruht auf einem angemessen fundierten klinischen Urteil über den wahrscheinlichsten infektiösen Organismus; eine dokumentierte antimikrobielle Behandlung zeichnet sich dadurch aus, dass die Identität des infektiösen Organismus und seine Empfindlichkeit gegenüber antimikrobiellen Mitteln infolge geeigneter Diagnose- oder Referenztests bekannt sind.

Antimikrobielle Prophylaxe ist der Einsatz antimikrobieller Mittel zur Verhütung von Infektionen.

Bei der umsichtigen Verwendung antimikrobieller Mittel wird das Mittel zum Nutzen des Patienten eingesetzt und gleichzeitig die Wahrscheinlichkeit minimiert, dass unerwünschte Wirkungen (einschließlich Toxizität und Selektion pathogener Organismen wie Clostridium difficile) auftreten sowie dass Resistenzen gegen antimikrobielle Mittel entstehen und sich ausbreiten 9. Weitere Begriffe, mit denen eine solche Verwendung bezeichnet wird, sind "vernünftig", "rational", "angemessen", "korrekt" und "optimal".

Der Begriff Antimicrobial Stewardship (oder Antibiotic Stewardship, ABS, deutsch auch: verantwortungsvoller Umgang mit antimikrobiellen Mitteln) bezeichnet einen organisationsweiten oder ein gesamtes Gesundheitssystem umfassenden Ansatz zur Förderung und Überwachung der vernünftigen Verwendung antimikrobieller Mittel, um die zukünftige Wirksamkeit dieser Mittel zu erhalten 10.

ABS-Programme sind koordinierte Programme zur Durchführung von Maßnahmen, die dazu dienen, eine sachgemäße Verschreibung antimikrobieller Mittel sicherzustellen 11.

Verschreibende Ärzte sind alle Angehörigen von Gesundheitsberufen, die für die Verschreibung antimikrobieller Mittel qualifiziert sind. Je nach lokaler Gesetzeslage kann dieser Begriff neben Ärzten aller Fachrichtungen sowie Zahnärzten auch verschreibungsberechtigte Pflegekräfte, Apotheker, klinische Mikrobiologen, Hebammen und sonstige Angehörige von Gesundheitsberufen umfassen.

3. Anwendungsbereich und Zweck

Die Exposition von Mikroorganismen gegenüber antimikrobiellen Mitteln erzeugt einen Selektionsdruck, der zur Entwicklung von Resistenzen führen kann. Ein unsachgemäßer Einsatz antimikrobieller Mittel beschleunigt die Entstehung und die Ausbreitung von Resistenzen.

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