umwelt-online: Wertermittlungsrichtlinie 2006 (3)
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Zweiter Teil
Zusätzliche Richtlinien für Teilbereiche
4 Grundstücksbezogene Rechte und Belastungen
4.1 Vorbemerkung
Grundstücksbezogene Rechte oder Belastungen können die zulässige wirtschaftliche Nutzung bzw. die Ertragsfähigkeit von Grundstücken mehr oder weniger stark beeinflussen.
Neben dem Erbbaurecht (geregelt in der Verordnung über das Erbbaurecht - ErbbauVO) können insbesondere folgende, im BGB geregelte Rechte und Belastungen Einfluss auf den Wert eines Grundstücks haben:
Zu den nicht im BGB geregelten Rechten oder Belastungen, die den Wert eines Grundstücks beeinflussen können, gehören z.B. die Dauerwohn- und Dauernutzungsrechte ( §§ 31 ff. WEG) sowie öffentlich-rechtliche Verpflichtungen wie Baulasten oder Nutzungsbeschränkungen nach den Vorschriften zum Denkmal- und Naturschutz.
Die Reallast (z.B. im Rahmen des Altenteilsrechts: u. a. Pflegeverpflichtung, Zahlung einer Rente, Lieferung von Nahrung, Energie, Wasser u. A.) gewährt kein unmittelbares Nutzungsrecht am Grundstück. Das Grundstück haftet jedoch für die Entrichtung der Leistungen. Nur soweit die Reallast nicht abgelöst wird, kann ein Einfluss auf den Verkehrswert des Grundstücks bestehen.
Rechte oder Belastungen (z.B. Vorkaufsrechte) sowie schuldrechtliche Verpflichtungen (zu Geld- oder Pflegeleistungen) ohne dingliche Sicherung, die mit der Nutzung des Grundstücks nicht im Zusammenhang stehen, haben in der Regel keinen messbaren Einfluss auf den Verkehrswert.
Entscheidend für die Beeinträchtigung des Grundstücks ist nicht nur die rechtlich mögliche, sondern auch die tatsächlich vorhandene sowie die absehbare Inanspruchnahme und die Auswirkung auf das gesamte Grundstück.
Auch bei einer fehlenden faktischen und wirtschaftlichen Beeinträchtigung kann der Grundstücksmarkt allein auf die Eintragung einer Belastung (z.B. im Grundbuch, Altlastenkataster) mit einer Wertminderung reagieren (z.B. Unterfahrung in großer Tiefe).
Für den Fall einer Zwangsvollstreckung kann auch der Rang eines Rechts dessen Wert beeinflussen.
Bei Belastungen von Teilflächen, z.B. linienhaften Belastungen wie Leitungs- und Wegerechten, ist stets auch eine Auswirkung auf das Gesamtgrundstück zu prüfen.
Die folgenden Hinweise beschränken sich auf die in der Praxis häufigen Wertermittlungsfragen im Zusammenhang mit:
Hierzu enthalten die Anlagen 12-22 insgesamt 24 schematisch vereinfachte Beispielrechnungen.
Die in den Beispielrechnungen angesetzten Werte sind nicht verallgemeinerungsfähig, sondern für den jeweiligen Bewertungsfall individuell zu ermitteln.
4.2 Grundsätze der Wertermittlung
Gegenstand der Wertermittlung können sowohl das Recht oder die Belastung als auch das mit dem Recht belastete oder das begünstigte Grundstück sein.
Zur Wertermittlung ist in erster Linie das Vergleichswertverfahren heranzuziehen. Erst wenn hierfür nicht ausreichend verwertbare Daten vorliegen, sind andere geeignete Verfahren anzuwenden (vgl. Nr. 1.5.5). Vor allem für diesen häufig anzutreffenden Fall gelten die folgenden Hinweise.
Ausgangspunkt der Wertermittlung des belasteten bzw. des begünstigten Grundstücks ist in der Regel dessen Verkehrswert bzw. der Bodenwert ohne Berücksichtigung der Belastung bzw. Begünstigung durch das Recht.
Es ist zu beachten, dass die Wertminderung des belasteten Grundstücks nicht dem Wert des Rechts entsprechen muss.
Der Wertvorteil, den das begünstigte Grundstück bzw. der Berechtigte durch das Recht erfährt, bzw. die Wertminderung, die das belastete Grundstück erleidet, ergibt sich aus dem wirtschaftlichen Vorteil bzw. Nachteil, wobei auf objektive Gesichtspunkte abzustellen ist.
Ist für die Einräumung eines Rechts künftig noch eine einmalige oder eine wiederkehrende Gegenleistung zu erbringen, so ist diese bei der Ermittlung des Werts des Rechts oder der Belastung bzw. bei der Ermittlung des Werts des begünstigten oder des belasteten Grundstücks zu berücksichtigen. Ist sie z.B. bezogen auf die Belastung nachhaltig angemessen, so wirkt sich die Belastung in der Regel nicht wertmindernd aus.
Wird die Grundstücksqualität durch das Recht geändert (wie Fortfall der Baulandqualität durch ein Aussichts- oder Leitungsrecht oder Entstehen von Baulandqualität durch ein Wegerecht), so ist für die Ermittlung des Grundstückswerts die durch das Recht geänderte Qualität entscheidend.
Zur Wertermittlung befristeter Rechte oder Belastungen ist der jährliche Vor- bzw. Nachteil über die Restlaufzeit zu kapitalisieren.
Hierbei ist zu unterscheiden, ob sie
Sind Rechte oder Belastungen auf feste Zeiträume bezogen, ist mit Zeitrentenbarwertfaktoren zu kapitalisieren.
Sind Rechte oder Belastungen an das Leben gebunden, ist mit Leibrentenbarwertfaktoren, bei mehreren Berechtigten mit verbundenen Leibrentenbarwertfaktoren zu kapitalisieren. Ist der Berechtigte eine juristische Person, ist von einem angemessenen Zeitrentenbarwertfaktor auszugehen.
Den Berechnungen ist in der Regel jeweils der angemessene, nutzungstypische Liegenschaftszinssatz zu Grunde zu legen, der nach der Art des Grundstücks und der Lage auf dem Grundstücksmarkt zu bestimmen ist und in allen behandelten Fällen zu hinreichend genauen Ergebnissen führt.
(Stand: 21.06.2018)
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