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Leitfaden zum Umgang mit § 11 Abs. 3 BauNVO in Bezug auf Betriebe des Lebensmitteleinzelhandels
(Gesetzgebungsstand: September 2017)
beschlossen durch die Fachkommission Städtebau am 28. September 2017
1. Einleitung
1.1 Anlass und Entwicklungstrends im Lebensmitteleinzelhandel
Seit Anfang der 1970er Jahre vollzieht sich im Einzelhandel ein Strukturwandel. Der Anteil kleinerer inhabergeführter Geschäfte nimmt ab, während der Anteil filialisierter und discountorientierter Unternehmen, welche über größenbedingte, beschaffungsseitige und logistische Vorteile verfügen, zunimmt. Die Zahl der Lebensmittelmärkte insgesamt ist rückläufig. Das Netz an Lebensmittelmärkten wird demzufolge immer grobmaschiger.
Hinzu kommt, dass davon auszugehen ist, dass der Online-Handel auch im Lebensmittelbereich an Bedeutung gewinnen wird, wenngleich er voraussichtlich nicht die Bedeutung wie in anderen Branchen erreichen wird (vgl. BBSR-Online-Publikation Nr. 08/2017: Online-Handel - Mögliche räumliche Auswirkungen auf Innenstädte, Stadtteil- und Ortszentren). Mögliche städtebauliche Auswirkungen des Online-Handels im Lebensmittelhandel bedürfen zukünftig einer näheren Betrachtung.
Die Städte und Gemeinden verfolgen mit der Ansiedlung von Lebensmittelmärkten weiterhin das Ziel, die Zentren zu stärken sowie eine flächendeckende Nahversorgung zu sichern. Die Betreiber wählen den Standort unter betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten. Als Standorte werden i.d.R. Lagen mit guter Erreichbarkeit für den motorisierten Individualverkehr und mit großen Stellplatzkapazitäten präferiert. 1 Diese Standortanforderungen führen oftmals zu einer Lage außerhalb der gewachsenen Zentren, auch wenn in großstädtischen Lagen beobachtet werden kann, dass auch kleinere Lebensmittelmärkte weiterhin als Nahversorger zur Verfügung stehen. Durch den Wegzug größerer Lebensmittelmärkte an verkehrsgünstige periphere Lagen werden die traditionellen Zentren gefährdet, weil diese Märkte als wichtige Frequenzbringer für die anderen Einzelhandelsbetriebe und die handelsnahen Dienstleistungsbetriebe in den Zentren fehlen. Dies ist auch aus Kundenperspektive vor dem Hintergrund angestrebter Einkaufskopplungen mit anderen Lebensmittelmärkten und anderen Einkaufsanlässen des täglichen Bedarfs (insbes. Bäcker, Metzger, Drogeriemarkt) und weiteren Kopplungen Bank/ Sparkasse und Post problematisch.
Neuansiedlungen von Lebensmittelmärkten - unabhängig ob Vollsortimenter oder Discounter - finden i.d.R. oberhalb der Schwelle der Großflächigkeit von 800 m2 Verkaufsfläche und der Regelvermutungsschwelle von 1.200 m2 Geschossfläche, die sich aus § 11 Abs. 3 BauNVO ergibt, statt. 2, 3
Die seinerzeit von der Bundesregierung eingesetzte Arbeitsgruppe "Strukturwandel im Lebensmitteleinzelhandel und § 11 Abs. 3 BauNVO" hatte in ihrem aus dem April 2002 datierenden Bericht (ZfBR 2002, S. 598) dargelegt, dass die in § 11 Abs. 3 BauNVO angelegte Flexibilität grds. ausreicht, um bei Betrachtung des Einzelfalls sachgerechte Standortentscheidungen für den Lebensmittelhandel treffen zu können. Die Arbeitsgruppe hatte zum Vollzug der Vorschrift Empfehlungen ausgesprochen, auch zur Widerlegung der Regelvermutung des § 11 Abs. 3 BauNVO, die durch Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts bestätigt wurden (u.a. BVerwG, 24.11.2005, 4 C 10/04). Um die seit 2002 erfolgten Entwicklungen in der Rechtsprechung abzubilden, hat die Fachkommission Städtebau, unterstützt von den Kommunalen Spitzenverbänden, beschlossen, einen auf Rechtsthemen konzentrierten Leitfaden als Arbeitsanleitung für die Praxis zu erarbeiten. Seitens des Handelsverbandes Deutschland und einzelner Lebensmittelhändler wurde darauf hingewiesen, dass die Regelung des § 11 Abs. 3 BauNVO in der Praxis nicht immer zufriedenstellend angewendet werde. Hinweise darauf ergeben sich auch aus der "Studie zur städtebaulichen Wirkungsweise des § 11 Abs. 3 BauNVO" des Deutschen Instituts für Urbanistik (DIfU) vom Mai 2014.
1.2 Anwendungsbereich
Dieser Leitfaden dient als Hilfestellung im Umgang mit großflächigen Lebensmitteinzelhandelsbetrieben, um eine Anwendung von § 11 Abs. 3 BauNVO in der Genehmigungspraxis zu erleichtern. Der Leitfaden wurde unter Mitwirkung der Kommunalen Spitzenverbände erstellt. Den Spitzenverbänden des Einzelhandels wurde Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Zur Erarbeitung dieses Leitfadens wurden neuere Erlasse und Arbeitshilfen einzelner Länder zum großflächigen Einzelhandel herangezogen sowie die durch den Deutschen Bundestag in Auftrag gegebene "Studie zur städtebaulichen Wirkungsweise des § 11 Abs. 3 BauNVO" des Deutschen Instituts für Urbanistik (DIfU) aus dem Jahr 2014 berücksichtigt. Auf weitere Studien wird im Text oder in Fußnoten Bezug genommen.
Dieser Leitfaden beschränkt sich im Wesentlichen auf die Betrachtung des großflächigen Lebensmitteleinzelhandels im Rahmen des Genehmigungsverfahrens und erfasst dabei auch die Bedeutung von Zentren- und Einzelhandelskonzepten. Der Schwerpunkt liegt auf dem Umgang mit der Vermutungsregelung. Der Leitfaden befasst sich nicht mit raumordnerischen Vorgaben 4 . Lebensmittelbetriebe unterhalb der Schwelle der Großflächigkeit sowie andere Betriebsformen und Branchen werden nicht betrachtet.
Der Leitfaden ist insbesondere anwendbar auf folgende Fallkonstellationen:
(Stand: 11.05.2022)
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