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Regelwerk

ThürEG - Thüringer Enteignungsgesetz
- Thüringen -

Vom 23. März 1994
(GVBl. Nr. 11 vom 03.03.1994 S. 329; 15.12.1998 S. 428; 25.11.2004 S. 853; 02.07.2024 S. 277 24 i.K.)
Gl.-Nr.: 214-1



Erster Teil
Allgemeine Bestimmungen

§ 1 Anwendungsbereich

Dieses Gesetz gilt für alle Enteignungen, wenn und soweit nicht Bundesrecht oder besondere landesrechtliche Bestimmungen anzuwenden sind.

§ 2 Enteignungszweck

(1) Nach diesem Gesetz kann, sofern es dem Wohl der Allgemeinheit dient, enteignet werden, um insbesondere

  1. Vorhaben zu verwirklichen, für die andere Gesetze die Enteignung ausdrücklich zulassen,
  2. andere Vorhaben zu verwirklichen für
    1. die Gesundheits- oder Wohlfahrtspflege oder allgemeine sportliche Betätigung
    2. Schulen, Hochschulen oder andere Einrichtungen der Kultur, Wissenschaft oder Forschung,
    3. die öffentliche Versorgung mit Wasser oder Fernwärme,
    4. die öffentliche Entsorgung von Abwasser oder Abfällen,
    5. den Schutz von Boden, Wasser, Luft, Klima oder Landschaft,
    6. die Sanierung nicht unerheblicher Boden- oder Wasserverunreinigungen,
    7. Rohrleitungen zum Transport von Rohstoffen oder Produkten in großen Mengen oder mit gefährlichen Eigenschaften,
    8. die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit
    9. die Erfüllung von Pflichtaufgaben kommunaler Gebietskörperschaften oder gesetzlich festgelegter Aufgaben von Bund, Land oder sonstigen juristischen Personen des öffentlichen Rechts.

(2) Enteignungen zum Zweck der Ersatzlandbeschaffung und zu dem Zweck, durch Enteignung entzogene Rechte durch neue Rechte zu ersetzen, sind nur zulässig, wenn und soweit dieses Gesetz oder ein anderes Gesetz eine solche Art der Entschädigung vorsieht.

§ 3 Gegenstand der Enteignung

(1) Durch Enteignung können

  1. das Eigentum an Grundstücken entzogen oder belastet werden,
  2. andere Rechte an Grundstücken entzogen, geändert oder belastet werden (dingliche Rechte),
  3. Rechte entzogen werden, die zum Erwerb, zum Besitz oder zur Nutzung von Grundstücken berechtigen oder die den Verpflichteten in der Nutzung von Grundstücken beschränken (persönliche Rechte),
  4. soweit es in diesem Gesetz vorgesehen ist, Rechtsverhältnisse begründet werden, die persönliche Rechte gewähren,
  5. die Änderung oder Beseitigung vorhandener baulicher Anlagen und Einfriedungen angeordnet werden.

(2) Auf das Zubehör eines Grundstücks und auf Sachen, die nur zu einem vorübergehenden Zweck mit dem Grundstück verbunden oder in ein Gebäude eingefügt sind, darf die Enteignung nur nach Maßgabe des § 7 Abs. 4 ausgedehnt werden.

(3) Zur vorübergehenden Benutzung von Grundstücken können Rechtsverhältnisse begründet werden, die persönliche Rechte gewähren.

(4) Die für Grundstücke geltenden Bestimmungen dieses Gesetzes sind sinngemäß für Grundstücksteile anzuwenden.

(5) Die für das Eigentum an Grundstücken geltenden Bestimmungen sind, soweit dieses Gesetz nichts anderes vorschreibt, sinngemäß für grundstücksgleiche Rechte und Rechte nach dem Wohnungseigentumsgesetz anzuwenden.

(6) Die für die Entziehung oder Belastung des Eigentums an Grundstücken geltenden Bestimmungen sind auf die Entziehung, Belastung, Änderung oder Begründung der in Absatz 1 Nr. 2 bis 4 bezeichneten Rechte sinngemäß anzuwenden.

§ 4 Zulässigkeit der Enteignung

(1) Die Enteignung ist im einzelnen Fall nur zulässig, wenn das Wohl der Allgemeinheit sie erfordert und der Enteignungszweck auf andere zumutbare Weise, insbesondere aus Grundbesitz des Antragstellers, nicht erreicht werden kann.

(2) Die Enteignung zu den in § 2 bezeichneten Zwecken setzt voraus, dass der Antragsteller

  1. sich nachweislich ernsthaft bemüht hat, das Grundstück zu angemessenen Bedingungen freihändig zu erwerben, und
  2. glaubhaft macht, dass das Grundstück innerhalb angemessener Frist zu dem vorgesehenen Zweck verwendet wird.

§ 5 Zulässigkeit der Ersatzlandenteignung 24

(1) Die Enteignung von Grundstücken zur Entschädigung in Land (Ersatzland) ist nur zulässig, wenn

  1. die Entschädigung eines Eigentümers nach § 14 in Land festzusetzen ist und
  2. es dem Enteignungsbegünstigten nicht möglich oder zumutbar ist, geeignetes Ersatzland aus eigenem Grundbesitz bereitzustellen oder freihändig zu angemessenen Bedingungen zu erwerben.

(2) Grundstücke unterliegen nicht der Ersatzlandenteignung, wenn und soweit

  1. der Eigentümer oder bei land- oder forstwirtschaftlich oder gewerblich genutzten Grundstücken auch der sonstige Nutzungsberechtigte auf sie mit seiner Berufs- oder Erwerbstätigkeit angewiesen und ihm im Interesse der Erhaltung der Wirtschaftlichkeit seines Betriebes die Abgabe nicht zuzumuten ist,
  2. die Grundstücke oder ihre Erträge unmittelbar öffentlichen oder sonstigen in § 2 genannten Zwecken dienen oder zu dienen bestimmt sind oder
  3. die Grundstücke mit einem eigengenutzten Eigenheim oder einer eigengenutzten Kleinsiedlung bebaut sind.

(3) Im Außenbereich unterliegen Grundstücke der Ersatzlandenteignung nur, wenn sie land- oder forstwirtschaftlich genutzt werden sollen oder einem nach § 35 Abs. 1 des Baugesetzbuchs zulässigen Vorhaben dienen sollen.

(4) Die Enteignung zum Zwecke der Entschädigung eines Eigentümers, dessen Grundstück zur Beschaffung von Ersatzland enteignet wird, ist unzulässig.

§ 6 Zulässigkeit der Enteignung für den Ersatz entzogener Rechte

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