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2 Bauleitplanung
2.1 Allgemeines
Die grundlegenden Bestimmungen über die Bauleitplanung sind unverändert geblieben. Die Bauleitplanung bleibt mit dem Flächennutzungsplan als vorbereitendem und dem Bebauungsplan als verbindlichem Bauleitplan zweistufig. Der Vorhaben- und Erschließungsplan aus § 7 BauGB-MaßnG ist in § 12 als vorhabenbezogener Bebauungsplan neu eingefügt worden. Er ist damit in das System der Bauleitplanung eingegliedert worden, ohne jedoch seine Besonderheit, die in der Verbindung von verbindlicher Bauleitplanung und städtebaulicher Vertragsregelung liegt, zu verlieren. Der vorhabenbezogene Bebauungsplan steht nunmehr für geeignete Planungsfälle auf Dauer zur Verfügung (vgl. Nr. 7). Daneben sind auch die Vorschriften über den städtebaulichen Vertrag aus § 6 BauGB-MaßnG in § 11 in gestraffter Form übernommen worden. Sie stehen damit als ein wesentliches Instrument der Förderung und Sicherung der Durchführung der Bauleitplanung ebenfalls dauerhaft zur Verfügung.
Zu den umweltschützenden Belangen ist den Grundsätzen in § 1 eine spezielle Regelung als § 1a hinzugefügt worden. Dieser enthält die Bodenschutzklausel, die Belange der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung, der Umweltverträglichkeitsprüfung und der Europäischen Schutzgebiete (vgl. Nr. 3 und Nr. 5).
2.2 Planungsgrundsätze
Die weiterhin nicht abschließende Aufzählung der in der Bauleitplanung zu berücksichtigenden Belange in § 1 Abs. 5 ist ergänzt worden um die nachhaltige städtebauliche Entwicklung, die Förderung kostensparenden Bauens, die Nutzung erneuerbarer Energien sowie die Ergebnisse einer von der Gemeinde beschlossenen sonstigen städtebaulichen Planung (vgl. Nr. 2.3). Die nachhaltige städtebauliche Entwicklung zielt auf eine langfristig ausgewogene Flächennutzung, die das Gesamtsystem der Stadt einschließlich der städtischen Umwelt dauerhaft funktionsfähig erhält. Dies schließt sowohl eine sparsame und schonende Inanspruchnahme neuer Flächen für bauliche und infrastrukturelle Maßnahmen, die Aufbereitung und Wiedernutzung brachgefallener oder untergenutzter Bau- und Infrastrukturflächen als auch die Offenhaltung geeigneter Entwicklungsflächen für nachfolgende Generationen ein.
Die Förderung kostensparenden Bauens wird maßgeblich durch die festgelegte städtebauliche Struktur bestimmt. Sie beginnt mit der Ausweisung geeigneter, in die vorhandenen städtebaulichen Strukturen gut eingebundenen Bau- und Infrastrukturflächen, deren gegenseitiger Zuordnung und Erreichbarkeit auf kurzen Wegen, der sparsamen Erschließung der Bauflächen und reicht bis zur Festsetzung von Bau- und Erschließungsstrukturen, die einen rationellen Einsatz wirtschaftlicher Methoden und Verfahren bei der Plandurchführung zulassen.
Bei den Belangen des Umweltschutzes in § 1 Abs. 5 Satz 2 Nr. 7 ist eine Bezugnahme auf den neuen § 1a erfolgt sowie klarstellend eingefügt worden, daß zu den Belangen des Umweltschutzes auch die Nutzung erneuerbarer Energien gehört. Die Bodenschutzklausel aus dem bisherigen Satz 3 ist in den neu eingeführten § 1a übernommen worden (vgl. Nr. 3.2).
2.3 Berücksichtigung informeller Planungen
In die Planungsgrundsätze des § 1 Abs. 5 ist in Satz 1 der Begriff der nachhaltigen städtebaulichen Entwicklung aufgenommen worden. Die Gewährleistung einer solchen Entwicklung setzt aber oftmals gerade über den einzelnen Bauleitplan hinausgehende konzeptionelle Überlegungen voraus. Diese können in sog. informellen städtebaulichen Planungen dokumentiert und in die förmliche Bauleitplanung eingebracht werden. In § 1 Abs. 5 Satz 2 ist als neue Nummer 10 die Berücksichtigung der Ergebnisse einer von der Gemeinde beschlossenen sonstigen städtebaulichen Planung ausdrücklich aufgenommen worden. Eine Rechtsänderung ist damit nicht verbunden. Vielmehr handelt es sich um eine Klarstellung und weitere Hervorhebung der informellen Planung. Es muß sich um eine von der Gemeinde beschlossene städtebauliche Planung handeln, also nicht lediglich um einen Planervorschlag. Auf die nähere Bezeichnung der Planung kommt es dagegen nicht an. Zur Berücksichtigung informeller Planungen siehe auch die Regelungen in § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 und § 140 Nr. 4 BauGB.
2.4 Aufstellung der Bauleitpläne
Durch die Änderung einzelner Verfahrensvorschriften bei grundsätzlicher Beibehaltung des bisherigen Systems soll eine Erleichterung und Beschleunigung erreicht werden. So sind die Vorschriften in § 3 (Bürgerbeteiligung) und § 13 (vereinfachtes Verfahren) stärker aufeinander abgestimmt worden. Das vereinfachte Verfahren ist insgesamt gestrafft und als eigenständige Grundform gestaltet worden. Es soll neben der Bauleitplanung auch für andere städtebauliche Satzungen Aufwendung finden. Die Vorschrift über die Beteiligung der Träger öffentlicher Belange in § 4 ist unter weitgehender Übernahme der Sonderregelungen des BauGB-MaßnG insgesamt neu gefaßt worden. In § 7 ist erstmals der letztmögliche Zeitpunkt des Widerspruchs eines öffentlichen Planungsträgers gegen die Darstellungen des Flächennutzungsplans geregelt worden. In § 10 sind die Regelungen über den Beschluß, die Genehmigung und das Inkrafttreten des Bebauungsplans zusammengefaßt worden. Als wesentliche Änderung ist das Anzeigeverfahren für Bebauungspläne ebenso wie für Ergänzungssatzungen, die aus dem Flächennutzungsplan entwickelt sind, weggefallen (vgl. Nr. 2.4.6).
2.4.1 Bürgerbeteiligung
In § 3 Abs. 1 Satz 2 (Absehen von der frühzeitigen Bürgerbeteiligung) ist die Bestimmung zum Flächennutzungsplan (Nr. 1 alt) gestrichen worden. Eine materielle Rechtsänderung ist damit nicht verbunden; die Regelung ist in § 13 integriert. § 3 Abs. 1 Satz 2 enthält nach seiner Abgleichung mit § 13 nur noch Vorschriften, die insoweit zusätzlich zu den Absehensmöglichkeiten des § 13 gelten. Während das vereinfachte Verfahren nach § 13 nur in Fällen der Änderung oder Ergänzung von Bauleitplänen, also in Fällen, in denen ein vorhandener Bauleitplan geändert wird, Anwendung findet, kommt ein Absehen von der frühzeitigen Bürgerbeteiligung nach § 3 Abs. 1 auch bei der (Neu-)Aufstellung oder der Aufhebung von Bebauungsplänen in Betracht. Nach § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 werden keine oder nur unwesentliche Auswirkungen auf das Bebauungsplangebiet und die Nachbargebiete vorausgesetzt; im Falle der Nr. 2 müssen die Unterrichtung und Erörterung bereits zuvor auf anderer Grundlage erfolgt sein. Hier wurde der bisherige zusätzliche Begriff "planerischer" (Grundlage) gestrichen. Damit können z.B. auch Darlegungen in einer Bürgerversammlung ausreichen.
In § 3 Abs. 2 und 3 ist durch die Streichung des Wortes "Bedenken" das bisherige Begriffspaar "Bedenken und Anregungen" auf den Begriff "Anregungen" reduziert worden. Damit wird der positive Aspekt der Bürgerbeteiligung herausgestellt und der Mitwirkung der Bürgerinnen und Bürger ein konstruktiver Weg gewiesen. Mit dieser Verdeutlichung ist keine materielle Rechtsänderung verbunden. Geändert wurde in Abs. 2 die Voraussetzung, bei der die Einzelmitteilung des Ergebnisses über die Prüfung der vorgebrachten Anregungen durch die Möglichkeit zur Einsichtnahme in das Ergebnis ersetzt wird. Für diese Verfahrensweise waren bislang 100 Personen mit gleichartigem Vorbringen vorausgesetzt, diese Zahl ist auf 50 gesenkt worden.
2.4.2 Beteiligung der Träger öffentlicher Belange ( § 4 BauGB)
Die Vorschrift über die Beteiligung der Träger öffentlicher Belange in § 4 bringt eine Reihe von Klarstellungen und ist insgesamt neu gefaßt worden.
Nach Abs. 1 sollen die Träger öffentlicher Belange möglichst frühzeitig beteiligt werden, wenn ihr Aufgabenbereich berührt wird. Damit wird noch deutlicher als bisher auf die Betroffenheit im jeweiligen Aufgabenbereich abgestellt. Übernommen wurde die bisherige Regelung, daß dieser Verfahrensschritt gleichzeitig mit der öffentlichen Auslegung nach § 3 Abs. 2 erfolgen kann. Dies ist insbesondere dann sinnvoll, wenn entweder eine informelle Vorabstimmung bereits erfolgt ist oder lediglich Stellungnahmen ohne wesentliche Auswirkungen auf den Plan zu erwarten sind.
In Abs. 2 ist die Frist zur Stellungnahme innerhalb eines Monates aus § 2 Abs. 4 BauGB-MaßnG in allgemeiner Form übernommen worden. Die Frist beginnt mit dem Eingang der Aufforderung zur Stellungnahme beim jeweiligen Träger öffentlicher Belange. Die gesetzliche Monatsfrist soll von den Gemeinden nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes angemessen verlängert werden. Der Träger muß den wichtigen Grund gegenüber der Gemeinde geltend machen. Ob ein wichtiger Grund vorliegt, ist eine Rechtsfrage; ein Beurteilungsspielraum besteht weder für die planende Gemeinde noch für den Träger öffentlicher Belange. Anhaltspunkte können insbesondere die Schwierigkeit der Planung, deren Umfang oder ggf. noch vorzunehmende Untersuchungen sein; allgemeine Arbeitsüberlastung, personelle Engpässe oder Ferienzeit reichen als Grund nicht aus. Liegt ein wichtiger Grund vor (z.B. Erforderlichkeit eines Gutachtens, Altlastenuntersuchung), so ist dem Verlangen auf Fristverlängerung regelmäßig zu entsprechen. Eine weitere Fristverlängerung ist nur möglich, soweit und solange der wichtige Grund noch besteht. Verspätet vorgebrachte Anregungen müssen von der Gemeinde bei ihrer Abwägungsentscheidung nur berücksichtigt werden, soweit sie der Gemeinde auch ohne Vorbringen des Trägers öffentlicher Belange bekannt sind oder hätten bekannt sein müssen oder wenn sie für die Rechtmäßigkeit der Abwägung von Bedeutung sind. Der letztgenannte Punkt ist zur Klarstellung eingefügt worden. Unberücksichtigt bleiben können in Abhängigkeit von der konkreten Situation z.B.: verspätet vorgebrachte wirtschaftliche Belange, betriebliche Interessen und Bedarfsanforderungen von Behörden und öffentlichen Aufgabenträgern; verspätetem Vorbringen, das in der Sache nicht durchschlagen kann, braucht nicht weiter nachgegangen zu werden. Außerdem ist in Abs. 2 klargestellt worden, daß sich die fachliche Stellungnahme auf den Aufgabenbereich des Trägers öffentlicher Belange beschränken soll.
Abs. 3 stellt klar, daß die Stellungnahme des Trägers öffentlicher Belange von der Gemeinde in der bauleitplanerischen Abwägung nach § 1 Abs. 6 zu berücksichtigen ist, also keine darüber hinausgehende eigenständige Bindungswirkung entfaltet, soweit sich dies nicht aus besonderen gesetzlichen Bindungsvorgaben ergibt, die der Gemeinde dann konkret benannt werden sollten.
Abs. 4 stellt ausdrücklich klar, daß bei nachträglichen Änderungen oder Ergänzungen des Planentwurfs, die den Aufgabenbereich eines Trägers öffentlicher Belange erstmals oder stärker als bisher berühren, das vereinfachte Verfahren nach § 13 Nr. 3 entsprechend angewandt werden kann.
2.4.3 Allgemeines
2.4.3.1 Grenzüberschreitende Unterrichtung
In Ergänzung zu § 2 Abs. 2 BauGB (Abstimmungspflicht mit den Nachbargemeinden) und § 4 BauGB (Beteiligung der Träger öffentlicher Belange) führt § 4a BauGB eine grenzüberschreitende Unterrichtung der Gemeinden und Träger öffentlicher Belange ein. Die neue Regelung zielt auf eine Abstimmung der Bauleitpläne von Gemeinden im Grenzgebiet mit den betroffenen Stellen in den Nachbarstaaten ab. Vorbild ist die Vorschrift des § 8 UVPG, die eine grenzüberschreitende Behördenbeteiligung vorsieht, wenn ein Vorhaben erhebliche Umweltauswirkungen auf das Gebiet eines benachbarten Staates haben kann.
§ 4a BauGB sieht ein zweigestuftes Abstimmungsverfahren zunächst in Form einer Unterrichtung (Absatz 1) und dann in Form von Konsultationen (Absatz 2) für solche Bauleitpläne vor, die erhebliche Auswirkungen auf Nachbarstaaten haben können. Die Verpflichtung zur Abstimmung gilt allerdings nur unter den Voraussetzungen . der Grundsätze der (formellen) Gegenseitigkeit und (materiellen) Gleichwertigkeit, um den deutschen Gemeinden keine einseitige Abstimmungsverpflichtung ihrer Bauleitpläne ohne Recht auf Beteiligung im umgekehrten Fall einzuräumen. Das Gebot der Gleichwertigkeit verlangt dabei Vergleichbarkeit sowohl hinsichtlich des Zeitpunktes der Information als auch hinsichtlich deren Aussage, Umfang und Genauigkeit. Da die benachbarten Staaten mit Ausnahme des Kreises der Verfahren für UVP-pflichtige Vorhaben (vgl. die Verpflichtung nach § 8 UVPG) bislang keine entsprechenden grenzüberschreitenden Abstimmungsverpflichtungen erlassen haben, kann die Gegenseitigkeit in der Praxis nur auf Grund bilateraler Absprachen und Vereinbarungen - auch auf regionaler oder kommunaler Ebene -, die dann auch weitere Einzelheiten regeln, hergestellt werden.
2.4.3.2 Unterrichtung
Der in § 4a Abs. 1 BauGB gewählte Begriff entspricht dem Begriff der Unterrichtung in § 3 Abs. 1 BauGB sowie § 8 Abs. 1 UVPG. Die Gemeinden und Träger öffentlicher Belange des Nachbarstaates sind daher über den Inhalt des Planentwurfs in geeigneter Weise so zu informieren, daß eine inhaltliche Auseinandersetzung mit der beabsichtigten Planung möglich ist. Eine Erörterung ist in dieser ersten Phase der Beteiligung hingegen nicht erforderlich; sie kann jedoch im Rahmen des sich gegebenenfalls anschließenden Konsultationsverfahrens nach Absatz 2 erfolgen.
Adressaten der Unterrichtung sind sowohl die von den Auswirkungen der beabsichtigten Bauleitplanung möglicherweise erheblich betroffenen Gemeinden wie auch die möglicherweise erheblich in ihren Aufgabenbereichen betroffenen Träger öffentlicher Belange des Nachbarstaates. Dieser weite Adressatenkreis wurde - vorsorglich - angesichts der unterschiedlichen Verwaltungsstrukturen in den Nachbarländern gewählt. In Analogie zu § 8 UVPG und nach entsprechender Vereinbarung erscheint es aber sinnvoll, eine zentrale Anlaufstelle - beispielsweise die Gemeinde - im Nachbarstaat auszuwählen, die dann ihrerseits die erhaltenen Informationen an die weiteren in ihrem Aufgabenbereich betroffenen Stellen (und damit die Träger öffentlicher Belange) weiterleitet.
Im Hinblick auf die Möglichkeit der Einflußnahme auf die Planung einerseits und die angestrebte Informationsgewinnung andererseits erscheint es zweckmäßig, wenn die Unterrichtung nach Absatz 1 zeitlich mit der Beteiligung der entsprechenden Stellen im Inland erfolgt und zugleich auch Gelegenheit zur Abgabe von schriftlichen Stellungnahmen gegeben wird.
2.4.3.3 Konsultationen
Nach § 4a Abs. 2 BauGB können Konsultationen auf der Grundlage der vorher nach Absatz 1 durchgeführten Unterrichtung erfolgen. Derartige Konsultationen gehen qualitativ über die Unterrichtung und Abgabe von Stellungnahmen durch die betroffenen Gemeinden und Träger öffentlicher Belange des benachbarten Staates hinaus. Sie haben zum Ziel, unterschiedliche Auffassungen der Betroffenen zu erörtern und zu einer einvernehmlichen Lösung im Verhandlungswege zu kommen. Hierbei erscheint es sinnvoll, daß zunächst Gespräche zwischen der planenden deutschen Gemeinde mit den von der Planung konkret betroffenen Stellen des Nachbarstaates erfolgen.
2.4.4 Einschaltung Dritter
2.4.4.1 Allgemeines
In § 4b BauGB wird ausdrücklich geregelt, daß die Gemeinde zur Beschleunigung des Bauleitplanverfahrens die Vorbereitung und Durchführung von Verfahrensschritten nach den §§ 3 bis 4a BauGB Dritten übertragen kann. Die gesetzliche Regelung zielt auf drei verschiedene Inhalte ab:
2.4.4.2 Funktionale Privatisierung
Die Gemeinde kann Dritten die Vorbereitung und Durchführung von Verfahrensschritten nach den §§ 3 bis 4a BauGB übertragen; sie kann damit einen vom Gesetz ihr zugewiesenen Aufgabenbereich delegieren. Da sie jedoch weiterhin die Zuständigkeit für das Bauleitplanverfahren insgesamt behält, handelt es sich bei dieser Aufgabenübertragung nicht um eine materielle Privatisierung (z.B. in Form der Beleihung), sondern um eine sogenannte funktionale oder formelle Privatisierung. Bei dieser Form der Privatisierung bleibt die Aufgabe weiterhin hoheitlich, ihre Durchführung wird aber teilweise auf einen Privaten übertragen. Im Außenverhältnis zu Bürgerinnen und Bürgern und zu den Trägern öffentlicher Belange bleibt die Verantwortung bei der Gemeinde, von der Gemeinde beauftragte Dritte sind daher sogenannte Verwaltungshelfer.
2.4.4.3 Übertragung auf Dritte
Von der Gemeinde beauftragte Dritte können hierauf spezialisierte Rechtsanwältinnen oder Rechtsanwälte, Planerinnen oder Planer, Architektinnen oder Architekten oder aber auch eine eigens zum Zweck der Verfahrensunterstützung gegründete Gesellschaft der Gemeinde sein. Regelmäßig werden Dritte dabei im Interesse der Gemeinde an einer zügigen Planung tätig. Zwischen Gemeinde und Verwaltungshelfer kommt durch die Übertragung der Aufgabe ein Vertragsverhältnis privatrechtlicher Natur zustande. Für ihre Leistungen können Verwaltungshelfer ein angemessenes Entgelt verlangen. Die vom Gesetzgeber als hervorgehobenes Motiv der Privatisierung genannte Beschleunigung des Bauleitplanverfahrens soll durch die personelle Entlastung, aber auch dadurch erreicht werden, daß Beschränkungen z.B. des Dienstrechts entfallen.
Dritte können aber auch neutrale Projektmittler ("Mediatoren") sein, die zunächst unabhängig von Weisungen der Gemeinde und damit von neutraler Warte aus die genannten Verfahrensschritte durchführen und dabei vermittelnd zwischen Gemeinde und Betroffenen sowie Trägern öffentlicher Belange tätig werden. Verfahrensmittler sollen hier die Beschleunigung durch Offenlegung der unterschiedlichen Interessen und den Versuch der Konsensstiftung erreichen. Diese neutrale Position Dritter schließt es allerdings nicht aus, daß sie anteilig oder auch ganz von der Gemeinde bezahlt werden. Ob Dritte als Konfliktmittler zwischen Gemeinde und von der Planung Betroffenen oder unmittelbar für die Gemeinde auftreten sollen, ist deshalb im Rahmen des Auftrags zu klären. Es bleibt auch bei der Einschaltung neutraler Dritter bei der Letztverantwortung der Gemeinde, so daß diese - unter Beachtung des Vertragsrechts - die Durchführung der Verfahrensschritte wieder an sich ziehen kann.
Bei der Vorbereitung des Beteiligungsverfahrens kann (unstreitig) auch ein von der Planung begünstigter Investor tätig werden. Vergleichbare Regelungen gibt es auch sonst im BauGB: So regelt § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BauGB die Zulässigkeit eines städtebaulichen Vertrags, in welchem der Vertragspartner vorbereitende Maßnahmen sowie die Ausarbeitungen der städtebaulichen Planungen übernehmen kann; eine vergleichbare Regelung zur Durchführung der Planung ist beim vorhabenbezogenen Bebauungsplan in § 12 BauGB getroffen. Hinsichtlich der Durchführung des Beteiligungsverfahrens durch einen Investor bestehen Zweifel an der Zulässigkeit im Hinblick auf eine mögliche Interessenkollision, die im Ergebnis zu einer Verletzung des Abwägungsgebots führen könnte (vgl. Nr. 2.4.4.5).
2.4.4.4 Übertragbare Aufgaben
Bei den übertragungsfähigen Aufgaben unterscheidet § 4b BauGB zwischen der Vorbereitung und der eigentlichen Durchführung des Beteiligungsverfahrens:
Die Vorbereitung der Bürgerbeteiligung kann die Zusammenstellung der zu erörternden Unterlagen, die Bereitstellung eines Versammlungsraums und die Einladung zu einem ersten Bürgertermin, schließlich auch die organisatorische Unterstützung bei der Auslegung der Planentwürfe einschließen. Bei der Beteiligung der Träger öffentlicher Belange kann die Zusammenstellung und Versendung der Unterlagen, zu denen Stellung genommen werden soll, übernommen werden.
Die eigentliche Durchführung der Bürgerbeteiligung durch Dritte erfolgt durch die Übernahme der Moderation des Erörterungstermins; hieran kann sich die Zusammenstellung der mündlichen oder auch schriftlichen Anregungen anschließen. Bei der Beteiligung der Träger öffentlicher Belange kann die oder der Dritte die Stellungnahmen anfordern und ebenfalls zusammenstellen. Er kann die gesetzliche Stellungnahmefrist von einem Monat in verbindlicher Absprache mit der Gemeinde angemessen verlängern. Auch kann die oder der Dritte einen Anhörungstermin für die Träger öffentlicher Belange anstelle der Gemeinde übernehmen. Demgegenüber scheidet eine Bewertung der Ergebnisse des Beteiligungsverfahrens durch Dritte aus.
Bei Tätigwerden des Verwaltungshelfers muß deutlich werden, daß dieser im Auftrag der Gemeinde handelt.
2.4.4.5 Verantwortlichkeit der Gemeinde
Bei der Übertragung von Verfahrensschritten auf Dritte kommt der Gemeinde eine besondere Verantwortung bei Auswahl und Überwachung zu; insoweit wandelt sich die nach dem BauGB bislang vorgesehene umfassende Verfahrensverantwortung für die Verfahrensschritte der §§ 3 bis 4a BauGB in eine Ergebnisverantwortung. Daher muß die Gemeinde von ihr beauftragte Dritte durch eine regelmäßige Berichtspflicht so beaufsichtigen, daß sie zu jeder Zeit eingreifen und das Verfahren an sich ziehen kann. Auch muß sie sicherstellen, daß sie die durch die Beteiligung eingegangenen Informationen in vollem Umfang erhält und in den Abwägungsprozeß einführt. Dies zwingt sie insbesondere zu einer Teilnahme an mündlichen Erörterungs- und Anhörungsterminen. Auch muß sie die erhaltenen Informationen selbständig bewerten, um sich damit ein eigenes Bild für die Abwägung verschaffen zu können. Allerdings ist es nicht ausgeschlossen, daß die oder der Dritte die aus der Beteiligung erhaltenen Informationen zur Arbeitserleichterung zuvor in Form einer Zusammenstellung oder eines Protokolls bündelt und insoweit die Abwägungsentscheidung vorbereitet.
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(Stand: 16.06.2018)
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