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Regelwerk; BGI/GUV-I / DGUV-I

GUV-I 8557 / DGUV Information 207-010 - Rückengerechtes Arbeiten in der Pflege und Betreuung - Damit der Mensch nicht zur Last wird
Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) Information

(Ausgabe 11/2007)




Einleitung

Liebe Leserinnen und Leser,

jeder, der in der Kranken- und Altenpflege arbeitet, weiß es: Das ist Knochenarbeit im wahrsten Sinne des Wortes. Aber auch die Arbeit mit Menschen mit Behinderungen stellt hohe körperliche Anforderungen an die Beschäftigten. Beschäftigte, die diese und vergleichbare Arbeiten durchführen, wollen wir mit dieser Broschüre ansprechen. Hohe Druckbelastungen in der Wirbelsäule, verbunden mit großen Hebelkräften und ungünstigen Körperhaltungen sind dabei häufige Belastungsfaktoren. Dabei geht es nicht um Patentlösungen nach dem Motto: Man nehme dies und mache das und schon geht alles ganz leicht. So einfach ist es nicht. Denn auf der einen Seite geht es hier um Menschen und nicht um Gegenstände und außerdem ist jeder Mensch anders. Und dies "Anderssein" gilt in mehrfacher Hinsicht: Die Art und Weise, wie ein Patient rückengerecht bewegt werden kann, ist zum einen davon abhängig, wie dieser Patient in seiner Bewegungsfähigkeit eingeschränkt ist. Zum anderen ist zu fragen, über welche Fähigkeiten die Pflegekraft verfügt. Ein weiterer Gesichtspunkt ist die Frage der räumlichen und organisatorischen Rahmenbedingungen sowie der Verfügbarkeit von Hilfsmitteln.

Schon die Vielzahl der Einflussgrößen lässt Patentlösungen nicht zu. Vielmehr will die Broschüre einen Einblick in die Problematik des rückengerechten Patiententransfers geben. Weiterführende Informationen zum Thema finden Sie auf der CD "Rückengerechtes Arbeiten im Gesundheitsdienst", die bei allen Unfallversicherungsträgern der öffentlichen Hand (Adressen siehe letzte Seite) bestellt werden kann. Für diejenigen, die sich nur ganz schnell einen Überblick verschaffen wollen, steht auch ein achtseitiger Flyer mit dem Titel "Rückengerechtes Arbeiten in der Pflege und Betreuung" (GUV-I 8609) zur Verfügung. Als Unfallversicherungsträger beschäftigt uns dieses Thema bei unserer täglichen Arbeit. Zum einen erreichen uns immer wieder Berufskrankheitenmeldungen zum Thema Rücken und zum anderen wird die Beratung zum rückengerechten Arbeiten mit Menschen von unseren Mitgliedsunternehmen häufig angefragt. Diese beiden Felder spiegeln auch die zentralen Aufgaben der gesetzlichen Unfallversicherer wider: Prävention, also die Vermeidung von Arbeits- und Wegeunfällen sowie Berufskrankheiten und zum anderen die Entschädigung solcher Ereignisse.

Wir wünschen Ihnen viel Spaß und viele Anregungen bei der Lektüre.

Ein Wort noch: Um Ihnen die Lektüre zu erleichtern, haben wir darauf verzichtet, bei den Bezeichnungen die weibliche und männliche Form zu betonen. Ebenso benutzen wir die Begriffe Patient und Bewohner gleichwertig.

1. Einflussfaktoren für rückengerechtes Arbeiten

Rückenerkrankungen sind kein "Schicksal", sondern meistens das Ergebnis jahrelanger Belastungen des eigenen Körpers. Es gibt Faktoren, die die "Rückengesundheit" unterstützen. Hilfsmittel können - richtig angewendet - einen wichtigen Beitrag zum rückengerechten Arbeiten leisten. Aber auch räumliche Gegebenheiten und selbst die Arbeitskleidung gehören zu diesen Einflüssen. Die "weichen" Faktoren, wie Ressourcenorientierung, Arbeitsorganisation, Motivation und Selbstpflege runden die Betrachtung der ganzheitlichen Rückengesundheit ab.

1.1 Hilfsmittel

Es gibt viele Hilfsmittel, die bei sinnvollem Einsatz durch geschultes Personal eine große Entlastung für den Rücken sind. Dabei unterscheidet man zwischen "Technischen Hilfsmitteln" und "Kleinen Hilfsmitteln". Die meisten Hilfsmittel kann man eine zeitlang in der Praxis ausprobieren. So können die Beschäftigten die Anwendung testen - eine wichtige Grundlage für die Akzeptanz und somit für den effektiven Einsatz.

Die hier aufgeführten Hilfsmittel und deren Einsatzmöglichkeiten stellen eine Auswahl dar. Diese erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

1.1.1 Technische Hilfsmittel

Für Bewegungs- und Transferaufgaben stehen technische Hilfsmittel zur Verfügung. Der Einsatz von geeigneten Hilfsmitteln reduziert nicht nur die körperliche Belastung der Beschäftigten, sondern schafft neben Pflegequalität auch Lebensqualität für den Menschen. Mit Hilfsmitteln können sowohl die Beschäftigten als auch der Patient gemeinsam die Aktivitäten des täglichen Lebens besser und vor allem sicherer bewältigen.

Beim Einsatz von technischen Hilfsmitteln müssen die arbeitsplatz- und organisationsbezogenen Voraussetzungen geprüft werden.

Pflegebett

Eine in der Höhe und in der Neigung verstellbare Liegefläche kann immer an die jeweilige Körpergröße der Pflegekraft und an den jeweils vorzunehmenden Transfer angepasst werden. Ist das Bett elektrisch verstellbar, kommt es zu einer deutlichen körperlichen Entlastung des Beschäftigten, z.B. beim Kopfteil aufstellen. Darüber hinaus kann sich der pflege bedürftige Mensch das Bett selber auf eine für ihn günstige Höhe zum Aufstehen einstellen. Das Pflegebett sollte möglichst leicht zu schieben, zu lenken und zu unterfahren sein, um die Anwendung von Liftern oder anderen technischen Geräten zu ermöglichen.

Bei integrierten Bettgittern ist darauf zu achten, dass diese einfach herabzulassen sind und genügend Beinfreiraum beim Arbeiten am Bett gewährleisten. Die pflegebedürftige Person sollte beim Aufstehen durch über den Matratzenrand hinausragende Seiten teile nicht behindert werden. Ein zentrales Bremssystem mit einer integrierten Einstellung für das Arretieren einer Lenkrolle erleichtert die Handhabung des Bettes beim Transport.

Grundsätzlich ist darauf zu achten, dass das Bett vom "richtigen Ende" geschoben wird. Dies ist abhängig von der Lenkrolle. Befindet sich diese beim Geradeausfahren am Kopfende, muss das Bett aus ergonomischer Sicht vom Fußende aus geschoben werden.

Rollstuhl

Der Rollstuhl ist ein Hilfsgerät, das immobile und körperlich behinderte Menschen in ihrer Mobilität unterstützt. Generell ist es wichtig, dass die Seitenteile und Fußstützen abnehmbar sind, um einen Transfer rückengerecht gestalten zu können. Es ist einfacher einen Patienten zu bewegen, wenn die Sitzfläche breit genug bzw. wenn keine Sitzschale vorhanden ist. Es gibt motorisierte und nichtmotorisierte Versionen.
Im Wesentlichen unterscheidet man beim Standardrollstuhl zwei Kategorien:

Es gibt Rollstühle, die eher zum Schieben eines Patienten gedacht sind und Aktiv-Rollstühle, die sich durch geringes Gewicht und leichte Handhabbarkeit auszeichnen.

Sportrollstühle sind gegenüber Standardrollstühlen an die jeweiligen Anforderungen des Behindertensports angepasst. Diese findet man für jede Sportart, z.B. Rollstühle für den Tanzsport oder für den Ballsport (Basketball, Handball, Tennis).

© Bildquelle: Sunrise Medical © Bildquelle: 110stefan / pixelio


Lifter

Lifter kommen überwiegend beim Bewegen oder Umsetzen immobiler Menschen zum Einsatz. Sie werden entweder elektrisch oder manuell betrieben.

Liftertücher gibt es in verschiedenen Größen und Ausführungen. Durch die unterschiedlichen Konstitutionen und Krankheitsbilder der Betreuten ist es unerlässlich, Liftertücher in verschiedenen Größen und Ausführungen vorzuhalten. Je nach Zustand der zu bewegenden Person können die Tücher nur den Oberkörper oder, z.B. bei instabiler Rumpfmuskulatur, den ganzen Körper einhüllen.

Es wird zwischen Standard-, Bade- und Toilettentüchern unterschieden. Zusätzlich gibt es Spezialgurte, z.B. für beidseitig Beinamputierte. Liftertücher sind nur bestimmungsgemäß einzusetzen. Die Tücher sind leicht anzulegen und für die Person sehr bequem. Auch lassen sie sich leicht reinigen und desinfizieren. Für die Handhabung und die Anwendung des Liftertuches ist mindestens einmal pro Jahr eine Unterweisung durchzuführen.

Verschiedene Liftersysteme für einen individuellen Einsatz

Deckenlifter sind fest an einem Ort installiert. Hier kann der vorhandene Raum optimal genutzt werden - auch können Räume mit Hilfe eines Schienensystems miteinander verbunden werden.

Sie werden z.B. in Funktionsbereichen zum Transfer auf die Untersuchungsliege, in der physikalischen Therapie für das Bewegungsbad oder in Nassbereichen für den Transfer von Personen in die Badewannen verwendet. Ebenso kann ein Patienten- oder Bewohnerzimmer damit ausgerüstet sein, um schwer pflegebedürftige Personen jederzeit optimal versorgen zu können.

Mobile Lifter haben Räder und werden an den Einsatzort geschoben. Sie kommen vor allem beim Transfer vom Bett in den Stuhl, von Bett zu Bett oder zur Trage zum Einsatz. Eine Person, die zu Boden gestürzt ist, kann mit Hilfe eines mobilen Lifters wieder in das Bett oder auf den Stuhl bewegt werden.

Wandlifter werden in eine Wandhalterung eingehängt. Aufgrund ihrer Größe und ihres Gewichts sind sie schnell und leicht zu versetzen. Bauartbedingt beanspruchen diese Lifter deutlich weniger Platz als ein mobiler Lifter und stehen sofort zur Verfügung.

Höhenverstellbare Wickeltische

Ein höhenverstellbarer Wickeltisch bietet die Möglichkeit der Anpassung der Arbeitshöhe. Es ist nicht nur wichtig, dass der Wickeltisch hoch genug verstellbar ist, sondern auch dass er sich tief genug absenken lässt - damit Transfersituationen mit nicht stehfähigen Menschen ohne große Höhenunterschiede gestaltet werden können.

Duschlifter/Badewannenlifter

Dusch- und Badewannenlifter erleichtern die Körperpflege von bewegungseingeschränkten Personen und kommen häufig in Kombination mit höhenverstellbaren Badewannen zum Einsatz.

Duschwagen

Ein höhenverstellbarer Duschwagen wird benutzt, um hilfsbedürftige Menschen zu waschen oder zu duschen. Ein Vorteil ist, dass der Transfer vom Bett auf den Duschwagen bereits im Zimmer erfolgen kann.

Der Duschwagen besteht meist aus einem kunststoffummantelten Schaumstoff mit einer gepolsterten Duscheinlage. Die Neigung der Wanne ist verstellbar, so dass das Wasser über den Ablauf schnell abfließen kann.

Tagespflegestuhl

Höhenverstellbare Tagespflegestühle können an den jeweiligen Transfer, die Pflegehandlung oder an die Körpergröße des zu betreuenden Menschen angepasst werden. In Tageskliniken werden Betten oft durch Tagespflegestühle ersetzt.

Umsetzhilfe/Aufrichthilfe

Aufrichthilfen sind mobile Geräte, die eingesetzt werden, um stehfähige Personen z.B. von der Bettkante aus, in den Rollstuhl zu setzen.

Untersuchungs-/Transportliege

Höhenverstellbare Untersuchungs- und Transportliegen werden beispielsweise zum Transfer in Funktionsbereichen, in der Aufnahme oder in der Bewegungstherapie eingesetzt. Es gibt sie in verschiedenen Ausführungen und speziell auf den jeweiligen Bedarf zugeschnitten.

1.1.2 Kleine Hilfsmittel

Auch für die "Kleinen Hilfsmittel" gilt: Vor dem Einsatz steht die Unterweisung - mindestens einmal im Jahr!

Die Antirutschmatte ist aus Kunststoff und hat eine stark rutschhemmende Oberfläche. Es gibt sie in verschiedenen Größen, rechteckig oder rund. Sie ermöglicht die Füße - ohne abzurutschen - in die Unterlage zu drücken und sich so im Bett kopfwärts zu bewegen. Die Antirutschmatte ist nicht für den Nassbereich geeignet.

Die Bettleiter ähnelt einer Strickleiter. Sie besteht aus Sprossen oder Griffen unterschiedlichen Materials und kann in der Länge variieren. Wird die Bettleiter am Bettende angebracht, unterstützt sie die Person im Sinne des physiologischen Bewegungsmusters beim Aufrichten des Oberkörpers bis hin zum Sitzen.

Der Haltegürtel wird dem stehfähigen Menschen um die Hüfte gelegt und mit Hilfe einer Schnalle verschlossen. Der Gürtel hat mehrere Griffe. Der Unterstützende kann den Patienten z.B. beim Umsetzen in den Rollstuhl sicher führen. Wenn sich der Beschäftigte den Gürtel selbst um die Hüfte legt, kann sich der Patient daran festhalten.

Gleitmatten bzw. Gleitfolien sind verschiebbare Endlos-Schläuche, deren Innenflächen aus sehr gleitfähigem Material bestehen. Die Außenseite ist z.B. aus Mikrofaser oder abwaschbarem Kunststoffmaterial gefertigt. Die Gleitmatten reduzieren den Reibungswiderstand auf ein Minimum und erleichtern so das Bewegen von Menschen im Bett ebenso wie das Umsetzen in den Stuhl. Es gibt Gleitmatten in verschiedenen Ausführungen und Größen, gepolstert und ungepolstert, mit Nässeschutzbezügen und Einwegbezügen als Zubehör.

Das Rollbrett besteht aus einem Innenteil, welches mit einem Endlos-Schlauch überzogen ist. Es eignet sich besonders zum schonenden Umlagern einer liegenden Person z.B. auf einen Duschwagen, eine Trage oder in ein anderes Bett. Das Rollbrett kann sich in gewissen Maßen an die Umgebung anpassen, z.B. bei geringen Höhendifferenzen oder hochgestellter Rückenlehne. Das Rollbrett ist in verschiedenen Ausführungen und Größen lieferbar. Es gibt auch Varianten, die Röntgenstrahlen durchlassen.

Das Rutschbrett besteht aus Kunststoff und hat eine glatte Oberfläche. Es erleichtert den Transfer eines nicht oder nur eingeschränkt stehfähigen Menschen. Auch bei Höhenunterschieden gleitet die Person, ohne Gewicht mit den Füßen übernehmen zu müssen, über das Rutschbrett in die neue Position. Es ist in mehreren Längen, Breiten und Formen, mit einer rutschfesten Unterseite, flexibel oder starr erhältlich.

1.2 Räumliche Gegebenheiten

Die Arbeit in der Pflege und Betreuung kann - unabhängig vom Einsatz von Hilfsmitteln - durch bauliche Gegebenheiten oder die Inneneinrichtung erheblich beeinflusst werden. Zu berücksichtigen sind u.a.:

Lassen Sie Ihrer Fantasie freien Lauf: Gestalten Sie Ihre Umgebung rückengerecht!

1.3 Qualifikation der Mitarbeiter

Gute Pflege und Betreuung gelingen nur dann, wenn sie systematisch geplant und organisiert sind. Es sind primär die Träger von Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen und Pflegebedürftige, die für die Sicherung und Weiterentwicklung der Qualität ihrer Leistungen verantwortlich sind.

Dreh- und Angelpunkt sind das konzeptionelle Knowhow und die Qualifikation der Mitarbeiter. In der Alten- und Krankenpflege sowie in der Betreuung von Menschen mit Behinderung ist die Qualifikation der Mitarbeiter bezüglich des rückengerechten Arbeitens sehr unterschiedlich.

Einigen Mitarbeitern wurde bereits in der Ausbildung biomechanisches Wissen vermittelt oder sie konnten rückengerechte Arbeitsweisen erlernen. Andere haben sich mit diesen Themen nur am Rande befasst. Wieder andere haben aus persönlichem Interesse zusätzliche Kenntnisse und Fertigkeiten erlangt.

Viele Einrichtungen bieten daher im Rahmen der innerbetrieblichen Fortbildung Seminare oder Schulungen zum Themenbereich des "rückengerechten Arbeitens" an. Dies können beispielsweise "arbeitsplatzbezogene Rückenschulen", Kurse zur Stärkung der Rückenmuskulatur oder auch Weiterbildungen im Bereich pflegerischer Bewegungskonzepte wie Kinästhetik, Bobath und Aktivitas Pflege® sein.

Je besser die innerbetriebliche Organisation, die fachliche Eignung und Ausbildung der Mitarbeiter sind, desto geringer sind krankheitsbedingte Fehlzeiten. Gleichzeitig steigt die Motivation der Mitarbeiter. Darüber hinaus kann davon ausgegangen werden, dass sich die Qualität der Pflege und Betreuung verbessert.

1.4 Motivierte Mitarbeiter

Die Motivation der Mitarbeiter ist für den Erfolg eines Unternehmens ausschlaggebend. Daher haben Führungskräfte die wichtige Aufgabe, Arbeitsbedingungen zu schaffen, welche die Motivation der Mitarbeiter fördern. Hierbei sollten folgende Kriterien berücksichtigt werden:

In Zeiten steigender Anspannung, wirtschaftlichen Drucks und damit verbundenem Stress sind es oft gerade die zwischenmenschlichen Gesten, die Führungskräfte nicht vernachlässigen sollten.

Der einzelne Mitarbeiter selbst ist verantwortlich für seine Eigenmotivation. Er sollte eigene Ideen und Vorschläge in die Arbeit einbringen und diese zur Diskussion stellen. Er muss bereit sein, für sich und sein berufliches Handeln die Verantwortung zu übernehmen. Dies erfordert eine grundsätzlich positive Einstellung zu seiner Tätigkeit, allerdings ist auch eine gewisse Frustrationstoleranz notwendig, denn nicht immer lassen sich alle Ideen und Vorschläge in die Arbeit integrieren.

1.5 Arbeitsorganisation

Die Organisation der Arbeit kann entscheidenden Einfluss auf körperliche Belastungen nehmen. Grundsätzlich lässt sich festhalten, dass unter dem Gesichtspunkt körperlicher Belastungen das Arbeiten in rein funktionalen, tätigkeitsorientierten Zusammenhängen ungünstig ist. Muss ein Mitarbeiter beispielsweise alle immobilen Klienten vom Rollstuhl auf die Toilette befördern, während ein anderer bei allen die Medikamenteneinnahme kontrolliert, stellen sich einseitige körperliche Belastungen ein.

Das Arbeiten in prozessorientierten Systemen ist hier vorteilhafter. Die Zuständigkeit und komplette Versorgung einer definierten Anzahl zu betreuender Personen durch einen Mitarbeiter verringert einseitige Belastungen. Für alle Bereiche in denen Menschen transferiert werden müssen, gilt: Je mehr Mitarbeiter sich für das Bewegen hilfebedürftiger Menschen verantwortlich fühlen, desto geringer ist die körperliche Belastung des Einzelnen.

Ein weiterer zentraler Punkt bei der Frage nach körperlicher Entlastung der Mitarbeiter ist die Personalausstattung. Nur ein ausreichender Personalschlüssel lässt die Verteilung belastender Tätigkeiten auf mehrere Personen zu. So kann u.a. gewährleistet werden, dass bestimmte Arbeiten zu zweit durchgeführt werden können.

In Einrichtungen, in denen hilfebedürftige Menschen wohnen oder für längere Zeit untergebracht sind (Wohnheime, Pflegeheime oder Krankenhäuser), kommt es besonders nachts häufig zu belastenden Situationen. Vielfach ist die Personalstärke in der Nacht so reduziert, dass viele Transfers durch nur einen Mitarbeiter durchgeführt werden müssen. Hier sollte organisatorisch sichergestellt werden, dass z.B. eine zweite Person zur Hilfe gerufen werden kann oder geeignete Hilfsmittel bereitgestellt sind und eingesetzt werden. Nicht nur die Mitarbeiter sondern auch die Hilfebedürftigen profitieren von einem professionellen Handling und mehr Zeit. Die Qualität der Versorgung anderer Menschen ist u.a. von einer ausreichenden Personalausstattung abhängig.

1.6 Ressourcen

Mit dem Begriff Ressourcen sind die Fähigkeiten und das soziale Umfeld der zu betreuenden Person gemeint. Eine Ressource beschreibt den eigenen Beitrag der betroffenen Person, eine Aktivität des täglichen Lebens zu bewältigen (z.B. selbstständiges Essen). Ein ressourcenorientierter Umgang mit hilfebedürftigen Personen entspricht dem Konzept der Salutogenese. Hierbei wird der Fokus primär auf Aspekte gelegt, die einen Menschen gesund erhalten und nicht auf diejenigen, die ihn krank machen oder einschränken.

Das Berücksichtigen und Einbeziehen vorhandener Kompetenzen ist insofern auch immer ein gesundheitsförderlicher Faktor. Eine möglichst weitreichende Selbstbestimmung führt auf Seite der zu pflegenden und zu betreuenden Menschen zu größerem Wohlbefinden und oftmals sogar zu einem Ressourcenausbau. Gleichzeitig verringern sich die Belastungen der Mitarbeiter, was ebenfalls als Beitrag zur Gesundheitsförderung betrachtet werden muss. Oftmals werden Ressourcen der Betroffenen im Alltag aus Zeitmangel oder Unkenntnis nicht oder nur unvollständig wahrgenommen.

1.7 Selbstpflege

Pflegen Sie nicht nur die anderen - pflegen Sie sich!

Wer andere pflegt sollte sich selbst nicht vergessen. Ein bewusster Umgang mit körperlichen und seelischen Signalen trägt zur Erhaltung der Gesundheit und des Wohlbefindens bei. Selbstpflege bedeutet für die Pflegekraft, die eigenen Bedürfnisse wahrzunehmen und dadurch die eigenen gesundheitlichen Ressourcen zu stärken.

Möglichkeiten der Selbstpflege sind durch verschiedene Entspannungsverfahren, körperliche Bewegung, das Treffen mit Freunden, Aktivitäten mit der Familie oder auch durch Faulenzen gegeben.

Praktische Möglichkeiten zur Entspannung

Hierzu zählen u.a. verschiedene Möglichkeiten der Entspannung, die eine muskuläre bzw. allgemeine psychische Anspannung der Beschäftigten in Stress-Situationen abfangen und dadurch längerfristig Beschwerden vermindern können.

Dies können beispielsweise Atemübungen, Bewegungswahrnehmungsschulungen, Progressive Muskelrelaxation nach Jacobsen, autogenes Training oder Yoga sein.

Entspannungsverfahren gelten als unterstützende Maßnahme, sie haben keinerlei problemlösende Funktion.

Bewegung

Körperliche Aktivitäten helfen, den Alltagsstress und Verspannungen in der Rücken-, Schulter- und/oder Nackenmuskulatur zu bewältigen. Ein körperlich trainierter Mensch ist weniger "stressanfällig" und neigt seltener zu physischen Beschwerden.

Mit dem körperlichen Leistungsvermögen steigen oft auch die geistige Leistungsfähigkeit und die emotionale Ausgeglichenheit. Nach einem anstrengenden Arbeitstag lenkt körperliche Betätigung, die nur etwa eine halbe Stunde dauern muss, von arbeitsbedingten Problemen ab. Eine "Rundum-Zufriedenheit", angenehme Müdigkeit und Entspannung stellen sich ein. Der Kopf wird "freier" und depressive Stimmungen können gebessert werden.

Eine dauerhafte gute körperliche Leistungsfähigkeit lässt sich nur durch ein regelmäßiges Ausdauertraining erzielen, da die positive Wirkung sportlicher Betätigung - eine bessere Durchblutung, Sauerstoffsättigung des Gewebes und Tonisierung der Muskulatur - jeweils nur einige Tage anhält. Der Körper bleibt bis ins Alter hinein trainierbar. Eine Überbeanspruchung aus überzogenem Ehrgeiz ist dabei allerdings zu vermeiden. Grundsätzlich wird für alle Personen - egal ob Neueinsteiger, Anfänger oder Fortgeschrittener - eine regelmäßige ärztliche Untersuchung der "Sportgesundheit" empfohlen.

Rückenfreundliche Ausdauer-Sportarten sind beispielsweise Walking/Nordic Walking, Skilanglauf, Wandern, Radfahren, Rückenschwimmen/Kraulen oder Tanzen.

1.8 Arbeitskleidung und Schuhe

Wer körperlich arbeitet, muss Kleidung tragen, die rückengerechtes Arbeiten ermöglicht.

Für den Bereich der Pflege und Betreuung sollte sie bewegungsfreundlich - also ausreichend weit und elastisch - sein. Dies ist wichtig, damit Bewegungen wie das Beugen der Knie oder verschiedene Fuß- und Beinstellungen (z.B. Schrittstellung) ungehindert möglich sind und Bewegungsfreiheit auch im Bereich des Schultergürtels gegeben ist.

Zweckmäßig ist es, die Arbeitskleidung eine Konfektionsgröße größer als sonst zu wählen, um eine ausreichende Bewegungsfreiheit zu ermöglichen. Darüber hinaus sollte die Kleidung atmungsaktiv sein. Nur so wird ein Feuchtigkeitsstau auf der Haut vermieden. Dieser kann bei entsprechenden klimatischen Verhältnissen, besonders bei Zugluft, ursächlich für die Entstehung von Rückenbeschwerden sein.

Schutzkleidung

Die für die Arbeitskleidung genannten Gesichtspunkte gelten auch für Schutzkleidung, die bei bestimmten Tätigkeiten aufgrund der dabei bestehenden Gefährdungen (z.B. Infektionsgefahr) zusätzlich über oder anstelle der Arbeitskleidung getragen wird.

Schuhe

In Pflege und Betreuung werden häufig weite Wege zurückgelegt. Nicht passende Schuhe verursachen zahlreiche Probleme, die häufig erst nach langer Zeit zu Tage treten. Auch Fehlhaltungen des Fußes haben negative Auswirkungen auf Wirbelsäule und Rückenmuskulatur sowie auf die Beingelenke. Zusätzlich verursacht das Gehen auf harten Böden Stöße, die die Ferse, die Fuß- und Kniegelenke, die Bänder und die Wirbelsäule belasten.

Daher sollten Schuhe für die Arbeit in Pflege und Betreuung

Zum Schluss noch ein Tipp: Eine Schuhanprobe sollte möglichst am Nachmittag stattfinden. Auch eine ausreichende Gehstrecke ist zur Beurteilung notwendig.

Gibt es Bereiche, in denen Sicherheitsschuhe getragen werden müssen, sollten diese den vorangegangenen Empfehlungen ebenso entsprechen.

Schmuck

Wenn am Arbeitsplatz mit Unfall- oder Gesundheitsgefahren durch das Tragen von Schmuck zu rechnen ist, so müssen Schutzmaßnahmen in betriebsbezogenen Regelungen festgelegt werden.

Unfall- oder Gesundheitsgefahren können z.B. gegeben sein, wenn sich unruhige, verwirrte oder aggressive Patienten in Schmuckstücken ein- oder festhaken und sowohl den Träger als auch den Patienten verletzen können.

Es wird daher grundsätzlich empfohlen, Uhren, Schmuck (auch Eheringe und Halsketten) vor der Arbeit abzulegen und Piercings abzukleben. Die Regelungen sind für alle verbindlich in Dienstvereinbarungen mit dem Personal-/Betriebsrat oder als Bestandteil des Arbeitsvertrages festzulegen.

2. Konzepte rückengerechten Arbeitens

Für rückengerechtes Arbeiten im Umgang mit hilfsbedürftigen Menschen gibt es verschiedene Möglichkeiten:

Ebenfalls gibt es Präventionskonzepte, die oben genannte Möglichkeiten kombinieren.

Es ist für den Betreuer sinnvoll, sich das Wissen über die zahlreichen verschiedenen Möglichkeiten anzueignen, wie eine Aktivität mit einem Hilfsbedürftigen bestmöglichst gestaltet werden kann. Er kann somit im Einzelfall entscheiden, welches Konzept sowohl für den zu betreuenden Menschen als auch für ihn selbst am besten bzw. rückenfreundlichsten ist und die Ressourcen von beiden berücksichtigt.

Aktivitas Pflege®

Dieses Konzept ist auf die Aktivierung des Menschen ausgerichtet. Ursprünglich wurde es für Schlaganfall- und motorisch gestörte Patienten entwickelt. Es sieht vor, individuelle Ressourcen zu unterstützen und zu erweitern.

Physiologische Bewegungsmuster werden nach der Analyse der Situation bewusst auf den Menschen übertragen. Dabei treten die Pflegeschwerpunkte in der Zielgruppe "Schlaganfallpatienten" in den Vordergrund. Des Weiteren werden Bestandteile aus der Kinästhetik , der Bobath-Therapie, der Basalen Stimulation und anderen Konzepten, die die Wahrnehmung fördern, miteinander verknüpft.

Sowohl die Praktizierenden als auch die Patienten erfahren eine Sensibilisierung in Bezug auf ihre Bewegungsabläufe. Somit trägt dieses Konzept auch positiv zum rückengerechten Arbeiten bei. Das Konzept wurde von der Krankenschwester und Diplom- Medizinpädagogin Prof. Marlies Beckmann entwickelt.

Bobath-Konzept

Das Bobath-Konzept ist ein Therapiekonzept für Menschen mit eingeschränkter Wahrnehmungs- und Bewegungsfähigkeit auf Grund von erworbenen oder angeborenen neurologischen Erkrankungen. Es wurde 1943 von der Krankengymnastin Berta Bobath und dem Neurologen Dr. Karel Bobath entwickelt.

Insbesondere kann das Konzept bei Menschen, die nach einem Schlaganfall halbseitig gelähmt sind (Hemiplegiker) gute Erfolge in der Rehabilitation erzielen. Der Schwerpunkt beruht auf der Annahme der "Umorganisationsfähigkeit" des Gehirns. Das bedeutet, dass gesunde Hirnregionen Aufgaben neu lernen und übernehmen können, die zuvor von den erkrankten Regionen ausgeführt wurden.

Durch die Bewusstmachung und Aktivierung der betroffenen Körperseite lernt der betroffene Mensch das Zusammenspiel der beiden Körperhälften neu zu organisieren. Hauptprinzip des Bobath-Konzepts ist, die mehr betroffene Körperseite immer wieder in Alltagsbewegungen einzubeziehen und sensorisch zu stimulieren, um sie in ihren Bewegungen mit der weniger betroffenen Körperhälfte in Einklang zu halten.

Die Ziele des Bobath-Konzepts lassen sich folgendermaßen zusammenfassen:

Durch die verbesserte Bewegungsfähigkeit nimmt die Selbstständigkeit des betroffenen Menschen zu und damit wird auch die physische Belastung des Betreuers verringert.

Ergonomico - Prävention von Rückenbeschwerden in der Pflege und Betreuung

Das Forum fBB ist ein Unternehmen, dessen Hauptaktivitäten Training und Beratung in den Bereichen Gesundheitsförderung, Arbeitsschutz und Persönlichkeitsentwicklung sind. Seit 1991 operiert das Forum fBB bundesweit und im europäischen Ausland.

Das Angebot des Forum fBB beinhaltet u.a. Maßnahmen zur Prävention von Rückenbeschwerden in der Pflege und Betreuung. Diesen Maßnahmen liegt ein integrativer Ansatz zu Grunde: rückengerechte Arbeitsweise in Verbindung mit Pflegekonzepten und dem Einsatz von Hilfsmitteln. Aber auch die Rahmenbedingungen wie bauliche Gestaltung und Arbeitsorganisation werden mit einbezogen.

Kinaesthetics®

Das Wort "Kinaesthetics®" setzt sich aus KINESIE (Bewegung) und AETHETICS (Wahrnehmung) zusammen. Das Kinaesthetics®-Konzept wurde von den Verhaltenskybernetikern Dr. Lenny Maietta und Dr. Frank Hatch entwickelt. Es besteht aus sechs Konzepten, die das Fundament des Lernsystems bilden.

Diese Konzepte sind als Ergebnis des Studiums der menschlichen Bewegung entstanden. Die Kinästhetik versucht das ganze menschliche Tun in die einzelnen Teile aufzugliedern, die für die Effektivität unserer alltäglichen Aktivität entscheidend sind und schult die eigene Bewegungswahrnehmung. In der Betreuung findet eine gemeinsame Bewegung mit dem Menschen statt, die analysiert und auf dessen individuelle Bewegungsmuster ausgerichtet wird.
Der Betreuer fördert die Gesundheit des Menschen, indem er ihn dabei unterstützt, sich selbst zu bewegen. Dadurch werden innere Prozesse wie die Atmung oder die Durchblutung angeregt.

Die Kinästhetik versteht sich nicht nur als ein Lernmodell, sondern auch als ein Konzept zur Gesundheitsentwicklung. Mit kinästhetischer Sensibilisierung können Verletzungen sowohl des Betreuers als auch des kranken oder eingeschränkten Menschen vermieden werden. Dadurch wird das rückengerechte Arbeiten gefördert.

Rückengerechter Patiententransfer in der Kranken- und Altenpflege

Das Präventionsprogramm wurde unter ärztlicher Leitung gemeinsam mit Praktikern aus der Pflege entwickelt. Das Hauptziel war es, durch Senkung mechanischer Belastung beim Bewegen von Menschen Rückenschmerzen und Rückenerkrankungen vorzubeugen.

Die Empfehlungen beruhen auf orthopädischen und biomechanischen Untersuchungen und auf den Grundsätzen der Ergonomie. Am Beispiel typischer Pflegeaufgaben wird exemplarisch die Anwendung der Prinzipien des rückengerechten Patiententransfers vermittelt. Mit Hilfe dieser Prinzipien können Pflegekräfte unter Nutzung eigener Kompetenzen und Erfahrungen die anfallenden Transferaufgaben rückengerecht verrichten.

Das Programm stellt kein eigenständiges Pflegekonzept dar, lässt sich aber mit allen wichtigen Pflegekonzepten kombinieren. Zum Programm gehört ein spezifisches Vermittlungs- und Umsetzungskonzept durch Instruktoren, die sich als hauseigene Experten weiterentwickeln und als feste Instanz in der Einrichtung etablieren sollen. Der Umsetzungsprozess ist teamorientiert und beinhaltet die Schulung aller Mitarbeiter, Praxisbegleitung und -beratung durch Instruktoren, sowie Auswertung, ergänzende Maßnahmen und Auffrischungsangebote.

Rückenschule

Voraussetzungen für eine rückengerechte Arbeitsweise sind die Berücksichtigung biomechanischer Grundprinzipien und eine gute eigene körperliche Konstitution. Ein Betreuer muss das entsprechende Körpergefühl sowie die erforderliche Muskelkraft und Gelenkbeweglichkeit zur Durchführung rückengerechter Bewegungsabläufe besitzen.

Eine "arbeitsplatzbezogene Rückenschule" bietet die Möglichkeit, diese Fähigkeiten zu verbessern und zu trainieren. Die Inhalte der Rückenschule versetzen den Teilnehmer in die Lage, Bewegungsabläufe am Arbeitsplatz rückengerecht zu gestalten - z.B. den Umgang mit kranken und eingeschränkten Menschen oder auch beim Heben und Tragen von Arbeitsmitteln, Getränkekisten, etc.

Eine spezielle Wirbelsäulengymnastik dient zum einem der Stärkung der Rückenmuskulatur und dem Ausgleich von stark beanspruchten und vernachlässigten Muskelpartien, zum anderen werden dem Teilnehmer darüber hinaus Hintergrundwissen über physiologische Zusammenhänge des Haltungs- und Bewegungsapparates vermittelt. Das Zusammenspiel von Funktionsgymnastik, Kräftigungs-, Dehnungs- und Entspannungsübungen für das eigene Wohlbefinden und die Gesundheit werden anschaulich vermittelt. Eine rückengerechte Verhaltensweise im Beruf ist nur in Kombination mit einem rückengerechten Verhalten im Privatleben möglich.

Ziel:
Die Teilnehmer sollen in der Lage sein, selbstständig zu entscheiden, was für ihre Gesundheit wichtig ist und fähig sein, dies sowohl im Berufsleben als auch im Alltag zu beachten und umzusetzen.

3. Von der guten Idee zur täglichen Praxis

Die Pflege oder Betreuung von Menschen ist meist über einen mehr oder weniger langen Zeitraum nötig. Daher ist es sinnvoll, mit einem planvollen und systematischen Ansatz sowohl die Betreuer als auch die zu betreuenden Menschen in diesen Prozess mit einzubeziehen. Mit einem Prozessdenken, welches ein klar definiertes Ziel vor Augen hat, lässt sich der Erfolg einer Maßnahme beurteilen. Dies soll im folgenden Regelkreis dargestellt werden.

Dieser Prozess besteht aus einer Reihe von logischen, voneinander abhängigen Überlegungs-, Entscheidung- und Handlungsschritten, die auf ein Ziel (1) hin ausgerichtet sind und im Sinne eines Regelkreises einen Rückkopplungseffekt in Form von Beurteilung und Neuanpassung (4) enthalten. Das Resultat wird am Ziel (1) gemessen. Dieses soll Entscheidungen unterstützen, handlungsleitend und überprüfbar sein.

Die Planung (2) dient dazu, herauszufinden, welche Maßnahmen geeignet sind, um das gesetzte Ziel zu erreichen. Hierbei werden Informationen (2a) gesammelt. Gleichzeitig werden Probleme und Fähigkeiten/ Ressourcen (2b) sowohl des Betreuten als auch der Pflegekraft berücksichtigt und je nach Dringlichkeit Prioritäten gesetzt. Daraus leiten sich Maßnahmen ab, die zur Erreichung des Zieles dienen.

Als zentraler Schritt folgt die Durchführung (3) der Maßnahmen. Deren regelmäßige Überprüfung und Beurteilung (4) hinsichtlich Wirksamkeit, Leistungsfähigkeit und Effizienz ist als nächster Schritt unabdingbar.

Wenn das Ziel (1) erreicht ist, ist der Vorgang beendet. Wenn aber Abweichungen vom gesetzten Ziel vorkommen oder neue Probleme auftreten, beginnt der gesamte Prozess von Neuem. Es müssen zusätzliche Informationen (2a) gesammelt werden, Probleme und Ziele neu definiert und die Maßnahmen entsprechend angepasst werden.

3.1 Verankerung in der Einrichtung - oder wie packen WIR es an?

Damit nicht einzelne gutgemeinte Maßnahmen ohne nachhaltige Wirkung bleiben, sollten Präventionsmaßnahmen nach dem oben beschriebenen Verfahren eingeführt werden. Eine klare Zielfestlegung ist der Ausgangspunkt jeder Präventionsaktivität.

Die Gefährdungsbeurteilung nach § 5 Arbeitsschutzgesetz ist die notwendige Voraussetzung für wirksame Präventionskonzepte. Sie definiert den Ist-Zustand. Bei der sich anschließenden Planungsphase ist es sinnvoll Verbündete zu suchen, die bei der Organisation und Umsetzung helfen können. In Betracht kommen hier z.B.:

Intern Extern
  • Betriebs- bzw. Personalrat
  • Betriebsarzt
  • Fachkraft für Arbeitssicherheit
  • Qualitätsbeauftragter
  • Aus-/Fort- und Weiterbildung
  • Physiotherapie
  • Unfallversicherungsträger
  • Krankenkassen
  • Rentenversicherungsträger


Wichtig für das Gelingen der Maßnahmen:

Zur erfolgreichen Durchführung der Präventionsmaßnahmen ist es wichtig, Verantwortliche zu benennen sowie Termine der Umsetzung und Wirksamkeitskontrolle zu planen. Die Mitarbeiter müssen von den Vorteilen der rückengerechten Arbeitsweise für sich und den zu Betreuenden überzeugt sein. Sie brauchen ausreichend Zeit zum Erlernen und Festigen der neuen Techniken.

Eine unmittelbare Erfolgsabschätzung hinsichtlich der Präventionswirkung ist für alle Beteiligten von großer Bedeutung. Der Nutzen muss dargestellt werden.

In einer Optimierungsphase können Lösungsansätze für verbleibende Fragestellungen in das Präventionskonzept eingearbeitet werden. Deshalb ist die Beurteilung - Bewertung und Weiterentwicklung eine wichtige Phase für nachhaltige Einführung rückengerechter Arbeitsweisen in der Einrichtung.

3.2 Verankerung in der Pflegepraxis - oder wie packe ICH es an?

Der Regelkreis auf Seite 32 bestimmt auch das Handeln der Pflegekraft in ihrer täglichen Arbeit. Eine klare Zielfestlegung ist der Ausgangspunkt jeden pflegerischen Handelns. Sie sollten folgende Grundsätze zum rückengerechten Arbeiten in den Schritten Planung und Durchführung berücksichtigen.

Unabhängig von speziellen Pflege- oder Präventionskonzepten erreichen Sie so bereits eine erhebliche Reduzierung von Rückenbelastungen.

  1. Kontrollieren Sie, ob ausreichend Platz für die Bewegung zur Verfügung steht oder ob gegebenenfalls "Hindernisse" beseitigt werden müssen.
  2. Prüfen Sie, ob Einsatzmöglichkeiten für kleine oder technische Hilfsmitteln bestehen und bereiten Sie diese entsprechend vor. Dies gilt insbesondere dann, wenn es sich um Transfers handelt, die erfahrungsgemäß nicht oder nur bedingt rückengerecht durchführbar sind (z.B. Transfer in die Badewanne; Aufnehmen eines Menschen vom Boden).
  3. Vergewissern Sie sich, dass der Lifter, der Rollstuhl, das Bett oder die Liege feststehen.
  4. Stellen Sie sicher, dass Sie den Transfer alleine ausführen können. Arbeiten Sie gegebenenfalls zu zweit und sprechen Sie den Bewegungsablauf vorher ab.
  5. Stellen Sie das Bett oder die Liege auf die günstigste Arbeitshöhe ein. Diese richtet sich nach der Ausgangsstellung und der Körpergröße der an der Maßnahme beteiligten Mitarbeiter sowie der beabsichtigten Bewegung.
  6. Positionieren Sie den Hilfebedürftigen und sich so, dass Sie in die vorgesehene Bewegungsrichtung arbeiten können. Achten Sie z.B. auf die eigene Beinstellung.
  7. Führen Sie den Transfer - wann immer möglich - in kleinen Schritten durch. Belasten Sie sich nicht mit dem Gewicht des Hilfebedürftigen.
  8. Nutzen Sie die Ressourcen des Hilfebedürftigen. Informieren Sie ihn über den geplanten Bewegungsablauf. Lassen Sie ihm genügend Zeit, um die Bewegung durchzuführen.
  9. Achten Sie darauf, dass die eigene Wirbelsäule in ihrer natürlichen Krümmung belassen bleibt. Vermeiden Sie Kombinationsbewegungen in der Wirbelsäule (z.B. Drehbeuge). Die benötigte Kraft wird durch den Einsatz der Beine und durch Gewichtsverlagerung erreicht.
  10. Durch leichtes Anspannen der eigenen Rücken- und Bauchmuskulatur tragen Sie zur Stabilisierung Ihrer Wirbelsäule bei.
  11. Atmen Sie ruhig und gleichmäßig und arbeiten Sie in einem kontinuierlichen Bewegungsablauf - nicht ruckartig oder mit Schwung.

Arbeiten Menschen mit deutlich unterschiedlichen Körpergrößen zusammen, geht es - im wahrsten Sinne des Wortes - auf die Kleinen. Also - wenn irgendwie möglich - deutliche Größenunterschiede zwischen zwei Mitarbeitern vermeiden.

Ansonsten gilt: Bei der Arbeit an Pflegebett oder Pflegeliege wird die Höhe des Bettes/ der Liege auf den kleineren Mitarbeiter eingestellt. Denn der größere Mitarbeiter kann sich in den Beinen kleiner machen, der kleinere kann jedoch nicht "wachsen".

Ist der Transfer durchgeführt, sollten Sie sich einen Moment Zeit nehmen, um die Maßnahme zu reflektieren. Hat der Transfer gut geklappt? Wo hat es vielleicht Schwierigkeiten gegeben? Können diese beim nächsten Mal ausgeräumt werden?

Eine solche Beurteilung der stattgefundenen Hilfeleistung dient dazu, das eigene Handeln und somit Qualität der Versorgung stetig zu verbessern.

4. Rechtsgrundlagen

Arbeit darf nicht krank machen.

So ließe sich der Inhalt aller Regelungen und Rechtsvorschriften zum Arbeitsschutz vereinfacht auf einen Nenner bringen.

Verschiedene Gesetze regeln die grundlegenden Anforderungen auf einer allgemeinen Ebene. Die Konkretisierung der gesetzlichen Pflichten erfolgt durch Verordnungen und Unfallverhütungsvorschriften. Allgemein anerkannte Regeln der Technik und gesicherte arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse sind ebenfalls zu berücksichtigen.

Die Verantwortung für den betrieblichen Arbeitsschutz liegt grundsätzlich beim Arbeitgeber. Er und die Führungskräfte haben für gesundheitsgerechte Arbeitsplätze und Arbeitsmethoden, für eine geeignete Organisation und für die Einhaltung von Schutzmaßnahmen zu sorgen. Die hiermit verbundenen Kosten muss der Arbeitgeber alleine tragen. Im betrieblichen Arbeitsschutz hat der Arbeitgeber mit den Beschäftigten, der Personalvertretung sowie den internen und externen Sicherheitsexperten zu kooperieren. Die Mitarbeiter müssen den Arbeitgeber nach ihren Möglichkeiten aktiv bei der Umsetzung von Arbeitsschutzmaßnahmen unterstützen. Hierzu gehört z.B. das fachgerechte Bedienen von Geräten (z.B. Lifter) oder die richtige Verwendung von persönlicher Schutzausrüstung (z.B. Handschuhe). Darüber hinaus besteht für die Mitarbeiter die Verpflichtung, erkannte Gefahren (z.B. defekter Rollstuhl) unverzüglich an den Arbeitgeber zu melden.

5. Begriffe rund um den Arbeitsschutz

Arbeitsschutzausschuss...

ist ein betriebsinternes Gremium, bestehend aus Geschäftsführung, Fachkraft für Arbeitssicherheit, Betriebsarzt, Betriebs- oder Personalrat und Sicherheitsbeauftragten, das vierteljährlich tagt und Empfehlungen zum innerbetrieblichen Arbeits- und Gesundheitsschutz erarbeitet.

Arbeitsunfälle...

sind Unfälle, die Beschäftigte während der Arbeit erleiden können, z.B. der Stich an einer benutzen Kanüle im Krankenhaus.

Berufskrankheiten (BK)...

sind Krankheitsbilder, die in der Berufskrankheitenliste benannt sind. Voraussetzung für die Anerkennung einer BK ist zum einen eine berufsbedingte schädigende Einwirkung und zum anderen ein daraus resultierender Gesundheitsschaden. Berufliche Belastungen der Wirbelsäule werden u.a. in der Berufskrankheit Nr. 2108 aufgeführt. Diese beschreibt bandscheibenbedingte Erkrankungen der Lendenwirbelsäule durch langjähriges Heben oder Tragen schwerer Lasten oder durch langjährige Tätigkeiten in extremer Rumpfbeugehaltung.

Betriebsarzt...

ist der Berater des Betriebes in allen arbeitsmedizinischen Fragen und führt die vorgeschriebenen arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchungen durch. Kleinere Betriebe kaufen diese Dienstleistung meist extern ein.

Betriebs- und Personalräte...

sind über die Personalvertretungsgesetze der Länder und das Betriebsverfassungsgesetz im Wege der Mitbestimmung in allen Angelegenheiten der Arbeitssicherheit zu beteiligen.

Fachkraft für Arbeitssicherheit...

wird umgangssprachlich oft auch als Sicherheitsingenieur bezeichnet. Sie ist der Berater des Betriebes für alle Angelegenheiten der Arbeitssicherheit. Kleinere Betriebe kaufen diese Dienstleistung meist extern ein.

Gefährdungsbeurteilungen...

sind von den Betrieben durchzuführen. Die meisten Sicherheitsvorschriften sind relativ abstrakt gehalten und formulieren sogenannte Schutzziele. Um diese Schutzziele in konkretes betriebliches Handeln umzusetzen, bedarf es der Gefährdungsbeurteilung. Sie ist das Bindeglied zwischen Sicherheitsvorschrift und betrieblichem Alltag. Gefährdungsbeurteilungen sind von den Betrieben durchzuführen, die Unfallversicherungsträger bieten hierzu vielerlei Unterstützung.

Regelmäßige Unterweisung...

sind nach den Unfallverhütungsvorschriften mindestens einmal jährlich durchzuführen. Dabei sind die Beschäftigten über die Gefahren bei der Arbeit zu unterweisen.
Im Bereich der Kranken- und Altenpflege können diese Unterweisungen z.B. von der Stationsleitung durchgeführt werden. Themen sind u.a. der Umgang mit Hilfsmitteln (z.B. Rutschbrett, Lifter), das Verhalten nach Stich- oder Schnittverletzungen oder das Freihalten von Flucht- und Rettungswegen. Die Unterweisungen sind zu dokumentieren.

Sicherheitsbeauftragte...

sind ehrenamtlich tätig und sollen gegenüber Vorgesetzten und Kollegen beratend auftreten. Sie tragen juristisch keine Verantwortung für Arbeitssicherheit.

Gesetzliche Unfallversicherung...

ist eine wichtige Säule des deutschen Sozialversicherungssystems. Gewerbliche Berufsgenossenschaften und Unfallversicherungsträger der öffentlichen Hand sind die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung. Alle privaten und öffentlichen Arbeitgeber sind Mitglied bei einem Unfallversicherungsträger. Die Beschäftigten aller Betriebe sind dort gegen Arbeits- und Wegeunfälle sowie Berufskrankheiten versichert. Die Präventionsabteilungen der Unfallversicherungsträger überprüfen die Einhaltung der Sicherheitsvorschriften und beraten die Mitgliedsbetriebe in allen Fragen der Arbeitssicherheit und des Gesundheitsschutzes.

Wegeunfälle...

sind Unfälle, die Beschäftigte auf den Wegen von und zur Arbeit erleiden können.


ENDE

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