umwelt-online: BGR 104 - Explosionsschutz-Regeln (3)
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E2.3.13 Chemische Reaktionen 81) 116)

Zündvorgang

Durch chemische Reaktionen mit Wärmeentwicklung (exotherme Reaktionen) können sich Stoffe oder Stoffsysteme erhitzen und dadurch zur Zündquelle werden. Diese Selbsterhitzung ist dann möglich, wenn die1 Wärmeproduktionsrate größer ist als die Wärmeverlustrate zur Umgebung.

Die den Selbsterhitzungen zugrunde liegenden chemischen Reaktionen können schon bei Raumtemperatur oder niedriger ablaufen. Nur verlaufen sie dann in der Regel so langsam, dass die dabei freigesetzte Wärme im Allgemeinen so schnell an die Umgebung abgegeben wird, dass das System nicht gefährlich aufgeheizt wird. Durch Behinderung der Wärmeableitung oder durch erhöhte Umgebungstemperatur (z.B. bei der Lagerung) kann jedoch die Reaktionsgeschwindigkeit derart zunehmen, dass die zur Entzündung notwendigen Voraussetzungen erreicht werden. Entscheidend sind neben anderen Parametern die Stoffmengen, das Volumen/Oberflächen-Verhältnis des Reaktionssystems, die Umgebungstemperatur sowie die Verweilzeit. Die entstehenden hohen Temperaturen können sowohl zur Entzündung explosionsfähiger Atmosphäre als auch zur Entstehung von Glimmnestern und/oder Bränden führen. Möglicherweise bei der Reaktion entstehende brennbare Stoffe (z.B. Gase oder Dämpfe) können selbst wieder mit der Umgebungsluft explosionsfähige Atmosphäre bilden und so die Gefährlichkeit solcher Systeme als Zündquelle beträchtlich erhöhen.

Zur Selbsterhitzung führende Reaktionen können sowohl in Mehrstoff-als auch in Einstoffsystemen unter Beteiligung aller Aggregatzustände ablaufen. Sie können zum Beispiel auf Oxidationen (etwa Autooxidation ölverschmutzter Putzwolle), Zersetzungen (etwa von organischen Peroxiden, biologische Prozesse) oder Polymerisation beruhen.

Beispiele von chemischen Zündquellen: spontane exotherme Reaktionen beim Zusammentreffen starker Oxidationsmittel oder anderer besonders reaktionsfreudiger Stoffe (z.B. Salpetersäure, Chlorate, Fluor) mit brennbaren Stoffen, Reaktionen pyrophorer Stoffe mit Luft (etwa einige metallorganische Verbindungen), Alkalimetalle mit Wasser, Kupfer mit Acetylen 80), Schwermetalle mit Wasserstoffperoxid.Eine Anzahl Stoffe beginn, sich (zunächst langsam) zu erwärmen und schließlich zu entzünden (z.B. Polybutadien, Alkoholate,Eisen-II-oxid) oder an der Luft zu glimmen (Schwefeleisen, verschiedene Metalle in feinverteilter Form, Raneynickel) oder reagieren spontan bei Berührung mit katalytisch wirkenden Oberflächen (z.B. Wasserstoff/Luft Gemisch mit Platin). Desgleichen können instabile Stoffe, selbst wenn sie mit Stabilisatoren haltbar gemacht wurden, durch katalytisch wirkende Verunreinigungen spontan und unter Freisetzung beträchtlicher Energie reagieren.

Eine Kombination mehrerer Wirkungen kann z.B. bei Ablagerungen selbstentzündlicher Stäube eintreten, wenn die zunächst durch Selbstentzündung gebildeten Glimmnester zu Zündquellen für explosionsfähige Atmosphäre werden. 33) 79)

Chemische Zündquellen können auch durch Schlageinwirkung oder Reibung aktiviert werden, z.B. bei feinverteilten Stoffkombinationen (Aluminium/Rost, Zucker/Chlorat).

Schutzmaßnahmen

In allen Zonen sind Stoffe, die zur Selbstentzündung neigen, möglichst zu vermeiden.

Wenn mit solchen Stoffen umgegangen wird, sind die erforderlichen Schutzmaßnahmen auf den Einzelfall abzustimmen. Geeignete Schutzmaßnahmen können sein:

Hinsichtlich der Schutzmaßnahmen gegen Gefahren durch Schlag- und Reibvorgänge zwischen Rost und Leichtmetallen (z.B. Aluminium, Magnesium oder ihre Legierungen) wird auf E2.2.3 verwiesen.

Hinweis: Unter bestimmten Bedingungen können pyrophore Stoffe entstehen,z.B. bei der Lagerung schwefelhaltiger Erdölprodukte oder beim Mahlen von Leichtmetallen in einer inerten Atmosphäre.

E3 Konstruktive Maßnahmen, welche die Auswirkung einer Explosion auf ein unbedenkliches Maß beschränken (Konstruktiver Explosionsschutz)

Sind Maßnahmen nach E1 oder E2 nicht durchführbar oder nicht sinnvoll oder nicht ausreichend sicher, müssen konstruktive Maßnahmen getroffen werden, welche die Auswirkung einer Explosion auf ein unbedenkliches Maß beschränken. Solche Maßnahmen sind:

Schutzsysteme sowie Sicherheits-, Kontroll- und Regelvorrichtungen, die dem Geltungsbereich der Explosionsschutzverordnung( 11.GSGV) unterliegen, müssen den durch diese Verordnung geregelten Anforderungen entsprechen. Die hier aufgeführten Schutzmaßnahmen gelten - soweit sie Anforderungen an die Beschaffenheit beinhalten - nur für Anlagen, Geräte und Ausrüstungen, die nicht Geräteund Schutzsysteme im Sinne der 11. GSGV sind. 102)

E3.1 Explosionsfeste Bauweise

Anlagenteile wie Behälter, Apparate, Rohrleitungen werden so gebaut, dass sie einer Explosion im Innern standhalten, ohne aufzureißen.

Man unterscheidet im Allgemeinen folgende explosionsfeste Ausführungen:

Die Bauweise der Anlagenteile kann dabei explosionsdruckfest oder explosionsdruckstoßfest sein:

Explosionsfeste Bauweise
Explosionsdruckfeste Bauweise Explosionsdruckstoßfeste Bauweise
Anwendung der von der "Arbeitsgemeinschaft Druckbehälter"
gegebenen Richtlinien (AD-Merkblätter)
Sinngemäße Anwendung der AD-Merkblätter
mit höherer Ausnutzung der Werkstofffestigkeit
Hinweis:Bei Unterteilung des Innern von Apparaturen oder bei der Verbindung zweier Behälter durch eine Rohrleitung kann während einer Explosion in dem einen Teilvolumen der Druck in dem anderen Teilvolumen erhöht und dadurch dort die Explosion bei erhöhtem Ausgangsdruck eingeleitet werden. Somit entstehen Druckspitzen, die höher sein können als die unter atmosphärischen Bedingungen ermittelte Kenngröße maximaler Explosionsdruck Lassen sich derartige Anordnungen nicht vermeiden, sind entsprechende Maßnahmen zu treffen, z.B. ausreichend hohe explosionsfeste Bauweise oder explosionstechnische Entkoppelung (vgl. E3.4).

Bemerkung: Explosionsfeste Behälter unterliegen hinsichtlich des Inverkehrbringens nicht der Druckgeräteverordnung ( 14. GSGV), es sei denn, ihr Betriebsüberdruck beträgt mehr als 0,5bar. In Bezug auf den betrieblichen Explosionsschutz sind die Bestimmungen der BetrSichV zu beachten. Insbesondere ist die Explosionssicherheit der Arbeitsplätze in der Umgebung der Behälter vor der erstmaligen Nutzung gemäß Anhang 4 Ziffer 3.8 BetrSichV zu überprüfen.

Bei der Ermittlung des zu erwartenden Explosionsdruckes muss der Ausgangsdruck berücksichtigt werden.

E3.1.1 Explosionsdruckfeste Bauweise

Explosionsdruckfeste Behälter und Apparate halten dem zu erwartenden Explosionsdruck stand, ohne sich bleibend zu verformen. Für die Auslegungund Herstellung werden die Berechnungs- und Bauvorschriften für Druckbehälter angewendet. Als Berechnungsdruck wird der zu erwartende Explosionsdruck zugrunde gelegt.

E3.1.2 Explosionsdruckstoßfeste Bauweise

Explosionsdruckstoßfeste Behälter und Apparate sind so gebaut,dass sie einem bei einer Explosion in ihrem Innern auftretenden Druckstoßin Höhe des zu erwartenden Explosionsdruckes standhalten. Dabei sind jedoch bleibende Verformungen zulässig.

Für die Auslegung und Herstellung von explosionsdruckstoßfesten Behältern und Apparaten werden die von der "Arbeitsgemeinschaft Druckbehälter" herausgegebenen Richtlinien (AD-Merkblätter) sinngemäß angewendet, wobei unter der Voraussetzung einer hohen Verformungsfähigkeit der verwendeten Werkstoffe eine im Vergleich zu D1ruckbehältern höhere Ausnutzung der Werkstofffestigkeit zulässig ist.

Bemerkung:
Werden Behälter als Tanks für die Lagerung oder Beförderung brennbarer Flüssigkeiten verwendet, so ist insbesondere der Anhang C der Technischen Regel für brennbare Flüssigkeiten (TRbF 120) - Explosionsdruckstoßfestigkeit - anzuwenden.

Unterliegt ein Behälter als Tank dem Gesetz für die Beförderung gefährlicher Güter, so sind die jeweiligen Gefahrgutverordnungen, insbesondere auch die Technische Richtlinie" Tanks"(TRT 006), zu beachten.

Für staubführende Anlagen wird auf die VDI-Richtlinie 2263,Anlage Blatt 3, "Explosionsdruckstoßfeste Behälter und Apparate, Berechnung, Bau und Prüfung", hingewiesen. 37)

Bei Explosionen in Rohrleitungen oder lang gestreckten Apparaturen können sich Druckstoßfronten ausbilden, die nach längeren Flammenlaufstrecken L unter Umständen in Detonationsfronten übergehen. Dabei treten lokal kurzzeitig Druckstöße auf, deren Spitzenwerte ein Mehrfaches des maximalen Explosionsdruckes erreichen können. Bei Gasen und Dämpfen sind derartige Druckbelastungen durch Stoßfronten bei L/D < 5 (D = Durchmesser) nicht zu erwarten; bei L/D > etwa 100muss in der Regel mit einem Übergang zu einer stabilen Detonation gerechnet werden. Turbulenzerhöhende Einbauten, z.B. Messblenden, können jedoch auch schon weit unterhalb L/D = 100 zur Ausbildung von Detonationen führen. 96)

Die Auslegung nach PN 10 bei Verwendung zäher Werkstoffe und ausgehend von einem absoluten Arbeitsdruck von etwa 1 bar ist ausreichend dafür, dass beispielsweise

Bei anders geformten Anlageteilen (z.B. Querschnittsveränderungen,Einschnürungen) und besonders reaktionsfähigen Gemischen können Ausführungen in höherer Druckstufe als PN 10 notwendig werden.

Nach Explosions- oder Detonationsereignissen müssen die betroffenen Anlageteile auf Verformung überprüft werden.

E3.2 Explosionsdruckentlastung

Der Begriff "Explosionsdruckentlastung" umfasst im weitesten Sinne alles,was dazu dient, beim Entstehen oder nach einer gewissen Ausweitung einer Explosion die ursprünglich abgeschlossene Apparatur, in der sich der Explosionsablauf vollzieht, bei Erreichen des Ansprechdruckes kurzfristig oder bleibend in ungefährliche Richtung zu öffnen. 87) 88) 89)Die Entlastungseinrichtung soll bewirken,dass die Apparatur nicht über ihre Explosionsfestigkeit hinaus beansprucht wird. Als Entlastungseinrichtung können z.B. Berstscheiben oder Explosionsklappen verwendet werden. Sicherheitsventile sind hierfür ungeeignet.

Von wesentlicher Bedeutung für die Dimensionierung solcher Entlastungseinrichtungen sind die zeitlichen Beziehungen, die zwischen dem Fortschreiten einer Explosion und dem Eintreten der Druckentlastung bestehen. 95) Man hat daher zu unterscheiden zwischen einer Explosionsdruckentlastung von Behältern und einer von Rohrstrecken.

Je kleiner die maximale Druckanstiegsgeschwindigkeit des explosionsfähigen Gemisches in einem Behälter ist und je früher und wirksamer die Entlastung einsetzt, umso schneller können Verbrennungsprodukte und unverbrannte Gemische entweichen, ohne zu einer unzulässigen Druckerhöhung in der Apparatur beizutragen. Die Berechnung der erforderlichen Druckentlastungsöffnungen an Apparaturen setzt u.a. die Kenntnis der sicherheitstechnischen Kenngrößen des Gemisches voraus. 37)

  1. Insbesondere für die Berechnung von Druckentlastungsöffnungen bei Staubexplosionen siehe VDI-Richtlinie 3673. 94)
  2. Wenn Ausblasrohre nicht zu vermeiden sind, ist zu beachten, dass der reduzierte Explosionsdruck im zu schützenden Behälter sich erhöht. Das Ausblasrohr muss mindestens den Querschnitt der Entlastungsöffnung haben.

Die Druckentlastung soll möglichst auf kurzem, geradem Weg erfolgen.Die bei der Druckentlastung auftretenden Rückstoßkräfte sind zu berücksichtigen. 82)

Bei der Anbringung von Druckentlastungsöffnungen an Apparaturen ist darauf zu achten, dass die Druckentlastung in ungefährlicher Weise so erfolgt, dass Folgeschäden für Personen, z.B. durch Druck- und Flammenwirkung oder durch weggeschleuderte Teile, vermieden werden. Druckentlastung in den Arbeitsraum ist deshalb grundsätzlich zu vermeiden.

Die Druckentlastungseinrichtung muss sich unmittelbar an der Apparatur befinden, d.h. am Anfang des Ausblasrohres.

Verschiedene Apparate dürfen nicht über ein gemeinsames Ausblasrohr entlastet werden. Der einwandfreie Zustand von Entlastungseinrichtungen ist regelmäßig zu überprüfen.

Druckentlastungseinrichtungen, z.B. Explosionsklappen, die nach Ansprechen selbsttätig schließen sollen, dürfen nur verwendet werden,wenn deren Funktionsfähigkeit durch Explosionsversuche nachgewiesen ist.

Ebenso muss die Richtigkeit der Auslegung durch Explosionsversuche nachgewiesen werden, wenn für die Bemessung von Druckentlastungseinrichtungen bei Staubexplosionen wegen stoff-, anlagen- oder betriebsspezifischer Besonderheiten die VDI-Richtlinie 3673 nicht zugrunde gelegt wird. Derartige Versuche führen die notifizierten Stellen - veröffentlicht im EG-Amtsblatt124 - durch.

Die Explosionsdruckentlastung ist unzulässig, wenn durch die dabei freigesetzten Stoffe Personen gefährdet werden oder die Umwelt geschädigt wird.

E3.3 Explosionsunterdrückung

Explosionsunterdrückungseinrichtungen verhindern durch schnelles Einblasen von Löschmitteln in Behälter und Apparaturen im Falle einer Explosion das Erreichen des maximalen Explosionsdruckes. Dies bedeutet, dass die so geschützten Apparate nur für einen reduzierten Explosionsdruck ausgelegt werden müssen.

Im Gegensatz zur Explosionsdruckentlastung bleiben die Auswirkungen einer Explosion auf das Innere der Apparatur beschränkt.

Verfahrensbeschreibung

Explosionsunterdrückungsanlagen bestehen im Wesentlichen aus einem die anlaufende Explosion erkennenden Detektorsystem und den unter Druck stehenden Löschmittelbehältern, deren Austrittsöffnungen durch das Detektorsystem freigegeben werden. Der Inhalt der Löschmittelbehälter wird in kurzer Zeit in den zu schützenden Behälter eingeblasen und möglichst gleichmäßig verteilt. Hierdurch werden die Flammen gelöscht und die Explosion unterdrückt. Je nach Ausführung kann der Explosionsüberdruck bis auf ca. 0,2 bar reduziert werden.

Detektoren

Der Explosionsdruck breitet sich allseitig und gleichmäßig aus.Deshalb haben sich in der Praxis Druckdetektoren bewährt. Die Detektoren müssen gegenüber dem Produkt und gegen äußere Einflüsse (z.B. Stöße, Vibrationen, Temperatur, Vakuum,Korrosion, Wechselbelastung) unempfindlich sein. Um Fehlauslösungen zu vermeiden, werden üblicherweise zwei um 90 Grad versetzte Detektoren eingesetzt. Der Löschvorgang wird nur eingeleitet, wenn beide Detektoren gleichzeitig ansprechen.

Löschmittel

Als Löschmittel stehen für Explosionsunterdrückungseinrichtungen vorzugsweise zur Verfügung:

Für die praktische Anwendung zeigt pulverförmiges Löschmittel auf der Basis von Monoammoniumphosphat in der Regel die beste Wirksamkeit.Grundsätzlich ist jedoch die Eignung des vorgesehenen Löschmittels für den jeweiligen Anwendungsfall nachzuweisen.

Löschmittelbedarf

Die erforderliche Löschmittelmenge ist abhängig von der Explosionsheftigkeit des Stoffes, vom Volumen und der Geometrie der zu schützenden Apparatur sowie von der Bauart des Unterdrückungssystems.Für Stäube sind Einzelheiten der VDI-Richtlinie 2263, Blatt 4, zu entnehmen. 37)

Hinweis: Projektierung und Ausführung der Schutzmaßnahme "Explosionsunterdrückung" erfordern besondere Fachkunde. Über entsprechende Sachkunde verfügen die notifizierten Stellen - veröffentlicht im EG-Amtsblatt.124

E3.4 Verhindern der Explosionsübertragung (explosionstechnische Entkoppelung)

Um Flammen- und Explosionsübertragung zu verhindern, steht eine Reihe von Maßnahmen zur Verfügung, z.B.:

Diese Maßnahmen sind im Prinzip bei allen explosionsfähigen Gemischen wirksam. Sie müssen in der Regel bei der Anwendung der unter Abschnitt E3.1 bis E3.3 genannten Maßnahmen zusätzlich eingesetzt werden. Für die praktische Anwendung sind aber folgende Gesichtspunkte maßgeblich:

Bei Explosionen von Gasen, Dämpfen und Nebeln im Gemisch mit Luft sind wegen der unter Umständen sehr hohen Ausbreitungsgeschwindigkeiten(Detonationen) aktive Absperr- oder Löschsysteme oft zu langsam, sodass hier passive Elemente, z.B. Bandsicherungen oder Tauchungen bevorzugt werden.

Für Staub/Luft-Gemische besteht bei Einrichtungen mit engen Spalten die Gefahr der Verstopfung; folglich werden hier aktive Elemente, z.B. Schnellschlussschieber oder Löschmittelsperren bevorzugt.

E3.4.1 Flammendurchschlagsichere Einrichtungen für Gase, Dämpfe und Nebel

Um bei explosionsfähiger Atmosphäre Flammendurchschläge, z.B.durch Rohrleitungen, Atmungseinrichtungen und nicht ständig mit Flüssigkeit gefüllte Füll- und Entleerungsleitungen zu verhindern, können flammendurchschlagsichere Einrichtungen angewendet werden.

Lässt sich z.B. in einem nicht explosionsfesten Behälter für brennbare Flüssigkeiten die Bildung gefährlicher explosionsfähiger Atmosphäre nicht vermeiden, so sind ständig vorhandene Öffnungen zu Bereichen, in denen mit dem Auftreten von Zündquellen zu rechnen ist, und durch die eine Explosion in den Behälter übertragen werden kann, flammendurchschlagsicher zu gestalten.Dies betrifft z.B. Be- und Entlüftungseinrichtungen,Füllstandsanzeiger sowie Füll- und Entleerungsleitungen, sofern Letztere nicht ständig mit Flüssigkeit gefüllt sind.

Soll umgekehrt das Herausschlagen von Flammen aus einer Apparatur in einen explosionsgefährdeten Bereich vermieden werden, so sind die vorgenannten Maßnahmen sinngemäß anzuwenden.

Die Wirkungsweise flammendurchschlagsicherer Einrichtungen beruht im Wesentlichen auf einem oder mehreren der folgenden Mechanismen:

Man unterscheidet bei flammendurchschlagsicheren Einrichtungen die im Folgenden aufgeführten Bauarten:

  1. Explosionssichere Armaturen
    Sie widerstehen dem Explosionsdruck und der kurzzeitigen Temperaturbeanspruchung durch die Explosionsflamme (z.B. Bandsicherungen, Plattensicherungen, Sintermetalle, Tauchsicherungen, Flüssigkeitsverschlüsse).
  2. Dauerbrandsichere Armaturen
    Sie widerstehen dem Explosionsdruck und über längere Zeit der Flammeneinwirkung, ohne ihre Durchschlagsicherheit zu verlieren (Bandsicherungen, spezielle Hochgeschwindigkeitsüberdruckventile, Tauchungen).
  3. Detonationssichere Armaturen
    Sie widerstehen der mechanischen Beanspruchung durch eine Detonationsfront (Bandsicherungen mit Prallfläche, Tauchsicherungen, Flüssigkeitsverschlüsse).
    Bemerkung: Nicht dauerbrandsichere Armaturen widerstehen einem Abbrand nur über eine begrenzte Zeitspanne (Standzeit) und verlieren ihre Flammendurchschlagsicherheit. Diese Zeitspanne kann ggf. genutzt werden,um Notfunktionen einzuleiten, die einen länger dauernden Abbrand mit der möglichen Folge des Flammendurchschlages verhindern (z.B. Absperrender Gemischzufuhr, Einblasen von Inertgas oder Luft). In diesen Fällen haben derartige explosions- und detonationssichere Armaturen Sensoren, die eine an der Flammensperre brennende Flamme melden.

Einsatzbedingungen

Die Eignung der vorgenannten Armaturen muss für die auftretenden explosionsfähigen Gemische nachgewiesen sein. Maßgeblich für die 1Eignung sind z.B. die Verbrennungseigenschaften der Stoffe und die zünddurchschlagsicheren Normspaltweiten. Darüber hinaus sind Druck und Temperatur der Gemische zu beachten. Über entsprechende Sachkunde verfügen die notifizierten Stellen - veröffentlicht im EG-Amtsblatt.124

Bei den von den notifizierten Stellen geprüften Armaturen der unter a) bis c) genannten Bauarten ist die Flammendurchschlagsicherheit nur für die 1im Prüfbericht aufgeführten Stoffe und Stoffgruppengewährleistet. Erweiterungen auf andere Stoffe sind ohne zu prüfen nur nach Kenntnis der maßgebenden Stoffeigenschaften möglich; häufig ist jedoch eine Nachprüfung erforderlich.

Da flammendurchschlagsichere Armaturen häufig an Anlagenteilen eingesetzt werden, die nur einem geringen Überdruck standhalten, ist beim Einsatz besonders zu beachten, dass die Armaturen nicht den Druckausgleich der Anlagenteile mit der freien Atmosphäre unzulässig erschweren. Dazu muss z.B. bei Brandsicherungen und Sintermetallen der freie Querschnitt der flammendurchschlagsicheren Armatur ausreichend bemessen sein. Die Gefahr des Zusetzens durch Schmutz, Korrosion, Polymerisation und Sublimation, sowie das1 Einfrieren (z.B. bei nächtlichem Frost oder Dauerfrost) muss beachtet werden.

E3.4.2 Entkoppelungseinrichtungen für Stäube

Die im Kapitel E3.4.1 aufgeführten flammendurchschlagsicheren Einrichtungen für Gase, Dämpfe und Nebel sind aufgrund der Verstopfungsgefahr bei Stäuben nicht einsetzbar. Für das Vermeiden der Ausbreitung von Staubexplosionen über verbindende Rohrleitungen,Fördereinrichtungen o.Ä. sowie Flammenaustritt aus Anlagenteilen haben sich in der Praxis die unter E3.4.2.1 - E3.4.2.7 aufgeführten Einrichtungen bewährt.

E3.4.2.1 Löschmittelsperre

Die Explosion wird durch Detektoren erkannt. Aus Löschmittelbehältern werden Löschmittel in die Rohrleitung eingedüst und die Flamme wird abgelöscht. Der auftretende Explosionsdruck vor der Löschmittelsperre wird dadurch nicht beeinflusst. Auch hinter der Löschmittelsperre ist die Festigkeit der Rohrleitung und die der nachgeschalteten Apparatur für den zu erwartenden Druck auszulegen. 79) Das Löschmittel muss für die jeweilige Staubart geeignet sein.

E3.4.2.2 Schnellschlussschieber, Schnellschlussklappe

Die durch die Rohrleitung laufende Explosion wird durch Detektoren erkannt.Ein Auslösemechanismus schließt den Schieber oder die Klappe innerhalb von Millisekunden. Die Wirksamkeit und Druckbelastbarkeit müssen durch eine notifizierte Prüfstelle nachgewiesen sein.

E3.4.2.3 Schnellschlussventil (Explosionsschutzventil)

Beim Überschreiten einer bestimmten Strömungsgeschwindigkeit schließt ein Ventil in der Rohrleitung. Die für das Schließen notwendige Strömungsgeschwindigkeit wird entweder durch die Druckwelleder Explosion oder durch eine detektorgesteuerte Hilfsströmung (Einblasen von Stickstoff auf den Ventilkegel) erzeugt. Bisher bekannte Schnellschlussventile dürfen nur in waagerecht verlegten Rohrleitungen eingebaut werden und eignen sich auch nur für Leitungen mit relativ geringer Staubbelastung (z.B. Reinluftseite von Filteranlagen). Wirksamkeit und Druckbelastbarkeit müssen durch notifizierte Stellen nachgewiesen sein.

E3.4.2.4 Zellenradschleuse

Zellenradschleusen dürfen nur dann als "Flammensperre" eingesetzt werden,wenn ihre Zünddurchschlagsicherheit und Druckbelastbarkeit für die 1 jeweiligen Einsatzbedingungen nachgewiesen sind. Im Explosionsfall muss die Schleuse automatisch über einen Detektor stillgesetzt werden, damit das Austragen von brennendem Produkt verhindert wird.

E3.4.2.5 Entlastungsschlot

Ein Entlastungsschlot besteht aus Leitungsteilen, die durch ein spezielles Rohrstück miteinander verbunden sind. Den Abschluss der Rohrleitung gegen die Atmosphäre bildet eine Entlastungseinrichtung (Abdeckplatte oder Berstscheibe; Ansprechüberdruck in der Regel p< 0,1 bar). Eine Explosionsübertragung soll durch Änderung der Strömungsrichtung um 180 Grad bei gleichzeitiger Explosionsdruckentlastung am Umlenkpunkt nach Öffnen der Entlastungseinrichtung verhindert werden. 106)

Das Wegfliegen von Teilen der Entlastungseinrichtung muss vermieden werden,z.B. durch einen Schutzkorb. Die Entlastung muss grundsätzlich in eine ungefährliche Richtung erfolgen, keinesfalls aber in Arbeitsbereiche oder auf Verkehrswege.

Diese Schutzmaßnahme ist unzulässig, wenn durch das Freisetzen von Stoffen Personen gefährdet werden oder die Umwelt geschädigt wird.

Durch den Entlastungsschlot kann die Explosionsübertragung nicht immer zuverlässig verhindert werden. Die Ausbreitung der Flammenfront wird jedoch so gestört, dass in dem nachgesetzten Leitungsteil höchstens mit dem langsamen Anlaufen der Explosion zu rechnen ist. Dies bedeutet, dass konstruktive Explosionsschutzmaßnahmen an nachgeschalteten Anlagen entsprechend den Abschnitten E3.1 bis E3.3 für atmosphärische Randbedingungen dimensioniert werden können. In den Fällen, in denen innerhalb der Rohrleitung nicht mit dem Auftreten explosionsfähiger Gemischkonzentrationen gerechnet werden muss, z.B. bei vielen Entstaubungsanlagen, kann jedoch von einer hinreichenden Entkoppelungswirkung ausgegangen werden.

E3.4.2.6 Produktvorlage

Im Zusammenhang mit der Schutzmaßnahme Explosionsdruckentlastung sind Produktvorlagen (z.B. am Austrag eines Silos) von ausreichender Höhe geeignet, Anlageteile zu entkoppeln. Die Produktschüttung muss jeweils so hoch sein, und dies muss durch Füllstandsmelder abgesichert sein,dass unter der Druckbelastung der Explosion ein Flammendurchschlag durch das Produkt nicht erfolgen kann.

E3.4.2.7 Doppelschieber

Produktausträge von explosionsfest gebauten Apparaturen können zur Verhindern eines Flammendurchschlages mit einem Doppelschiebersystem gesichert werden. Die Schieber müssen dabei mindestens gleiche Festigkeit wie die Apparatur haben. Durch entsprechende Steuerung muss gewährleistet sein, dass wechselweise ein Schieber immer geschlossen ist.

E3.4.3 Explosionstechnische Entkoppelung bei hybriden Gemischen

Für eine explosionstechnische Entkoppelung bei hybriden Gemischen kommen aufgrund des Staubanteiles grundsätzlich nur Maßnahmen nach E3.4.2 in Frage. Bisher liegen hierzu jedoch keine speziellen Erfahrungen vor.

E4 Anwendung von Prozessleittechnik im Rahmen von Explosionsschutzmaßnahmen

Die in den Abschnitten

beschriebenen Explosionsschutzmaßnahmen können durch Einrichtungen der

unterstützt, überwacht und abgesichert werden.

Die erforderlichen Explosionsschutzmaßnahmen müssen festgelegt und, sofern es erforderlich ist, überwacht werden. Dazu verwendete PLT-Einrichtungen müssen in der Lage sein, die erforderlichen Explosionsschutzmaßnahmen aufrecht zu halten, zu überwachen oder aber auszulösen. Die konzeptionelle Grundlage zur Sicherung von Anlagen der Verfahrenstechnik mit Mitteln der PLT bildet die VD/VDE-Richtlinie 2180. 23)

PLT-Einrichtungen können beispielsweise einen Alarm, eine Schaltfunktion (z.B. Lüftung) oder eine Steuerfunktion (z.B. Inertisierung) auslösen oder eine automatische Abschaltung der Anlage bewirken. Auslegung und Umfang dieser PLT-Einrichtungen, der Grad der Redundanz, sowie die von ihnen ausgelösten Maßnahmen hängen von der Risikobewertung ab.Auf diese Weise muss für alle Betriebsbedingungen sichergestellt werden,dass aufgrund der Zuverlässigkeit der PLT-Einrichtungen und der ausgelösten Maßnahmen das Risiko auf ein vertretbares Maß beschränkt wird.

PLT-Einrichtungen können sowohl zur Verringerung oder Aufhebung von explosionsgefährdeten Bereichen verwendet werden als auch zur Vermeidung wirksamer Zündquellen (siehe Tabelle E4).

Die erreichte Verringerung der Wahrscheinlichkeit der Bildung gefährlicher explosionsfähiger Atmosphäre und der Wahrscheinlichkeit des Wirksamwerdens von Zündquellen muss im Einklang mit den Anforderungen der Abschnitte E1, E2 und E3 stehen.

In Konzepten zum Einsatz von PLT-Einrichtungen zur Verringerung oder Aufhebung von explosionsgefährdeten Bereichen (Zonen) müssen entsprechend der gewünschten Zonenreduktion die Anforderungen an dazu eingesetzte PLT-Einrichtungen gemäß Risikobewertung angepasst werden.

Die erforderliche Zuverlässigkeit der Explosionsschutz-Einrichtungenmuss sich an der Risikobewertung orientieren. Führen die Risikobewertung und das Explosionsschutzkonzept zu dem Schluss, dass ohne PLT-Einrichtungen ein hohes Risiko herrscht, z.B. dass gefährliche explosionsfähige Atmosphäre ständig, langzeitig oder häufig vorhanden ist (Zone0, Zone 20) und dass mit dem Wirksamwerden einer Zündquelle zu rechnen ist, müssen die PLT-Einrichtungen so ausgeführt sein, dass eine einzige Störung das Sicherheitskonzept nicht außer Kraft setzen kann. Dies kann z.B. durch redundanten Einsatz von PLT-Einrichtungen erreichtwerden. Vergleichbares ist erreichbar, indem eine einzelne PLT-Einrichtung zur Vermeidung des Auftretens gefährlicher explosionsfähiger Atmosphäre mit einer davon unabhängigen einzelnen PLT-Einrichtung zur Vermeidung des Wirksamwerdens von Zündquellen kombiniert wird.

Führen dagegen die Risikobewertung und das Explosionsschutzkonzept zudem Schluss, dass auch ohne PLT-Maßnahmen nur ein geringes Risiko besteht,z.B. gelegentliches Bilden einer gefährlichen explosionsfähigen Atmosphäre (Zone 1, Zone 21) und geringe Wahrscheinlichkeit des Wirksamwerdens einer Zündquelle, ist eine einzelne PLT-Einrichtung ausreichend (siehe Tabelle E4).

Die Verfügbarkeit der sicherheitstechnischen Funktion der PLT-Einrichtungen und ihrer Teilkomponenten wird erreicht durch Fehlervermeidung und Fehlerbeherrschung (unter Beachtung aller Betriebsbedingungen und vorgesehenen Wartungs- und/oder Prüfmaßnahmen).

Die Tabelle E4 zeigt Konzepte von PLT-Einrichtungen zur Vermeidung des Wirksamwerdens von Zündquellen bei normalen Betriebsbedingungen, bei anzunehmenden Störungen und selten auftretenden Störungen. Alternativ, zusätzlich oder ergänzend können verfahrenstechnische Maßnahmen eingesetzt werden.

Tabelle E4: Konzepte zum Einsatz von PLT-Einrichtungen zur Reduzierung der Wahrscheinlichkeit des Auftretens wirksamer Zündquellen

Explosionsgefährdeter Bereich Dort vorhandene Einrichtungen und Verfahren mit folgenden Eigenschaften Zu erfüllende Anforderung an zusätzliche PLT-Einrichtungen zum Betrieb solcher Einrichtungen und Verfahren
nicht vorhanden keine Anforderungen an Zündquellenfreiheit keine
Zone 2 oder Zone 22 keine Anforderungen an Zündquellenfreiheit eine einzelne Einrichtung zum Vermeiden von Zündquellen
im Normalbetrieb keine Zündquellen zu erwarten keine
Zone 1 oder Zone 21 keine Anforderungen an Zündquellenfreiheit zwei Einrichtungen zum Vermeiden von Zündquellen
im Normalbetrieb keine Zündquellen zu erwarten eine einzelne Einrichtung zum Vermeiden von Zündquellen
im Normalbetrieb und bei Betriebsstörungen keine Zündquellen zu erwarten keine
Zone 0 oder Zone 20 keine Anforderungen an Zündquellenfreiheit in der Regel mit PLT Einrichtungen allein nicht sinnvoll lösbar*
im Normalbetrieb keine Zündquellen zu erwarten zwei Einrichtungen zum Vermeiden von Zündquellen
im Normalbetrieb und bei Betriebsstörungen keine Zündquellen zu erwarten eine einzelne Einrichtung zum Vermeiden von Zündquellen
im Normalbetrieb, bei Betriebsstörungen und bei selten auftretenden Betriebsstörungen keine Zündquellen zu erwarten keine
*) Schalten z.B. die zusätzlichen PLT-Einrichtungen die vorhandene Einrichtung ab, so würde das zu einer Lösung führen, bei der die vorhandene Einrichtung praktisch nicht in Betrieb wäre.
Bemerkung 1: Sollen Geräte sicher in Bereichen betrieben werden,für die sie nicht konstruiert wurden, so müssen die nicht in der Gerätekategorie abgedeckten Zündgefahren in der Risikobetrachtung berücksichtigt werden. Die Bauartanforderungen in den Gerätekategorien sind unterschiedlich (z.B. bezüglich Elektrostatik). Eine Risikobetrachtung muss alle möglichen Zündgefahren, die von einem Gerät ausgehen,berücksichtigen. Zu den Geräten zählen auch solche, die nicht ausschließlich PLT-Geräte sind, z.B. Öfen, Brennstoffzellen, etc.

Bemerkung 2: Die Einsatzmöglichkeiten von PLT-Einrichtungen zur Vermeidung von apparativen Zündgefahren sind technisch und wirtschaftlich eingeschränkt.

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