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Regelwerk; Arbeits- und Sozialrecht

ThürGIG -Thüringer Gesetz zur Inklusion und Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen
- Thüringen -

Vom 30. Juli 2019
(GVBl. Nr. 9 vom 19.08.2019 S. 303; 21.12.2020 S. 682 20)



Archiv: 2005

Erster Abschnitt
Allgemeine Bestimmungen

§ 1 Ziel des Gesetzes

(1) Ziel des Gesetzes ist es, durch die Umsetzung des Übereinkommens der Vereinten Nationen vom 13. Dezember 2006 über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (BGBl. 2008 II S. 1420) den vollen und gleichberechtigten Genuss aller Menschenrechte und Grundfreiheiten durch alle Menschen mit Behinderungen zu fördern, zu schützen und zu gewährleisten und die Achtung der ihnen innewohnenden Würde zu fördern. Dabei wird ihren besonderen Bedarfen Rechnung getragen.

(2) Die Schaffung einer inklusiven Gesellschaft ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe.

§ 2 Geltungsbereich

Dieses Gesetz gilt für das Land und die kommunalen Gebietskörperschaften, deren Behörden und Dienststellen einschließlich der Justizverwaltung und den Rechnungshof, für die landesunmittelbaren Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts im Sinne des § 105 der Thüringer Landeshaushaltsordnung sowie für Beliehene und sonstige Landesorgane, soweit sie öffentlich-rechtliche Verwaltungsaufgaben wahrnehmen (Träger der öffentlichen Gewalt). Das Gesetz gilt für den Landtag, soweit er öffentlich-rechtliche Verwaltungsaufgaben wahrnimmt.

§ 3 Menschen mit Behinderungen

Menschen mit Behinderungen im Sinne dieses Gesetzes sind Menschen, die langfristige körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, welche sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der vollen, wirksamen und gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft hindern können. Als langfristig gilt ein Zeitraum, der mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate andauert.

§ 4 Benachteiligung

(1) Eine Benachteiligung im Sinne dieses Gesetzes ist jede nicht gerechtfertigte Gleich- oder Ungleichbehandlung. Insbesondere umfasst diese jede Unterscheidung, Ausschließung oder Beschränkung aufgrund einer Behinderung, die zum Ziel oder zur Folge hat, dass der gleichberechtigte Genuss aller Rechte beeinträchtigt oder vereitelt wird.

(2) Eine unmittelbare Benachteiligung im Sinne des Absatzes 1 liegt vor, wenn eine Person aufgrund einer Behinderung eine weniger günstige Behandlung erfährt, erfahren hat oder erfahren würde als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation.

(3) Eine mittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen aufgrund einer Behinderung gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Zieles angemessen und erforderlich.

(4) Die Versagung von angemessenen Vorkehrungen für Menschen mit Behinderungen ist eine Benachteiligung im Sinne dieses Gesetzes. Angemessene Vorkehrungen sind Maßnahmen, die im Einzelfall geeignet und erforderlich sind, um zu gewährleisten, dass Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt mit anderen ihre Rechte wahrnehmen können. Derartige Vorkehrungen sind als angemessen zu betrachten, wenn das für den Träger der öffentlichen Gewalt nicht mit einer unverhältnismäßigen Belastung verbunden ist.

(5) Besondere Maßnahmen, die zur Beschleunigung oder Herbeiführung der tatsächlichen Gleichberechtigung von Menschen mit Behinderungen erforderlich sind, gelten nicht als Benachteiligung im Sinne dieses Gesetzes.

§ 5 Barrierefreiheit

Barrierefrei sind bauliche und sonstige Anlagen, Straßen, Wege, Plätze, Verkehrsmittel, technische Gebrauchsgegenstände, Systeme der Informationsverarbeitung, akustische und visuelle Informationsquellen und Kommunikationseinrichtungen sowie andere gestaltete Lebensbereiche, insbesondere Dienstleistungen, wenn sie für Menschen mit Behinderungen in der allgemein üblichen Weise ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe auffindbar, zugänglich und nutzbar sind. Zur Auffindbarkeit, Zugänglichkeit und Nutzbarkeit gehört auch die Gewährleistung der Verständlichkeit von Informationen, die Bildillustrationen mit einschließt. Eine besondere Erschwernis liegt auch dann vor, wenn Menschen mit Behinderungen die Mitnahme oder der Einsatz benötigter Hilfsmittel verweigert oder erschwert wird, soweit dies nicht durch höherrangige Belange begründet ist.

Zweiter Abschnitt
Verpflichtung zur Gleichstellung und zur Herstellung der Barrierefreiheit

§ 6 Umsetzung von Inklusion und Gleichstellung

(1) Die Träger der öffentlichen Gewalt sind verpflichtet, die in § 1 Abs. 1 genannten Ziele im Rahmen ihres jeweiligen Aufgabenbereichs umzusetzen, sich aktiv dafür einzusetzen und die besonderen Verpflichtungen dieses Gesetzes einzuhalten. Sie wirken darauf hin, dass auch Vereinigungen, Einrichtungen und juristische Personen des Privatrechts, deren Anteile sich unmittelbar oder mittelbar ganz oder überwiegend in ihrer Hand befinden, diese Ziele in angemessener Weise berücksichtigen.

(2) Das Land, sowie im eigenen Wirkungskreis die Landkreise und kreisfreien Städte, erstellen Maßnahmenpläne zur Erreichung der in § 1

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