umwelt-online: VV VwVG - Verwaltungsvorschriften zum Verwaltungsvollstreckungsgesetz NRW (5)
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27.3 Austauschpfändung

27.3.1 Die Vorschriften der §§ 811a und 811b ZPO eröffnen der Vollstreckungsbehörde die Möglichkeit, unter den an sich unpfändbaren Sachen, die dem persönlichen Gebrauch, dem Haushalt oder der Erwerbstätigkeit des Vollstreckungsschuldners dienen (§ 811 Nr. 1, 5 und 6), einen besonders wertvollen Gegenstand dennoch zur Befriedigung des Gläubigers zu verwerten, und dem Vollstreckungsschuldner dafür ein einfacheres, aber für denselben geschützten Zweck ausreichendes Ersatzstück zu überlassen. So kann z.B. ein besonders teurer Fernseher ohne weiteres gepfändet werden, wenn dem Vollstreckungsschuldner dafür ein einfaches Fernsehgerät überlassen wird.

27.3.2 Der Vollstreckungsbehörde wird es nur selten - allenfalls mit Hilfe des Gläubigers - möglich sein, vor der Wegnahme der Sachen dem Vollstreckungsschuldner ein ausreichendes Ersatzstück zur Verfügung zu stellen. In der Regel wird sie ihm daher den zur Beschaffung eines solchen Ersatzstückes erforderlichen Geldbetrag aus ihrer Kasse überlassen. Das ist ihr auch mindestens in den Fällen zuzumuten, in denen sie die Pfändung für Forderungen der eigenen Behörde durchführt. Nur ausnahmsweise soll sie von der dritten, freilich bequemsten Möglichkeit Gebrauch machen und dem Vollstreckungsschuldner den zur Bezahlung des Ersatzstückes nötigen Geldbetrag erst aus dem Vollstreckungserlös überlassen.

27.3.3 Der Vollziehungsbeamte darf in diesem Falle den sonst unpfändbaren Gegenstand nur auf Grund einer schriftlichen Zulassungsverfügung der Vollstreckungsbehörde pfänden, die dem Vollstreckungsschuldner durch Zustellung bekannt zu geben ist (Vermerk in der Niederschrift) und von ihm durch Widerspruch und verwaltungsgerichtliche Klage angefochten werden kann. In der Verfügung setzt die Vollstreckungsbehörde den Wert des vom Gläubiger angebotenen Ersatzstückes oder den Betrag fest, den der Vollziehungsbeamte vor der Wegnahme - nicht schon vor der Pfändung - des Pfandstückes dem Vollstreckungsschuldner zu übergeben hat, oder der dem Vollstreckungsschuldner aus dem Erlös zu zahlen ist. Die Vollstreckungsbehörde soll die Austauschpfändung nur zulassen, wenn der voraussichtliche Erlös aus der Verwertung den Wert des Ersatzstückes erheblich übersteigen wird und die Austauschpfändung auch sonst "nach Lage der Verhältnisse angemessen ist" (so ist z.B. auf Erinnerungswerte Rücksicht zu nehmen, die mit dem wertvollen Gegenstand verknüpft sein können).

27.3.4 Der Vollziehungsbeamte kann gemäß § 811b ZPO, wenn er mit der Zulassung der Austauschpfändung durch die Vollstreckungsbehörde einigermaßen sicher rechnen darf, einen geeigneten Gegenstand schon vor der Zulassung pfänden, hat ihn jedoch im Gewahrsam des Vollstreckungsschuldners zu belassen. Er hat die Vollstreckungsbehörde von der von ihm festgestellten Verwertungsmöglichkeit unverzüglich zu benachrichtigen. Lässt die Vollstreckungsbehörde daraufhin die Austauschpfändung nicht zu, ist die Pfändung wieder aufzuheben. Ob und wieweit die Entscheidung von einer Rücksprache mit dem Gläubiger, der nicht zugleich Vollstreckungsbehörde ist, abhängig gemacht wird, bleibt dieser überlassen.

27.3.5 Der dem Vollstreckungsschuldner im Wege der Austauschpfändung zur Verfügung gestellte Geldbetrag ist auch dann unpfändbar (§ 811a Abs. 3 ZPO), wenn der verbleibende Erlös zur Deckung der Gläubigeransprüche nicht ausreicht

27.4 Vorwegpfändung

Der Vollziehungsbeamte darf nach § 811d ZPO eine zurzeit noch unpfändbare Sache dann pfänden, wenn zu erwarten ist, dass sie demnächst pfändbar wird (z.B. ein zur Berufsausübung unentbehrlicher Gegenstand, wenn feststeht, dass der Vollstreckungsschuldner in Kürze seinen Beruf aufgibt). Erfüllt sich diese Erwartung nicht binnen eines Jahres, so ist die Pfändung aufzuheben. Bis dahin ist die gepfändete Sache im Gewahrsam des Vollstreckungsschuldners zu belassen.

27.5 Aufschub der Verwertung

§ 813b ZPO gibt der Vollstreckungsbehörde eine weitgehende Befugnis, in der Zeit zwischen Pfändung und Verwertung dem Vollsteckungsschuldner angemessene Zahlungsfristen zur Vermeidung der Versteigerung des Pfandgutes und zur freiwilligen Bereinigung seiner Schulden einzuräumen. Wenn der Vollstreckungsschuldner einen entsprechenden Antrag nicht innerhalb einer Frist von zwei Wochen nach der Pfändung stellt, wird die Vollstreckungsbehörde nur ausnahmsweise die Voraussetzung für ein besonderes Entgegenkommen für gegeben erachten. Sie darf ihre Anordnungen wiederholen, jedoch die Verwertung nicht länger als insgesamt ein Jahr hinausschieben (§ 813b Abs. 4 ZPO). Sie kann ihre Anordnungen auf Antrag oder von Amts wegen jederzeit aufheben oder ändern (§ 813b Abs. 3 ZPO).

28 Verfahren bei der Pfändung (zu § 28)

28.1.1

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