Regelwerk |
Aufgaben der Polizei bei Verkehrsunfällen
- Nordrhein-Westfalen -
Vom 25. August 2008
(MBl.NRW Nr. 26 vom 29.09.2008 S. 470; 11.08.2011 S. 304 11)
1 Allgemeines
1.1 Definition Verkehrsunfall
Ein Verkehrsunfall ist jedes plötzliche und zumindest für einen Beteiligten ungewollte, mit dem öffentlichen Straßenverkehr und seinen typischen Gefahren ursächlich zusammenhängende Ereignis, bei dem Personen- oder Sachschaden entstanden ist.
1.2 Grundsätze
Bei Verkehrsunfällen hat die Polizei folgende Aufgaben:
Die Polizei nimmt jeden ihr bekannt gewordenen Verkehrsunfall auf. In Zweifelsfällen ist zunächst nach diesem Erlass vorzugehen. Dabei gilt der Grundsatz, dass die Sachverhaltsprüfung vor Ort vorzunehmen ist.
Art und Umfang der Maßnahmen haben sich im Wesentlichen an der Schwere der Unfallfolgen, der Komplexität der Unfallsituation und den Erfordernissen der Beweissicherung auszurichten. Je nach Lage ist über die Einrichtung einer "Besonderen Aufbauorganisation" (Anlage 1) zu entscheiden.
1.3 Einteilung der Verkehrsunfälle
Die Einteilung der Verkehrsunfälle erfolgt in Unfallkategorien (Anlage 2).
2 Verfahren
2.1 Verkehrsunfallaufnahme
2.1.1 Allgemeines
Die Verkehrsunfallaufnahme umfasst alle polizeilichen Handlungen ab Bekanntwerden des Sachverhalts bis zur Abgabe des Vorgangs an die Sachbearbeitung. Dabei gelten die Grundsätze des Ersten Angriffs (PDV 100 "Führung und Einsatz der Polizei").
Die Verkehrsunfallaufnahme vor Ort endet mit der Freigabe des Verkehrsunfallortes oder der Übergabe des Verkehrsunfallortes an andere beteiligte Stellen; dies erfolgt in gegenseitiger Absprache.
Insbesondere für Verkehrsunfälle auf Bundesautobahnen gilt, dass die Ermittlungen des Sachverhaltes, die Sicherung von Beweisen und erforderliche Bergungsarbeiten so auszuführen sind, dass notwendige Straßensperrungen zeitlich so kurz und räumlich so gering wie möglich vorgenommen werden. Wenn die Unfallsituation es zulässt, ist der Verkehr an der Unfallstelle vorbei zu führen. Die Polizei achtet ferner darauf, dass außerhalb der Fahrstreifen anfallende Bergungsarbeiten in den verkehrsschwachen Zeiten durchgeführt werden.
2.1.2 Erste Maßnahmen
Die Reihenfolge und der Umfang der polizeilichen Maßnahmen am Unfallort richten sich nach dem Grad der Gefährdung bzw. der Wertigkeit der zu schützenden Rechtsgüter. Die Absicherung der Unfallstelle und Erste-Hilfe-Maßnahmen haben Vorrang vor der Beweissicherung. Bei Verkehrsunfällen mit komplexer Spurenlage oder schweren Folgen ist die Einbindung von Fachdienststellen in die Verkehrsunfallaufnahme zu prüfen; die Möglichkeiten der Kriminaltechnik sind auszuschöpfen.
Verkehrsmaßnahmen richten sich nach dem Ausmaß des Verkehrsunfalls und der voraussichtlichen Dauer der Verkehrsstörung. Auf den Autobahnen greifen die besonderen Regelungen des Staumanagements. Bei länger andauernden Störungen ist die zuständige Straßenverkehrsbehörde zu unterrichten.
2.1.3 Verkehrsunfallbefund
Ein Verkehrsunfallort ist ein Tatort.
Die Situation beim Eintreffen am Verkehrsunfallort ist insbesondere bei Verkehrsunfällen mit komplexer Spurenlage oder schweren Folgen zu dokumentieren. Spuren sind zu schützen. Es ist darauf zu achten, dass Veränderungen der Spurenlage möglichst verhindert werden; eine veränderte Spurenlage ist zu dokumentieren.
Die Daten der Personen, die als Beteiligte, sonstige Geschädigte oder Zeugen in Frage kommen, sind zu erheben.
Im Rahmen der Verkehrsunfallaufnahme sind objektive und subjektive Befunde zu gewinnen. Für den objektiven Befund werden Sachbeweise erhoben. Der subjektive Befund umfasst die Aussagen von Beteiligten und Zeugen sowie eigene Schlussfolgerungen. Beschuldigte, Betroffene und Zeugen sind zu belehren; dies ist aktenkundig zu machen.
Die Ergebnisse des objektiven und subjektiven Befundes sind zusammenzuführen und abzugleichen. Dadurch können sich auch Hinweise auf strafrechtlich oder strafprozessual relevante Sachverhalte, wie manipulierte Verkehrsunfälle, Kapitaldelikte oder Suizide ergeben. Hierüber ist unverzüglich die jeweils zuständige Fachdienststelle zu informieren.
Im Anschluss werden die Unfallursache, das Verkehrsdelikt und der Verursacher vorläufig bestimmt.
2.1.4 Weitere Maßnahmen
Die jeweils erforderlichen Maßnahmen zur Verkehrsunfallaufnahme sind in Anlage 2 dargestellt. Bei Verkehrsunfällen sind beweissichernde Fotos zu fertigen. Darauf kann verzichtet werden, wenn das Verfahren durch die Erhebung eines Verwarnungsgeldes abgeschlossen wird.
Den Beteiligten und sonstigen Geschädigten ist im Rahmen der Verkehrsunfallaufnahme eine Durchschrift der Unfallmitteilung (Anlage 3) mit der ausgefüllten Seite 1 (einschl. Handskizze) auszuhändigen. Ist dies vor Ort nicht möglich, ist in geeigneter Weise dafür Sorge zu tragen, dass Berechtigte diese erhalten. Auf Seite 2 ist die Eintragung weiterer unfallrelevanter Daten für interne Zwecke möglich. Bei Übernahme in die Unfallblattsammlung ist die Unfallmitteilung zu anonymisieren.
Nach Maßgabe der Anlage 2 sind Verkehrsunfallorte mittels eines technischen Verfahrens zu erfassen. Ist dies nicht möglich, ist eine bemaßte Skizze zu erstellen.
(Stand: 19.08.2020)
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