Regelwerk |
UVollzG - Berliner Untersuchungshaftvollzugsgesetz
Gesetz über den Vollzug der Untersuchungshaft in Berlin
- Berlin -
Vom 3. Dezember 2009
(GVBl. Nr. 30 vom 12.12.2009 S. 686; 21.06.2011 S. 287; 04.11.2016 S. 152 16; 14.09.2021 S. 1079 21)
Gl.-Nr.: 3216-4
Erster Abschnitt
Allgemeine Bestimmungen
§ 1 Anwendungsbereich
(1) Dieses Gesetz regelt den Vollzug der Untersuchungshaft.
(2) Es gilt entsprechend für den Vollzug der Haft nach § 127b Absatz 2, § 230 Absatz 2, § § 236, 329 Absatz 4 Satz 1, § 412 Satz 1 und § 453c der Strafprozessordnung sowie der einstweiligen Unterbringung nach § 275a Absatz 5 der Strafprozessordnung.
§ 2 Aufgabe des Untersuchungshaftvollzugs
Der Vollzug der Untersuchungshaft hat die Aufgabe, durch sichere Unterbringung der Untersuchungsgefangenen die Durchführung eines geordneten Strafverfahrens zu gewährleisten und der Gefahr weiterer Straftaten zu begegnen.
§ 3 Zuständigkeit und Zusammenarbeit 16
(1) Entscheidungen nach diesem Gesetz trifft die Justizvollzugsanstalt, in der die Untersuchungshaft vollzogen wird (Anstalt). Sie arbeitet eng mit Gericht und Staatsanwaltschaft zusammen, um die Aufgabe des Untersuchungshaftvollzugs zu erfüllen und die Sicherheit und Ordnung der Anstalt zu gewährleisten.
(2) Die Anstalt hat Anordnungen nach § 119 Absatz 1 der Strafprozessordnung zur Abwehr einer Flucht-, Verdunkelungs- oder Wiederholungsgefahr zu beachten und umzusetzen."
§ 4 Stellung der Untersuchungsgefangenen 16
(1) Die Untersuchungsgefangenen gelten als unschuldig. Sie sind so zu behandeln, dass der Anschein vermieden wird, sie würden zur Verbüßung einer Strafe festgehalten.
(2) Die Persönlichkeit der Untersuchungsgefangenen ist zu achten. Ihre Selbständigkeit im Vollzugsalltag ist soweit wie möglich zu erhalten und zu fördern.
(3) Die Untersuchungsgefangenen werden an der Gestaltung des Vollzugsalltags beteiligt. Vollzugliche Maßnahmen sind ihnen zu erläutern.
(4) Soweit das Gesetz eine besondere Regelung nicht enthält, dürfen den Untersuchungsgefangenen nur Beschränkungen auferlegt werden, die zur Aufrechterhaltung der Sicherheit, zur Abwehr einer schwerwiegenden Störung der Ordnung der Anstalt oder zur Umsetzung einer verfahrenssichernden Anordnung unerlässlich sind. Sie müssen in einem angemessenen Verhältnis zum Zweck der Anordnung stehen und dürfen die Untersuchungsgefangenen nicht mehr und nicht länger als notwendig beeinträchtigen.
(1) Das Leben im Vollzug ist den allgemeinen Lebensverhältnissen anzugleichen, soweit die Aufgabe des Untersuchungshaftvollzugs und die Erfordernisse eines geordneten Zusammenlebens in der Anstalt dies zulassen. Schädlichen Folgen des Freiheitsentzugs ist entgegenzuwirken. Ein besonderes Augenmerk ist auf die Verhütung von Selbsttötungen zu legen.
(2) Die unterschiedlichen Bedürfnisse der Untersuchungsgefangenen, insbesondere im Hinblick auf Geschlecht, Alter, Herkunft, Religion, Weltanschauung, Behinderung und sexuelle Identität werden bei der Vollzugsgestaltung im Allgemeinen und im Einzelfall berücksichtigt.
§ 6 Soziale Hilfe und Eigenverantwortung 16
(1) Die Untersuchungsgefangenen werden darin unterstützt, ihre persönlichen, wirtschaftlichen und sozialen Schwierigkeiten zu beheben. Sie sollen dazu angeregt und in die Lage versetzt werden, ihre Angelegenheiten eigenverantwortlich zu regeln.
(2) Die Anstalt arbeitet mit außervollzuglichen Einrichtungen und Organisationen sowie mit Personen und Vereinen, die soziale Hilfestellung leisten können, eng zusammen.
(3) Die Untersuchungsgefangenen sind, soweit erforderlich, über die notwendigen Maßnahmen zur Aufrechterhaltung ihrer sozialversicherungsrechtlichen Ansprüche zu beraten.
(4) Die Beratung soll die Benennung von Stellen und Einrichtungen außerhalb der Anstalt umfassen, die sich um eine Vermeidung der weiteren Untersuchungshaft bemühen. Auf Wunsch sind den Untersuchungsgefangenen Stellen und Einrichtungen zu benennen, die sie in ihrem Bestreben unterstützen können, einen Ausgleich mit den Verletzten der Straftat zu erreichen.
Zweiter Abschnitt
Vollzugsverlauf
(1) Mit den Untersuchungsgefangenen wird unverzüglich nach der Aufnahme ein Aufnahmegespräch geführt, in dem ihre gegenwärtige Lebenssituation erörtert wird und sie über ihre Rechte und Pflichten informiert werden. Sofern es für die sprachliche Verständigung mit den Untersuchungsgefangenen erforderlich ist, sind Sprachmittlerinnen oder Sprachmittler hinzuzuziehen. Den Untersuchungsgefangenen wird ein Exemplar der Hausordnung ausgehändigt oder in anderer Weise dauerhaft zugänglich gemacht. Dieses Gesetz, die von ihm in Bezug genommenen Gesetze sowie die zu seiner Ausführung erlassenen Rechtsverordnungen und Verwaltungsvorschriften sind den Untersuchungsgefangenen auf Verlangen zugänglich zu machen.
(2) Beim Aufnahmeverfahren dürfen andere Gefangene nicht zugegen sein.
(3) Die Untersuchungsgefangenen werden alsbald ärztlich untersucht.
(Stand: 28.08.2023)
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