umwelt-online: VV-KAG - Verwaltungsvorschriften des Ministeriums des Innern zum Kommunalabgabengesetz (Bbg) (2)
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6.14 Gebührenstaffelungen, Sondertarife

6.14.1 Eine Gebührenstaffelung aus sozialen Gründen ist ebenso wenig zulässig wie eine solche aus Gründen der Wirtschaftsförderung. Sozialtarife oder Sozialrabatte sind ausgeschlossen. Etwas anderes kann für sozialen Zwecken dienende Einrichtungen, wie zum Beispiel Kindergärten, gelten. Soziale Härten sind über eine entsprechende Anwendung der Abgabenordnung abzumildern. Die Kriterien für die Gewährung von Stundungen und die Niederschlagung oder den Erlass von Abgabenforderungen sollten in einer Dienstanweisung festgelegt werden.

6.14.2 Im Recht der leitungsgebundenen Anlagen (Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung) ist die Einführung einer Gebührendegression nur in sehr begrenzten Ausnahmefällen zulässig. Bei der Gebührendegression handelt es sich letztlich um einen Mengenrabatt, auf den ein Gebührenpflichtiger regelmäßig keinen Anspruch geltend machen kann. Starkverschmutzerzuschläge und Leichtverschmutzerabschläge sind zulässig. Gemäß § 59 Abs. 1 Nr. 5 BbgWG sollen die Träger der öffentlichen Wasserversorgung durch die entsprechende Gestaltung der Benutzungsbedingungen und Entgelte auf eine rationelle Nutzung des Wassers hinwirken. Diese Vorschrift beschränkt eine Gebührendegression auch in den zuvor bezeichneten Fällen auf Ausnahmesituationen. Dies gilt für die Erhebung von Abwassergebühren entsprechend.

6.14.3 Es ist zunächst die satzungsmäßige Definition und der Umfang der öffentlichen Einrichtung des Aufgabenträgers zu prüfen, da der § 6 selbst nicht bestimmt, was als öffentliche Einrichtung im Sinne dieser Vorschrift gilt. Der Abgabenerhebung für die Bereitstellung von öffentlichen Einrichtungen, also der Erhebung von Benutzungsgebühren nach den §§ 4 und 6, liegt grundsätzlich die als öffentliche Einrichtung definierte Einrichtung oder Anlage in ihrer Gesamtheit zugrunde; die Anlage bildet also in der Regel ein vollständiges System. Insoweit scheidet die Einrichtung von Sondertarifgebieten und die Bildung von Sondertarifen im Grundsatz aus. Etwas anderes kann sich aus den vom Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 16. September 1981 (BVerwG 8 C 48.81, NVwZ 1982, 622) aufgestellten Grundsätzen ergeben. Danach ist aus Gründen der Gleichbehandlung ein Gebührensplitting zwingend vorgeschrieben, wenn die in dem Urteil genannten Kriterien erfüllt sind.

Ein gesondertes Tarifgebiet mit gesonderten Benutzungsgebühren kann ansonsten nur dann eingerichtet werden, wenn dafür eine rechtlich eigenständige öffentliche Einrichtung beziehungsweise Anlage geschaffen wird. Diese müsste technisch in der Lage sein, den ihr zugedachten Zweck zu erfüllen. Da die vor dem einzelnen Grundstück verlegten Teilrohre der gemeindlichen Entwässerungsanlage ihre Aufgabe, das Grundstück von Schmutz- und Niederschlagswasser schadlos zu entsorgen, nur in ihrer Verbindung mit weiteren Entwässerungseinrichtungen erfüllen können, erfolgt die Entwässerung grundsätzlich durch die gesamte Anlage als ein geschlossenes System.

Das relativ weite Organisationsermessen des Aufgabenträgers hinsichtlich der Bestimmung der öffentlichen Einrichtung unterliegt dem strikten Willkürverbot. Insoweit kann der Aufgabenträger in Ausübung seines Organisationsermessens und unter Beachtung der vorstehenden Hinweise selbst regeln, ob er eine oder mehrere öffentliche Einrichtungen betreibt. Dabei kann er technisch selbständige Systeme auch rechtlich jeweils als selbständige Einrichtung behandeln mit der abgabenrechtlichen Folge, dass Gebühren für jede Anlage gesondert zu kalkulieren und satzungsrechtlich festzulegen sind (gilt im Übrigen auch für Beiträge nach § 8), während für eine rechtlich einheitliche öffentliche Einrichtung bei gleicher Leistung auch nur ein Gebührensatz gelten kann. Eine rechtliche Trennung einer technisch einheitlichen Einrichtung ist weitestgehend ausgeschlossen.

6.15 Für die Festsetzung von Vorauszahlungen bedarf es entsprechender Regelungen in der Benutzungsgebührensatzung. Nach § 6 Abs. 5 sind sowohl die Berechnungsgrundlage als auch die Fälligkeit der Vorauszahlungen in der Satzung festzulegen. Als Berechnungsgrundlage für die Festlegung der Vorauszahlungen kommen beispielsweise die Liefer- oder Leistungsmengen des Vorjahres oder auch des Vorvorjahres in Betracht. Daneben kann die Anwendung von Schätzwerten geregelt werden, wenn Erfahrungswerte aus Vorjahren nicht vorliegen. Die Fälligkeiten der Vorauszahlungen sollten mit einem kalendarischen Datum (zum Beispiel 15. Februar, 15. Mai, 15. August und 15. November eines Jahres) konkret benannt werden. Ein Fehlen des in Absatz 5 Satz 2 vorgegebenen Mindestinhalts soll nicht dazu führen, dass die Abgabensatzung insgesamt unwirksam wird (daher keine Verknüpfung mit § 2 Abs. 1 Satz 2). Der Abgabengläubiger ist lediglich daran gehindert, Vorauszahlungen auf die voraussichtliche Gebührenschuld zu erheben.

6.16 Anlagenachweise

6.16.1 Die Berechnung der kalkulatorischen Abschreibungen (siehe Nummer 6.6 ) und der kalkulatorischen Verzinsung (siehe Nummer 6.7

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