Regelwerk

Verfahrensordnung des Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte

Vom 4. November 1998
(BGBl. II Nr. 18 vom 27. Mai 2002 S. 1081)


Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte - gestützt auf die Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten und deren Protokolle - erlässt die folgende Verfahrensordnung:

Artikel 1 Begriffsbestimmungen

Für die Zwecke dieser Verfahrensordnung bezeichnet, wenn sich aus dem Zusammenhang nichts anderes ergibt,

  1. "Konvention" die Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten und deren Protokolle;
  2. "Plenum" den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Plenarsitzung;
  3. "Große Kammer" die Große Kammer mit 17 Richtern, die nach Artikel 27 Absatz 1 der Konvention gebildet wird;
  4. "Sektion" eine Kammer, die vom Plenum nach Artikel 26 Buchstabe b der Konvention für einen bestimmten Zeitraum gebildet wird, und "Sektionspräsident" den Richter, der vom Plenum nach Artikel 26 Buchstabe c der Konvention zum Präsidenten dieser Sektion gewählt wird;
  5. "Kammer" eine Kammer mit sieben Richtern, die nach Artikel 27 Absatz 1 der Konvention gebildet wird, und "Kammerpräsident" den Richter, der in einer solchen "Kammer" den Vorsitz führt
  6. "Komitee" einen Ausschuss mit drei Richtern, der nach Artikel 27 Absatz 1 der Konvention gebildet wird;
  7. "Gerichtshof" gleichermaßen das Plenum, die Große Kammer, eine Sektion, eine Kammer, ein Komitee oder den in Artikel 43 Absatz 2 der Konvention erwähnten Ausschuss von fünf Richtern;
  8. "Richter ad hoc" jede Person, die nicht gewählter Richter ist und die von einer Vertragspartei nach Artikel 27 Absatz 2 der Konvention als Mitglied der Großen Kammer oder einer Kammer benannt wird;
  9. "Richter" die Richter, die von der Parlamentarischen Versammlung des Europarats gewählt werden, und die Richter ad hoc;
  10. "Berichterstatter" einen Richter, der mit den in Artikel 48 und 49 vorgesehenen Aufgaben betraut ist;
  11. "Kanzler" je nach Zusammenhang den Kanzler des Gerichtshofs oder den Kanzler einer Sektion;
  12. "Partei" und "Parteien"
    - die klagenden oder beklagten Vertragsparteien;
    - den Beschwerdeführer (natürliche Person, nichtstaatliche Organisation oder Personengruppe), der den Gerichtshof nach Artikel 34 der Konvention anruft;
  13. "Drittbeteiligter" jeden Vertragsstaat oder jede betroffene Person, die nach Artikel 36 Absätze 1 und 2 der Konvention von ihrem Recht Gebrauch machen oder denen Gelegenheit gegeben wird, schriftlich Stellung zu nehmen oder an einer mündlichen Verhandlung teilzunehmen;
  14. "Ministerkomitee" das Ministerkomitee des Europarats;
  15. "früherer Gerichtshof" und "Kommission" den Europäischen Gerichtshof und die Europäische Kommission für Menschenrechte nach dem früheren Artikel 19 der Konvention.

Titel I
Organisation und Arbeitsweise des Gerichtshofs

Kapitel I
Die Richter

Artikel 2 Berechnung der Amtszeit

(1) Die Amtszeit eines gewählten Richters wird vom Zeitpunkt seiner Wahl an gerechnet. Wird jedoch ein Richter nach Ablauf seiner Amtszeit wiedergewählt oder wird er an Stelle eines Richters gewählt, dessen Amtszeit abgelaufen ist oder abläuft, so wird seine Amtszeit vom Zeitpunkt des Ablaufs der betreffenden Amtszeit an gerechnet.

(2) Wird ein Richter an Stelle eines Richters gewählt, dessen Amtszeit noch nicht abgelaufen ist, so übt er sein Amt nach Artikel 23 Absatz 5 der Konvention für die restliche Amtszeit seines Vorgängers aus.

(3) Ein gewählter Richter bleibt nach Artikel 23 Absatz 7 der Konvention im Amt, bis sein Nachfolger den Eid geleistet oder die Erklärung abgegeben hat, die in Artikel 3 dieser Verfahrensordnung vorgesehen sind.

Artikel 3 Eid oder feierliche Erklärung

(1) Jeder gewählte Richter hat vor Aufnahme seiner Tätigkeit in der ersten Sitzung des Plenums, an der er nach seiner Wahl teilnimmt, oder nötigenfalls vor dem Präsidenten des Gerichtshofs folgenden Eid zu leisten oder folgende feierliche Erklärung abzugeben:

"Ich schwöre," - oder "Ich erkläre feierlich ", - "dass ich mein Amt als Richter ehrenhaft, unabhängig und unparteiisch ausüben und das Beratungsgeheimnis wahren werde."

(2) Hierüber wird ein Protokoll aufgenommen.

Artikel 4 Unvereinbarkeit

Nach Artikel 21 Absatz 3 der Konvention dürfen die Richter während ihrer Amtszeit keine politische, administrative oder berufliche Tätigkeit ausüben, die mit ihrer Unabhängigkeit und Unparteilichkeit oder mit den Erfordernissen der Vollzeitbeschäftigung in diesem Amt unvereinbar ist. Jeder Richter hat dem Präsidenten des Gerichtshofs jede Nebentätigkeit anzuzeigen. Bei Meinungsverschiedenheit zwischen dem Präsidenten und dem betroffenen Richter entscheidet das Plenum alle sich stellenden Fragen.

Artikel 5 Rangordnung

(1) Die gewählten Richter folgen im Rang dem Präsidenten und den Vizepräsidenten des Gerichtshofs sowie den Sektionspräsidenten; untereinander bestimmt sich ihr Rang nach dem Tag ihrer Wahl; im Fall der Wiederwahl, auch wenn diese nicht unmittelbar erfolgt, wird die Dauer der früheren Amtsausübung als gewählter Richter berücksichtigt.

(2) Der Rang der Vizepräsidenten des Gerichtshofs, die am selben Tag in dieses Amt gewählt werden, richtet sich nach der Dauer ihrer Amtsausübung als Richter. Bei gleicher Dauer bestimmt sich ihr Rang nach dem Lebensalter. Die gleiche Regelung gilt für die Sektionspräsidenten.

(3) Der Rang der am selben Tag gewählten Richter richtet sich nach ihrem Lebensalter.

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