A. Zielsetzung
- Im Rahmen der Richtlinie 96/48/EG über die Interoperabilität des Transeuropäischen Hochgeschwindigkeitsbahnsystems und der Richtlinie 2001/16/EG über die Interoperabilität des konventionellen Transeuropäischen Eisenbahnsystems, deren Umsetzung in der Verordnung des Bundes über die Interoperabilität des Transeuropäischen Eisenbahnsystems TEIV) zusammen gefasst wurde, werden sukzessive materielle Mindestanforderungen an Eisenbahnmaterial in "technischen Spezifikationen für die Interoperabilität (TSI)" definiert.
- Eine solche TSI stellt die TSI-Lärm dar, in der Lärmgrenzwerte für neu zuzulassende und umgebaute Fahrzeuge verbindlich festgelegt sind. Für Bestandsfahrzeuge gibt es hingegen bisher keine Festlegung in der TSI-Lärm.
- Gleichwohl unterstützt die Europäische Kommission das Ziel, eine Lösung des drängender werdenden Lärmproblems, insbesondere an stark befahrenen Eisenbahnstrecken des Transeuropäischen Netzes, durch die Umrüstung von Bestandsfahrzeugen auf Verbundstoff-Bremssohlen zu erreichen. Da jedoch das Lärmproblem nicht in allen Mitgliedstaaten gleichermaßen vorrangig ist wie in Deutschland, ist offen, ob und wann eine solche Vorschrift in der TSI-Lärm eingeführt wird, Der Schutz von Leben und Gesundheit der betroffenen Anwohner erfordert daher nationale ordnungspolitische Maßnahmen, die dem Anspruch der Diskriminierungsfreiheit im Schienenverkehr gemäß § 14 AEG gerecht werden müssen.
- Eine Rechtsgrundlage für eine entsprechende nationale Rechtsverordnung mit dem Ziel, wirtschaftliche Anreize für die Umrüstung von Bestandsgüterwagen zu schaffen enthält § 26 Abs. 1 Nr. 6 und 7 AEG und - betreffend Fahrzeugeigenschaften - § 26 Abs. 1 Nr. 1 AEG. Diese Verordnungen der Bundesregierung bedürfen nach Art. 80 Abs. 2 GG der Zustimmung des Bundesrates.
B. Lösung
- Erlass einer entsprechenden Verordnung zur Änderung der EIBV mit dem Ziel, durch Einführung eines Abschlags bei den Trassenpreisen einen Anreiz zur Umrüstung von Bestandsfahrzeugen auf eine Technik zu schaffen, mit der die Lärmgrenzwerte der TSI-Lärm eingehalten werden.
C. Alternativen
- Keine
D. Finanzielle Auswirkungen
- Für Bund, Länder und Gemeinden entstehen keine finanziellen Aufwendungen.
E. Sonstige Kosten
- Durch die Einführung eines lärmabhängigen Trassenpreissystems, das als zentrales Kriterium die Einhaltung der Lärmgrenzwerte der europäischen TSI-Lärm auch durch Bestandsgüterwagen und Lokomotiven beinhaltet, wird der Sektor zur Umrüstung der Bestandsgüterwagen auf Verbundstoffbremssohlen und zum Einsatz leiserer Lokomotiven veranlasst. Dabei können beispielsweise im Falle der Verwendung von K-Sohlen Kosten in Höhe von rund 5.000 Euro je Fahrzeug entstehen. Im Falle der Verwendung von so genannten LL-Sohlen würden voraussichtlich keine nennenswerten zusätzlichen Kosten entstehen, weil diese Bremssohlen im Rahmen des auch sonst im Rahmen der Wartung von Güterwagen erforderlichen Austausches von Bremssohlen eingebaut werden können. Diese Sohlen verfügen allerdings beim derzeitigen Stand noch nicht über eine uneingeschränkte Zulassung.
- Auswirkungen auf die Einzelpreise sowie das Preisniveau, insbesondere das Verbraucherpreisniveau, sind nicht zu erwarten.
- Da die neuen Typen von Sohlen im Unterschied zur Graugusssohle beträchtlich weniger zur Aufrauhung der Gleise beitragen, wird der Aufwand für die Gleispflege aus Gründen der Sicherheit und des Lärmschutzes dauerhaft reduziert. Den Kosten der Umrüstung der Bestandsgüterwagen steht ferner ein Nutzen durch langfristig vermiedene Investitionen in Lärmschutzanlagen und ein grundsätzlich auch monetär bewertbarer Nutzen durch die geringere Lärmbelastung, z.B. durch Senkung der Ausgaben für die Gesundheit oder duch die Steigerung des Wohnwertes gegenüber.
F. Bürokratiekosten
- Informationspflichten für Bürger und die Verwaltung werden nicht eingeführt, geändert oder aufgehoben.
Verordnungsantrag des Landes Rheinland-Pfalz
Entwurf einer ... Verordnung zur Änderung der Eisenbahninfrastruktur-Benutzungsverordnung (EIBV)
Der Ministerpräsident des Landes Rheinland-Pfalz Mainz, den 17. November 2009
An den
Präsidenten des Bundesrates
Herrn Bürgermeister Jens Böhrnsen
Präsident des Senats der Freien Hansestadt Bremen
Sehr geehrter Herr Präsident,
die Landesregierung von Rheinland-Pfalz hat beschlossen, dem Bundesrat den als Anlage mit Vorblatt und Begründung beigefügten
- Entwurf einer ... Verordnung zur Änderung der Eisenbahninfrastruktur-Benutzungsverordnung (EIBV)
mit dem Antrag zu unterbreiten, die Vorlage der Bundesregierung gemäß Artikel 80 Absatz 3 Grundgesetz für den Erlass der Verordnung zuzuleiten.
Ich bitte Sie, die Vorlage gemäß § 36 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Bundesrates auf die Tagesordnung der 864. Sitzung des Bundesrates am 27. November 2009 zu setzen und anschließend den Ausschüssen zur Beratung zuzuleiten.
Mit freundlichen Grüßen
Kurt Beck
Entwurf einer ... Verordnung zur Änderung der Eisenbahninfrastruktur-Benutzungsverordnung (EIBV)
Vom ...
Auf Grund des § 26 Abs. 1 Satz 1 Nummer 7 des Allgemeinen Eisenbahngesetzes vom 27. Dezember 1993 (BGBl. I S. 2378, 2396; 1994 I S. 2439), zuletzt geändert durch Artikel 4 Abs. 19 des Gesetzes vom 29. Juli 2009 (BGBl. I S. 2258), verordnet das Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Stadtentwicklung im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen und dem Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie:
Artikel 1
Änderung der Eisenbahninfrastruktur-Benutzungsverordnung
- Die Eisenbahninfrastruktur-Benutzungsverordnung vom 3. Juni 2005 (BGBl. I S. 1566), geändert durch Artikel 1 der Verordnung vom 3. Juni 2009 (BGBl. I 1235) wird wie folgt geändert:
§ 21 wird wie folgt geändert:
Abs. 2 wird durch folgenden neuen Absatz 2 ersetzt:
- (2) Spätestens ab dem 1. Januar 2015 wird für Güterzüge mit Fahrzeugen, die hinsichtlich ihrer Lärmkennwerte den Vorschriften der Entscheidung der Kommission vom 23. Dezember 2005 über die Technische Spezifikation für die Interoperabilität (TSI) zum Teilsystem "Fahrzeuge - Lärm" des konventionellen transeuropäischen Bahnsystems (TSI-Lärm) für neue Schienenfahrzeuge entsprechen, ein Trassenpreisabschlag gewährt. Dieser beträgt pro Güterwagen 0,03 Euro und pro Lokomotive 0,30 Euro für jeden Kilometer, der von diesen Fahrzeugen planmäßig zurückgelegt wird, Der Abschlag wird von dem Eisenbahninfrastrukturunternehmen auf Antrag dem die Trasse nutzenden Eisenbahnverkehrsunternehmen vergütet. Dieses leitet ihn nach Abzug der eigenen Verwaltungskosten an den Halter des Fahrzeugs weiter. Die Nachweisführung zu den Kennwerten und zu der Laufleistung obliegt dem Halter des Fahrzeugs. Die Höhe des Gesamterlöses des Betreibers der Schienenwege darf durch die Gewährung des Trassenpreisabschlags nicht verändert werden.
Artikel 2
Inkrafttreten
- Die Vorschrift regelt das Inkrafttreten.
Begründung
A. Allgemeines
Neue Eisenbahnfahrzeuge werden nur noch zugelassen, wenn bei ihrem Betrieb die Grenzwerte der europäischen TSI-Lärm nicht überschritten werden. Der derzeitige Stand der Technik ermöglicht die Einhaltung dieser Grenzwerte problemlos. Ebenso problemlos und unter Beachtung der Verhältnismäßigkeit wäre die Umrüstung auch der Bestandsgüterwagen auf Verbundstoff-Bremssohlen, mit denen die Grenzwerte dann ebenfalls eingehalten werden könnten. In der Schweiz wurde mittlerweile ein großer Teil des Parks an Bestandsgüterwagen auf lärmarme Bremsen umgerüstet, die das Geräuschverhalten des Systems Schiene-Rad nicht nur während des Bremsvorganges selbst, sondern während des gesamten Fahrbetriebes maßgeblich verbessern. Die Lärmemissionen lassen sich so gegenüber den konventionellen Grauguss-Bremssohlen nahezu halbieren. Die Reisezugwagen stellen hingegen kein Problem mehr dar, da es nur noch wenige Wagen mit Graugussbremssohlen gibt.
B. Zu den einzelnen Bestimmungen
Zu Artikel 1
§ 21 Absatz 2
Durch die Einführung eines lärmabhängigen Trassenpreissystems für Güterzüge in Form von Abschlägen für leise Fahrzeuge wird für den Bahnsektor ein Anreiz geschaffen, die in Deutschland eingesetzten Bestandsgüterwagen umzurüsten oder durch neue Güterwagen zu ersetzen.
Nach Angaben der Branche wird für die Umrüstung des Bestandswagenparks ein Zeitraum von rund 10 Jahren benötigt. Um die Anreizwirkung rasch aufzubauen soll der Einsatz leiser Güterwagen spätestens ab dem Jahr 2015 mit einem deutlichen Preisnachlass honoriert werden. Die Eisenbahnverkehrsunternehmen und Wagenhalter sollen auch früher in den Genuss des Abschlags kommen können, wenn die organisatorischen und technischen Voraussetzungen dafür früher geschaffen werden können.
Spätestens bis 2015 können und müssen die Voraussetzungen zur Erfassung und Durchführung geschaffen werden. Ein einfaches System - wie in der Schweiz beispielsweise durch Selbstdeklaration - wäre dabei zu bevorzugen.
Nach Untersuchungen des Internationalen Eisenbahnverbandes UIC aus dem Jahr 2007 kann von einer mittleren jährlichen Laufleistung der in Deutschland eingesetzten Güterwagen von rund 40.000 Kilometern ausgegangen werden.
Wenn weiter angenommen wird, dass ein ausreichender Anreiz für eine Umrüstentscheidung dann gegeben ist, wenn sich die Investition in einem Zeitraum von 5 Jahren amortisiert, muss bei geschätzten Kosten für die Umrüstung auf K-Sohlen in Höhe von 5.000 Euro pro Güterwagen ein Abschlag in Höhe von 2,5 Eurocent pro Kilometer eingeführt werden. Bei geschätzten Verwaltungskosten in Höhe von 0,5 Eurocent pro Kilometer ergibt sich ein erforderlicher Trassenpreisabschlag für leise Güterwagen von 0,03 Euro pro Kilometer.
Der Abschlagsanspruch besteht für die Eisenbahnverkehrsunternehmen, die beim Infrastrukturbetreiber einen Antrag stellen müssen und ihrerseits die Abschläge nach Abzug der eigenen Verwaltungskosten an die Wagenhalter weiterreichen.
Der Bezug des lärmabhängigen Trassenpreissystems auf die Laufleistung bezweckt dass der Anreiz zur Umrüstung vor allem beim häufig eingesetzten Material hoch ist. Damit ist die Regelung hinsichtlich der beabsichtigten Lärmminderung besonders zweckmäßig und gleichzeitig für den Betreiber effizient.
Zu Artikel 2
Die Vorschrift regelt das Inkrafttreten.