Der Bundesrat hat in seiner 827. Sitzung am 3. November 2006 beschlossen, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Abs. 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:
1. Zu § 1 Abs. 2 Nr. 4 - neu - EMVG
In § 1 Abs. 2 ist nach Nummer 3 der Punkt durch ein Komma zu ersetzen und folgende Nummer 4 anzufügen:
- 4. Vorschriften, die auf Grund anderer Rechtsvorschriften der Europäischen Union als der Richtlinie 2004/108/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 15. Dezember 2004 erlassen wurden.
Begründung:
Notwendige Klarstellung.
Der vorliegende Gesetzentwurf soll lediglich die Anwendungsfälle der Richtlinie 2004/108/EG regeln. Für verschiedene Bereiche gibt es spezielle EU-Richtlinien, z.B. für den Kraftfahrzeugbereich die Richtlinie 2004/104/EG in der Fassung 2006/28/EG. Dieser Bereich soll mit der Gesetzesvorlage nicht geregelt werden. Auf Grund der bisherigen Fassung des Gesetzentwurfs entsteht der Eindruck, dass alle nicht ausgeschlossenen Bereiche erfasst werden. Dies würde zu Doppelregelungen und damit zu einer erheblichen Rechtsunsicherheit führen.
Der bloße Hinweis durch die einleitende Fußnote ist nicht ausreichend. Der Gesetzestext selbst sollte entsprechend ergänzt werden.
2. Zu § 6 Abs. 1, § 20 Abs. 1 Nr. 1 EMVG
Der Bundesrat bittet, im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens der Bußgeldnorm des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EMVG-E in Verbindung mit der korrespondierenden Verbotsvorschrift des § 6 Abs. 1 EMVG-E eine Fassung zu geben, die dem Gebot der Normenklarheit entspricht.
Begründung:
§ 20 Abs. 1 Nr. 1 EMVG-E bewehrt pauschal Verstöße gegen § 6 Abs. 1 EMVG-E mit Geldbuße. § 6 Abs. 1 EMVG-E enthält jedoch differenzierte Verbote in Bezug auf Betriebsmittel (Satz 1) und Geräte (Satz 2). Nach der vorgeschlagenen Fassung kann es sein, dass der Entwurf neben § 6 Abs. 1 Satz 2 EMVG-E auch einen Ausschnitt aus § 6 Abs. 1 Satz 1 EMVG-E ("Gerät" als Unterfall des "Betriebsmittels", vgl. § 3 Nr. 1 EMVG-E) mit Geldbuße bewehren will. Denkbar ist demgegenüber auch, dass eine Bußgeldandrohung für das Inverkehrbringen, Weitergeben und Inbetriebnehmen von Betriebsmitteln versehentlich unterlassen wurde.
Außerdem soll die Bußgeldbewehrung lediglich das gewerbsmäßige Weitergeben erfassen. Wird nur insoweit eine Sanktionierungsmöglichkeit gewollt, so sollte die Verbotsnorm des § 6 Abs. 1 Satz 1 EMVG-E entsprechend gefasst werden.
3. Zu § 14 Abs. 7 bis 11 EMVG
Der Bundesrat bittet, im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens zu prüfen, ob die Regelungen zum Abhören des Inhalts von Aussendungen und die Regelungen zur Übermittlung von Daten an die Strafverfolgungs- oder Polizeivollzugsbehörden dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 27. Juli 2005 - 1 BvR 668/04 - Rechnung tragen.
Begründung:
Nach der Entwurfsbegründung zu § 14 Abs. 7 bis 11 EMVG-E soll mit diesen Neuregelungen dem Handlungsbedarf nachgekommen werden, der sich aus dem zitierten Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 113, 348) ergibt. Es erscheint jedoch fraglich, ob die Neuregelungen den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügen.
§ 14 Abs. 7 Satz 1 EMVG-E soll unter bestimmten Voraussetzungen das Abhören des Inhalts von Aussendungen - auch wenn sie dem Fernmeldegeheimnis unterliegen - ermöglichen, wenn auf Grund einer elektromagnetischen Störung bestimmte Rechtsgüter konkret gefährdet werden. Zwar sollen die zu kennzeichnenden Daten grundsätzlich nur zur Ermittlung und Unterbindung der Störung verwendet werden dürfen. Es drohen jedoch auch bei Abhörvorgängen mit dieser Zielsetzung Eingriffe in den nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts absolut geschützten Kernbereich privater Lebensführung, so dass insoweit gesetzliche Schutzvorkehrungen als erforderlich anzusehen sein dürften (vgl. BVerfG, a.a.O., Rnr. 160 ff.). Diese fehlen im Gesetzentwurf. Im Hinblick auf den grundsätzlich beschränkten Verwendungszweck (technische Störungsbeseitigung) könnte zwar argumentiert werden, dass das Fehlen von Schutzvorkehrungen vertretbar sei, weil die Zielrichtung des Abhörens insoweit nicht auf die Teilhabe an den Kommunikationsinhalten gerichtet ist, sondern auf das bloße "Aufspüren" der technischen Störquelle. Allerdings können sich auch insoweit mittelbare Eingriffe in den insbesondere im Rahmen des Fernmeldegeheimnisses absolut geschützten Kernbereich privater Lebensgestaltung ergeben.
Verfassungsrechtlich nicht unproblematisch erscheinen auch die Regelungen in § 14 Abs. 8 Satz 3 bis 5 EMVG-E. Hier ist vorgesehen, dass zum einen eine Datenübermittlung an die Strafverfolgungsbehörde erfolgen kann, wenn dies zur Verfolgung einer in § 100a StPO genannten Straftat erforderlich ist und zum anderen eine Übermittlung an Polizeivollzugsbehörden vorgenommen werden kann, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass die Kenntnis der Daten zur Abwehr einer Gefahr für bestimmte hochrangige Schutzgüter erforderlich ist. Sachlich geht es also um die Verwendung von "Zufallsfunden", die sich beim Abhören zur Beseitigung einer technischen Störung ergeben haben, für repressivstrafverfolgende oder präventivpolizeiliche Zwecke. Kennzeichnend ist, dass die Bundesnetzagentur eine Erstauswertung der gewonnenen Daten im Hinblick auf die Frage wird vornehmen müssen, ob überhaupt ein Übermittlungstatbestand vorliegt. Weder vor der Übermittlung der Zufallsfunde an die Strafverfolgungs- oder Polizeibehörden noch vor der Abhörmaßnahme als solcher sieht der Gesetzentwurf einen richterlichen Beschluss vor, der hingegen bei originärer Gewinnung der Daten durch die Strafverfolgungs- oder Polizeibehörden erforderlich wäre. Zudem sind auch für die Übermittlungsentscheidung der Bundesnetzagentur keine gesetzlichen Schutzvorkehrungen hinsichtlich des absolut geschützten Kernbereichs privater Lebensgestaltung vorgesehen.