A. Problem
Die Einführung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes für Beherbergungsleistungen zum 1. Januar 2010 durch das Gesetz zur Beschleunigung des Wirtschaftswachstums (Wachstumsbeschleunigungsgesetz) vom 22.12.2009 (BGBl. I S. 3950) war sachlich nicht gerechtfertigt, führt zu Steuerausfällen für die öffentlichen Haushalte und hat das Umsatzsteuerrecht weiter verkompliziert.
B. Lösung
Der ermäßigte Umsatzsteuersatz für Beherbergungsleistungen wird wieder abgeschafft.
C. Alternativen
Keine
D. Finanzielle Auswirkungen
2013 | 2014 | |
Bund | 512 Mio. € | 515 Mio. € |
Länder | 429 Mio. € | 431 Mio. € |
Gemeinden | 19 Mio. € | 19 Mio. € |
insgesamt | 960 Mio. € | 965 Mio. € |
E. Sonstige Kosten
Unmittelbare Auswirkungen durch den vorliegenden Gesetzentwurf auf das Preisniveau sind nicht zu erwarten.
Gesetzesantrag des Landes Schleswig Holstein
Entwurf eines Gesetzes zur Abschaffung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes für Beherbergungsleistungen
Der Ministerpräsident des Landes Schleswig-Holstein
Kiel, den 21. August 2012
An den Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Horst Seehofer
Sehr geehrter Herr Präsident,
die schleswigholsteinische Landesregierung hat in ihrer Sitzung am 21. August 2012 beschlossen, dem Bundesrat den als Anlage mit Begründung beigefügten Entwurf eines Gesetzes zur Abschaffung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes für Beherbergungsleistungen mit der Bitte zuzuleiten, die Einbringung beim Deutschen Bundestag gemäß Artikel 76 Absatz 1 Grundgesetz zu beschließen.
Ich bitte, den Gesetzentwurf gemäß § 36 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Bundesrates auf die Tagesordnung der Sitzung am 21. September 2012 zu setzen und ihn anschließend den Ausschüssen zuzuweisen.
Mit freundlichen Grüßen
Torsten Albig
Entwurf eines Gesetzes zur Abschaffung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes für Beherbergungsleistungen
Vom ...
Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates das folgende Gesetz beschlossen:
Artikel 1
Änderung des Umsatzsteuergesetzes
§ 12 des Umsatzsteuergesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 21. Februar 2005 (BGBl. I S. 386), das zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 8. Mai 2012 (BGBl. I S. 1030) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:
In Absatz 2 wird Nummer 11 gestrichen.
Artikel 2
Inkrafttreten
Dieses Gesetz tritt am 1. Januar 2013 in Kraft.
Begründung:
Die Regierungsfraktionen im Deutschen Bundestag haben die am 1. Januar 2010 in Kraft getretene Steuerermäßigung für Beherbergungsleistungen damit begründet, dass mit dieser Maßnahme der aktuellen europäischen Wettbewerbssituation des Hotel- und Gaststättengewerbes Rechnung getragen werde; die Schlechterstellung der deutschen Unternehmen gegenüber den ausländischen Konkurrenten müsse beseitigt werden (BT-Drs. 17/147 S. 6).
Die Höhe des Umsatzsteuersatzes für Beherbergungsleistungen besitzt jedoch für den internationalen touristischen Wettbewerb nur eine sehr geringe Relevanz. Touristen suchen sich ihr Urlaubsland nicht durch Vergleich von Hotel-, Ferienwohnungs- oder Campingplatzpreisen in verschiedenen EU-Mitgliedstaaten aus, sondern entscheiden sich für ein Urlaubsziel und suchen dort ein Angebot in dem für sie akzeptablen Preisrahmen. Zwar mag bei der Entscheidung für den Urlaubsort das allgemein niedrigere Preisniveau in manchen Urlaubsländern - etwa in Osteuropa - eine Rolle spielen; dieser Unterschied kann aber durch den ermäßigten Umsatzsteuersatz auf Übernachtungen bei Weitem nicht ausgeglichen werden. Geschäftsreisende können sich den Mitgliedstaat, in dem sie übernachten, ohnehin nicht aussuchen. Daher konkurriert der Hotelier in Berlin nicht mit den Hoteliers in Paris oder London, sondern mit den anderen Hoteliers im Raum Berlin, so dass die Höhe des nationalen Umsatzsteuersatzes für seine Wettbewerbsfähigkeit keine Bedeutung hat. Allenfalls im grenznahen Raum könnte der Umsatzsteuersatz zum Wettbewerbsfaktor werden, wenn mehrere Hotels mit vergleichbarem Leistungsniveau in unmittelbarer Nähe beiderseits der Grenze liegen.
Dementsprechend hat der EuGH im Urteil vom 03. März 2011 - C-41/09 - darauf hingewiesen, dass der Katalog der Leistungen, die nach der Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie ermäßigt besteuert werden dürfen, nur solche Leistungen enthält, bei denen der Unionsgesetzgeber keine oder nur eine geringe Gefahr einer Wettbewerbsverzerrung befürchtete (Rz. 52).
Eine Steuerbegünstigung im Volumen von ca. 1 Mrd. € jährlich, deren Rechtfertigung nur auf wenige Ausnahmefälle zutrifft, ist mit einer verantwortungsbewussten Haushaltspolitik nicht vereinbar.
Die Umsatzsteuerermäßigung ist kein geeigneter Weg zur Förderung von Investitionen im Gastgewerbe. Insoweit muss auf andere bestehende Instrumente zurückgegriffen werden. Die Bundesregierung wird aufgefordert, die zu erwartenden Mehreinnahmen in diesem Sinne zu verwenden und hierfür ein zielgenaues Instrumentarium zur Unterstützung kleiner und mittlerer touristischer Unternehmen zu entwickeln, um den in diesem Bereich bestehenden Modernisierungs- und Investitionsstau zu beseitigen.
Die Begünstigung ist auch auf heftige ökonomische Kritik gestoßen. So bezeichnete der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung die Ausdehnung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes auf Beherbergungsleistungen in seinem Jahresgutachten 2009/10 als "ganz und gar unverständlich" und als "Bedienung von Partikularinteressen" (Rz. 298).
Im Übrigen dient die Abschaffung der Begünstigung dem Bürokratieabbau, da die Aufteilung zwischen begünstigter Beherbergungsleistung und nicht begünstigten Leistungen (insbesondere Verpflegung) entbehrlich wird.
Durch das Inkrafttreten des Gesetzes am 1. Januar 2013 unterliegen die ab diesem Termin ausgeführten Beherbergungsumsätze wieder dem Regelsteuersatz (§ 27 Abs. 1 Satz 1 UStG). Der Steuersatzwechsel zum Beginn eines Kalenderjahres ist für die Unternehmer buchführungstechnisch am einfachsten zu bewerkstelligen.