Antrag des Landes Baden-Württemberg
Entschließung des Bundesrates - Bund muss Rahmen für Nachrüstung zur Reduktion der Stickoxidbelastung setzen

Staatsministerium Baden-Württemberg
Stuttgart, 24. Mai 2017
Staatsminister und Chef der Staatskanzlei

An die Präsidentin des Bundesrates
Frau Ministerpräsidentin
Malu Dreyer

Sehr geehrte Frau Präsidentin,
die Landesregierung von Baden-Württemberg hat beschlossen, dem Bundesrat die als Anlage beigefügte "Entschließung des Bundesrates - Bund muss Rahmen für Nachrüstung zur Reduktion der Stickoxidbelastung setzen" zuzuleiten.

Ich bitte Sie, die Vorlage gemäß § 36 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Bundesrates in die Tagesordnung der 958. Sitzung des Bundesrates am 2. Juni 2017 aufzunehmen.

Mit freundlichen Grüßen
Klaus-Peter Murawski

Entschließung des Bundesrates - Bund muss Rahmen für Nachrüstung zur Reduktion der Stickoxidbelastung setzen

Begründung:

Der dringende Handlungsbedarf zur Verbesserung der Luftqualität wird durch die mit Gründen versehene Stellungnahme der Europäischen Kommission zum EU-Vertragsverletzungsverfahren 2015/2073 vom 15. Februar 2017 wegen der Überschreitung der NO₂-Grenzwerte und des beim Verwaltungsgericht Stuttgart anhängigen Gerichtsverfahrens gegen das Land Baden-Württemberg zur Fortschreibung des Luftreinhalteplans Stuttgart unterstrichen. Die NO₂-Überschreitungen sind aber keineswegs nur ein Problem Baden-Württembergs. Auch andere Städte in der Bundesrepublik, wie etwa Düsseldorf, Kiel, Hamburg, Darmstadt oder München, sind ebenfalls von Grenzwertüberschreitungen betroffen. Verkehrsbeschränkungen sind auch in anderen Städten möglicherweise nicht mehr länger auszuschließen.

Die Überschreitungen in Deutschland fallen unterschiedlich hoch aus. Auf Basis der Daten des Jahres 2015 weisen über 40 Prozent der Verkehrsmessstationen keine Überschreitungen aus. In der Mehrheit der kritischen Stationen (rund 2/3) gibt es nur eine vergleichsweise geringfügige Abweichung von den Immissionsgrenzwerten. Deshalb sollten Bund, Länder und Gemeinden ein gemeinsames Interesse haben, Bevölkerung und Autofahrer nicht unnötig zu beunruhigen. Die mit diesem Antrag vorgeschlagenen Maßnahmenpakete sind vor allem wichtig für die schnelle Einhaltung der Luftqualitätsvorgaben an bestimmten stark befahrenen Straßen.

In 12 Bundesländern gab es im Jahr 2016 Überschreitungen des Grenzwertes für NO₂-Imissionen im Jahresmittel (vgl. vorläufige Auswertung des UBA "Luftqualität 2016", Reihe Hintergrundpapier UBA, Berlin 1/2017 https://www.umweltbundesamt.de/publikationen/luftqualitaet-2016).

Die bisher ergriffenen Maßnahmen haben zwar zu Verbesserungen der Feinstaub PM10-Belastungen geführt, jedoch halten die zum Teil deutlichen Überschreitungen der Grenzwerte für Stickstoffdioxid weiterhin an. Weitere Maßnahmen sind daher notwendig, die bei der Hauptquelle der Belastungen, dem Straßenverkehr, ansetzen müssen.

Die Verkehrsministerkonferenz der Länder am 27./28. April 2017 hat, ebenso wie die Umweltministerkonferenz der Länder vom 5. Mai 2017, von der Bundesregierung ein Konzept für die Dieselnachrüstung gefordert.

Auch für die Kundinnen und Kunden wäre die Möglichkeit der Nachrüstung von Euro 5-Dieselfahrzeugen durch technische Überarbeitung in Richtung des Emissionsstandards Euro 6 ein wichtiges Signal.

Dabei ist entscheidend, dass die Nachrüstung die Fahrzeugemissionen im Realbetrieb so deutlich absenkt, dass die Wirkung von verkehrsbeschränkenden Maßnahmen mindestens erreicht wird.

Das Land Baden-Württemberg führt bereits Gespräche mit hochrangigen Vertretern der Automobilindustrie, von Zulieferern und von Herstellern über mögliche effektive und zeitnah umsetzbare NOx-Nachbesserungsmöglichkeiten von Diesel-Pkw. Bei den Gesprächen bestand Einigkeit darüber, dass der Bund die erforderlichen rechtlichen Rahmenbedingungen für eine Nachrüstoption schaffen muss. Es bestand ebenfalls Einigkeit, dass die Bemühungen um Nachrüstung technologieoffen ausgestaltet werden sollten.

Bei den Gesprächen wurden Optionen für eine Nachrüstung der Abgasreinigung von Euro-5-Diesel diskutiert. Es wurden erste Wege aufgezeigt, wie in einem technisch und wirtschaftlich angemessenen und umsetzbaren Rahmen Fortschritte bei den Emissionen von Euro-5 Fahrzeugen grundsätzlich möglich wären. Für die Umsetzung solcher Maßnahmen ist ein Gesamtkonzept nötig, in dem alle technischen und regulatorischen Rahmenbedingungen bundesweit geklärt sind. Es bestand Einigkeit darüber, dass jetzt eine Abstimmung zwischen Landesebene und Bundesebene über die notwendigen rechtlichen Regelungen erfolgen muss.

Die Bundesregierung ist aufgefordert, mit ihren zuständigen Bundesbehörden BMVI und KBA umgehend alle technischen, prüftechnischen und zulassungsrechtlichen Fragen einer Nachrüstung der Bestandsflotte zu klären. Die Nachrüstung stellt in technischer und administrativer Hinsicht ein hochkomplexes Vorhaben dar (u.a. Frage der Typenzulassung, Zahl der Prüfstände, Prüfzyklus, Gewährleistung). Gerade diese rechtlichen Vorgaben der Bundesebene sind ein zentraler Baustein für alle möglichen Nachrüstkonzepte. Die Vorschläge zur Nachrüstung können erst dann konkretisiert werden, wenn klar ist, wie eine Nachrüstung rechtlich umsetzbar ist.