A. Problem und Ziel
Nach § 62 Abs. 3 S. 1 und 2 AufenthG kann die Sicherungshaft bis zu sechs Monaten angeordnet und in Fällen, in denen der Ausländer seine Abschiebung verhindert, um höchstens zwölf Monate auf insgesamt achtzehn Monate verlängert werden.
Unter dem Aspekt des Gebots der besonderen Beschleunigung des Abschiebungsverfahrens während der Haft und des wegen der Schwere der mit der Haft verbundenen Grundrechtseingriffe in besonderer Weise zu beachtenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes begegnet die Möglichkeit, über einen Zeitraum von sechs Monaten hinaus Abschiebungshaft anordnen zu können, grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Bedenken. Da die Abschiebungshaft nur angeordnet werden darf, wenn eine Abschiebung in einem absehbaren Zeitraum rechtlich und auch tatsächlich durchsetzbar ist, muss sich die maximale Höhe der Haftdauer an diesem absehbaren Zeitraum ausrichten. Die praktischen Erfahrungen haben gezeigt, dass der Zeitraum von sechs Monaten erforderlich, aber auch ausreichend ist, um Abschiebungen durchzuführen. Dementsprechend sind in der Vollzugspraxis bisher kaum Fälle bekannt geworden, in denen die Haft in zulässiger Weise länger als sechs Monate vollstreckt werden durfte. Die Begrenzung auf diese Höchstdauer wirkt zugleich der Gefahr entgegen, dass die Haft als unzulässige faktische "Beugemaßnahme" zur Erzwingung der bis zur Inhaftierung verweigerten Mitwirkung bei der Passbeschaffung missbraucht wird.
Dem gegenüber steht die bisherige Höchstdauer der Sicherungshaft von eineinhalb Jahren in keinem vertretbaren Verhältnis zu dem damit beabsichtigten Zweck, nämlich die Beendigung eines unrechtmäßigen Aufenthalts innerhalb eines absehbaren Zeitraums zu sichern. Sie überragt in auffälliger Weise alle anderen Fälle von Haftandrohungen, wie beispielsweise die Ordnungshaft, § 6 Abs. 2 EGEStG, die Beugehaft, § 70 Abs. 2 StPO, die Erzwingungshaft, § 96 Abs. 3 OWiG oder die Haft im zivilen Vollstreckungsverfahren, § 913 ZPO. In all diesen Fällen wird die Höchstdauer der Haft in der Regel ebenfalls auf höchstens sechs Monate begrenzt. Selbst für Personen, die schwerer Straftaten dringend verdächtig sind, darf die Untersuchungshaft nur in besonderen Ausnahmefällen sechs Monate übersteigen.
B. Lösung
Die Regelung des § 62 Abs. 3 Satz 2 AufenthG ist daher zu streichen.
C. Alternativen
Keine
D. Finanzielle Auswirkungen
Die finanziellen Auswirkungen sind nicht bezifferbar, wegen der geringen Fallzahl aber eher geringfügig. Der Ersparnis von Haftkosten steht ein möglicherweise höherer Aufwand bei der Durchsetzung einzelner Abschiebungen gegenüber.
E. Sonstige Kosten
Keine
Gesetzesantrag des Landes Berlin
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Aufenthaltsgesetzes
Der Regierende Bürgermeister von Berlin Berlin, den 21. Juni 2011
An die Präsidentin des Bundesrates
Frau Ministerpräsidentin
Hannelore Kraft
Sehr geehrte Frau Präsidentin,
der Senat des Landes Berlin hat beschlossen, den beigefügten Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Aufenthaltsgesetzes beim Bundesrat einzubringen.
Ich bitte Sie, die Vorlage gemäß § 36 Absatz 1 der Geschäftsordnung des Bundesrates den zuständigen Ausschüssen des Bundesrates zur Beratung zuzuweisen.
Mit freundlichen Grüßen
Klaus Wowereit
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Aufenthaltsgesetzes
Vom ...
Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:
Artikel 1
Änderung des Aufenthaltsgesetzes
§ 62 Absatz 3 des Aufenthaltsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 25. Februar 2008 (BGBl. I S. 162), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 12. April 2011 (BGBl. I S. 610) geändert worden ist, wird wie folgt gefasst:
(3) Die Sicherungshaft kann bis zu sechs Monaten angeordnet werden. Eine Vorbereitungshaft ist auf die Gesamtdauer der Sicherungshaft anzurechnen".
Artikel 2
Inkrafttreten
Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.
Begründung:
Die Regelung des § 62 Abs. 3 Satz 2 AufenthG, nach der die Sicherungshaft in Fällen,in denen der Ausländer seine Abschiebung verhindert, um höchsten 12 Monate verlängert werden kann, wird gestrichen, weil die Möglichkeit, über einen Zeitraum von sechs Monaten hinaus Abschiebungshaft anordnen zu können, unter dem Aspekt des Gebots der besonderen Beschleunigung des Abschiebungsverfahrens während der Haft und des wegen der Schwere der mit der Haft verbundenen Grundrechtseingriffe in besonderer Weise zu beachtenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Bedenken begegnet.
Da die Abschiebungshaft nur angeordnet werden darf, wenn eine Abschiebung in einem absehbaren Zeitraum rechtlich und auch tatsächlich durchsetzbar ist, muss sich die maximale Höhe der Haftdauer an diesem absehbaren Zeitraum ausrichten.
Die praktischen Erfahrungen haben gezeigt, dass der Zeitraum von sechs Monaten erforderlich, aber auch ausreichend ist, um Abschiebungen durchzuführen. Entsprechend sind in der Vollzugspraxis bisher kaum Fälle bekannt geworden, in denen die Haft in zulässiger Weise länger als sechs Monate vollstreckt werden durfte. Die Begrenzung auf diese Höchstdauer wirkt zugleich der Gefahr entgegen, dass die Haft als unzulässige faktische "Beugemaßnahme" zur Erzwingung der bis zur Inhaftierung verweigerten Mitwirkung bei der Passbeschaffung missbraucht wird.
Die bisherige Höchstdauer der Sicherungshaft von eineinhalb Jahren steht in keinem vertretbaren Verhältnis zu dem damit beabsichtigten Zweck, nämlich die Beendigung eines unrechtmäßigen Aufenthalts innerhalb eines absehbaren Zeitraums zu sichern. Sie überragt in auffälliger Weise alle anderen Fälle von Haftandrohungen, wie beispielsweise die Ordnungshaft, § 6 Abs. 2 EGEStG, die Beugehaft, § 70 Abs. 2 StPO, die Erzwingungshaft, § 96 Abs. 3 OWiG oder die Haft im zivilen Vollstreckungsverfahren, § 913 ZPO. In all diesen Fällen wird die Höchstdauer der Haft in der Regel ebenfalls auf höchstens sechs Monate begrenzt. Selbst für Personen, die schwerer Straftaten dringend verdächtig sind, darf die Untersuchungshaft nur in besonderen Ausnahmefällen sechs Monate übersteigen.