Staatssekretär und Chef der Staatskanzlei des Landes Baden-Württemberg
Stuttgart, den 23. März 2012
An den Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Horst Seehofer
Sehr geehrter Herr Präsident,
die Regierungen der Länder Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz haben beschlossen, dem Bundesrat die als Anlage beigefügte Entschließung des Bundesrates - Energiewende voranbringen: Investitionssicherheit, Planbarkeit und Kostendeckung der Photovoltaikförderung durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz sichern zuzuleiten.
Ich bitte Sie, die Vorlage gemäß § 36 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Bundesrates in die Tagesordnung der Sitzung des Bundesrates am 30. März 2012 aufzunehmen und eine sofortige Sachentscheidung herbeizuführen.
Mit freundlichen Grüßen
Klaus-Peter Murawski
Entschließung des Bundesrates - Energiewende voranbringen: Investitionssicherheit, Planbarkeit und Kostendeckung der Photovoltaikförderung durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz sichern
Der Bundesrat möge folgende Entschließung fassen:
- 1. Der Bundesrat stellt fest, dass es in den Jahren 2010 und 2011 zu einem sehr hohen Zubau neuer Photovoltaik-Anlagen von jeweils rund 7.500 Megawatt gekommen ist. Insbesondere zum Ende des Jahres 2011 kam es aufgrund der bevorstehenden Vergütungsabsenkung nochmals zu erheblichen Vorzieheffekten und der Installation von schätzungsweise 3.000 Megawatt allein im Monat Dezember. Mit der bereits gesetzlich verankerten und vollzogenen Förderabsenkung durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) zum 1. Januar 2012 von 15 Prozent wird einem weiteren Ausbau über den Zielkorridor von jährlich bis 3,5 Gigawatt Leistung hinaus entgegengewirkt. Die bisherige Aufteilung in Basisdegression und einem marktabhängigen Degressionsbestandteil als flexibles marktabhängiges Instrument hat sich als "atmender Deckel" zur Nachsteuerung bewährt und sollte daher auf Basis einer mindestens quartalsweisen Überprüfung auch künftig beibehalten werden. Auch künftig sollte für den Zubau neuer Photovoltaik-Anlagen ein Zielkorridor angestrebt werden, der der Bedeutung der Photovoltaik für die Energiewende gerecht wird und nicht unter dem bisherigen Zielkorridor liegt.
- 2. Die Photovoltaik hat in den vergangenen Jahren unter den erneuerbaren Energien die höchsten Kostenreduktionspotentiale ausgeschöpft. Zwischenzeitlich liegt die EEG-Förderung knapp über oder für einzelne Anlagentypen bereits unter dem marktgängigen Strombezugspreis für Haushaltskunden. Der Bundesrat sieht in einem begrenzten Maße über die bereits gesetzlich verankerten Degressionsschritte hinaus Potentiale zur Reduktion der Förderung. Eine geplante abrupte Absenkung des Förderniveaus um 20 bis über 30 Prozent führt jedoch in allen Marktsegmenten zu erheblichen kurzfristigen Einschnitten, die in dem geplanten Umfang nicht kostenseitig aufgefangen werden können. Der Bundesrat steht den weitgehenden Einschnitten kritisch gegenüber, die sich nicht nur durch einmalige Absenkungen, sondern auch durch das Marktintegrationsmodell, monatliche Degressionsschritte, Einführung neuer Größenklassen für die Vergütungssätze, der Verschlechterung des Status von Dachanlagen im Außenbereich sowie Größenbeschränkungen bei Freiflächenanlagen ergeben.
- 3. Investitionssicherheit und Planbarkeit sind nach Auffassung des Bundesrates der wesentliche Garant, um die Energiewende hin zu erneuerbaren Energien zu meistern. Der Bundesrat lehnt kurzfristige und rückwirkend geltende Kürzungen der EEG-Vergütung ab. Bereits begonnene oder in Planung befindliche PV-Anlagen würden dadurch unweigerlich in die Unrentabilität rutschen, Arbeitsplätze sowie die ökonomische Existenz von Unternehmen und privaten Investoren gefährdet und langfristig das Vertrauen von Investoren in verlässliche Rahmenbedingungen zerstört werden. Der Bundesrat setzt sich dafür ein, bei Anpassungen der EEG-Vergütung ausreichende Übergangsregelungen zu schaffen.
- 4. Die Energiewende muss von Bund und Ländern gemeinsam gemeistert werden. Der Bundesrat lehnt zukünftige Anpassungen der EEG-Vergütung mittels Rechtsverordnung der Bundesregierung ohne Beteiligung des Bundesrates ab.
- 5. Der Bundesrat sieht mit Sorge den drohenden Kompetenzverlust für Innovationen und Forschung bei den in Deutschland ansässigen Photovoltaikherstellern und Zulieferbetrieben durch internationalen Wettbewerbs- und Preisdruck. Der Bundesrat fordert die Bundesregierung auf, Maßnahmen zu ergreifen, um dieser Entwicklung und der abnehmenden Wettbewerbsfähigkeit entgegenzuwirken. Der Bundesrat fordert die Bundesregierung auf zu prüfen, ob dazu als Übergangsvorschrift die Festlegung einer Quote für Produkte, deren Wertschöpfung in der EU liegt (local content-Regelung) gehören könnte sowie das Ziel der Erhöhung der Eigenverbrauchsrate an Solarstrom mit Blick auf die Verbesserung der Netzstabilität durch dezentrale Speicherkapazitäten zu erreichen wäre.