Unterrichtung durch die Europäische Kommission
Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Schaffung der Rahmenbedingungen für die Regelung der finanziellen Zuständigkeit bei Investor-Staat-Streitigkeiten vor Schiedsgerichten, welche durch völkerrechtliche Übereinkünfte eingesetzt wurden, deren Vertragspartei die Europäische Union ist - COM (2012) 335 final

Der Bundesrat wird über die Vorlage gemäß § 2 EUZBLG auch durch die Bundesregierung unterrichtet.

Hinweis: vgl.
Drucksache 167/91 = AE-Nr. 910629,
Drucksache 1011/94 = AE-Nr. 943217 und
Drucksache 431/10 (PDF) = AE-Nr. 100543

Europäische Kommission
Brüssel, den 21.6.2012
COM (2012) 335 final
2012/0163 (COD)

Begründung

1. Kontext des Vorschlags

1.1. Einleitung

Seit dem Vertrag von Lissabon fallen ausländische Direktinvestitionen unter die gemeinsame Handelspolitik der Union und somit in die ausschließliche Zuständigkeit der Union. Ein wesentliches Merkmal internationaler Übereinkünfte über ausländische Direktinvestitionen (die üblicherweise als Investitionsschutzübereinkünfte bezeichnet werden) ist, dass den Investoren die Möglichkeit eingeräumt wird, Ansprüche gegenüber einem Staat geltend zu machen, wenn der Staat angeblich gegen eine Investitionsschutzübereinkunft verstoßen hat (im Folgenden "Beilegung von Investor-Staat-Streitigkeiten"). Wenn es zu solchen Rechtsstreitigkeiten kommt, entstehen für den betroffenen Staat Kosten (Gebühren für die Verwaltung der Streitbeilegung, Vergütung der Schiedsrichter, Honorare von Rechtsanwälten); zudem kann dieser Staat, falls er verliert, zur Zahlung eines Ausgleichs verurteilt werden.

Die Union ist bereits Vertragspartei einer Übereinkunft (Vertrag über die Energiecharta1), welche die Möglichkeit der Beilegung von Investor-Staat-Streitigkeiten vorsieht; zudem wird sie versuchen, bei einer Reihe von Übereinkünften, die derzeit verhandelt werden oder in der Zukunft verhandelt werden sollen, entsprechende Bestimmungen auszuhandeln. Es ist daher zu überlegen, wie mit den finanziellen Folgen derartiger Streitigkeiten umgegangen werden soll. Mit der vorliegenden Verordnung soll der Rahmen für die Handhabung dieser Folgen festgelegt werden.

Der zentrale Organisationsgrundsatz dieser Verordnung ist, dass die sich aus der Beilegung von Investor-Staat-Streitigkeiten ergebende finanzielle Zuständigkeit dem Akteur zuzuweisen ist, der die strittige Behandlung gewährt hat. Das bedeutet, dass in Fällen, in denen die betreffende Behandlung von den Institutionen der Union gewährt wird, auch die finanzielle Zuständigkeit bei den Institutionen der Union liegen sollte. Wird die betreffende Behandlung von einem Mitgliedstaat der Europäischen Union gewährt, so sollte die finanzielle Zuständigkeit bei diesem Mitgliedstaat liegen. Nur wenn die Handlungen des Mitgliedstaates nach Unionsrecht vorgeschrieben sind, sollte der Union die finanzielle Zuständigkeit zufallen. Aus diesem zentralen Grundsatz ergibt sich ferner, dass geprüft werden muss, ob und unter welchen Gegebenheiten die Union oder der Mitgliedstaat, der die strittige Behandlung gewährt hat, als Schiedsbeklagter auftreten sollte, wie die Zusammenarbeit zwischen der Kommission und den Mitgliedstaaten in bestimmten Fällen zu strukturieren ist, wie mit der Möglichkeit von Vergleichen umzugehen ist und schließlich welche Mechanismen erforderlich sind, um sicherzustellen, dass etwaige Aufteilungen wirksam werden können.

Bei diesen zusätzlichen Aspekten müssen auch die drei anderen Grundsätze dieser Verordnung berücksichtigt werden. Erstens muss die generelle Abwicklung der Zuweisung der finanziellen Zuständigkeit für die Union im Endeffekt haushaltsneutral sein, so dass die Union nur die Kosten trägt, die auf Rechtsvorschriften von EU-Institutionen zurückgehen. Zweitens muss der Mechanismus so funktionieren, dass einem Investor aus einem Drittland keine Nachteile entstehen, weil die finanzielle Zuständigkeit innerhalb der Union geregelt werden muss. Mit anderen Worten würde im Falle einer unterschiedlichen Rechtsauffassung zwischen Union und Mitgliedstaat eine Zahlung aufgrund eines Schiedsspruchs an den Investor aus dem Drittland geleistet und erst danach die Zuweisung innerhalb der Union vorgenommen. Drittens muss der Mechanismus den Grundsätzen gerecht werden, die das auswärtige Handeln der Union gemäß den Verträgen und der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union bestimmen, insbesondere den beiden Grundsätzen der geschlossene völkerrechtliche Vertretung und der loyalen Zusammenarbeit.

Es sei darauf hingewiesen, dass die Kommission in ihrer Mitteilung "Auf dem Weg zu einer umfassenden europäischen Auslandsinvestitionspolitik"2 bereits auf die Notwendigkeit dieser Verordnung hingewiesen hat.

Das Europäische Parlament forderte die vorgeschlagene Verordnung ausdrücklich in seiner Entschließung zur künftigen europäischen Auslandsinvestitionspolitik (Ziffer 35 der Entschließung A7-0070/2011, verabschiedet am 22. April 2011). Darüber hinaus ersuchte der Rat die Kommission in seinen Schlussfolgerungen zu einer umfassenden europäischen Auslandsinvestitionspolitik vom 25. Oktober 2010, eine ausführliche Studie zu den einschlägigen Fragen durchzuführen. Nachfolgende Erörterungen im Rat, insbesondere bei der Verabschiedung der einschlägigen Verhandlungsdirektiven für bestimmte Übereinkünfte, über die derzeit verhandelt wird, haben das starke Interesse des Rates an dieser Maßnahme bestätigt.

1.2. Die Zuständigkeit der Union für den Abschluss von Investitionsschutzübereinkünften und die völkerrechtliche Zuständigkeit der Union im Rahmen dieser Übereinkünfte

Die Kommission ist der Ansicht, dass die Union die ausschließliche Zuständigkeit für den Abschluss von Übereinkommen hat, die alle Fragen in Bezug auf ausländische Investitionen, also ausländische Direktinvestitionen und Portfolioinvestition, abdecken 3. Die ausschließliche Zuständigkeit für ausländische Direktinvestitionen ergibt sich aus Artikel 207 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union ("AEUV"). Die Zuständigkeit der Union für Portfolioinvestitionen geht nach Auffassung der Kommission aus Artikel 63 AEUV hervor. Danach sind Beschränkungen des Kapitalverkehrs zwischen den Mitgliedstaaten der Union und Drittländern verboten. Nach Artikel 3 Absatz 2 AEUV hat die Union die ausschließliche Zuständigkeit, sobald eine internationale Übereinkunft Vorschriften enthält, die "gemeinsame Regeln beeinträchtigen oder deren Tragweite verändern" könnten. Nach Auffassung der Kommission muss die Union auch in Fragen der Portfolioinvestitionen die ausschließliche Zuständigkeit haben, da die vorgesehenen Regeln, die gleichermaßen für Portfolioinvestitionen gelten würden, die gemeinsamen Regeln für den Kapitalverkehr nach Artikel 63 AEUV beeinträchtigen können.

Darüber hinaus ist die Kommission der Auffassung, dass sich die Zuständigkeit der Union auf alle in Investitionsschutzdokumenten genannten Normen erstreckt, auch auf die Enteignung. Erstens umfasst die Zuständigkeit der Union für die gemeinsame Handelspolitik nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union auch Verpflichtungen, die im Nachhinein gelten (d.h. nachdem eine Ware eingeführt wurde oder ein Dienstleister seine Tätigkeit aufgenommen hat), selbst in Bereichen, in denen die Mitgliedstaaten weiter die Möglichkeit haben, nationale Vorschriften zu erlassen 4. Es ist daher gängige Praxis, dass die Zuständigkeit der Union für den Warenverkehr nicht auf Maßnahmen an den Grenzen, wie etwa Zölle und Einfuhrkontingente, beschränkt ist, sondern auch Aspekte betrifft, die nach der Einfuhr relevant sind, beispielsweise die Gewährung der Inländerbehandlung und der Meistbegünstigung im Hinblick auf Steuern und andere innerstaatliche Rechts- und Verwaltungsvorschriften5 oder die Abschaffung unnötiger Handelshemmnisse aufgrund von technischen Vorschriften und Normen 6. Ebenso besteht allgemeine Einigkeit darüber7, dass die Zuständigkeit der Union in Bezug auf den "Dienstleistungshandel" nicht auf Fragen des Marktzugangs beschränkt ist, sondern auch Aspekte wie die Inländerbehandlung und die Meistbegünstigung im Hinblick auf innerstaatliche Rechts- und Verwaltungsvorschriften sowie bestimmte Verpflichtungen hinsichtlich der Verwaltung und des Inhalts der innerstaatlichen Rechtsvorschriften umfasst. Dieser Logik entsprechend muss die Zuständigkeit der Union für ausländische Direktinvestitionen und den Kapitalverkehr auch die Normen abdecken, die nach Aufnahme der Tätigkeit gelten, einschließlich Inländerbehandlung und Meistbegünstigung, gerechte und billige Behandlung und Schutz vor Enteignung ohne Entschädigung. Ferner sei darauf hingewiesen, dass Artikel 345 AEUV lediglich bestimmt, dass die Verträge die Eigentumsordnung in den Mitgliedstaaten unberührt lassen. Verträge, die einen Investitionsschutz vorsehen, wirken sich nicht auf die Eigentumsordnung aus - sie verlangen vielmehr, dass Enteignungen bestimmten Bedingungen unterliegen, beispielsweise die Zahlung einer Entschädigung. Die spezifische Vorschrift in Artikel 345 bedeutet daher nicht, dass die Union nicht für die Regeln über die Enteignung zuständig ist, die in Übereinkünften zum Investitionsschutz enthalten sind. Schließlich wird auch festgestellt, dass die Zuständigkeit für die Festlegung und Anwendung von Streitbeilegungsvorschriften einhergeht mit der grundsätzlichen Zuständigkeit für den Regelungsgegenstand8.

Daraus folgt also, dass im Falle einer Übereinkunft, die nur von der Union geschlossen wird, auch nur die Union von einem Investor verklagt werden kann. Das wäre selbst dann der Fall, wenn die Behandlung, die in einer Investor-Staat-Streitigkeit angefochten wird, nicht von der Union, sondern von einem Mitgliedstaat gewährt wird.

Sollten sowohl die Europäische Union als auch die Mitgliedstaaten Vertragsparteien einer Übereinkunft sein und müsste entschieden werden, wer in völkerrechtlicher Hinsicht für eine bestimmte Maßnahme verantwortlich ist, so ist die Kommission der Auffassung, dass dies nicht nach dem Urheber der Rechtsvorschrift zu entscheiden ist, sondern auf der Grundlage der Zuständigkeit für den Gegenstand der betreffenden völkerrechtlichen Regeln entsprechend dem AEUV. Aus dieser Sicht ist es unerheblich, dass ein Mitgliedstaat nach den Regeln über den Binnenmarkt Befugnisse hat, die es ihm erlauben, auf nationaler Ebene Rechtsvorschriften zu erlassen.

Diese Logik wurde in der Rechtsprechung des Gerichtshofs bestätigt. So etwa stellte der Gerichtshof in seinem Gutachten 001/91 fest (Hervorhebung durch den Autor):

Artikel 2 Buchstabe c des Abkommens definiert den Begriff der Vertragsparteien. Für die Gemeinschaft und ihre Mitgliedstaaten erfasst dieser Begriff je nach Lage des Falles die Gemeinschaft und ihre Mitgliedstaaten oder die Gemeinschaft oder ihre Mitgliedstaaten. Welche dieser drei Möglichkeiten zu wählen ist, ist den im Einzelfall maßgeblichen Bestimmungen des Abkommens und den jeweiligen Befugnissen der Gemeinschaft und der Mitgliedstaaten zu entnehmen, wie sie sich aus dem EWG-Vertrag und dem EGKS-Vertrag ergeben9.

Im internationalen Zusammenhang hat die Völkerrechtskommission die Möglichkeit anerkannt, dass zwischen einer internationalen Organisation und ihren Mitgliedern Sonderregeln gelten können. Bei der Erarbeitung ihrer Artikelentwürfe über die Verantwortlichkeit internationaler Organisationen hat die Völkerrechtskommission festgestellt, dass ihre diesbezüglichen Vorschriften unter bestimmten Umständen möglicherweise nicht anwendbar sind oder geändert werden müssen10.

Während aus den genannten Gründen die Union grundsätzlich die völkerrechtliche Verantwortlichkeit für den Verstoß gegen Bestimmungen trägt, die in ihre Zuständigkeit fallen, ist die Aufteilung der finanziellen Zuständigkeit zwischen der Union und den Mitgliedstaaten unionsrechtlich gesehen möglich. Wie in Abschnitt 1.3 erörtert, wäre es nach Auffassung der Kommission angemessen, dass die einzelnen Mitgliedstaaten für ihre eigenen Rechtsvorschriften finanziell zuständig sind, sofern das Unionsrecht diese nicht vorschreibt.

Desgleichen sollte aus den genannten Gründen zwar grundsätzlich die Union in allen Streitigkeiten über einen mutmaßlichen Verstoß gegen eine Bestimmung einer völkerrechtlichen Übereinkunft, die in die ausschließliche Zuständigkeit der Union fällt, als Schiedsbeklagte auftreten, selbst wenn diese Verstöße auf die Handlung eines Mitgliedstaats zurückzuführen sind, es besteht aber die Möglichkeit - wie in Artikel 2 Absatz 1 AEUV ausdrücklich festgestellt -, einen Mitgliedstaat zu ermächtigen, unter geeigneten Umständen als Schiedsbeklagter aufzutreten, da es zu erheblichen Belastungen des Unionshaushalts und der Mittel der Union kommen könnte (auch vorübergehend), wenn die Union in allen Fällen als Schiedsbeklagte auftreten würde. Folglich sollte der Mechanismus nicht dergestalt eingerichtet werden, dass er strikt auf die Anwendung der Zuständigkeitsregeln abstellt; vielmehr erscheint es angebracht, pragmatische Lösungen anzustreben, die dem Investor Rechtssicherheit bieten und alle Mechanismen bereitstellen, die zur reibungslosen Abwicklung von Schiedsverfahren und letztlich für die angemessene Zuweisung der finanziellen Zuständigkeit erforderlich sind. Wie in Abschnitt 1.4 erläutert wird, sollten die Mitgliedstaaten nach Auffassung der Kommission als Schiedsbeklagte auftreten können, um ihre eigenen Handlungen zu verteidigen, es sei denn, die Interessen der Union sprechen unter bestimmten Umständen dagegen. Gleichzeitig muss sichergestellt sein, dass der Grundsatz der geschlossenen völkerrechtlichen Vertretung gewahrt bleibt.

1.3. Zuweisung der finanziellen Zuständigkeit

Wie bereits dargelegt ist die Beilegung von Investor-Staat-Streitigkeiten mit Kosten für die betroffenen Parteien verbunden, sowohl in Form von Gebühren als auch in Form von Zahlungen aufgrund des abschließenden Schiedsspruchs. Es ist wichtig, die Frage der Abwicklung und Verwaltung eines Schiedsverfahrens bei Investor-Staat-Streitigkeiten von der Frage der Zuweisung der finanziellen Zuständigkeit zu trennen. Dies ist erforderlich, um die gerechte Zuweisung der Kosten zu gewährleisten, damit der EU-Haushalt - und damit auch die Haushalte von Mitgliedstaaten, die nicht von dem fraglichen Verfahren betroffen sind - nicht mit Kosten belastet werden, die eine von einem Mitgliedstaat gewährte Behandlung betreffen. Daher sollte sich die finanzielle Zuständigkeit für alle Kosten nach dem Ursprung der vom Investor beklagten Behandlung richten, unabhängig davon, ob die Union oder ein Mitgliedstaat in einem Verfahren als Schiedsbeklagter auftritt. Sollte der Ursprung der von einem Investor beanstandeten Behandlung also ausschließlich auf einen Mitgliedstaat zurückgehen, so sollte der fragliche Mitgliedstaat auch die Kosten der Streitbeilegung tragen. Desgleichen sollte die Union die finanzielle Zuständigkeit übernehmen, wenn die Behandlung, gegen die ein Investor klagt, ihren Ursprung bei den Institutionen der Union hat (also auch dann, wenn die fragliche Maßnahme von einem Mitgliedstaat aufgrund unionsrechtlicher Verpflichtungen ergriffen wurde). Auch die Entscheidung, ob die Streitigkeit auf dem Vergleichswege beigelegt werden soll und wer für die Zahlung aufgrund eines Schiedsspruchs zuständig ist, sollte normalerweise anhand des Ursprungs der Behandlung getroffen werden.

Zwar kann die Aufteilung der finanziellen Zuständigkeit zwischen der Union und einem Mitgliedstaat zu komplexen Überlegungen führen, die Interessen des klagenden Investors sollten von etwaigen Unstimmigkeiten zwischen der Union und dem Mitgliedstaat aber nicht beeinträchtigt werden. Es sollte daher mit entsprechenden Vorkehrungen sichergestellt werden, dass alle Zahlungen aufgrund von abschließenden Schiedssprüchen oder Vergleichen unverzüglich an den Investor geleistet werden, und zwar unabhängig von den Entscheidungen über die Zuweisung der finanziellen Zuständigkeit. Darüber hinaus sollte zwecks Vermeidung unnötiger Belastungen des Unionshaushalts mit entsprechenden Bestimmungen dafür gesorgt werden, dass regelmäßige Zahlungen an den Unionshaushalt erfolgen, welche die Schiedskosten abdecken, und dass der betroffene Mitgliedstaat unverzüglich Rückerstattungszahlungen an den Unionshaushalt leistet.

1.4. Die Rolle der Union und der Mitgliedstaaten bei der Abwicklung von Streitigkeiten

In diesem Vorschlag werden drei Szenarien dargestellt, die sich hinsichtlich der Rollenverteilung zwischen der Union und den Mitgliedstaaten bei der Abwicklung von Streitigkeiten im Rahmen von Übereinkünften, deren Vertragspartei die Union ist, unterscheiden.

Im ersten Szenarium würde die Union als Schiedsbeklagte auftreten, weil die Behandlung, die angeblich gegen die Übereinkunft verstößt, von einer oder mehreren EU-Institutionen gewährt wurde. In solchen Fällen würde die Union die uneingeschränkte finanzielle Zuständigkeit übernehmen.

Im zweiten Fall würde der Mitgliedstaat als Schiedsbeklagter auftreten, weil die fragliche Behandlung von ihm gewährt wurde. In solchen Fällen würde der Mitgliedstaat die uneingeschränkte finanzielle Zuständigkeit übernehmen. In diesem Szenarium müsste der Mitgliedstaat die Kommission über die Entwicklungen in der Streitsache auf dem Laufenden halten und der Kommission zugestehen, in bestimmten Fragen die Richtung vorzugeben11.

Im dritten Szenarium würde die Union als Schiedsbeklagte für eine von einem Mitgliedstaat gewährte Behandlung auftreten. Dieser Fall würde eintreten, wenn der Mitgliedstaat sich dagegen entschieden hat, als Schiedsbeklagter aufzutreten. Dieser Fall würde auch dann eintreten, wenn die Kommission entscheidet, dass Fragen des Unionsrechts dergestalt betroffen sind, dass die Union möglicherweise ganz oder teilweise finanziell zuständig ist. Schließlich würde er eintreten, wenn die Kommission zur Auffassung gelangt, dass die Union Stellung beziehen muss, um eine geschlossene völkerrechtliche Vertretung sicherzustellen, weil die Wahrscheinlichkeit besteht, dass in Streitigkeiten gegen andere Mitgliedstaaten ähnliche Ansprüche erhoben werden oder weil die Streitigkeit ungeklärte Rechtsfragen aufwirft, die in anderen Streitigkeiten erneut auftauchen dürften. In diesen Fällen wird die Union durch die Kommission vertreten aufgrund deren Außenvertretungsaufgabe nach Artikel 17 des Vertrags über die Europäische Union ("EUV").

Für die Kommission ist offensichtlich, dass ein hohes Maß an Zusammenarbeit mit dem betroffenen Mitgliedstaat sicherzustellen ist, wenn die Union als Schiedsbeklagte für eine von diesem Mitgliedstaat gewährte Behandlung auftritt. Dazu gehört die enge Zusammenarbeit bei der Vorbereitung der Verteidigung während des gesamten Verfahrens. So wird es erforderlich sein, Unterlagen gemeinsam zu nutzen; außerdem sollten Vertreter des jeweiligen Mitgliedstaats der Delegation der Union angehören. Diesen Vertretern auf gesetzgeberischem Wege eine spezifische Rolle bei den Anhörungen zuzuweisen oder die Einreichung individueller Schriftsätze zu erlauben, würde jedoch zur Schaffung eines zu starren Systems führen und könnte die Gewährleistung der geschlossenen völkerrechtlichen Vertretung der Union erschweren. Aus diesem Grund sollte diese Verordnung keine diesbezüglichen Einzelheiten enthalten und nur den Grundsatz der engen Zusammenarbeit zwischen der Union und den Mitgliedstaaten festschreiben; der Kommission ist es allerdings ein Anliegen, eine enge und wirksame Zusammenarbeit zu gewährleisten.

Bei der Erarbeitung dieses Vorschlags hat die Kommission eine Reihe von Alternativen in informellen Konsultationen geprüft. Eine Alternative bestand darin, dass die Union und der betroffene Mitgliedstaat gemeinsam als Schiedsbeklagte auftreten. Nach Auffassung der Kommission bietet sich diese Alternative für die Beilegung von Investor-Staat-Streitigkeiten nicht an. Erstens wäre dabei kein angemessener Mechanismus für die Aufteilung der finanziellen Zuständigkeit zwischen dem betroffenen Mitgliedstaat und der Union vorgesehen. Im Falle eines Mitgliedstaats, der eine Zahlung aufgrund eines Schiedsspruchs leistet und dann versucht, seine Zahlung von der Europäischen Union erstattet zu bekommen, indem er selbst zu bestimmen versucht, welche Faktoren unionsrechtlich erforderlich sind, stünde diese Vorgehensweise weder im Einklang mit den Haushaltsverfahren, noch wäre sie wirksam, noch würde sie der Rolle der Kommission bei der Durchführung des Unionsrechts gerecht. Zweitens könnte es zu Widersprüchen bei der Abwehr der Ansprüche kommen, wenn die Mit-Schiedsbeklagten gegensätzliche oder abweichende Argumente anführen. Dies wäre unvereinbar mit dem Grundsatz der geschlossenen völkerrechtlichen Vertretung, wie ihn der Gerichtshof der Europäischen Union aufgestellt hat. Drittens könnte es dazu führen, dass ein Gericht in einer Situation, in der die beiden Mit-Schiedsbeklagten abweichende Positionen in der Frage vertreten, eine Entscheidung über die Verteilung der Zuständigkeiten zwischen der Union und den Mitgliedstaaten fällen müsste; ein Szenario, in dem eine dritte Partei eine Stellungnahme zu einer rein EU-internen Angelegenheit abgibt, sollte vermieden werden. In einem Szenario schließlich, in dem ein Anspruch erfolgreich abgewehrt und dem Schiedsbeklagten Kostenersatz zugesprochen wird, ist nicht zu erwarten, dass ein Gericht der Union und dem betroffenen Mitgliedstaat die Erstattung ihrer Kosten zugestehen würde. Es ist nicht akzeptabel, dass die der Union zu erstattenden Kosten gekürzt werden, um die Kosten zu decken, die einem mitschiedsbeklagten Mitgliedstaat entstanden sind (oder umgekehrt). Das Ergebnis wäre eine unvollständige Erstattung der unionsseitig bereitgestellten Mittel mit der Folge, dass die Haushaltsneutralität der Maßnahme für die Union nicht gewährleistet wäre.

1.5. Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen gegen die Union

Es ist ferner erforderlich, Regeln für Fälle aufzustellen, in denen die EU haftet. Da die Europäische Union Vertragspartei bei solchen Übereinkünften ist oder sein wird, wird die Europäische Union völkerrechtlich verpflichtet sein, jeden gegen sie gerichteten Schiedsspruch anzunehmen. Die Europäische Union würde dieser Verpflichtung nachkommen.

Da die Beilegung von Investor-Staat-Streitigkeiten auf Schiedsverfahren beruht, unterliegen die Anerkennung und die Vollstreckung von Schiedssprüchen in Investitionssachen in den meisten Ländern - auch in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union - den einschlägigen Rechtsvorschriften über die Schiedsgerichtsbarkeit. Diese wiederum basieren häufig entweder auf dem New Yorker Übereinkommen vom 10. Juni 1958 über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche oder auf dem Model Law on International Commercial Arbitration of 1985 (in der 2006 geänderten Fassung) der Kommission der Vereinten Nationen für internationales Handelsrecht (United Nations Commission on International Trade Law - UNCITRAL)12. Das Übereinkommen zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten zwischen Staaten und Angehörigen anderer Staaten (Convention on the Settlement of Investment Disputes between States and Nationals of Other States - "ICSID-Übereinkommen") stellt ein spezifisches Forum für die Beilegung von Investitionsstreitigkeiten bereit. Es besagt in Artikel 54 Absatz 1:

Jeder Vertragsstaat erkennt jeden im Rahmen dieses Übereinkommens erlassenen Schiedsspruch als bindend an und sorgt für die Vollstreckung der darin auferlegten finanziellen Verpflichtungen in seinem Hoheitsgebiet, als handle es sich um ein rechtskräftiges Urteil eines seiner innerstaatlichen Gerichte. Ein Vertragsstaat mit bundesstaatlicher Verfassung kann für die Vollstreckung des Schiedsspruchs durch seine Bundesgerichte sorgen und bestimmen, dass diese einen derartigen Schiedsspruch als rechtskräftiges Urteil der Gerichte eines Gliedstaats behandeln.

Die Regeln über die Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen bei Investitionsstreitigkeiten sind, sofern das fragliche Schiedsverfahren den Regeln des ICSID-Übereinkommens folgt, im ICSID-Übereinkommen festgelegt; ansonsten gelten die Regeln des New Yorker Übereinkommens und des innerstaatlichen Schiedsrechts. Soweit der Kommission bekannt ist, sind spezifische Verfahren für die Handhabung von Schiedssprüchen nach dem ICSID-Übereinkommen nur im innerstaatlichen Recht des Vereinigten Königreichs und von Irland vorgesehen13.

Diese Regeln würden entsprechend für Schiedsverfahren gelten, die aufgrund von Unionsübereinkünften durchgeführt werden. Obwohl keine Fälle bekannt sind, in denen die Union oder ihre Mitgliedstaaten sich geweigert hätten, einen Schiedsspruch anzuerkennen, müsste ein Investor, der die Anerkennung oder Vollstreckung eines Schiedsspruchs anstrebt, sich dazu an die Gerichte der Mitgliedstaaten wenden. Würde die Vollstreckung eines gegen die Union gerichteten Schiedsspruchs angestrebt, so käme Artikel 1 des Protokolls (Nr. 7) über die Vorrechte und Befreiungen der Europäischen Union zur Anwendung:

Die Vermögensgegenstände und Guthaben der Union dürfen ohne Ermächtigung des Gerichtshofes nicht Gegenstand von Zwangsmaßnahmen der Verwaltungsbehörden oder Gerichte sein.

Das bedeutet, dass ein Investor möglicherweise den Gerichtshof der Europäischen Union anrufen muss, falls die Vollstreckung in Vermögenswerte der Union verlangt wird. Die Kommission ist der Auffassung, dass der Gerichtshof das Standardkonzept der Staatenimmunität auf solche Situationen anwenden würde, was dazu führen würde, dass die Situation innerhalb der Union mit der Situation in anderen Ländern, einschließlich der Mitgliedstaaten der Europäischen Union, vergleichbar wäre, in denen der völkerrechtliche Grundsatz der Staatenimmunität gelten würde.

2. Ergebnisse der Konsultationen der interessierten Kreise der Folgenabschätzungen

Dieser Vorschlag war nicht Gegenstand einer Folgenabschätzung. Der Grund dafür ist, dass die Verordnung selbst keine Vorschriften über die Beilegung von Investor-Staat-Streitigkeiten enthält; dies wiederum kann dazu führen, dass die Notwendigkeit zur Einleitung eines Schiedsverfahrens oder die Verpflichtung zu Ausgleichszahlungen entsteht. Soweit es möglich ist, die potenziellen Folgen derartiger Vorschriften zu untersuchen, wird dies in der Folgenabschätzung der entsprechenden Übereinkünfte geschehen. Abschnitt 4 enthält dennoch einige Erläuterungen zu den zu erwartenden Auswirkungen auf den Haushalt.

Die Kommission hat bei der Erarbeitung dieses Vorschlags mehrere Sitzungen mit Vertretern der Mitgliedstaaten und dem Europäischen Parlament abgehalten. Die bei diesen Sitzungen geäußerten Meinungen wurden im beiliegenden Vorschlag sorgsam berücksichtigt.

3. Rechtliche Aspekte

3.1. Rechtsgrundlage

Der Vorschlag basiert auf Artikel 207 Absatz 2 AEUV, in dem die ausschließliche Zuständigkeit der Union für eine gemeinsame Handelspolitik, einschließlich ausländische Direktinvestitionen, festgelegt ist.

3.2. Präsentation des Vorschlags

Mit der vorgeschlagenen Verordnung wird ein Rahmen für die Zuweisung der finanziellen Zuständigkeit im Zusammenhang mit der Beilegung von Investor-Staat-Streitigkeiten aufgrund von Übereinkünften geschaffen, deren Vertragspartei die Union ist.

3.2.1. Kapitel I: Allgemeine Bestimmungen

In diesem Kapitel werden der Anwendungsbereich der vorgeschlagenen Verordnung festgelegt und die verwendeten Begriffe bestimmt. Die vorgeschlagene Verordnung gilt für die Beilegung von Streitigkeiten im Zusammenhang mit Übereinkünften, deren Vertragspartei die Union ist, sofern die Schlichtung von einem Investor eines Drittlands angestrengt wurde. Sie gilt nicht für die zwischenstaatliche Beilegung von Streitigkeiten über Investitionsschutzbestimmungen, weil es dabei nicht um einen möglichen finanziellen Ausgleich geht. Einem Staat, der einen finanziellen Ausgleich anstrebt, müssten die einschlägigen Ansprüche von seinen Investoren übertragen werden.

3.2.2. Kapitel II: Aufteilung der finanziellen Zuständigkeit

In diesem Kapitel wird dargelegt, auf welcher Grundlage die finanzielle Zuständigkeit im Rahmen eines Streitbeilegungsverfahrens entweder der Union oder einem Mitgliedstaat oder beiden zugewiesen wird.

Als Hauptkriterium für die Zuweisung gilt der Ursprung der Behandlung, gegen die der Investor geklagt hat. Geht die Behandlung auf eine Rechtsvorschrift der Union zurück, so hat die Union die finanzielle Zuständigkeit. Hat die Behandlung ihren Ursprung in einem Rechtsakt eines Mitgliedstaats, so liegt die finanzielle Zuständigkeit bei ihm, sofern die Behandlung nicht nach Unionsrecht vorgeschrieben war. Hingegen sollte dem Mitgliedstaat die finanzielle Zuständigkeit für eine unionsrechtlich vorgeschriebene Behandlung zufallen, wenn diese Behandlung erforderlich war, um einen früheren Verstoß gegen Unionsrecht zu korrigieren.

In Fällen, in denen die finanzielle Zuständigkeit einem Mitgliedstaat zugewiesen wurde, kann die Kommission einen Beschluss verabschieden, in dem die Zuweisung festgestellt wird.

Ungeachtet dieser Aufteilungskriterien übernimmt der Mitgliedstaat die finanzielle Zuständigkeit, wenn er entscheidet, die finanzielle Zuständigkeit in einer Streitsache zu übernehmen, bei der die Union die Schiedsbeklagte ist oder als Schiedsbeklagte auftritt, oder wenn er einen Vergleich eingehen will.

Sollte ein Mitgliedstaat die finanzielle Zuständigkeit für eine Streitsache übernehmen, können sich der Mitgliedstaat und die Kommission über den Mechanismus für die Zahlung der Kosten für das Schiedsverfahren und den Schiedsspruch einigen. Die Kommission teilt dem Schiedsgericht und dem Investor mit, dass der Mitgliedstaat die finanzielle Zuständigkeit übernommen hat.

3.2.3. Kapitel III: Abwicklung von Streitigkeiten

In diesem Kapitel werden die Grundsätze für die Abwicklung von Streitigkeiten über Behandlungen dargelegt, die ganz oder teilweise von der Union oder einem Mitgliedstaat gewährt wurden.

In Abschnitt 1 dieses Kapitels wird festgelegt, dass die Union als Schiedsbeklagte auftritt, wenn die Streitigkeit eine von der Union gewährte Behandlung betrifft.

Abschnitt 2 betrifft Streitigkeiten, die sich auf eine Behandlung beziehen, die vollständig oder teilweise von einem Mitgliedstaat gewährt wurde. Die Kommission notifiziert den betroffenen Mitgliedstaat, sobald ihr zur Kenntnis gelangt, dass ein Investor nach den Bestimmungen einer Investitionsschutzübereinkunft Konsultationen verlangt hat. Der Mitgliedstaat kann an den Konsultationen teilnehmen, ferner stellt er der Kommission alle relevanten Informationen zur Verfügung.

Sobald die Kommission oder ein Mitgliedstaat nach den Bestimmungen einer Investitionsschutzübereinkunft eine Mitteilung über die Einleitung des Schiedsverfahrens von einem Investor erhält, notifizieren sie sich gegenseitig. Der Mitgliedstaat kann als Schiedsbeklagte auftreten, sofern die Kommission nicht beschließt, dass die Union als Schiedsbeklagte auftreten soll, oder falls der Mitgliedstaat selbst möchte, dass die Union dies tut. Die Kommission kann einen Beschluss fassen, dass die Union als Schiedsbeklagte auftritt,

Wenn die Union als Schiedsbeklagte auftritt, muss der betroffene Mitgliedstaat der Kommission alle nötige Unterstützung gewähren, außerdem kann er der Delegation der Union beim Schiedsverfahren angehören. Die Kommission hält den Mitgliedstaat über alle wichtigen Schritte des Verfahrens auf dem Laufenden, arbeitet eng mit ihm zusammen und konsultiert ihn regelmäßig.

Wenn der Mitgliedstaat als Schiedsbeklagter auftritt, muss er der Kommission alle Unterlagen zum Verfahren zur Verfügung stellen und ihr die Möglichkeit einräumen, der Delegation des Mitgliedstaats beim Schiedsverfahren anzugehören. Der Mitgliedstaat hält die Kommission über alle wichtigen Schritte des Verfahrens auf dem Laufenden; außerdem kann er aufgefordert werden, bei der Abwehr des Anspruchs einen bestimmten Standpunkt zu vertreten, falls ein Unionsinteresse berührt wird.

3.2.4. Kapitel IV: Vergleich

Wenn die Kommission der Auffassung ist, dass den Interessen der Union mit einem Vergleich über eine ausschließlich von der Union gewährte Behandlung am besten gedient wäre, kann sie einen Beschluss zur Genehmigung des Vergleichs fassen. Dieser Beschluss wird nach dem Prüfverfahren der Verordnung (EU) Nr. 182/1114 erlassen.

Wenn die Kommission der Auffassung ist, dass den Interessen der Union mit einem Vergleich über eine ausschließlich von einem Mitgliedstaat oder gleichzeitig von einem Mitgliedstaat und der Union gewährten Behandlung am besten gedient wäre, konsultiert sie den betroffenen Mitgliedstaat. Wenn der Mitgliedstaat einem Vergleich zustimmt, bemüht er sich, eine Einigung mit der Kommission über die für die Verhandlung und Durchführung des Vergleichs erforderlichen Aspekte zu erzielen. Die Kommission kann beschließen, die Streitigkeit auch ohne Zustimmung des betroffenen Mitgliedstaats beizulegen, wenn sie der Auffassung ist, dass ein übergeordnetes Interesse der Union vorliegt. Die Bedingungen des Vergleichs werden im Einklang mit dem Prüfverfahren festgelegt.

Betrifft eine Schiedsklage eine ausschließlich von einem Mitgliedstaat gewährte Behandlung, dann kann der Mitgliedstaat die Streitigkeit unter der Voraussetzung beilegen,

Der Mitgliedstaat konsultiert die Kommission, die binnen 90 Tagen entscheidet, ob alle genannten Bedingungen erfüllt sind.

3.2.5. Kapitel V: Leistung der aus abschließenden Schiedssprüchen und Vergleichen resultierenden Zahlungen

Wenn der betroffene Mitgliedstaat in einem Verfahren als Schiedsbeklagter auftritt, ist er für die Leistung der aus abschließenden Schiedssprüchen und Vergleichen resultierenden Zahlungen im Zusammenhang mit dieser Streitsache zuständig.

Wenn die Union in einem Verfahren als Schiedsbeklagte auftritt, leistet sie etwaige Zahlungen an den Investor aufgrund von abschließenden Schiedssprüchen nach den in der einschlägigen Übereinkunft festgelegten Regeln, sofern kein Mitgliedstaat die finanzielle Zuständigkeit für die Streitigkeit übernommen hat. In Fällen, in denen ein Vergleich vereinbart wurde, zahlt die Kommission den entsprechenden Betrag gemäß den in der Vergleichsvereinbarung festgelegten Regeln.

Wenn die Kommission der Auffassung ist, dass die vollständige oder teilweise Zahlung aufgrund eines abschließenden Schiedsspruchs oder eines Vergleichs von einem Mitgliedstaat zu leisten ist, der die finanzielle Zuständigkeit nicht übernommen hat, konsultiert sie den betroffenen Mitgliedstaat. Falls die Kommission und der Mitgliedstaat keine Einigung in dieser Frage erzielen können, fasst die Kommission einen Beschluss, in dem der von diesem Mitgliedstaat zu zahlende Betrag festgelegt wird. Der Mitgliedstaat leistet binnen drei Monaten nach dem Beschluss der Kommission eine Ausgleichszahlung, zuzüglich Zinsen, zugunsten des Unionshaushalts. Wenn der Mitgliedstaat der Zuweisung der finanziellen Zuständigkeit durch die Kommission nicht zustimmt, legt er Widerspruch ein. Wenn die Kommission den Widerspruch des Mitgliedstaats ablehnt, fasst sie einen Beschluss, mit dem der Mitgliedstaat aufgefordert wird, eine Ausgleichszahlung, zuzüglich Zinsen, zugunsten des Unionshaushalts zu leisten. Der Mitgliedstaat kann sich anschließend auf Artikel 263 AEUV berufen, um die Nichtigerklärung des fraglichen Beschlusses zu erwirken. Daraufhin entscheidet der Gerichtshof der Europäischen Union nach Maßgabe dieser Verordnung über die Angelegenheit. Dieses Verfahren sollte keine Möglichkeit der Kontrolle des Beschlusses der Kommission durch die Mitgliedstaaten vorsehen. Es handelt sich um einen Beschluss, der nur für einen Mitgliedstaat gilt, und die diesbezügliche Anwendung der Normen dieser Verordnung durch die Kommission sollte keiner politischen Kontrolle durch die Mitgliedstaaten unterliegen. Die strenge und objektive Anwendung der Kriterien ist wesentlich für das ordnungsgemäße Funktionieren der Verordnung. Sollte der betroffene Mitgliedstaat beim Gerichtshof der Europäischen Union die Nichtigerklärung des Beschlusses der Kommission beantragen, dann hätten andere Mitgliedstaaten, die ein Interesse an der Auslegung haben, die Möglichkeit, in das Verfahren vor dem Gerichtshof einzugreifen.

Wenn die Union als Schiedsbeklagte auftritt, werden die Schiedskosten je nach Zuweisung der finanziellen Zuständigkeit von der Union oder dem Mitgliedstaat getragen. Die Kommission kann einen Beschluss fassen, mit dem der von der Streitsache betroffene Mitgliedstaat verpflichtet wird, Zahlungen an den Haushalt der Union für etwaige periodisch anfallende Schiedskosten zu leisten.

4. Auswirkungen auf den Haushalt

Es liegt in der Natur der Sache, dass keine genauen Angaben zu den wahrscheinlichen Kosten im Zusammenhang mit der Beilegung von Investor-Staat-Streitigkeiten gemacht werden können. Diese Kosten sind von zahlreichen Faktoren abhängig, unter anderem von der Höhe der Kapitalströme, der Stabilität der Rahmenbedingungen für Investitionen usw. Das diesbezügliche Haftungsrisiko der Union wird natürlich auch von der Zahl derartiger Übereinkünfte bestimmt, deren Vertragspartei sie letztendlich sein wird. Zum Zeitpunkt dieses Vorschlags ist die Union nur Vertragspartei einer einzigen Übereinkunft, welche die Möglichkeit der Beilegung von Investor-Staat-Streitigkeiten einschließt, allerdings werden derzeit eine Reihe weiterer Übereinkünfte ausgehandelt. Deshalb ist es unmöglich, bei der Ausarbeitung einer Verordnung dieser Art, die horizontale Wirkung haben soll, genaue Angaben zu den wahrscheinlichen Auswirkungen auf den Haushalt zu machen. Die Schwierigkeit einer genauen Schätzung ist zwar nicht von der Hand zu weisen, im Einzelfall ist es aber durchaus möglich, bei der Folgenabschätzung für eine bestimmte Übereinkunft genauere Analyse vorzunehmen; darüber hinaus sollte jedes Übereinkommen auch einer Expost-Bewertung unterzogen werden. Für alle künftig nach Artikel 218 AEUV zu schließenden Übereinkommen, die unter diese Verordnung fallen, werden Finanzbogen ausgearbeitet.

Es muss gewährleistet sein, dass im Gesamthaushaltsplan der Europäischen Union alles Nötige vorgesehen ist, um nach Maßgabe dieser Verordnung etwaige Kosten zu decken, die sich aus Übereinkommen mit Drittländern unter Einschluss der Beilegung von Investor-Staat-Streitigkeiten ergeben. In dieser Hinsicht sind drei Elemente von Belang: Erstens müssen Mittel für die Zahlung der Kosten des Schiedsgerichts und aller sonstigen damit verbundenen Kosten bereitgestellt werden. Zweitens müssen Mittel bereitgestellt werden für Fälle, in denen die Union einen finanziellen Ausgleich aufgrund von abschließenden Schiedssprüchen oder Vergleichen im Zusammenhang mit Rechtshandlungen ihrer Institutionen leisten muss. Drittens ist es in Fällen, in denen die Union als Schiedsbeklagte auftritt, der betroffene Mitgliedstaat jedoch letztlich als finanziell zuständig anzusehen ist, erforderlich, dass die Union alle nötigen Zahlungen leistet und diese Beträge anschließend vom betroffenen Mitgliedstaat zurückfordert. Darüber hinaus ist ein Mechanismus vorzusehen, nach dem ein Mitgliedstaat, der die finanzielle Zuständigkeit für eine Streitsache übernommen hat, periodische Zahlungen an den EU-Haushalt leistet als Ausgleich für die Schiedskosten. Alle diesbezüglichen Zahlungen und Rückforderungen würden die Haushaltslinie 20 02 01 - Außenhandelsbeziehungen, einschließlich Zugang zu Drittlandsmärkten - betreffen. Die dazu erforderlichen Vorkehrungen wurden im Vorschlag der Kommission für den Haushaltsplan 1315 getroffen, und zwar in Gestalt einer Erläuterung zur genannten Haushaltslinie:

"Durch internationale Übereinkünfte eingeführte Beilegung von Investor-Staat-Streitigkeiten.

Die folgenden Mittel decken Ausgaben für:

Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments des Rates zur Schaffung der Rahmenbedingungen für die Regelung der finanziellen Zuständigkeit bei Investor-Staat-Streitigkeiten vor Schiedsgerichten, welche durch völkerrechtliche Übereinkünfte eingesetzt wurden, deren Vertragspartei die Europäische Union ist

DAS Europäische Parlament der Rat der Europäischen Union - gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (im Folgenden "AEUV"), insbesondere auf Artikel 207 Absatz 2, auf Vorschlag der Europäischen Kommission, nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente, gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren, in Erwägung nachstehender Gründe:

Kapitel I
Allgemeine Bestimmungen

Artikel 1
Geltungsbereich

Artikel 2
Begriffsbestimmungen

Im Sinne dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck

Kapitel II
Aufteilung der finanziellen Zuständigkeit

Artikel 3
Aufteilungskriterien

Kapitel III
Abwicklung von Streitigkeiten

Abschnitt 1
Abwicklung von Streitigkeiten über eine von der Union gewährte Behandlung

Artikel 4
Von der Union gewährte Behandlung

Die Union tritt als Schiedsbeklagte auf, wenn die Streitigkeit eine Behandlung betrifft, die von einem Organ, einer Einrichtung oder einer Agentur der Union gewährt wurde.

Abschnitt 2
Abwicklung von Streitigkeiten über eine von einem Mitgliedstaat gewährte Behandlung

Artikel 5
Von einem Mitgliedstaat gewährte Behandlung

Dieser Abschnitt betrifft Streitigkeiten über eine Behandlung, die ganz oder teilweise von einem Mitgliedstaat gewährt wurde.

Artikel 6
Konsultationen

Artikel 7
Einleitung eines Schiedsverfahrens

Sobald der Kommission die Mitteilung eines Schiedsklägers zugeht, in der dieser seine Absicht bekundet, ein Schiedsverfahren nach Maßgabe einer Übereinkunft einzuleiten, notifiziert sie den betroffenen Mitgliedstaat.

Ein Mitgliedstaat, dem die Mitteilung eines Schiedsklägers zugeht, in der dieser seine Absicht bekundet, ein Schiedsverfahren einzuleiten, notifiziert er die Kommission unverzüglich.

Artikel 8
Status als Schiedsbeklagter

Artikel 9
Abwicklung eines Schiedsverfahrens durch einen Mitgliedstaat

Artikel 10
Abwicklung eines Schiedsverfahrens durch die Union

Tritt die Union nach Artikel 8 als Schiedsbeklagte auf, gelten die folgenden Bestimmungen im gesamten Schiedsverfahren:

Artikel 11
Übernahme der etwaigen finanziellen Zuständigkeit durch den Mitgliedstaat, wenn die Union als Schiedsbeklagte auftritt

Tritt die Union nach Artikel 8 als Schiedsbeklagte auf, kann der betroffene Mitgliedstaat jederzeit die etwaige finanzielle Zuständigkeit übernehmen, die sich aus dem Schiedsverfahren ergibt.

Zu diesem Zweck können der betroffene Mitgliedstaat und die Kommission Vereinbarungen treffen, die sich unter anderem mit Folgendem befassen:

Kapitel IV
Vergleich

Artikel 12
Beilegung von Streitigkeiten über eine von der Union gewährte Behandlung

Artikel 13
Beilegung von Streitigkeiten über eine von einem Mitgliedstaat gewährte Behandlung

Artikel 14
Vergleich durch einen Mitgliedstaat

Kapitel V
Leistung der aus abschließenden Schiedssprüchen und Vergleichen resultierenden Zahlungen

Artikel 15
Geltungsbereich

Die Bestimmungen dieses Kapitels gelten für den Fall, dass die Union in einer Streitigkeit als Schiedsbeklagte auftritt.

Artikel 16
Verfahren zur Leistung der aus Schiedssprüchen und Vergleichen resultierenden Zahlungen

Artikel 17
Verfahren in Ermangelung einer Vereinbarung über die finanzielle Zuständigkeit

Artikel 18
Vorauszahlung der Schiedskosten

Artikel 19
Zahlung durch einen Mitgliedstaat

Die Zahlung oder Rückzahlung eines Mitgliedstaats an den Haushalt der Union für die Bedienung eines Schiedsspruchs oder Vergleichs oder anderer Kosten gilt als interne zweckgebundene Einnahme im Sinne des [Artikels 18 der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1605/2002 des Rates vom 25. Juni 2002 über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Europäischen Gemeinschaften9]. Sie kann zur Deckung von Ausgaben verwendet werden, die sich aus nach Artikel 218 AEUV geschlossenen Übereinkünften ergeben, welche die Beilegung von Investor-Staat-Streitigkeiten vorsehen, oder zur Rückführung von Mitteln, die ursprünglich zur Deckung der Zahlung aufgrund eines Schiedsspruchs, eines Vergleichs oder einer anderen Kostenverpflichtung entnommen wurden.

Kapitel VI
Schlussbestimmungen

Artikel 20

Artikel 21
Berichterstattung und Überprüfung

Artikel 22

Diese Verordnung tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.

Geschehen zu Brüssel am
Im Namen des Europäischen Parlaments
Der Präsident
Im Namen des Rates
Der Präsident