Der Bundesrat wird über die Vorlage gemäß § 2 EUZBLG auch durch die Bundesregierung unterrichtet.
Hinweis: vgl.
Drucksache 167/91 = AE-Nr. 910629,
Drucksache 1011/94 = AE-Nr. 943217 und
Drucksache 431/10 (PDF) = AE-Nr. 100543
Europäische Kommission
Brüssel, den 21.6.2012
COM (2012) 335 final
2012/0163 (COD)
Begründung
1. Kontext des Vorschlags
1.1. Einleitung
Seit dem Vertrag von Lissabon fallen ausländische Direktinvestitionen unter die gemeinsame Handelspolitik der Union und somit in die ausschließliche Zuständigkeit der Union. Ein wesentliches Merkmal internationaler Übereinkünfte über ausländische Direktinvestitionen (die üblicherweise als Investitionsschutzübereinkünfte bezeichnet werden) ist, dass den Investoren die Möglichkeit eingeräumt wird, Ansprüche gegenüber einem Staat geltend zu machen, wenn der Staat angeblich gegen eine Investitionsschutzübereinkunft verstoßen hat (im Folgenden "Beilegung von Investor-Staat-Streitigkeiten"). Wenn es zu solchen Rechtsstreitigkeiten kommt, entstehen für den betroffenen Staat Kosten (Gebühren für die Verwaltung der Streitbeilegung, Vergütung der Schiedsrichter, Honorare von Rechtsanwälten); zudem kann dieser Staat, falls er verliert, zur Zahlung eines Ausgleichs verurteilt werden.
Die Union ist bereits Vertragspartei einer Übereinkunft (Vertrag über die Energiecharta1), welche die Möglichkeit der Beilegung von Investor-Staat-Streitigkeiten vorsieht; zudem wird sie versuchen, bei einer Reihe von Übereinkünften, die derzeit verhandelt werden oder in der Zukunft verhandelt werden sollen, entsprechende Bestimmungen auszuhandeln. Es ist daher zu überlegen, wie mit den finanziellen Folgen derartiger Streitigkeiten umgegangen werden soll. Mit der vorliegenden Verordnung soll der Rahmen für die Handhabung dieser Folgen festgelegt werden.
Der zentrale Organisationsgrundsatz dieser Verordnung ist, dass die sich aus der Beilegung von Investor-Staat-Streitigkeiten ergebende finanzielle Zuständigkeit dem Akteur zuzuweisen ist, der die strittige Behandlung gewährt hat. Das bedeutet, dass in Fällen, in denen die betreffende Behandlung von den Institutionen der Union gewährt wird, auch die finanzielle Zuständigkeit bei den Institutionen der Union liegen sollte. Wird die betreffende Behandlung von einem Mitgliedstaat der Europäischen Union gewährt, so sollte die finanzielle Zuständigkeit bei diesem Mitgliedstaat liegen. Nur wenn die Handlungen des Mitgliedstaates nach Unionsrecht vorgeschrieben sind, sollte der Union die finanzielle Zuständigkeit zufallen. Aus diesem zentralen Grundsatz ergibt sich ferner, dass geprüft werden muss, ob und unter welchen Gegebenheiten die Union oder der Mitgliedstaat, der die strittige Behandlung gewährt hat, als Schiedsbeklagter auftreten sollte, wie die Zusammenarbeit zwischen der Kommission und den Mitgliedstaaten in bestimmten Fällen zu strukturieren ist, wie mit der Möglichkeit von Vergleichen umzugehen ist und schließlich welche Mechanismen erforderlich sind, um sicherzustellen, dass etwaige Aufteilungen wirksam werden können.
Bei diesen zusätzlichen Aspekten müssen auch die drei anderen Grundsätze dieser Verordnung berücksichtigt werden. Erstens muss die generelle Abwicklung der Zuweisung der finanziellen Zuständigkeit für die Union im Endeffekt haushaltsneutral sein, so dass die Union nur die Kosten trägt, die auf Rechtsvorschriften von EU-Institutionen zurückgehen. Zweitens muss der Mechanismus so funktionieren, dass einem Investor aus einem Drittland keine Nachteile entstehen, weil die finanzielle Zuständigkeit innerhalb der Union geregelt werden muss. Mit anderen Worten würde im Falle einer unterschiedlichen Rechtsauffassung zwischen Union und Mitgliedstaat eine Zahlung aufgrund eines Schiedsspruchs an den Investor aus dem Drittland geleistet und erst danach die Zuweisung innerhalb der Union vorgenommen. Drittens muss der Mechanismus den Grundsätzen gerecht werden, die das auswärtige Handeln der Union gemäß den Verträgen und der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union bestimmen, insbesondere den beiden Grundsätzen der geschlossene völkerrechtliche Vertretung und der loyalen Zusammenarbeit.
Es sei darauf hingewiesen, dass die Kommission in ihrer Mitteilung "Auf dem Weg zu einer umfassenden europäischen Auslandsinvestitionspolitik"2 bereits auf die Notwendigkeit dieser Verordnung hingewiesen hat.
Das Europäische Parlament forderte die vorgeschlagene Verordnung ausdrücklich in seiner Entschließung zur künftigen europäischen Auslandsinvestitionspolitik (Ziffer 35 der Entschließung A7-0070/2011, verabschiedet am 22. April 2011). Darüber hinaus ersuchte der Rat die Kommission in seinen Schlussfolgerungen zu einer umfassenden europäischen Auslandsinvestitionspolitik vom 25. Oktober 2010, eine ausführliche Studie zu den einschlägigen Fragen durchzuführen. Nachfolgende Erörterungen im Rat, insbesondere bei der Verabschiedung der einschlägigen Verhandlungsdirektiven für bestimmte Übereinkünfte, über die derzeit verhandelt wird, haben das starke Interesse des Rates an dieser Maßnahme bestätigt.
1.2. Die Zuständigkeit der Union für den Abschluss von Investitionsschutzübereinkünften und die völkerrechtliche Zuständigkeit der Union im Rahmen dieser Übereinkünfte
Die Kommission ist der Ansicht, dass die Union die ausschließliche Zuständigkeit für den Abschluss von Übereinkommen hat, die alle Fragen in Bezug auf ausländische Investitionen, also ausländische Direktinvestitionen und Portfolioinvestition, abdecken 3. Die ausschließliche Zuständigkeit für ausländische Direktinvestitionen ergibt sich aus Artikel 207 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union ("AEUV"). Die Zuständigkeit der Union für Portfolioinvestitionen geht nach Auffassung der Kommission aus Artikel 63 AEUV hervor. Danach sind Beschränkungen des Kapitalverkehrs zwischen den Mitgliedstaaten der Union und Drittländern verboten. Nach Artikel 3 Absatz 2 AEUV hat die Union die ausschließliche Zuständigkeit, sobald eine internationale Übereinkunft Vorschriften enthält, die "gemeinsame Regeln beeinträchtigen oder deren Tragweite verändern" könnten. Nach Auffassung der Kommission muss die Union auch in Fragen der Portfolioinvestitionen die ausschließliche Zuständigkeit haben, da die vorgesehenen Regeln, die gleichermaßen für Portfolioinvestitionen gelten würden, die gemeinsamen Regeln für den Kapitalverkehr nach Artikel 63 AEUV beeinträchtigen können.
Darüber hinaus ist die Kommission der Auffassung, dass sich die Zuständigkeit der Union auf alle in Investitionsschutzdokumenten genannten Normen erstreckt, auch auf die Enteignung. Erstens umfasst die Zuständigkeit der Union für die gemeinsame Handelspolitik nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union auch Verpflichtungen, die im Nachhinein gelten (d.h. nachdem eine Ware eingeführt wurde oder ein Dienstleister seine Tätigkeit aufgenommen hat), selbst in Bereichen, in denen die Mitgliedstaaten weiter die Möglichkeit haben, nationale Vorschriften zu erlassen 4. Es ist daher gängige Praxis, dass die Zuständigkeit der Union für den Warenverkehr nicht auf Maßnahmen an den Grenzen, wie etwa Zölle und Einfuhrkontingente, beschränkt ist, sondern auch Aspekte betrifft, die nach der Einfuhr relevant sind, beispielsweise die Gewährung der Inländerbehandlung und der Meistbegünstigung im Hinblick auf Steuern und andere innerstaatliche Rechts- und Verwaltungsvorschriften5 oder die Abschaffung unnötiger Handelshemmnisse aufgrund von technischen Vorschriften und Normen 6. Ebenso besteht allgemeine Einigkeit darüber7, dass die Zuständigkeit der Union in Bezug auf den "Dienstleistungshandel" nicht auf Fragen des Marktzugangs beschränkt ist, sondern auch Aspekte wie die Inländerbehandlung und die Meistbegünstigung im Hinblick auf innerstaatliche Rechts- und Verwaltungsvorschriften sowie bestimmte Verpflichtungen hinsichtlich der Verwaltung und des Inhalts der innerstaatlichen Rechtsvorschriften umfasst. Dieser Logik entsprechend muss die Zuständigkeit der Union für ausländische Direktinvestitionen und den Kapitalverkehr auch die Normen abdecken, die nach Aufnahme der Tätigkeit gelten, einschließlich Inländerbehandlung und Meistbegünstigung, gerechte und billige Behandlung und Schutz vor Enteignung ohne Entschädigung. Ferner sei darauf hingewiesen, dass Artikel 345 AEUV lediglich bestimmt, dass die Verträge die Eigentumsordnung in den Mitgliedstaaten unberührt lassen. Verträge, die einen Investitionsschutz vorsehen, wirken sich nicht auf die Eigentumsordnung aus - sie verlangen vielmehr, dass Enteignungen bestimmten Bedingungen unterliegen, beispielsweise die Zahlung einer Entschädigung. Die spezifische Vorschrift in Artikel 345 bedeutet daher nicht, dass die Union nicht für die Regeln über die Enteignung zuständig ist, die in Übereinkünften zum Investitionsschutz enthalten sind. Schließlich wird auch festgestellt, dass die Zuständigkeit für die Festlegung und Anwendung von Streitbeilegungsvorschriften einhergeht mit der grundsätzlichen Zuständigkeit für den Regelungsgegenstand8.
- "32. Nach Ansicht des Königreichs der Niederlande ist eine gemeinsame Beteiligung der Gemeinschaft und der Mitgliedstaaten am WTO-Abkommen deshalb gerechtfertigt, weil die Mitgliedstaaten im Bereich der technischen Handelshemmnisse wegen des Optionscharakters einiger hierzu bestehender Gemeinschaftsrichtlinien und aufgrund der Tatsache, dass in diesem Bereich eine umfassende Harmonisierung weder bestehe noch angestrebt sei, über eine eigene Zuständigkeit verfügten.
- 33. Dem ist nicht zu folgen. Das Übereinkommen über technische Handelshemmnisse ist als unter die gemeinsame Handelspolitik fallend anzusehen, da seine Bestimmungen nur verhindern sollen, dass technische Vorschriften und Normen sowie Verfahren zur Bewertung der Übereinstimmung mit technischen Vorschriften und Normen unnötige Hemmnisse für den internationalen Handel schaffen (vgl. die Begründung und die Artikel 2.2 und 5.1.2 des Übereinkommens)."
Daraus folgt also, dass im Falle einer Übereinkunft, die nur von der Union geschlossen wird, auch nur die Union von einem Investor verklagt werden kann. Das wäre selbst dann der Fall, wenn die Behandlung, die in einer Investor-Staat-Streitigkeit angefochten wird, nicht von der Union, sondern von einem Mitgliedstaat gewährt wird.
Sollten sowohl die Europäische Union als auch die Mitgliedstaaten Vertragsparteien einer Übereinkunft sein und müsste entschieden werden, wer in völkerrechtlicher Hinsicht für eine bestimmte Maßnahme verantwortlich ist, so ist die Kommission der Auffassung, dass dies nicht nach dem Urheber der Rechtsvorschrift zu entscheiden ist, sondern auf der Grundlage der Zuständigkeit für den Gegenstand der betreffenden völkerrechtlichen Regeln entsprechend dem AEUV. Aus dieser Sicht ist es unerheblich, dass ein Mitgliedstaat nach den Regeln über den Binnenmarkt Befugnisse hat, die es ihm erlauben, auf nationaler Ebene Rechtsvorschriften zu erlassen.
Diese Logik wurde in der Rechtsprechung des Gerichtshofs bestätigt. So etwa stellte der Gerichtshof in seinem Gutachten 001/91 fest (Hervorhebung durch den Autor):
Artikel 2 Buchstabe c des Abkommens definiert den Begriff der Vertragsparteien. Für die Gemeinschaft und ihre Mitgliedstaaten erfasst dieser Begriff je nach Lage des Falles die Gemeinschaft und ihre Mitgliedstaaten oder die Gemeinschaft oder ihre Mitgliedstaaten. Welche dieser drei Möglichkeiten zu wählen ist, ist den im Einzelfall maßgeblichen Bestimmungen des Abkommens und den jeweiligen Befugnissen der Gemeinschaft und der Mitgliedstaaten zu entnehmen, wie sie sich aus dem EWG-Vertrag und dem EGKS-Vertrag ergeben9.
Im internationalen Zusammenhang hat die Völkerrechtskommission die Möglichkeit anerkannt, dass zwischen einer internationalen Organisation und ihren Mitgliedern Sonderregeln gelten können. Bei der Erarbeitung ihrer Artikelentwürfe über die Verantwortlichkeit internationaler Organisationen hat die Völkerrechtskommission festgestellt, dass ihre diesbezüglichen Vorschriften unter bestimmten Umständen möglicherweise nicht anwendbar sind oder geändert werden müssen10.
Während aus den genannten Gründen die Union grundsätzlich die völkerrechtliche Verantwortlichkeit für den Verstoß gegen Bestimmungen trägt, die in ihre Zuständigkeit fallen, ist die Aufteilung der finanziellen Zuständigkeit zwischen der Union und den Mitgliedstaaten unionsrechtlich gesehen möglich. Wie in Abschnitt 1.3 erörtert, wäre es nach Auffassung der Kommission angemessen, dass die einzelnen Mitgliedstaaten für ihre eigenen Rechtsvorschriften finanziell zuständig sind, sofern das Unionsrecht diese nicht vorschreibt.
Desgleichen sollte aus den genannten Gründen zwar grundsätzlich die Union in allen Streitigkeiten über einen mutmaßlichen Verstoß gegen eine Bestimmung einer völkerrechtlichen Übereinkunft, die in die ausschließliche Zuständigkeit der Union fällt, als Schiedsbeklagte auftreten, selbst wenn diese Verstöße auf die Handlung eines Mitgliedstaats zurückzuführen sind, es besteht aber die Möglichkeit - wie in Artikel 2 Absatz 1 AEUV ausdrücklich festgestellt -, einen Mitgliedstaat zu ermächtigen, unter geeigneten Umständen als Schiedsbeklagter aufzutreten, da es zu erheblichen Belastungen des Unionshaushalts und der Mittel der Union kommen könnte (auch vorübergehend), wenn die Union in allen Fällen als Schiedsbeklagte auftreten würde. Folglich sollte der Mechanismus nicht dergestalt eingerichtet werden, dass er strikt auf die Anwendung der Zuständigkeitsregeln abstellt; vielmehr erscheint es angebracht, pragmatische Lösungen anzustreben, die dem Investor Rechtssicherheit bieten und alle Mechanismen bereitstellen, die zur reibungslosen Abwicklung von Schiedsverfahren und letztlich für die angemessene Zuweisung der finanziellen Zuständigkeit erforderlich sind. Wie in Abschnitt 1.4 erläutert wird, sollten die Mitgliedstaaten nach Auffassung der Kommission als Schiedsbeklagte auftreten können, um ihre eigenen Handlungen zu verteidigen, es sei denn, die Interessen der Union sprechen unter bestimmten Umständen dagegen. Gleichzeitig muss sichergestellt sein, dass der Grundsatz der geschlossenen völkerrechtlichen Vertretung gewahrt bleibt.
1.3. Zuweisung der finanziellen Zuständigkeit
Wie bereits dargelegt ist die Beilegung von Investor-Staat-Streitigkeiten mit Kosten für die betroffenen Parteien verbunden, sowohl in Form von Gebühren als auch in Form von Zahlungen aufgrund des abschließenden Schiedsspruchs. Es ist wichtig, die Frage der Abwicklung und Verwaltung eines Schiedsverfahrens bei Investor-Staat-Streitigkeiten von der Frage der Zuweisung der finanziellen Zuständigkeit zu trennen. Dies ist erforderlich, um die gerechte Zuweisung der Kosten zu gewährleisten, damit der EU-Haushalt - und damit auch die Haushalte von Mitgliedstaaten, die nicht von dem fraglichen Verfahren betroffen sind - nicht mit Kosten belastet werden, die eine von einem Mitgliedstaat gewährte Behandlung betreffen. Daher sollte sich die finanzielle Zuständigkeit für alle Kosten nach dem Ursprung der vom Investor beklagten Behandlung richten, unabhängig davon, ob die Union oder ein Mitgliedstaat in einem Verfahren als Schiedsbeklagter auftritt. Sollte der Ursprung der von einem Investor beanstandeten Behandlung also ausschließlich auf einen Mitgliedstaat zurückgehen, so sollte der fragliche Mitgliedstaat auch die Kosten der Streitbeilegung tragen. Desgleichen sollte die Union die finanzielle Zuständigkeit übernehmen, wenn die Behandlung, gegen die ein Investor klagt, ihren Ursprung bei den Institutionen der Union hat (also auch dann, wenn die fragliche Maßnahme von einem Mitgliedstaat aufgrund unionsrechtlicher Verpflichtungen ergriffen wurde). Auch die Entscheidung, ob die Streitigkeit auf dem Vergleichswege beigelegt werden soll und wer für die Zahlung aufgrund eines Schiedsspruchs zuständig ist, sollte normalerweise anhand des Ursprungs der Behandlung getroffen werden.
Zwar kann die Aufteilung der finanziellen Zuständigkeit zwischen der Union und einem Mitgliedstaat zu komplexen Überlegungen führen, die Interessen des klagenden Investors sollten von etwaigen Unstimmigkeiten zwischen der Union und dem Mitgliedstaat aber nicht beeinträchtigt werden. Es sollte daher mit entsprechenden Vorkehrungen sichergestellt werden, dass alle Zahlungen aufgrund von abschließenden Schiedssprüchen oder Vergleichen unverzüglich an den Investor geleistet werden, und zwar unabhängig von den Entscheidungen über die Zuweisung der finanziellen Zuständigkeit. Darüber hinaus sollte zwecks Vermeidung unnötiger Belastungen des Unionshaushalts mit entsprechenden Bestimmungen dafür gesorgt werden, dass regelmäßige Zahlungen an den Unionshaushalt erfolgen, welche die Schiedskosten abdecken, und dass der betroffene Mitgliedstaat unverzüglich Rückerstattungszahlungen an den Unionshaushalt leistet.
1.4. Die Rolle der Union und der Mitgliedstaaten bei der Abwicklung von Streitigkeiten
In diesem Vorschlag werden drei Szenarien dargestellt, die sich hinsichtlich der Rollenverteilung zwischen der Union und den Mitgliedstaaten bei der Abwicklung von Streitigkeiten im Rahmen von Übereinkünften, deren Vertragspartei die Union ist, unterscheiden.
Im ersten Szenarium würde die Union als Schiedsbeklagte auftreten, weil die Behandlung, die angeblich gegen die Übereinkunft verstößt, von einer oder mehreren EU-Institutionen gewährt wurde. In solchen Fällen würde die Union die uneingeschränkte finanzielle Zuständigkeit übernehmen.
Im zweiten Fall würde der Mitgliedstaat als Schiedsbeklagter auftreten, weil die fragliche Behandlung von ihm gewährt wurde. In solchen Fällen würde der Mitgliedstaat die uneingeschränkte finanzielle Zuständigkeit übernehmen. In diesem Szenarium müsste der Mitgliedstaat die Kommission über die Entwicklungen in der Streitsache auf dem Laufenden halten und der Kommission zugestehen, in bestimmten Fragen die Richtung vorzugeben11.
Im dritten Szenarium würde die Union als Schiedsbeklagte für eine von einem Mitgliedstaat gewährte Behandlung auftreten. Dieser Fall würde eintreten, wenn der Mitgliedstaat sich dagegen entschieden hat, als Schiedsbeklagter aufzutreten. Dieser Fall würde auch dann eintreten, wenn die Kommission entscheidet, dass Fragen des Unionsrechts dergestalt betroffen sind, dass die Union möglicherweise ganz oder teilweise finanziell zuständig ist. Schließlich würde er eintreten, wenn die Kommission zur Auffassung gelangt, dass die Union Stellung beziehen muss, um eine geschlossene völkerrechtliche Vertretung sicherzustellen, weil die Wahrscheinlichkeit besteht, dass in Streitigkeiten gegen andere Mitgliedstaaten ähnliche Ansprüche erhoben werden oder weil die Streitigkeit ungeklärte Rechtsfragen aufwirft, die in anderen Streitigkeiten erneut auftauchen dürften. In diesen Fällen wird die Union durch die Kommission vertreten aufgrund deren Außenvertretungsaufgabe nach Artikel 17 des Vertrags über die Europäische Union ("EUV").
Für die Kommission ist offensichtlich, dass ein hohes Maß an Zusammenarbeit mit dem betroffenen Mitgliedstaat sicherzustellen ist, wenn die Union als Schiedsbeklagte für eine von diesem Mitgliedstaat gewährte Behandlung auftritt. Dazu gehört die enge Zusammenarbeit bei der Vorbereitung der Verteidigung während des gesamten Verfahrens. So wird es erforderlich sein, Unterlagen gemeinsam zu nutzen; außerdem sollten Vertreter des jeweiligen Mitgliedstaats der Delegation der Union angehören. Diesen Vertretern auf gesetzgeberischem Wege eine spezifische Rolle bei den Anhörungen zuzuweisen oder die Einreichung individueller Schriftsätze zu erlauben, würde jedoch zur Schaffung eines zu starren Systems führen und könnte die Gewährleistung der geschlossenen völkerrechtlichen Vertretung der Union erschweren. Aus diesem Grund sollte diese Verordnung keine diesbezüglichen Einzelheiten enthalten und nur den Grundsatz der engen Zusammenarbeit zwischen der Union und den Mitgliedstaaten festschreiben; der Kommission ist es allerdings ein Anliegen, eine enge und wirksame Zusammenarbeit zu gewährleisten.
Bei der Erarbeitung dieses Vorschlags hat die Kommission eine Reihe von Alternativen in informellen Konsultationen geprüft. Eine Alternative bestand darin, dass die Union und der betroffene Mitgliedstaat gemeinsam als Schiedsbeklagte auftreten. Nach Auffassung der Kommission bietet sich diese Alternative für die Beilegung von Investor-Staat-Streitigkeiten nicht an. Erstens wäre dabei kein angemessener Mechanismus für die Aufteilung der finanziellen Zuständigkeit zwischen dem betroffenen Mitgliedstaat und der Union vorgesehen. Im Falle eines Mitgliedstaats, der eine Zahlung aufgrund eines Schiedsspruchs leistet und dann versucht, seine Zahlung von der Europäischen Union erstattet zu bekommen, indem er selbst zu bestimmen versucht, welche Faktoren unionsrechtlich erforderlich sind, stünde diese Vorgehensweise weder im Einklang mit den Haushaltsverfahren, noch wäre sie wirksam, noch würde sie der Rolle der Kommission bei der Durchführung des Unionsrechts gerecht. Zweitens könnte es zu Widersprüchen bei der Abwehr der Ansprüche kommen, wenn die Mit-Schiedsbeklagten gegensätzliche oder abweichende Argumente anführen. Dies wäre unvereinbar mit dem Grundsatz der geschlossenen völkerrechtlichen Vertretung, wie ihn der Gerichtshof der Europäischen Union aufgestellt hat. Drittens könnte es dazu führen, dass ein Gericht in einer Situation, in der die beiden Mit-Schiedsbeklagten abweichende Positionen in der Frage vertreten, eine Entscheidung über die Verteilung der Zuständigkeiten zwischen der Union und den Mitgliedstaaten fällen müsste; ein Szenario, in dem eine dritte Partei eine Stellungnahme zu einer rein EU-internen Angelegenheit abgibt, sollte vermieden werden. In einem Szenario schließlich, in dem ein Anspruch erfolgreich abgewehrt und dem Schiedsbeklagten Kostenersatz zugesprochen wird, ist nicht zu erwarten, dass ein Gericht der Union und dem betroffenen Mitgliedstaat die Erstattung ihrer Kosten zugestehen würde. Es ist nicht akzeptabel, dass die der Union zu erstattenden Kosten gekürzt werden, um die Kosten zu decken, die einem mitschiedsbeklagten Mitgliedstaat entstanden sind (oder umgekehrt). Das Ergebnis wäre eine unvollständige Erstattung der unionsseitig bereitgestellten Mittel mit der Folge, dass die Haushaltsneutralität der Maßnahme für die Union nicht gewährleistet wäre.
1.5. Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen gegen die Union
Es ist ferner erforderlich, Regeln für Fälle aufzustellen, in denen die EU haftet. Da die Europäische Union Vertragspartei bei solchen Übereinkünften ist oder sein wird, wird die Europäische Union völkerrechtlich verpflichtet sein, jeden gegen sie gerichteten Schiedsspruch anzunehmen. Die Europäische Union würde dieser Verpflichtung nachkommen.
Da die Beilegung von Investor-Staat-Streitigkeiten auf Schiedsverfahren beruht, unterliegen die Anerkennung und die Vollstreckung von Schiedssprüchen in Investitionssachen in den meisten Ländern - auch in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union - den einschlägigen Rechtsvorschriften über die Schiedsgerichtsbarkeit. Diese wiederum basieren häufig entweder auf dem New Yorker Übereinkommen vom 10. Juni 1958 über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche oder auf dem Model Law on International Commercial Arbitration of 1985 (in der 2006 geänderten Fassung) der Kommission der Vereinten Nationen für internationales Handelsrecht (United Nations Commission on International Trade Law - UNCITRAL)12. Das Übereinkommen zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten zwischen Staaten und Angehörigen anderer Staaten (Convention on the Settlement of Investment Disputes between States and Nationals of Other States - "ICSID-Übereinkommen") stellt ein spezifisches Forum für die Beilegung von Investitionsstreitigkeiten bereit. Es besagt in Artikel 54 Absatz 1:
Jeder Vertragsstaat erkennt jeden im Rahmen dieses Übereinkommens erlassenen Schiedsspruch als bindend an und sorgt für die Vollstreckung der darin auferlegten finanziellen Verpflichtungen in seinem Hoheitsgebiet, als handle es sich um ein rechtskräftiges Urteil eines seiner innerstaatlichen Gerichte. Ein Vertragsstaat mit bundesstaatlicher Verfassung kann für die Vollstreckung des Schiedsspruchs durch seine Bundesgerichte sorgen und bestimmen, dass diese einen derartigen Schiedsspruch als rechtskräftiges Urteil der Gerichte eines Gliedstaats behandeln.
Die Regeln über die Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen bei Investitionsstreitigkeiten sind, sofern das fragliche Schiedsverfahren den Regeln des ICSID-Übereinkommens folgt, im ICSID-Übereinkommen festgelegt; ansonsten gelten die Regeln des New Yorker Übereinkommens und des innerstaatlichen Schiedsrechts. Soweit der Kommission bekannt ist, sind spezifische Verfahren für die Handhabung von Schiedssprüchen nach dem ICSID-Übereinkommen nur im innerstaatlichen Recht des Vereinigten Königreichs und von Irland vorgesehen13.
Diese Regeln würden entsprechend für Schiedsverfahren gelten, die aufgrund von Unionsübereinkünften durchgeführt werden. Obwohl keine Fälle bekannt sind, in denen die Union oder ihre Mitgliedstaaten sich geweigert hätten, einen Schiedsspruch anzuerkennen, müsste ein Investor, der die Anerkennung oder Vollstreckung eines Schiedsspruchs anstrebt, sich dazu an die Gerichte der Mitgliedstaaten wenden. Würde die Vollstreckung eines gegen die Union gerichteten Schiedsspruchs angestrebt, so käme Artikel 1 des Protokolls (Nr. 7) über die Vorrechte und Befreiungen der Europäischen Union zur Anwendung:
Die Vermögensgegenstände und Guthaben der Union dürfen ohne Ermächtigung des Gerichtshofes nicht Gegenstand von Zwangsmaßnahmen der Verwaltungsbehörden oder Gerichte sein.
Das bedeutet, dass ein Investor möglicherweise den Gerichtshof der Europäischen Union anrufen muss, falls die Vollstreckung in Vermögenswerte der Union verlangt wird. Die Kommission ist der Auffassung, dass der Gerichtshof das Standardkonzept der Staatenimmunität auf solche Situationen anwenden würde, was dazu führen würde, dass die Situation innerhalb der Union mit der Situation in anderen Ländern, einschließlich der Mitgliedstaaten der Europäischen Union, vergleichbar wäre, in denen der völkerrechtliche Grundsatz der Staatenimmunität gelten würde.
2. Ergebnisse der Konsultationen der interessierten Kreise der Folgenabschätzungen
Dieser Vorschlag war nicht Gegenstand einer Folgenabschätzung. Der Grund dafür ist, dass die Verordnung selbst keine Vorschriften über die Beilegung von Investor-Staat-Streitigkeiten enthält; dies wiederum kann dazu führen, dass die Notwendigkeit zur Einleitung eines Schiedsverfahrens oder die Verpflichtung zu Ausgleichszahlungen entsteht. Soweit es möglich ist, die potenziellen Folgen derartiger Vorschriften zu untersuchen, wird dies in der Folgenabschätzung der entsprechenden Übereinkünfte geschehen. Abschnitt 4 enthält dennoch einige Erläuterungen zu den zu erwartenden Auswirkungen auf den Haushalt.
Die Kommission hat bei der Erarbeitung dieses Vorschlags mehrere Sitzungen mit Vertretern der Mitgliedstaaten und dem Europäischen Parlament abgehalten. Die bei diesen Sitzungen geäußerten Meinungen wurden im beiliegenden Vorschlag sorgsam berücksichtigt.
3. Rechtliche Aspekte
3.1. Rechtsgrundlage
Der Vorschlag basiert auf Artikel 207 Absatz 2 AEUV, in dem die ausschließliche Zuständigkeit der Union für eine gemeinsame Handelspolitik, einschließlich ausländische Direktinvestitionen, festgelegt ist.
3.2. Präsentation des Vorschlags
Mit der vorgeschlagenen Verordnung wird ein Rahmen für die Zuweisung der finanziellen Zuständigkeit im Zusammenhang mit der Beilegung von Investor-Staat-Streitigkeiten aufgrund von Übereinkünften geschaffen, deren Vertragspartei die Union ist.
3.2.1. Kapitel I: Allgemeine Bestimmungen
In diesem Kapitel werden der Anwendungsbereich der vorgeschlagenen Verordnung festgelegt und die verwendeten Begriffe bestimmt. Die vorgeschlagene Verordnung gilt für die Beilegung von Streitigkeiten im Zusammenhang mit Übereinkünften, deren Vertragspartei die Union ist, sofern die Schlichtung von einem Investor eines Drittlands angestrengt wurde. Sie gilt nicht für die zwischenstaatliche Beilegung von Streitigkeiten über Investitionsschutzbestimmungen, weil es dabei nicht um einen möglichen finanziellen Ausgleich geht. Einem Staat, der einen finanziellen Ausgleich anstrebt, müssten die einschlägigen Ansprüche von seinen Investoren übertragen werden.
3.2.2. Kapitel II: Aufteilung der finanziellen Zuständigkeit
In diesem Kapitel wird dargelegt, auf welcher Grundlage die finanzielle Zuständigkeit im Rahmen eines Streitbeilegungsverfahrens entweder der Union oder einem Mitgliedstaat oder beiden zugewiesen wird.
Als Hauptkriterium für die Zuweisung gilt der Ursprung der Behandlung, gegen die der Investor geklagt hat. Geht die Behandlung auf eine Rechtsvorschrift der Union zurück, so hat die Union die finanzielle Zuständigkeit. Hat die Behandlung ihren Ursprung in einem Rechtsakt eines Mitgliedstaats, so liegt die finanzielle Zuständigkeit bei ihm, sofern die Behandlung nicht nach Unionsrecht vorgeschrieben war. Hingegen sollte dem Mitgliedstaat die finanzielle Zuständigkeit für eine unionsrechtlich vorgeschriebene Behandlung zufallen, wenn diese Behandlung erforderlich war, um einen früheren Verstoß gegen Unionsrecht zu korrigieren.
In Fällen, in denen die finanzielle Zuständigkeit einem Mitgliedstaat zugewiesen wurde, kann die Kommission einen Beschluss verabschieden, in dem die Zuweisung festgestellt wird.
Ungeachtet dieser Aufteilungskriterien übernimmt der Mitgliedstaat die finanzielle Zuständigkeit, wenn er entscheidet, die finanzielle Zuständigkeit in einer Streitsache zu übernehmen, bei der die Union die Schiedsbeklagte ist oder als Schiedsbeklagte auftritt, oder wenn er einen Vergleich eingehen will.
Sollte ein Mitgliedstaat die finanzielle Zuständigkeit für eine Streitsache übernehmen, können sich der Mitgliedstaat und die Kommission über den Mechanismus für die Zahlung der Kosten für das Schiedsverfahren und den Schiedsspruch einigen. Die Kommission teilt dem Schiedsgericht und dem Investor mit, dass der Mitgliedstaat die finanzielle Zuständigkeit übernommen hat.
3.2.3. Kapitel III: Abwicklung von Streitigkeiten
In diesem Kapitel werden die Grundsätze für die Abwicklung von Streitigkeiten über Behandlungen dargelegt, die ganz oder teilweise von der Union oder einem Mitgliedstaat gewährt wurden.
In Abschnitt 1 dieses Kapitels wird festgelegt, dass die Union als Schiedsbeklagte auftritt, wenn die Streitigkeit eine von der Union gewährte Behandlung betrifft.
Abschnitt 2 betrifft Streitigkeiten, die sich auf eine Behandlung beziehen, die vollständig oder teilweise von einem Mitgliedstaat gewährt wurde. Die Kommission notifiziert den betroffenen Mitgliedstaat, sobald ihr zur Kenntnis gelangt, dass ein Investor nach den Bestimmungen einer Investitionsschutzübereinkunft Konsultationen verlangt hat. Der Mitgliedstaat kann an den Konsultationen teilnehmen, ferner stellt er der Kommission alle relevanten Informationen zur Verfügung.
Sobald die Kommission oder ein Mitgliedstaat nach den Bestimmungen einer Investitionsschutzübereinkunft eine Mitteilung über die Einleitung des Schiedsverfahrens von einem Investor erhält, notifizieren sie sich gegenseitig. Der Mitgliedstaat kann als Schiedsbeklagte auftreten, sofern die Kommission nicht beschließt, dass die Union als Schiedsbeklagte auftreten soll, oder falls der Mitgliedstaat selbst möchte, dass die Union dies tut. Die Kommission kann einen Beschluss fassen, dass die Union als Schiedsbeklagte auftritt,
- a) wenn es wahrscheinlich ist, dass die Union die finanzielle Zuständigkeit für die Streitsache zumindest teilweise übernehmen muss,
- b) wenn die Streitigkeit auch eine von der Union gewährte Behandlung betrifft,
- c) wenn es wahrscheinlich ist, dass vergleichbare Ansprüche gegen Behandlungen geltend gemacht werden, die von anderen Mitgliedstaaten gewährt wurden, oder
- d) wenn die Streitsache ungelöste Rechtsfragen aufwerfen dürfte.
Wenn die Union als Schiedsbeklagte auftritt, muss der betroffene Mitgliedstaat der Kommission alle nötige Unterstützung gewähren, außerdem kann er der Delegation der Union beim Schiedsverfahren angehören. Die Kommission hält den Mitgliedstaat über alle wichtigen Schritte des Verfahrens auf dem Laufenden, arbeitet eng mit ihm zusammen und konsultiert ihn regelmäßig.
Wenn der Mitgliedstaat als Schiedsbeklagter auftritt, muss er der Kommission alle Unterlagen zum Verfahren zur Verfügung stellen und ihr die Möglichkeit einräumen, der Delegation des Mitgliedstaats beim Schiedsverfahren anzugehören. Der Mitgliedstaat hält die Kommission über alle wichtigen Schritte des Verfahrens auf dem Laufenden; außerdem kann er aufgefordert werden, bei der Abwehr des Anspruchs einen bestimmten Standpunkt zu vertreten, falls ein Unionsinteresse berührt wird.
3.2.4. Kapitel IV: Vergleich
Wenn die Kommission der Auffassung ist, dass den Interessen der Union mit einem Vergleich über eine ausschließlich von der Union gewährte Behandlung am besten gedient wäre, kann sie einen Beschluss zur Genehmigung des Vergleichs fassen. Dieser Beschluss wird nach dem Prüfverfahren der Verordnung (EU) Nr. 182/1114 erlassen.
Wenn die Kommission der Auffassung ist, dass den Interessen der Union mit einem Vergleich über eine ausschließlich von einem Mitgliedstaat oder gleichzeitig von einem Mitgliedstaat und der Union gewährten Behandlung am besten gedient wäre, konsultiert sie den betroffenen Mitgliedstaat. Wenn der Mitgliedstaat einem Vergleich zustimmt, bemüht er sich, eine Einigung mit der Kommission über die für die Verhandlung und Durchführung des Vergleichs erforderlichen Aspekte zu erzielen. Die Kommission kann beschließen, die Streitigkeit auch ohne Zustimmung des betroffenen Mitgliedstaats beizulegen, wenn sie der Auffassung ist, dass ein übergeordnetes Interesse der Union vorliegt. Die Bedingungen des Vergleichs werden im Einklang mit dem Prüfverfahren festgelegt.
Betrifft eine Schiedsklage eine ausschließlich von einem Mitgliedstaat gewährte Behandlung, dann kann der Mitgliedstaat die Streitigkeit unter der Voraussetzung beilegen,
- a) dass der Mitgliedstaat die volle finanzielle Zuständigkeit im Zusammenhang mit dem Vergleich übernimmt;
- b) dass die Vergleichsvereinbarung nur gegenüber diesem Mitgliedstaat wirksam ist;
- c) dass die Vergleichsbedingungen mit dem Unionsrecht vereinbar sind und
- d) dass kein übergeordnetes Interesse der Union vorliegt.
Der Mitgliedstaat konsultiert die Kommission, die binnen 90 Tagen entscheidet, ob alle genannten Bedingungen erfüllt sind.
3.2.5. Kapitel V: Leistung der aus abschließenden Schiedssprüchen und Vergleichen resultierenden Zahlungen
Wenn der betroffene Mitgliedstaat in einem Verfahren als Schiedsbeklagter auftritt, ist er für die Leistung der aus abschließenden Schiedssprüchen und Vergleichen resultierenden Zahlungen im Zusammenhang mit dieser Streitsache zuständig.
Wenn die Union in einem Verfahren als Schiedsbeklagte auftritt, leistet sie etwaige Zahlungen an den Investor aufgrund von abschließenden Schiedssprüchen nach den in der einschlägigen Übereinkunft festgelegten Regeln, sofern kein Mitgliedstaat die finanzielle Zuständigkeit für die Streitigkeit übernommen hat. In Fällen, in denen ein Vergleich vereinbart wurde, zahlt die Kommission den entsprechenden Betrag gemäß den in der Vergleichsvereinbarung festgelegten Regeln.
Wenn die Kommission der Auffassung ist, dass die vollständige oder teilweise Zahlung aufgrund eines abschließenden Schiedsspruchs oder eines Vergleichs von einem Mitgliedstaat zu leisten ist, der die finanzielle Zuständigkeit nicht übernommen hat, konsultiert sie den betroffenen Mitgliedstaat. Falls die Kommission und der Mitgliedstaat keine Einigung in dieser Frage erzielen können, fasst die Kommission einen Beschluss, in dem der von diesem Mitgliedstaat zu zahlende Betrag festgelegt wird. Der Mitgliedstaat leistet binnen drei Monaten nach dem Beschluss der Kommission eine Ausgleichszahlung, zuzüglich Zinsen, zugunsten des Unionshaushalts. Wenn der Mitgliedstaat der Zuweisung der finanziellen Zuständigkeit durch die Kommission nicht zustimmt, legt er Widerspruch ein. Wenn die Kommission den Widerspruch des Mitgliedstaats ablehnt, fasst sie einen Beschluss, mit dem der Mitgliedstaat aufgefordert wird, eine Ausgleichszahlung, zuzüglich Zinsen, zugunsten des Unionshaushalts zu leisten. Der Mitgliedstaat kann sich anschließend auf Artikel 263 AEUV berufen, um die Nichtigerklärung des fraglichen Beschlusses zu erwirken. Daraufhin entscheidet der Gerichtshof der Europäischen Union nach Maßgabe dieser Verordnung über die Angelegenheit. Dieses Verfahren sollte keine Möglichkeit der Kontrolle des Beschlusses der Kommission durch die Mitgliedstaaten vorsehen. Es handelt sich um einen Beschluss, der nur für einen Mitgliedstaat gilt, und die diesbezügliche Anwendung der Normen dieser Verordnung durch die Kommission sollte keiner politischen Kontrolle durch die Mitgliedstaaten unterliegen. Die strenge und objektive Anwendung der Kriterien ist wesentlich für das ordnungsgemäße Funktionieren der Verordnung. Sollte der betroffene Mitgliedstaat beim Gerichtshof der Europäischen Union die Nichtigerklärung des Beschlusses der Kommission beantragen, dann hätten andere Mitgliedstaaten, die ein Interesse an der Auslegung haben, die Möglichkeit, in das Verfahren vor dem Gerichtshof einzugreifen.
Wenn die Union als Schiedsbeklagte auftritt, werden die Schiedskosten je nach Zuweisung der finanziellen Zuständigkeit von der Union oder dem Mitgliedstaat getragen. Die Kommission kann einen Beschluss fassen, mit dem der von der Streitsache betroffene Mitgliedstaat verpflichtet wird, Zahlungen an den Haushalt der Union für etwaige periodisch anfallende Schiedskosten zu leisten.
4. Auswirkungen auf den Haushalt
Es liegt in der Natur der Sache, dass keine genauen Angaben zu den wahrscheinlichen Kosten im Zusammenhang mit der Beilegung von Investor-Staat-Streitigkeiten gemacht werden können. Diese Kosten sind von zahlreichen Faktoren abhängig, unter anderem von der Höhe der Kapitalströme, der Stabilität der Rahmenbedingungen für Investitionen usw. Das diesbezügliche Haftungsrisiko der Union wird natürlich auch von der Zahl derartiger Übereinkünfte bestimmt, deren Vertragspartei sie letztendlich sein wird. Zum Zeitpunkt dieses Vorschlags ist die Union nur Vertragspartei einer einzigen Übereinkunft, welche die Möglichkeit der Beilegung von Investor-Staat-Streitigkeiten einschließt, allerdings werden derzeit eine Reihe weiterer Übereinkünfte ausgehandelt. Deshalb ist es unmöglich, bei der Ausarbeitung einer Verordnung dieser Art, die horizontale Wirkung haben soll, genaue Angaben zu den wahrscheinlichen Auswirkungen auf den Haushalt zu machen. Die Schwierigkeit einer genauen Schätzung ist zwar nicht von der Hand zu weisen, im Einzelfall ist es aber durchaus möglich, bei der Folgenabschätzung für eine bestimmte Übereinkunft genauere Analyse vorzunehmen; darüber hinaus sollte jedes Übereinkommen auch einer Expost-Bewertung unterzogen werden. Für alle künftig nach Artikel 218 AEUV zu schließenden Übereinkommen, die unter diese Verordnung fallen, werden Finanzbogen ausgearbeitet.
Es muss gewährleistet sein, dass im Gesamthaushaltsplan der Europäischen Union alles Nötige vorgesehen ist, um nach Maßgabe dieser Verordnung etwaige Kosten zu decken, die sich aus Übereinkommen mit Drittländern unter Einschluss der Beilegung von Investor-Staat-Streitigkeiten ergeben. In dieser Hinsicht sind drei Elemente von Belang: Erstens müssen Mittel für die Zahlung der Kosten des Schiedsgerichts und aller sonstigen damit verbundenen Kosten bereitgestellt werden. Zweitens müssen Mittel bereitgestellt werden für Fälle, in denen die Union einen finanziellen Ausgleich aufgrund von abschließenden Schiedssprüchen oder Vergleichen im Zusammenhang mit Rechtshandlungen ihrer Institutionen leisten muss. Drittens ist es in Fällen, in denen die Union als Schiedsbeklagte auftritt, der betroffene Mitgliedstaat jedoch letztlich als finanziell zuständig anzusehen ist, erforderlich, dass die Union alle nötigen Zahlungen leistet und diese Beträge anschließend vom betroffenen Mitgliedstaat zurückfordert. Darüber hinaus ist ein Mechanismus vorzusehen, nach dem ein Mitgliedstaat, der die finanzielle Zuständigkeit für eine Streitsache übernommen hat, periodische Zahlungen an den EU-Haushalt leistet als Ausgleich für die Schiedskosten. Alle diesbezüglichen Zahlungen und Rückforderungen würden die Haushaltslinie 20 02 01 - Außenhandelsbeziehungen, einschließlich Zugang zu Drittlandsmärkten - betreffen. Die dazu erforderlichen Vorkehrungen wurden im Vorschlag der Kommission für den Haushaltsplan 1315 getroffen, und zwar in Gestalt einer Erläuterung zur genannten Haushaltslinie:
"Durch internationale Übereinkünfte eingeführte Beilegung von Investor-Staat-Streitigkeiten.
Die folgenden Mittel decken Ausgaben für:
- - Schiedskosten, Rechtsberatungskosten und Gebühren der Union als Partei bei Streitigkeiten aus der Anwendung internationaler Übereinkünfte, die nach Artikel 207 AEUV geschlossen wurden;
- - Zahlungen aufgrund von abschließenden Schiedssprüchen oder von Vergleichen an einen Investor im Rahmen solcher internationalen Übereinkünfte."
- 1. ABl. L 380 vom 31.12.1994, S. 1.
- 2. KOM (2010) 343 endg., S. 10
- 3. Ebenda, S. 8.
- 4. Gutachten 001/94 des Gerichtshofs (EuGH) [1994] Slg. I-5267, insbesondere Randnummern 29, 32 und 33.
- 5. Siehe Artikel I Absatz 1 beziehungsweise Artikel III des Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommens von 1994 (GATT 1994) und Gutachten 001/94 , Randnr. 34.
- 6. Siehe Artikel 2.2 des WTO-Übereinkommens über technische Handelshemmnisse (TBT) und Gutachten 001/94 Randnummern 31-33.
- 7. Der EuGH wies in seinem Gutachten 1/2008 das Vorbringen Spaniens zurück, dass die Zuständigkeit der Gemeinschaft gemäß Artikel 133 EG-Vertrag auf Dienstleistungen der Erbringungsart 2 beschränkt sei (d.h. grenzüberschreitende Dienstleistungen). Dem EuGH zufolge umfasste Artikel 133 EG-Vertrag nach dem Vertrag von Nizza auch die drei übrigen im GATS vorgesehenen Erbringungsarten einschließlich der Erbringung von Dienstleistungen durch eine "kommerzielle Präsenz" (Erbringungsart 3). Siehe Gutachten 1/2008, Randnummern 120-123. Darüber hinaus enthält das Gutachten 1/2008 keinen Hinweis darauf, dass hinsichtlich der Sektoren, für die die EG allein zuständig war, sich diese Zuständigkeit nicht auf die Verpflichtungen zur Inländerbehandlung erstreckte.
- 8. Gutachten 001/91 des Gerichtshofs [1991] Slg. I-60709.
- 9. Gutachten 001/91 , Randnr. 33.
- 10. Siehe Dokument A/CN.4/L.778 vom 30. Mai 2011, Artikel 64, sowie den Bericht der Völkerrechtskommission, 61. Sitzung 0(A/64/10), S. 173-175.
- 11. Nach Artikel 13 der Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Einführung einer Übergangsregelung für bilaterale Investitionsabkommen zwischen Mitgliedstaaten und Drittländern [2010/197 (COD)].
- 12. Diese Instrumente weisen viele Ähnlichkeiten auf.
- 13. Siehe für das VK den Arbitration (International Investment Disputes) Act 1966 und für Irland den Arbitration Act, 1980, (Teil Iv).
- 14. Verordnung (EU) Nr. 182/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 2011 zur Festlegung der allgemeinen Regeln und Grundsätze, nach denen die Mitgliedstaaten die Wahrnehmung der Durchführungsbefugnisse durch die Kommission kontrollieren (ABl. L 55, vom 28.2.2011, S. 13).
- 15. Verabschiedet von der Kommission am 25. Mai 2012 [COM (2012)300].
Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments des Rates zur Schaffung der Rahmenbedingungen für die Regelung der finanziellen Zuständigkeit bei Investor-Staat-Streitigkeiten vor Schiedsgerichten, welche durch völkerrechtliche Übereinkünfte eingesetzt wurden, deren Vertragspartei die Europäische Union ist
DAS Europäische Parlament der Rat der Europäischen Union - gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (im Folgenden "AEUV"), insbesondere auf Artikel 207 Absatz 2, auf Vorschlag der Europäischen Kommission, nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente, gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren, in Erwägung nachstehender Gründe:
- (1) Seit dem Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon besitzt die Union die ausschließliche Zuständigkeit für den Abschluss internationaler Investitionsschutzübereinkünfte. Die Union ist bereits Partei des Vertrags über die Energiecharta1, der Regelungen zum Investitionsschutz enthält.
- (2) Investitionsschutzübereinkünfte sehen typischerweise einen Mechanismus zur Beilegung von Streitigkeiten zwischen Investoren und Staaten ("Investor-Staat-Streitigkeiten") vor; dieser Mechanismus ermöglicht es einem Investor aus einem Drittland, Klage gegen einen Staat einzureichen, in dem er eine Investition getätigt hat. Bei der Beilegung von Investor-Staat-Streitigkeiten kann ein finanzieller Ausgleich zugesprochen werden. In einer solchen Streitsache fallen darüber hinaus zwangsläufig beträchtliche Kosten für die Verwaltung des Schiedsverfahrens sowie Kosten für die Klagebeantwortung an.
- (3) Nach der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union2 sollte die völkerrechtliche Zuständigkeit für die von der Streitbeilegung betroffene Behandlung entsprechend der Aufteilung der Zuständigkeiten zwischen der Europäischen Union und den Mitgliedstaaten geregelt werden. Somit ist grundsätzlich die Union zuständig für die Abwehr von Ansprüchen aus einem angeblichen Verstoß gegen die Vorschriften einer Übereinkunft, welche in die ausschließliche Zuständigkeit der Union fallen, und zwar unabhängig davon, ob die Union selbst oder ein Mitgliedstaat die in Rede stehende Behandlung gewährt hat.
- (4) Sofern die Union für die gewährte Behandlung völkerrechtlich zuständig ist, ist nach dem Völkerrecht davon auszugehen, dass sie bei einem nachteiligen Schiedsspruch einen eventuellen finanziellen Ausgleich zahlt und dass sie die etwaigen Streitkosten trägt. Es besteht indessen die Möglichkeit, dass sich ein nachteiliger Schiedsspruch aus der von der Union selbst gewährten Behandlung ergibt oder aber aus einer von einem Mitgliedstaat gewährten Behandlung. Folglich wäre es unbillig, wenn Schiedssprüche und Schiedskosten aus dem Unionshaushalt beglichen werden müssten, obgleich ein Mitgliedstaat die Behandlung gewährt hat. Nach Unionsrecht und unbeschadet der völkerrechtlichen Zuständigkeit der Union ist es deshalb geboten, die finanzielle Zuständigkeit entsprechend den mit dieser Verordnung aufgestellten Kriterien zwischen der Union und dem Mitgliedstaat aufzuteilen, der die Behandlung gewährt hat.
- (5) In der Entschließung zur künftigen europäischen Auslandsinvestitionspolitik3 hat das Europäische Parlament ausdrücklich gefordert, dass der in dieser Verordnung vorgesehene Mechanismus geschaffen wird. Zudem forderte der Rat die Kommission in seinen Schlussfolgerungen zu einer umfassenden europäischen Auslandsinvestitionspolitik vom 25. Oktober 2010 auf, eine ausführliche Studie zu den einschlägigen Fragen durchzuführen.
- (6) Die finanzielle Zuständigkeit sollte der Rechtsperson zufallen, welche die mit den einschlägigen Bestimmungen der Übereinkunft nicht zu vereinbarende Behandlung zu vertreten hat. Folglich sollte die finanzielle Zuständigkeit in den Fällen, in denen die betreffende Behandlung von einem Organ, einer Einrichtung oder einer Agentur der Union gewährt wurde, bei der Union liegen. Hat ein Mitgliedstaat die betreffende Behandlung gewährt, sollte die finanzielle Zuständigkeit bei dem betroffenen Mitgliedstaat liegen. Handelt der Mitgliedstaat hingegen in einer dem Unionsrecht entsprechenden Weise, beispielsweise durch Umsetzung einer von der Union erlassenen Richtlinie, so sollte der Union die finanzielle Zuständigkeit insofern zufallen, als die betreffende Behandlung unionsrechtlich vorgeschrieben ist. Die Verordnung muss auch der Möglichkeit Rechnung tragen, dass in einer konkreten Sache sowohl die von einem Mitgliedstaat gewährte Behandlung als auch eine unionsrechtlich vorgeschriebene Behandlung betroffen sein könnten. Die Verordnung wird auf alle Maßnahmen anwendbar sein, die von den Mitgliedstaaten und von der Europäischen Union ergriffen werden.
- (7) Die Union, vertreten durch die Kommission, sollte immer als Schiedsbeklagte auftreten, wenn eine Streitigkeit eine Behandlung betrifft, die ausschließlich von den Organen, Einrichtungen oder Agenturen der Union gewährt wurde, damit die etwaige finanzielle Zuständigkeit aus der Streitigkeit im Einklang mit den vorstehenden Kriterien bei der Union liegt.
- (8) Liegt die aus einer Streitigkeit gegebenenfalls entstehende finanzielle Zuständigkeit hingegen bei einem Mitgliedstaat, so ist es grundsätzlich angebracht, diesem Mitgliedstaat das Recht einzuräumen, als Schiedsbeklagter aufzutreten, um die Behandlung zu verteidigen, die er dem Investor gewährt hat. Die Regelungen dieser Verordnung ermöglichen dies. Daraus ergibt sich der erhebliche Vorteil, dass der Unionshaushalt nicht belastet und keine Unionsmittel in Anspruch genommen würden, auch nicht vorübergehend, wenn Schiedskosten anfallen oder ein etwaiger Schiedsspruch gegen den betroffenen Mitgliedstaat ergeht.
- (9) Dessen ungeachtet ziehen es die Mitgliedstaaten möglicherweise vor, dass die Union, vertreten durch die Kommission, bei Streitigkeiten dieser Art als Schiedsbeklagte auftritt, beispielsweise aus Gründen der fachlichen Kompetenz. Die Mitgliedstaaten sollten deshalb darauf verzichten können, als Schiedsbeklagte aufzutreten, und zwar unbeschadet ihrer finanziellen Zuständigkeit.
- (10) Unter bestimmten Voraussetzungen - nämlich falls es sicherzustellen gilt, dass die Interessen der Union angemessen geschützt werden, - ist es unabdingbar, dass die Union bei Streitigkeiten, die eine von einem Mitgliedstaat gewährte Behandlung berühren, selbst als Schiedsbeklagte auftritt. Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn die Streitigkeit zusätzlich noch eine von der Union gewährte Behandlung betrifft, wenn die von einem Mitgliedstaat gewährte Behandlung dem Anschein nach unionsrechtlich vorgeschrieben ist, wenn vergleichbare Ansprüche gegenüber anderen Mitgliedstaaten gelten gemacht werden können oder wenn die Sache offene Rechtsfragen berührt, deren Beantwortung für künftig Schiedsklagen von Belang sein kann, die gegebenenfalls gegen andere Mitgliedstaaten oder die Union angestrengt werden. Betrifft eine Streitigkeit eine teilweise von der Union gewährte oder unionsrechtlich vorgeschriebene Behandlung, sollte die Union als Schiedsbeklagte auftreten, es sei denn, die Ansprüche aufgrund einer solchen Behandlung sind von untergeordneter Bedeutung; dies gebietet sich aufgrund der möglicherweise damit verbundenen finanziellen Zuständigkeit und der aufgeworfenen Rechtsfragen in Bezug auf die Ansprüche aus einer von einem Mitgliedstaat gewährten Behandlung.
- (11) Es muss die Möglichkeit gegeben sein, dass die Union unter solchen Voraussetzungen als Schiedsbeklagte auftritt, damit gewährleistet ist, dass den Interessen der Union und damit den Interessen der Mitgliedstaatengemeinschaft Rechnung getragen werden kann. Dies findet seinen Ausdruck in den Grundsätzen der geschlossenen völkerrechtlichen Vertretung und der loyalen Zusammenarbeit nach Artikel 4 Absatz 3 des Vertrags über die Europäische Union (im Folgenden "EUV") und der Rechtsprechung des Gerichtshofs4, die ungeachtet der jeweiligen Zuständigkeit gelten.
- (12) Es ist angebracht, dass die Kommission in den Grenzen dieser Verordnung entscheidet, ob die Union die Schiedsbeklagte ist oder ob ein Mitgliedstaat als Schiedsbeklagter auftreten soll.
- (13) Es bedarf einiger praktischer Regelungen für die Durchführung der Schiedsverfahren bei Streitigkeiten über die von einem Mitgliedstaat gewährte Behandlung. Unabhängig von der Frage, ob bei solchen Streitigkeiten die Union oder der Mitgliedstaat als Schiedsbeklagter auftritt, sollten diese Regelungen darauf abzielen, dass der Streitfall auf bestmögliche Weise abgewickelt wird, wobei gleichzeitig dafür zu sorgen ist, dass den Grundsätzen der geschlossenen völkerrechtlichen Vertretung und der loyalen Zusammenarbeit nach Artikel 4 Absatz 3 EUV und der Rechtsprechung des Gerichtshofs5 Rechnung getragen wird. In den Fällen, in denen die Union als Schiedsbeklagte auftritt, sollten diese Regelungen auf eine sehr enge Zusammenarbeit abstellen; dies umfasst auch die unverzügliche Notifikation aller Verfahrensschritte, die Bereitstellung von Unterlagen, häufige Konsultationen und die Beteiligung an der Verfahrensdelegation.
- (14) Tritt ein Mitgliedstaat als Schiedsbeklagter auf, dann ist es gleichermaßen angebracht, dass er die Kommission über die Entwicklungen in der Streitsache auf dem Laufenden hält und dass die Kommission gegebenenfalls die Möglichkeit hat, den als Schiedsbeklagter auftretenden Mitgliedstaat aufzufordern, in Fragen des Unionsinteresses eine bestimmte Position zu vertreten.
- (15) Ein Mitgliedstaat kann jederzeit die finanzielle Zuständigkeit übernehmen für den Fall, dass ein Ausgleich zu zahlen ist. In einem solchen Fall können der Mitgliedstaat und die Kommission Vereinbarungen treffen über die periodische Begleichung von Kosten sowie die Zahlung eines etwaigen Ausgleichs. Diese Zusage gilt jedoch nicht als Anerkennung der strittigen Forderung durch den Mitgliedstaat. Die Kommission sollte einen Beschluss erlassen können, mit dem der Mitgliedstaat aufgefordert wird, derartigen Kosten Rechnung zu tragen. Falls das Schiedsgericht Kostenentscheidungen zugunsten der Union fällt, sollte die Kommission dafür sorgen, dass dem betroffenen Mitgliedstaat bereits geleistete Vorauszahlungen unverzüglich zurückerstattet werden.
- (16) In einigen Fällen kann es angebracht sein, einen Vergleich anzustreben, um eine kostspielige und unnötige Schlichtung zu vermeiden. Es ist geboten, ein Verfahren zur Herbeiführung eines Vergleichs festzulegen. Ein derartiges Verfahren sollte die Kommission in die Lage versetzen, einen Streit im Einklang mit dem Prüfverfahren beizulegen, falls dies im Interesse der Union läge. Betrifft die Streitsache eine von einem Mitgliedstaat gewährte Behandlung, so ist es angebracht, dass die Kommission und der betroffene Mitgliedstaat eng zusammenarbeiten und Konsultationen führen. Es sollte dem Mitgliedstaat unbenommen sein, den Streit jederzeit beizulegen, sofern er die uneingeschränkte finanzielle Zuständigkeit übernimmt und sofern der Vergleich mit dem Unionsrecht vereinbar ist und dem Unionsinteresse nicht zuwiderläuft.
- (17) Erging ein Schiedsspruch zu Ungunsten der Europäischen Union, sollten die auferlegten Zahlungen unverzüglich geleistet werden. Die Kommission sollte Vorkehrungen für derartige Zahlungen treffen, sofern ein Mitgliedstaat nicht bereits die finanzielle Zuständigkeit übernommen hat.
- (18) Die Kommission sollte intensive Konsultationen mit dem betroffenen Mitgliedstaat führen, damit ein Einverständnis über die Aufteilung der finanziellen Zuständigkeit erzielt werden kann. Befindet die Kommission, dass ein Mitgliedstaat zuständig ist, und ist der Mitgliedstaat damit nicht einverstanden, so sollte die Kommission die auferlegten Zahlungen leisten, gleichzeitig aber einen Beschluss an den Mitgliedstaat richten, in dem sie ihn auffordert, die betreffenden Beträge zuzüglich etwaiger Zinsen dem Haushalt der Europäischen Union zuzuführen. Die etwaigen Zinsen sollten sich nach [Artikel 71 Absatz 4 der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1605/2002 des Rates vom 25. Juni 2002 über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Europäischen Gemeinschaften6 (in der geänderten Fassung)7] berechnen. Ein Rückgriff auf Artikel 263 AEUV ist möglich, falls ein Mitgliedstaat die Auffassung vertritt, dass der Beschluss die Kriterien dieser Verordnung nicht erfüllt.
- (19) Aus dem Haushalt der Union sollten die Ausgaben gedeckt werden, die sich aus nach Artikel 218 AEUV geschlossenen Übereinkünften ergeben, welche die Beilegung von Investor-Staat-Streitigkeiten vorsehen. Sofern ein Mitgliedstaat aufgrund dieser Verordnung finanziell zuständig ist, sollte die Union die Option haben, entweder zuerst die Beiträge des betroffenen Mitgliedstaats zu bündeln, um dann die jeweilige Ausgabe zu tätigen, oder zuerst die jeweilige Ausgabe zu tätigen, um diese dann vom betroffenen Mitgliedstaat zurückzufordern. Beide haushaltstechnischen Mechanismen sollten verwendet werden können, wobei jedoch die Machbarkeit, insbesondere unter Berücksichtigung der zeitlichen Planung, für den Einsatz des jeweiligen Mechanismus ausschlaggebend sein sollte. In beiden Fällen sollten die von den Mitgliedstaaten gezahlten Beiträge oder Rückzahlungen als interne zweckgebundene Einnahmen des Unionshaushalts erfasst werden. Die Mittel aus diesen internen zweckgebundenen Einnahmen sollten nicht allein für die Deckung der jeweiligen Ausgabe bestimmt sein; sie sollten auch anderen Teilen des Unionshaushalts zugewiesen werden können, aus denen ursprünglich die Mittel entnommen wurden, die zur Tätigung der Ausgabe nach dem zweiten Mechanismus dienten.
- (20) Zur Gewährleistung einheitlicher Bedingungen für die Durchführung dieser Verordnung sollten der Kommission Durchführungsbefugnisse übertragen werden.
- (21) Die Durchführungsbefugnisse im Zusammenhang mit Artikel 12 Absatz 1, Artikel 13 Absatz 4 und Artikel 14 Absatz 3 sollten ausgeübt werden im Einklang mit der Verordnung (EU) Nr. 182/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 2011 zur Festlegung der allgemeinen Regeln und Grundsätze, nach denen die Mitgliedstaaten die Wahrnehmung der Durchführungsbefugnisse durch die Kommission kontrollieren8.
- (22) Zwecks Annahme von Beschlüssen zur Beilegung von Streitigkeiten nach Artikel 14 Absatz 3 sollte auf das Beratungsverfahren zurückgegriffen werden, denn diese Beschlüsse wirken sich allenfalls vorübergehend auf den Unionshaushalt aus, weil der betroffene Mitgliedstaat die finanzielle Zuständigkeit für etwaige Streitfolgen übernehmen muss und die Kriterien zur Annehmbarkeit eines Vergleichs in der Verordnung ausführlich dargelegt sind - Haben folgende Verordnung Erlassen:
Kapitel I
Allgemeine Bestimmungen
Artikel 1
Geltungsbereich
- 1. Diese Verordnung gilt für die Beilegung von Investor-Staat-Streitigkeiten auf Antrag eines Schiedsklägers in einem Drittland im Zusammenhang mit einer Übereinkunft, deren Vertragspartei die Union ist.
- 2. Zu Informationszwecken veröffentlicht die Kommission im Amtsblatt der Europäischen Union ein Verzeichnis der Übereinkünfte, die unter diese Verordnung fallen; dieses Verzeichnis wird regelmäßig aktualisiert.
Artikel 2
Begriffsbestimmungen
Im Sinne dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck
- a) "Übereinkunft" jede völkerrechtliche Übereinkunft, deren Vertragspartei die Union ist und in der die Schlichtung von Investor-Staat-Streitigkeiten vorgesehen ist;
- b) "Schiedskosten" die Gebühren und Kosten des Schiedsgerichts sowie die Vertretungskosten und Auslagen, die dem Schiedskläger vom Schiedsgericht zugesprochen werden;
- c) "Streitigkeit" die Auseinandersetzung über einen vom Schiedskläger gegen die Union geltend gemachten Anspruch aus einer Übereinkunft, über den das Schiedsgericht befindet;
- d) "Beilegung von Investor-Staat-Streitigkeiten" einen in einer Übereinkunft vorgesehenen Mechanismus, nach dem ein Schiedskläger einen Anspruch gegen die Union geltend machen kann;
- e) "Mitgliedstaat" einen oder mehrere Mitgliedstaaten der Europäischen Union;
- f) "betroffener Mitgliedstaat" den Mitgliedstaat, der die vorgeblich nicht mit der Übereinkunft zu vereinbarende Behandlung gewährt hat;
- g) "finanzielle Zuständigkeit" die Verpflichtung, einen Geldbetrag zu zahlen, den ein Schiedsgericht zugesprochen hat oder auf den sich die Parteien im Rahmen eines Vergleichs verständigt haben, und zwar unter Einschluss der Schiedskosten;
- h) "Vergleich" eine Vereinbarung zwischen der Union und/oder einem Mitgliedstaat einerseits und einem Schiedskläger andererseits, in welcher der Schiedskläger zusagt, seinen Anspruch im Gegenzug zur Zahlung eines Geldbetrags nicht weiter zu verfolgen; dies schließt den Fall ein, dass der Vergleich in einem Schiedsspruch eines Schiedsgerichts festgehalten ist;
- i) "Schiedsgericht" jede Person oder Stelle, die aufgrund einer Übereinkunft dafür zuständig ist, über eine Investor-Staat-Streitigkeit zu entscheiden;
- j) "Schiedskläger" jede natürliche oder juristische Person, die aufgrund einer Übereinkunft einen Anspruch auf Beilegung einer Investor-Staat-Streitigkeit gelten machen kann, oder jede natürliche oder juristische Person, auf die der Anspruch des Schiedsklägers aus der Übereinkunft rechtmäßig übertragen wurde.
Kapitel II
Aufteilung der finanziellen Zuständigkeit
Artikel 3
Aufteilungskriterien
- 1. Die finanzielle Zuständigkeit, die sich aus einer Streitigkeit im Zusammenhang mit einer Übereinkunft ergibt, wird nach den folgenden Kriterien aufgeteilt:
- a) bei der Union liegt die finanzielle Zuständigkeit, die sich aus einer von einem Organ, einer Einrichtung oder einer Agentur der Union gewährten Behandlung ergibt;
- b) bei dem betroffenen Mitgliedstaat liegt die finanzielle Zuständigkeit, die sich aus einer von ihm gewährten Behandlung ergibt, es sei denn, die Behandlung war nach Unionsrecht zwingend vorgeschrieben.
Muss der betroffene Mitgliedstaat nach Unionsrecht handeln, um die Unvereinbarkeit eines früheren Rechtsakts mit dem Unionsrecht zu beseitigen, so ist er ungeachtet des Buchstabens b finanziell zuständig, es sei denn, die Annahme des früheren Rechtsakts war nach Unionsrecht zwingend vorgeschrieben.
- 2. In den in dieser Verordnung vorgesehenen Fällen erlässt die Kommission einen Beschluss zur Festlegung der finanziellen Zuständigkeit des betroffenen Mitgliedstaats nach den Kriterien des Absatzes 1.
- 3. Ungeachtet des Absatzes 1 obliegt dem betroffenen Mitgliedstaat die finanzielle Zuständigkeit,
- a) wenn er die finanzielle Zuständigkeit nach Artikel 11 übernommen hat;
- b) wenn er nach Artikel 8 als Schiedsbeklagter auftritt oder
- c) wenn er nach Artikel 12 einen Vergleich eingeht.
Kapitel III
Abwicklung von Streitigkeiten
Abschnitt 1
Abwicklung von Streitigkeiten über eine von der Union gewährte Behandlung
Artikel 4
Von der Union gewährte Behandlung
Die Union tritt als Schiedsbeklagte auf, wenn die Streitigkeit eine Behandlung betrifft, die von einem Organ, einer Einrichtung oder einer Agentur der Union gewährt wurde.
Abschnitt 2
Abwicklung von Streitigkeiten über eine von einem Mitgliedstaat gewährte Behandlung
Artikel 5
Von einem Mitgliedstaat gewährte Behandlung
Dieser Abschnitt betrifft Streitigkeiten über eine Behandlung, die ganz oder teilweise von einem Mitgliedstaat gewährt wurde.
Artikel 6
Konsultationen
- 1. Sobald der Kommission ein Konsultationsantrag eines Schiedsklägers nach Maßgabe einer Übereinkunft zugeht, notifiziert sie den betroffenen Mitgliedstaat. Ein Mitgliedstaat, dem ein Konsultationsantrag zur Kenntnis gebracht wurde oder dem ein solcher Antrag zugegangen ist, benachrichtigt die Kommission unverzüglich.
- 2. Der Konsultationsdelegation der Union gehören auch Vertreter des betroffenen Mitgliedstaats an.
- 3. Der betroffene Mitgliedstaat stellt der Kommission unverzüglich alle Informationen zur Verfügung, die für die Streitsache von Bedeutung sein können.
Artikel 7
Einleitung eines Schiedsverfahrens
Sobald der Kommission die Mitteilung eines Schiedsklägers zugeht, in der dieser seine Absicht bekundet, ein Schiedsverfahren nach Maßgabe einer Übereinkunft einzuleiten, notifiziert sie den betroffenen Mitgliedstaat.
Ein Mitgliedstaat, dem die Mitteilung eines Schiedsklägers zugeht, in der dieser seine Absicht bekundet, ein Schiedsverfahren einzuleiten, notifiziert er die Kommission unverzüglich.
Artikel 8
Status als Schiedsbeklagter
- 1. Sofern die Übereinkunft die Möglichkeit vorsieht, tritt der betroffene Mitgliedstaat als Schiedsbeklagter auf, falls keiner der folgenden Fälle eintritt:
- a) die Kommission hat einen Beschluss nach Absatz 2 erlassen, oder
- b) der Mitgliedstaat hat der Kommission nicht binnen 30 Tagen nach Eingang der Mitteilung oder Notifikation nach Artikel7 schriftlich bestätigt, dass er beabsichtigt, als Schiedsbeklagter aufzutreten.
Ergibt sich der unter Buchstabe a beziehungsweise Buchstabe b genannte Fall, so tritt die Union als Schiedsbeklagte auf.
- 2. Die Kommission kann binnen 30 Tagen nach Eingang der Mitteilung oder Notifikation nach Artikel 7 beschließen, dass die Union als Schiedsbeklagte auftritt, wenn mindestens einer der nachstehenden Fälle eintritt:
- a) Es ist zu erwarten, dass der Union nach den Kriterien des Artikels 3 die finanzielle Zuständigkeit im Zusammenhang mit der Streitigkeit zumindest teilweise zufällt.
- b) Die Streitigkeit betrifft auch eine Behandlung, die von einem Organ, einer Einrichtung oder einer Agentur der Union gewährt wurde.
- c) Es ist zu erwarten, dass nach derselben Übereinkunft vergleichbare Ansprüche gegen eine Behandlung geltend gemacht werden, die von anderen Mitgliedstaaten gewährt wurde, wobei die Kommission am Besten gewährleisten kann, dass der Anspruch wirksam und in sich schlüssig abgewehrt wird.
- d) Die Streitigkeit wirft ungelöste Rechtsfragen auf, die im Zusammenhang mit derselben oder einer anderen Unionsübereinkunft in anderen Streitigkeiten über eine von der Union oder anderen Mitgliedstaaten gewährte Behandlung erneut auftauchen können.
- 3. Die Kommission und der betroffene Mitgliedstaat nehmen nach Eingang einer Mitteilung oder Notifikation nach Artikel 7 unverzüglich Konsultationen über die Abwicklung der Streitsache nach Maßgabe dieses Artikels auf. Die Kommission und der betroffene Mitgliedstaat gewährleisten die Einhaltung etwaiger Fristen, die in der Übereinkunft festgelegt sind.
- 4. Die Kommission setzt die übrigen Mitgliedstaaten sowie das Europäische Parlament über etwaige Streitigkeiten in Kenntnis, bei denen dieser Artikel angewendet wird, wobei sie auch mitteilt, wie er angewendet wurde.
Artikel 9
Abwicklung eines Schiedsverfahrens durch einen Mitgliedstaat
- 1. Tritt ein Mitgliedstaat als Schiedsbeklagter auf, so
- a) stellt er der Kommission alle Unterlagen zum Verfahren zur Verfügung,
- b) informiert er die Kommission über alle bedeutsamen Verfahrensschritte und führt Konsultationen auf regelmäßiger Basis, auf jeden Fall aber immer dann, wenn die Kommission dies verlangt, und
- c) ermöglicht er Vertretern der Kommission auf deren Ersuchen, der Delegation anzugehören, die den Mitgliedstaat vertritt.
- 2. Die Kommission kann von dem betroffenen Mitgliedstaat jederzeit verlangen, dass er bei Rechtsfragen, die sich aus der Streitigkeit ergeben, oder bei anderen Aspekten, die das Unionsinteresse berühren, eine bestimmte Position vertritt.
- 3. Sieht eine Übereinkunft oder sehen die Regeln, auf welche sie Bezug nimmt, die Möglichkeit vor, einen Rechtsaspekt des Schiedsspruchs für nichtig zu erklären, anzufechten oder zu überprüfen, so kann die Kommission von dem Mitgliedstaat verlangen, einen entsprechenden Antrag auf Nichtigerklärung, Anfechtung oder Überprüfung zu stellen, sofern sie zu der Auffassung gelangt, dass die einheitliche oder korrekte Auslegung des Übereinkommens dies erfordert. In solchen Fällen gehören Vertreter der Kommission der Delegation an und haben das Recht, die Auffassung der Union zu dem besagten Rechtsaspekt darzulegen.
Artikel 10
Abwicklung eines Schiedsverfahrens durch die Union
Tritt die Union nach Artikel 8 als Schiedsbeklagte auf, gelten die folgenden Bestimmungen im gesamten Schiedsverfahren:
- a) Die Kommission ergreift alle Maßnahmen, die zur Verteidigung der betreffenden Behandlung erforderlich sind.
- b) Der betroffene Mitgliedstaat leistet der Kommission alle nötige Unterstützung.
- c) Die Kommission stellt dem Mitgliedstaat alle Unterlagen zum Verfahren zur Verfügung, damit eine möglichst wirksame Verteidigung gewährleistet ist.
- d) Die Kommission und der betroffene Mitgliedstaat bereiten die Verteidigung in enger Zusammenarbeit mit den Vertretern des betroffenen Mitgliedstaats vor; diese haben das Recht, der Verfahrensdelegation der Union anzugehören.
Artikel 11
Übernahme der etwaigen finanziellen Zuständigkeit durch den Mitgliedstaat, wenn die Union als Schiedsbeklagte auftritt
Tritt die Union nach Artikel 8 als Schiedsbeklagte auf, kann der betroffene Mitgliedstaat jederzeit die etwaige finanzielle Zuständigkeit übernehmen, die sich aus dem Schiedsverfahren ergibt.
Zu diesem Zweck können der betroffene Mitgliedstaat und die Kommission Vereinbarungen treffen, die sich unter anderem mit Folgendem befassen:
- a) Mechanismen für die periodische Begleichung von Schiedskosten;
- b) Mechanismen für die Zahlung von Beträgen, die sich aus etwaigen Schiedssprüchen gegen die Union ergeben.
Kapitel IV
Vergleich
Artikel 12
Beilegung von Streitigkeiten über eine von der Union gewährte Behandlung
- 1. Vertritt die Kommission die Auffassung, dass die Beilegung einer Streitigkeit über eine ausschließlich von der Union gewährte Behandlung im Interesse der Union läge, so kann sie einen Durchführungsbeschluss im Einklang mit dem Prüfverfahren erlassen, auf das in Artikel 20 Absatz 3 Bezug genommen wird, um den Vergleich zu genehmigen.
- 2. Sollte ein Vergleich möglicherweise andere Handlungen als die Zahlung eines Geldbetrags beinhalten, gelten die einschlägigen Verfahren für derartige Handlungen.
Artikel 13
Beilegung von Streitigkeiten über eine von einem Mitgliedstaat gewährte Behandlung
- 1. Tritt die Union in einer Streitigkeit als Schiedsbeklagte auf, die eine ganz oder teilweise von einem Mitgliedstaat gewährte Behandlung betrifft, und ist die Kommission der Auffassung, dass die Beilegung der Streitigkeit im Interesse der Union läge, so konsultiert sie zunächst den betroffenen Mitgliedstaat. Der Mitgliedstaat kann ebenfalls diesbezügliche Konsultationen mit der Kommission aufnehmen.
- 2. Stimmt der Mitgliedstaat der Beilegung der Streitigkeit zu, bemüht er sich, Vereinbarungen mit der Kommission zu treffen, in der die nötigen Einzelheiten über die Aushandlung und Abwicklung des Vergleichs festgehalten sind.
- 3. Widersetzt sich der Mitgliedstaat der Beilegung der Streitigkeit, kann die Kommission die Streitigkeit beilegen, sofern übergeordnete Unionsinteressen dies erfordern.
- 4. Die Vergleichsvereinbarung wird nach dem Prüfverfahren genehmigt, auf das in Artikel 20 Absatz 3 Bezug genommen wird.
Artikel 14
Vergleich durch einen Mitgliedstaat
- 1. Tritt die Union als Schiedsbeklagte in einer Streitigkeit auf, die ausschließlich eine von einem Mitgliedstaat gewährte Behandlung betrifft, so kann der betroffene Mitgliedstaat die Streitigkeit beilegen, sofern
- a) er die volle finanzielle Zuständigkeit im Zusammenhang mit dem Vergleich übernimmt;
- b) die Vergleichsvereinbarung nur gegenüber dem betroffenen Mitgliedstaat wirksam ist;
- c) die Vergleichsbedingungen mit dem Unionsrecht vereinbar sind und
- d) dem Vergleich kein übergeordnetes Interesse der Union entgegensteht.
- 2. Die Kommission und der betroffene Mitgliedstaat können Konsultationen aufnehmen, um einzuschätzen, ob der Mitgliedstaat beabsichtigt, die Streitigkeit beizulegen.
- 3. Der betroffene Mitgliedstaat notifiziert der Kommission den Entwurf der Vergleichsvereinbarung. Die Vergleichsvereinbarung gilt als von der Kommission genehmigt, es sei denn, sie fasst im Einklang mit dem Beratungsverfahren des Artikels 20 Absatz 2 binnen 90 Tagen nach der Notifikation des Vergleichsvereinbarungsentwurfs einen gegenteiligen Beschluss mit der Begründung, dass der Vergleich nicht alle Voraussetzungen des Absatzes 1 erfüllt.
Kapitel V
Leistung der aus abschließenden Schiedssprüchen und Vergleichen resultierenden Zahlungen
Artikel 15
Geltungsbereich
Die Bestimmungen dieses Kapitels gelten für den Fall, dass die Union in einer Streitigkeit als Schiedsbeklagte auftritt.
Artikel 16
Verfahren zur Leistung der aus Schiedssprüchen und Vergleichen resultierenden Zahlungen
- 1. Ein Schiedskläger, zugunsten dessen ein abschließender Schiedsspruch im Zusammenhang mit einer Übereinkunft ergangen ist, kann die Kommission auffordern, die aus dem Schiedsspruch resultierenden Zahlungen zu leisten. Die Kommission leistet diesbezügliche Zahlungen innerhalb der in der Übereinkunft gesetzten Fristen, es sei denn, der betroffene Mitgliedstaat hat die finanzielle Zuständigkeit nach Artikel 11 übernommen; in diesem Fall leistet der Mitgliedstaat die aus dem Schiedsspruch resultierenden Zahlungen.
- 2. Ist der von der Union im Einklang mit Artikel 12 oder Artikel 13 genehmigte Vergleich nicht im Schiedsspruch festgehalten, kann ein Schiedskläger seine Zahlungsaufforderung im Zusammenhang mit dem Vergleich an die Kommission richten. Die Kommission leistet die diesbezüglichen Zahlungen innerhalb der in der Vergleichsvereinbarung festgesetzten Fristen.
Artikel 17
Verfahren in Ermangelung einer Vereinbarung über die finanzielle Zuständigkeit
- 1. Tritt die Union nach Artikel 8 als Schiedsbeklagte auf und gelangt die Kommission nach den Kriterien des Artikels 3 Absatz 1 zu der Auffassung, dass die aus dem betreffenden Schiedsspruch oder Vergleich resultierenden Zahlungen ganz oder teilweise von dem betroffenen Mitgliedstaat geleistet werden sollten, so gilt das Verfahren der Absätze 2 bis 5.
- 2. Die Kommission und der betroffene Mitgliedstaat nehmen unverzüglich Konsultationen auf, um sich über die finanzielle Zuständigkeit des betroffenen Mitgliedstaats und gegebenenfalls der Union zu verständigen.
- 3. Binnen drei Monaten nach Erhalt der Aufforderung zur Leistung der aus dem abschließenden Schiedsspruch oder Vergleich resultierenden Zahlungen erlässt die Kommission einen an den betroffenen Mitgliedstaat gerichteten Beschluss, in dem festgesetzt ist, welchen Betrag der betreffende Mitgliedstaat zu zahlen hat.
- 4. Der betroffene Mitgliedstaat leistet binnen drei Monate nach dem Beschluss der Kommission eine Ausgleichszahlung zugunsten des Unionshaushalts für die aus dem Schiedsspruch oder Vergleich resultierenden Zahlungen, es sei denn, der betroffene Mitgliedstaat legt binnen eines Monats Widerspruch gegen die Festsetzung der Kommission ein. Der betroffene Mitgliedstaat ist zur Zahlung gegebenenfalls fälliger Zinsen verpflichtet, und zwar zu dem Zinssatz, der für andere dem Haushalt geschuldete Mittel gilt.
- 5. Legt der betroffene Mitgliedstaat Widerspruch ein und weist die Kommission den Widerspruch des Mitgliedstaats zurück, so erlässt sie binnen drei Monaten nach Eingang des Widerspruchs einen Beschluss, in dem der betroffene Mitgliedstaat aufgefordert wird, den von der Kommission gezahlten Betrag zu erstatten, und zwar zuzüglich Zinsen zu dem Zinssatz, der für andere dem Haushalt geschuldete Mittel gilt.
Artikel 18
Vorauszahlung der Schiedskosten
- 1. Die Kommission kann einen Beschluss erlassen, mit dem sie den betroffenen Mitgliedstaat verpflichtet, Zahlungen an den Haushalt der Union für etwaige Schiedskosten zu leisten, wenn sie zur Auffassung gelangt, dass der Mitgliedstaat nach den Kriterien des Artikels 3 zur Leistung etwaiger aus einem Schiedsspruch resultierenden Zahlungen verpflichtet sein wird.
- 2. Erlegt das Schiedsgericht die Schiedskosten der Union auf und hat der betroffene Mitgliedstaat periodische Zahlungen für die Schiedskosten geleistet, sorgt die Kommission dafür, dass sie an den vorauszahlenden Mitgliedstaat überwiesen werden.
Artikel 19
Zahlung durch einen Mitgliedstaat
Die Zahlung oder Rückzahlung eines Mitgliedstaats an den Haushalt der Union für die Bedienung eines Schiedsspruchs oder Vergleichs oder anderer Kosten gilt als interne zweckgebundene Einnahme im Sinne des [Artikels 18 der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1605/2002 des Rates vom 25. Juni 2002 über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Europäischen Gemeinschaften9]. Sie kann zur Deckung von Ausgaben verwendet werden, die sich aus nach Artikel 218 AEUV geschlossenen Übereinkünften ergeben, welche die Beilegung von Investor-Staat-Streitigkeiten vorsehen, oder zur Rückführung von Mitteln, die ursprünglich zur Deckung der Zahlung aufgrund eines Schiedsspruchs, eines Vergleichs oder einer anderen Kostenverpflichtung entnommen wurden.
Kapitel VI
Schlussbestimmungen
Artikel 20
- 1. Die Kommission wird von dem [mit der Verordnung [2010/197 (COD)] eingesetzten Ausschuss für Investitionsabkommen] unterstützt. Bei diesem Ausschuss handelt es sich um einen Ausschuss im Sinne der Verordnung (EU) Nr. 182/2011.
- 2. Wird auf diesen Absatz Bezug genommen, so gilt Artikel 4 der Verordnung (EU) Nr. 182/2011.
- 3. Wird auf diesen Absatz Bezug genommen, so gilt Artikel 5 der Verordnung (EU) Nr. 182/2011.
Artikel 21
Berichterstattung und Überprüfung
- 1. Die Kommission erstattet dem Europäischen Parlament und dem Rat in regelmäßigen Abständen Bericht über die Durchführung dieser Verordnung. Der erste Bericht wird spätestens drei Jahre nach Inkrafttreten dieser Verordnung vorgelegt. Danach folgt alle drei Jahre ein weiterer Bericht.
- 2. Aufgrund der vor ihr gesammelten Erkenntnisse kann die Kommission dem Europäischen Parlament und dem Rat zusammen mit dem Bericht nach Absatz 1 einen Vorschlag zur Änderung dieser Verordnung zuleiten.
Artikel 22
Diese Verordnung tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.
Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.
Geschehen zu Brüssel am
Im Namen des Europäischen Parlaments
Der Präsident
Im Namen des Rates
Der Präsident
- 1. ABl. L 69 vom 9.3.1998, S. 1.
- 2. Gutachten 001/91 des Gerichtshofs [1991] Slg. I-60709.
- 3. Ziffer 35 der Entschließung A7 0070/2011 vom 22. April 2011.
- 4. Gutachten 001/94 des Gerichtshofs [1994] Slg. I-5267; Kommission/Rat (OAA/FAO), [1996] Slg. I-1469.
- 5. Gutachten 001/94 des Gerichtshofs [1994] Slg. I-5267; Kommission/Rat (OAA/FAO), [1996] Slg. I-1469.
- 6. ABl. L 248 vom 16.9.2002, S. 1.
- 7. Die Bezugnahme ist zu ersetzen durch die Bezugnahme auf die Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Haushaltsordnung für den Jahreshaushaltsplan der Europäischen Union [2010/395(COD)], sobald diese Verordnung verabschiedet ist.
- 8. ABl. L 55 vom 28.2.2011, S. 13.
- 9. Die Bezugnahme ist zu ersetzen durch die Bezugnahme auf die Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Haushaltsordnung für den Jahreshaushaltsplan der Europäischen Union [2010/395(COD)], sobald diese Verordnung verabschiedet ist.