993. Sitzung des Bundesrates am 18. September 2020
A
Der Finanzausschuss empfiehlt dem Bundesrat, zu der Vorlage gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG wie folgt Stellung zu nehmen:
- 1. Der Bundesrat begrüßt den Richtlinienvorschlag bezüglich der Einführung einer Meldepflicht für Plattformbetreiber und die damit verbundene Ausweitung des automatischen Informationsaustauschs. Die Regelungen können dazu beitragen, Besteuerungslücken bei Leistungen über digitale Plattformen zu vermeiden und die Steuergerechtigkeit zu stärken.
- 2. Der Bundesrat begrüßt auch das Ziel der Kommission, durch die Einführung verbindlicher Verfahrensabläufe und die Klarstellung von Begrifflichkeiten die derzeit geltenden Bestimmungen der Richtlinie zu verbessern. Der Bundesrat ist allerdings der Auffassung, dass dabei noch Änderungsbedarf besteht. Der Bundesrat fordert die Bundesregierung daher auf, die noch offenen Fragen der Ausgestaltung und praktischen Umsetzung zu klären und die Länder frühzeitig in die Diskussion einzubeziehen.
- 3. Änderungsbedarf besteht insbesondere hinsichtlich folgender Punkte:
- a) Die im Richtlinienvorschlag festgeschriebenen 30-Tagefristen, unter anderem für Rückmeldungen beim Informationsaustausch und bei der Verwaltungszusammenarbeit, sind zu kurz bemessen und sollten maßvoll ausgeweitet werden.
- b) Aus rechtlichen Gründen, insbesondere auch vor dem Hintergrund des Steuergeheimnisses, und aus verwaltungsökonomischen Gründen sollten die Rückmeldungen nicht generell erforderlich sein, sondern - wie bisher - nur auf ausdrücklichen Wunsch des auskunftserteilenden Staates erfolgen.
- c) Bedenklich ist zudem der Ausschluss der Möglichkeit zur Ablehnung einer Prüfung wegen der möglichen Preisgabe von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen mit Blick auf das nationale Steuergeheimnis.
- d) Der Richtlinienvorschlag sieht für natürliche und juristische Personen ein eigenes Antragsrecht für gemeinsame Prüfungen vor. Nach Auffassung des Bundesrates ist hingegen eine Antragsmöglichkeit ohne Rechtsanspruch ausreichend.
- 4. - Nach Auffassung des Bundesrates sollte die Gelegenheit genutzt werden, im internationalen und innerstaatlichen Rechtsrahmen Möglichkeiten zu schaffen, Erkenntnisse aus gemeinsamen Prüfungen mit bindender Wirkung für Folgezeiträume fortzuschreiben.
- 5. - Der Richtlinienvorschlag sieht außerdem eine Erweiterung der Befugnisse bei der Anwesenheit von Bediensteten eines anderen Mitgliedstaats vor. Der Bundesrat ist der Auffassung, dass hierdurch in das Ausland entsandte Bedienstete keine weitergehenden Befugnisse erhalten, als das nationale Recht des ersuchten Staates vorsieht. Insofern sollte an der Maßgeblichkeit des Rechts des ersuchten Staates festgehalten werden.
- 6. - Die im Richtlinienvorschlag vorgesehene Erleichterung der Verwendung von übermittelten Informationen für steuerfremde Zwecke anhand von Listen statt Einzelfallentscheidungen erscheint aus Sicht des Bundesrates in der Praxis nicht rechtssicher umsetzbar. Der Bundesrat sieht darüber hinaus die Gefahr, dass dadurch die Akzeptanz des steuerlichen Informationsaustauschs beeinträchtigt wird.
- - Aus der Sicht des Bundesrates sollten Ermächtigungsregelungen für die Kommission zum Erlass von Durchführungsrechtsakten, unter anderem für Rückmeldungen und zum Zwecke von Statistiken, möglichst vermieden werden. Alle erforderlichen Regelungen sollten in der Richtlinie selbst getroffen werden.
- - Der Bundesrat weist darauf hin, dass die angestrebte Umsetzung aller Maßnahmen bis Ende 2021 fraglich erscheint: In Bezug auf den automatischen Informationsaustausch zu Plattformbetreibern müssen die rechtlichen, organisatorischen und technischen Voraussetzungen erst geschaffen werden. Die Einführung der Meldepflichten stellt auch die betroffenen Wirtschaftszweige vor umfangreiche Aufgaben. Auch für andere Bereiche des Richtlinienvorschlags müssen zum Teil erst nationale Strukturen in rechtlicher, organisatorischer und technischer Hinsicht geschaffen werden.
- 7. Im Übrigen weist der Bundesrat darauf hin, dass die Plattformökonomie nur einen kleinen Teil der digitalen Wirtschaft darstellt und ein Informationsaustausch die angemessene Verteilung des Steuersubstrats nicht sicherstellen kann. Insoweit unterstützt der Bundesrat die Fortführung der Arbeiten an einer international abgestimmten Lösung für die Besteuerung der digitalen Wirtschaft.
Vorlagenbezogene Vertreterbenennung
- 8. Der Bundesrat benennt für die Beratungen der Vorlage in den Gremien des Rates gemäß § 6 Absatz 1 EUZBLG in Verbindung mit Abschnitt I der Bund-Länder-Vereinbarung einen Vertreter des Landes Nordrhein-Westfalen, Ministerium der Finanzen (RD Marcus Spahn).
B
- 9. Der federführende Ausschuss für Fragen der Europäischen Union und der Ausschuss für Innere Angelegenheiten empfehlen dem Bundesrat, von der Vorlage gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG Kenntnis zu nehmen.