Unterrichtung durch die Bundesregierung
Mitteilung der Kommission der Europäischen Gemeinschaften an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen über die Qualitätspolitik für Agrarerzeugnisse KOM (2009) 234 endg.; Ratsdok. 10359/09

Übermittelt vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie am 02. Juni 2009 gemäß § 2 des Gesetzes über die Zusammenarbeit von Bund und Ländern in Angelegenheiten der Europäischen Union vom 12. März 1993 (BGBl. I S. 313), zuletzt geändert durch das Föderalismusreform-Begleitgesetz vom 5. September 2006 (BGBl. I S. 2098).

Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften hat die Vorlage am 28. Mai 2009 dem Bundesrat zugeleitet.

Die Vorlage ist von der Kommission am 29. Mai 2009 dem Generalsekretär/Hohen Vertreter des Rates der Europäischen Union übermittelt worden.


Hinweis: vgl.
Drucksache 775/08 (PDF) = AE-Nr. 080757

1. Einleitung

In der EU hergestellte Nahrungsmittel und Getränke bürgen für Qualität. Sie können aus einer breiten Produktpalette gewählt werden, die die verschiedenen Traditionen und Regionen in der Gemeinschaft widerspiegelt. Die Erzeugnisse werden von Verbrauchern in aller Welt geschätzt. Die Agrar- und Ernährungswirtschaft der EU steht für hohe Qualität - dank jahrzehnte- oder jahrhundertelanger harter Arbeit, Investitionen, Innovation und Streben nach Spitzenleistungen.

Diese Qualitätstradition wird in verschiedener Weise gepflegt. An der Basis gelten für alle Landwirtschaftsbetriebe in der EU rechtsverbindliche Bewirtschaftungsauflagen, die zu den strengsten in der Welt zählen. Diese beziehen sich u. a. auf den Umweltschutz, den Tierschutz und den Einsatz von Schädlingsbekämpfungs- und Tierarzneimitteln. Über diese grundlegenden Vorschriften hinaus nutzen Landwirte und Lebensmittelhersteller ihr Fachkönnen und ihren Einfallsreichtum, um Erzeugnisse mit besonderen und unverwechselbaren Eigenschaften anzubieten, die von den Verbrauchern geschätzt werden.

Dieses Streben nach Qualität ist wesentlicher Bestandteil der Strategie der Agrar- und Ernährungswirtschaft der EU auf den globalen Märkten. Die EU ist nach wie vor wichtiger Produzent von landwirtschaftlichen Rohstoffen, doch der Löwenanteil (2/3 des Wertes) ihrer Agrar- und Lebensmittelexporte in Höhe von jährlich insgesamt rund 70 Mrd. EUR sind Fertigprodukte wie Fleisch, Milcherzeugnisse, Wein und Pflanzenöl.

Die Agrar- und Ernährungswirtschaft der EU muss diese Strategie in den kommenden Jahren ausbauen, um wettbewerbsfähig und rentabel zu bleiben. Für landwirtschaftliche Erzeuger wie für Lebensmittelhersteller bedeutet dies zweierlei: Erzeugnisse in der vom Verbraucher gewünschten Qualität anzubieten und die Verbraucher über die Qualität der Erzeugnisse klar zu informieren.

2. Derzeitige Qualitätsmassnahmen für Agrarerzeugnisse

Ein wesentliches Ziel der Qualitätspolitik für Agrarerzeugnisse besteht darin, Käufer und Verbraucher über Produktmerkmale und Bewirtschaftungsmerkmale des Erzeugerbetriebs1 zu informieren. Wenn Käufer und Verbraucher nicht über genaue, zweckdienliche und sichere Informationen verfügen, werden sie keinen angemessenen Preis zu zahlen bereit sein.

Die Qualitätspolitik für Agrarerzeugnisse hat sich im Lauf der Zeit gewandelt. Diese Entwicklung hat stückweise - nach einzelnen Maßnahmen und Sektoren - stattgefunden. Durch eine vernünftige Kombination der verschiedenen Instrumente zu einer kohärenten Gesamtpolitik könnten noch bessere Ergebnisse erzielt werden. Diese Weiterentwicklung muss mit hinreichender Flexibilität erfolgen, die marktbeherrschenden privaten und staatlichen Regelungen berücksichtigen und Innovation gewährleisten. Eine vollständige Übersicht ist in Schaubild 1 dargestellt.

Dabei lässt sich zwischen Zertifizierungssystemen und Etikettierungsvorschriften unterscheiden. Zertifizierungssysteme sind am besten geeignet für komplexe Verpflichtungen; diese sind gewöhnlich in einer detaillierten Spezifikation festgelegt und werden regelmäßig (z.B. jährlich) beispielsweise von einer Zertifizierungsstelle überprüft. Etikettierungsmaßnahmen eignen sich am besten für verhältnismäßig einfache Aussagen, die normalerweise von den Herstellern selbst gemacht werden und einer amtlichen Kontrolle unterliegen.

Zertifizierung wie Etikettierung können dokumentieren, dass ein Erzeugnis bestimmte Grundanforderungen erfüllt. Beide können darüber hinaus auch eine höhere Qualität - durch Produktmerkmale oder Bewirtschaftungsmerkmale - bescheinigen.

Schaubild 1. Qualitäts- und Zertifizierungsregelungen sowie Vermarktungsnormen

3. Jüngste Entwicklungen

Die Konsultationen zur Entwicklung der Qualitätspolitik für Agrarerzeugnisse wurden 2006 mit einer Anhörung der Interessengruppen2 eingeleitet, gefolgt von einer Konferenz am 5.-6. Februar 2007 in Brüssel3. Die Kommission unternahm auch eine Überprüfung der Regelungen für geografische Angaben von Agrarerzeugnissen und Lebensmitteln und für garantiert traditionelle Spezialitäten. Diese Arbeiten kulminierten in der Konsultation zum Grünbuch4 und in der hochrangigen Konferenz zur Qualitätspolitik für Agrarerzeugnisse am 12.-13. März 2009 in Prag5.

Von den Interessengruppen kam starke Unterstützung für die wichtigsten Qualitätsregelungen (geografische Angaben und ökologische/biologische Landwirtschaft) und die Vermarktungsnormen der EU, sie forderten aber auch eine Vereinfachung und Straffung. Landwirte, Hersteller und Verbraucher plädierten für eine generellere Angabe des Erzeugungsortes bei der Etikettierung. Andererseits gaben Verarbeitungsindustrie und Einzelhandel zu bedenken, es könne schwierig sein, den Erzeugerbetrieb von Zutaten verarbeiteter Lebensmittel nachzuweisen. Bei allen Regelungen - EU, privat oder einzelstaatlich - wurde der Binnenmarkt verteidigt und eine Vereinfachung befürwortet. Einige Interessengruppen, insbesondere die Verarbeitungsindustrie, warnten vor der Entwicklung inkohärenter Regelungen, die zu Verwirrungen auf dem Markt führen könnten.

Aufgrund dieser Konsultationen und der Prüfung der derzeitigen Maßnahmen hat die Kommission drei Hauptthemen für die Entwicklung der Qualitätspolitik für Agrarerzeugnisse identifiziert:

Die Diskussionen der Kommission über die künftige Politik werden sich nunmehr auf die strategischen Orientierungen konzentrieren, die in dieser Mitteilung ausgeführt sind. Die Qualitätspolitik für Agrarerzeugnisse soll zur Verwirklichung der Ziele der GAP beitragen. Insbesondere soll die Nachhaltigkeit der Bewirtschaftungssysteme durch die Qualitätspolitik weiter gefördert werden, und die Erzeugungsmerkmale dieser Systeme sollen den Bürgern und Verbrauchern besser vermittelt werden.

Vor diesem Hintergrund wird vorgeschlagen, die Qualitätspolitik für Agrarerzeugnisse anhand eines strukturierten Konzepts (s. Schaubild 2) mit folgenden Elementen weiterzuentwickeln:

Schaubild 2. Schema für die Entwicklung der Qualitäts- und Zertifizierungsregelungen und Vermarktungsnormen für Agrarerzeugnisse

4. Eu-Massnahmen zur Qualität von Agrarerzeugnissen

4.1. Bewirtschaftungsauflagen der EU

Im Grünbuch wurde gefragt, wie die Landwirte am besten zeigen können, dass sie den Grundanforderungen der EU wie Umweltbestimmungen, Tierschutzstandards und strengen Kontrollen beim Einsatz von Pestiziden und Pflanzenschutzmitteln nachgekommen sind. Dazu wurden zwei Möglichkeiten vorgebracht: ein Siegel oder Logo für die Einhaltung der EU-Auflagen oder die obligatorische Angabe des Erzeugungsorts bei der Etikettierung.

Das Siegel "EU-Auflagen" würde auf allen Produkten (EU und Einfuhren) angebracht, die nach den EU-Mindestanforderungen erzeugt worden sind. In den Antworten auf das Grünbuch haben sich jedoch Verbraucher, Landwirte, Verarbeitungsindustrie, Einzelhandel und andere überwiegend gegen ein solches Siegel ausgesprochen.

Andererseits wurde in vielen Antworten eine generellere Kennzeichnung des Erzeugungsorts als nützliche Basisinformation über die Agrarerzeugnisse befürwortet. Dies wird im folgenden Abschnitt über Vermarktungsnormen weiter ausgeführt.

4.2. Vermarktungsnormen

Die Vermarktungsnormen und Produktrichtlinien für Agrarerzeugnisse enthalten deren technische Beschreibung, Zusammensetzung, Merkmale und Produktionsverfahren. Für Fischereierzeugnisse gilt eine besondere Regelung. Vermarktungsnormen wurden nicht nur von der EU, sondern auch von multilateralen Organen festgelegt7. Die Vermarktungsnormen enthalten vier Arten von Informationen (Box 1).

Box 1: Arten der Vermarktungsnormen
1. Vorbehaltene Angaben: Beispiele:
Eier: "Freilandhaltung" / "Bodenhaltung";
Natives Olivenöl und natives Olivenöl extra: "erste Kaltpressung";
Schaumwein: "traditionelles Verfahren"
2. Klassifizierung der Erzeugnisse: Beispiele:
Obst: Extra, Klasse 1, Klasse 2
Eier: groß, mittel, klein
3. Produktidentität: Beispiele: Begriffsbestimmungen für Butter, Fruchtsaft, Schokolade, Wein, natives Olivenöl extra
4. Angabe der Herkunft bzw. des Erzeugungsorts: Beispiele:
Obst und Gemüse: Ernteort
Olivenöl: Ort der Ernte und der Pressung

In ihren Antworten zum Grünbuch befürworteten Landwirte und Erzeuger, Verarbeitungsindustrie, Groß- und Einzelhandel die Vermarktungsnormen; sie seien nötig für die Verkäufer, um die Qualität der angebotenen Erzeugnisse auszuweisen, und für die Käufer, um zu wissen, was sie kaufen. Es gab jedoch auch Forderungen nach Vereinfachung. Die Vermarktungsnormen der EU seien zu detailliert, zu regulatorisch - oft würden freiwillige Regeln genügen - und zu schwerfällig für eine rasche Anpassung an wechselnde Marktverhältnisse.

Viele plädierten auch für eine Weiterentwicklung von fakultativen vorbehaltenen Angaben8, um Begriffe wie "Bergerzeugnis" oder "kohlendioxidarm" zu definieren. Verbraucher und Landwirte wünschten auch eine generellere Kennzeichnung des Erzeugungsorts (s. Box 2).

Die Kommission wird folgende Aspekte der Vermarktungsnormen in Angriff nehmen:

- Notwendigkeit einer generellen Basisnorm:

Verbindliche Regeln könnten in einer generellen Basisnorm für die Vermarktung festgelegt werden. Darin würden die Aspekte geregelt, bei denen eine freiwillige Maßnahme den Binnenmarkt beeinträchtigen würde oder verbindliche Angaben nötig sind, um den Verbrauchern grundlegende Produktinformationen zu geben.

- Kennzeichnung des Erzeugungsorts:

Um dem Wunsch vieler Verbraucher und Landwirte nach Angabe des Erzeugungsorts der Agrarerzeugnisse nachzukommen, wird die Kommission eine geeignete Kennzeichnung im Rahmen der Vermarktungsnormen für landwirtschaftliche Erzeugnisse prüfen und dabei die Besonderheiten bestimmter Sektoren, insbesondere verarbeiteter Agrarerzeugnisse berücksichtigen.

Box 2: Kennzeichnung des Erzeugungsorts
Kennzeichnung des Erzeugungsorts
Auf eine gezielte Frage hin hielt es ein hoher Anteil der Verbraucher (über 60 %) für wichtig, Angaben über den Ursprung oder den Erzeugungsort zu erhalten. Verarbeitungsindustrie, Groß- und Einzelhandel sind skeptischer und verweisen auf erhebliche Hindernisse bei Erzeugnissen mit mehreren Zutaten und anderen verarbeiteten Produkten wie Milcherzeugnissen.9
Die Angabe des Ursprungslands und/oder Erzeugungsorts ist u. a. in Australien (für alle Agrarerzeugnisse und Lebensmittel) und den USA (für bestimmte Produktsektoren) verbindlich vorgeschrieben. In der EU ist die Kennzeichnung des Erzeugungsorts bei Rindfleisch, Obst und Gemüse, Eiern, Geflügel, Wein, Honig, Olivenöl (ab 2009) und ökologischen/biologischen Erzeugnissen aus der EU (ab 2010) verbindlich. Die Angabe des Ursprungs gilt auch für Aquakulturerzeugnisse.

- Fakultative vorbehaltene Angaben:

Fakultative vorbehaltene Angaben sollten verwendet werden, wenn Informationen über die Produktqualität für die Verbraucher (z.B. "erste Kaltpressung" bei nativem Olivenöl und nativem Olivenöl extra) zu definieren sind. Als Alternative zu EU-Vorschriften wird die Kommission eingehender die Möglichkeit prüfen, vom Europäischen Komitee für Normung (CEN) entsprechende Regeln ausarbeiten zu lassen.

Ferner wird die Kommission die mögliche Festlegung fakultativer vorbehaltener Angaben für "Erzeugnis der Berglandwirtschaft" und "traditionelles Erzeugnis" prüfen (s. a. Abschnitt 4.5).

Eine Möglichkeit zur Aufstellung geeigneterer Vermarktungsnormen bestünde darin, diese von den Beteiligten selbst ausarbeiten zu lassen. Dies geschieht bereits bei der Entwicklung von Industrienormen beim CEN (s. Box 3).

Box 3: CEN
Das Europäische Komitee für Normung (CEN)
Das CEN ist ein privates Organ mit 30 Mitgliedern aus EU-Mitgliedsstaaten und EFTA-Ländern. Seine Maßnahmen sind das Ergebnis der gemeinsamen Tätigkeiten von Interessengruppen, Herstellern, Anwendern, Forschungseinrichtungen, Regierungsstellen und Verbrauchern. Es stellt freiwillige Europäische Normen (EN) auf. Diese werden als einheitliche gemeinsame Normen von allen 30 Mitgliedsländern übernommen. Die EN unterstützen die Entwicklung eines europäischen Binnenmarktes für Waren und Dienstleistungen und erleichtern den internationalen Handel.

- Internationale Normen:

Die Kommission wird sich weiterhin auf internationale Normen beziehen und aktiv zur Entwicklung solcher Normen beitragen.

4.3. Geografische Angaben

Geografische Angaben bezeichnen Erzeugnisse10, deren Qualität, Ansehen oder sonstige Merkmale im Wesentlichen auf ihren geografischen Ursprung in einem bestimmten Gebiet zurückgehen11. Die Regelungen über geografische Angaben schützen geistige Eigentumsrechte für Erzeugnisse, die im entsprechenden EU-Register eingetragen und beschrieben sind, und fördern deren Vermarktung, indem sie die Erfüllung der einschlägigen Anforderungen bescheinigen. Die Regelungen gewährleisten die Authentizität der Erzeugnisse gegenüber den Verbrauchern und ermöglichen einen fairen Wettbewerb zwischen den Erzeugern.

Man unterscheidet zwischen drei Regelungen (für Wein, Spirituosen sowie Agrarerzeugnisse und Lebensmittel) und zwei Instrumenten, der geschützten Ursprungsbezeichnung (g.U.) und der geschützten geografischen Angabe (g.g.A.).

Die Antworten zum Grünbuch und frühere Anhörungen von Interessengruppen zeigten eine breite Unterstützung für die EU-Regelungen über geografische Angaben sowie Interesse an deren besserem Schutz in Drittländern. Allerdings müssen diese Regelungen überprüft und vereinfacht werden. Die Interessengruppen unterstrichen die Notwendigkeit, weiter den guten Ruf der Erzeugnisse und die Anwendung nachhaltiger Wirtschaftsweisen zu gewährleisten. Sie wiesen auch auf eine Reihe von Fragen und mögliche Verbesserungen bei der Anwendung der Regelungen hin. Die Beziehungen zwischen den verschiedenen Arten geistigen Eigentums und die Verwendung von Gattungsbegriffen müssen klarer geordnet werden. Die Verfahren für die Eintragung der geschützten Angaben dauern zu lang.

Vertreter der Erzeuger von Erzeugnissen mit geografischen Angaben haben stärkere Rechte und Kontrolle über deren Verwendung gefordert - z.B. durch Beschränkung der Erzeugung (mittels Quoten)12 und Überwachung des Gebrauchs von geografischen Angaben auf Packungen verarbeiteter Erzeugnisse.

Während die EU-Regelung für geografische Angaben grundsätzlich zweckmäßig ist und Erzeugern wie Verbrauchern nützt, hält die Kommission eine Reform der Rechtsvorschriften im Interesse der Vereinfachung, Klarheit und Straffung für gerechtfertigt. Ferner muss eingeräumt werden, dass nicht alle eingetragenen geografischen Angaben einen Ruf und ein kommerzielles Potenzial haben, die über nationale Grenzen hinausreichen. Daher wird die Kommission eine mögliche Überarbeitung der Rechtsvorschriften über geografische Angaben nach folgenden Grundzügen vorbereiten:

Ferner kam die Kommission zu dem Schluss, dass Leitlinien zu folgenden Aspekten aufgestellt werden müssen:

Im internationalen Kontext ist die Regelung für geografische Angaben in der EU und in vielen Drittländern gut eingeführt. Einige Handelspartner haben jedoch keine einschlägigen Rechtsvorschriften oder bieten keinen generellen Schutz der EU-Bezeichnungen.

Dazu schlägt die Kommission vor,

Schließlich will die Kommission die Verwaltungsverfahren straffen. Obgleich die Fristen für die Registrierung seit 2006 erheblich verkürzt wurden, strebt die Kommission eine weitere Verbesserung an, indem sie die Prüfung und die abschließende Entscheidung beschleunigt, u. a. durch eine raschere Ablehnung eindeutig unzulänglicher Anträge, jedoch unter voller Einhaltung der geltenden Bestimmungen.

4.4. Ökologische/biologische Landwirtschaft

Seit 1991 schützt die EU-Verordnung über ökologische/biologische Landwirtschaft die Identität und den Mehrwert von "Öko-" oder "Bio-"Siegeln. Die ökologische Landwirtschaft ist im Gemeinschaftsrecht und in einer internationalen Richtlinie des Codex Alimentarius definiert. Dies garantiert den Verbrauchern die Qualität ökologischer/biologischer Erzeugnisse und erleichtert den Handel im Binnenmarkt und mit Drittländern.

2007 wurde die EU-Verordnung im Zuge des Öko/Bio-Aktionsplans von 2004 überarbeitet13. Jedoch bleibt die nationale Segmentierung des Marktes in der EU problematisch, u. a. weil private Kennzeichnungssysteme nicht gegenseitig anerkannt werden und zu viele Öko/Bio-Siegel im Umlauf sind.

Die Kommission hat folgende Pläne für die ökologische/biologische Landwirtschaft:

4.5. Traditionelle Spezialitäten

Die EU-Regelung zur Eintragung "garantiert traditioneller Spezialitäten" sollte traditionelle Erzeugnisse identifizieren und deren Namen schützen. Mit nur 20 Eintragungen seit 1992 blieb sie jedoch weit unter ihrem Potenzial. Trotz der geringen Inanspruchnahme wurde die Regelung in den Antworten der Interessengruppen bei der Konsultation befürwortet.

Die Kommission schlägt vor, die Einführung des Begriffs "traditionelles Erzeugnis" als vorbehaltene Angabe im Rahmen der Vermarktungsnormen (s. Abschnitt 4.2) sowie die Abschaffung der geltenden Regelung zu prüfen.

5. Entwicklung eines EU-Rahmens zur Qualitätspolitik

5.1. Kohärenz neuer EU-Regelungen

Neben den bestehenden EU-Qualitätsregelungen erwägt die Kommission die Entwicklung eines Rahmens für eine Tierschutzkennzeichnung und will - nach einer Machbarkeitsstudie - das Öko-Siegel auf Lebens- und Futtermittel ausdehnen. Der Rat hat die Kommission um die Prüfung von Kennzeichnungsmöglichkeiten in dem komplexen Bereich der CO₂-Bilanz gebeten. Die Interessengruppen haben weitere EU-Regelungen insbesondere im Umweltbereich vorgeschlagen, so etwa für Erzeugnisse aus naturnaher Landwirtschaft.

Die Kommission will die Kohärenz künftiger EU-Qualitätsregelungen und -initiativen für Agrarerzeugnisse durch eine proaktive Untersuchung des Mehrwerts und der Zweckmäßigkeit neuer Regelungen (wie der oben erwähnten) in Zusammenarbeit mit allen betroffenen Dienststellen sicherstellen.

5.2. Leitlinien für private und staatliche Regelungen zur Zertifizierung von Nahrungsmitteln

Private und staatliche Zertifizierungssysteme für Nahrungsmittel können den Informationsbedarf von Verbrauchern und Käufern über die Produkt- und Bewirtschaftungsmerkmale von Agrarerzeugnissen befriedigen.

Für den Erfolg oder Misserfolg privater Zertifizierungssystemen wird weiterhin hauptsächlich ihre Leistung auf dem Markt bestimmend sein, wobei es darauf ankommt, wieweit sie der Nachfrage der Verbraucher entsprechen, welchen Preis diese für zertifizierte Ware zu zahlen bereit sind, und wie teuer die Teilnahme an der Regelung für Landwirte und Erzeuger ist.

Verschiedene Interessengruppen haben auf mögliche Nachteile privater Systeme hingewiesen: Beeinträchtigung des Binnenmarkts, Fragen bezüglich der Transparenz (und der Kredibilität der Aussagen), besonders bei Systemen zur Einhaltung von Grundanforderungen, mögliche Irreführung von Verbrauchern oder Verwechslungen mit offiziellen Standards, Belastung der Landwirte (insbesondere bei Teilnahme an mehreren Systemen) und Auswirkungen auf den internationalen Handel14, vor allem mit Entwicklungsländern (s. Box 4).

Box 4. Qualitätszertifizierung von Nahrungsmitteln im internationalen Kontext
Entwicklungsländer
Private Zertifizierungssysteme können als Katalysatoren für den Zugang von Entwicklungsländern zum EU-Markt wirken. Positiv gesehen bieten sie diesen Ländern die Chance, allgemein verständliche Informationen im Vertriebssystem zu nutzen und das Vertrauen der Verbraucher in der EU in die Qualität ihrer Nahrungsmittel zu gewinnen. Die Notwendigkeit zur Erfüllung der Standards kann als Anreiz für die Modernisierung des Exports der Entwicklungsländer wirken. Die stärkere Beachtung guter Praktiken in der Landwirtschaft und der Nahrungsmittelherstellung könnte auch der Bevölkerung, den Erzeugern und der Umwelt im eigenen Land zugute kommen.
Andererseits kann es für manche Erzeuger in bestimmten Entwicklungsländern schwierig sein, die Auflagen privater Zertifizierungssysteme zu erfüllen. Angesichts der diesbezüglichen Kosten spielen internationale Hilfen eine wichtige Rolle, um die Teilnahme von Kleinbauern und KMU in Entwicklungsländern zu ermöglichen.

Auf der positiven Seite vermerkt die Kommission, dass Fragen wie die Irreführung von Verbrauchern infolge verschiedener Systeme mit ähnlichen Zielen von Initiativen wie dem ISEAL-Verhaltenskodex15 aufgenommen werden, der als internationale Referenz für die Aufstellung glaubhafter freiwilliger Sozial- und Umweltstandards gilt. Ferner machen die Verfechter der bestehenden Regelungen geltend, dass sie bereits beträchtliche Schritte zur Harmonisierung unternommen haben.

Aufgrund dieser Entwicklungen und der Kommentare der Interessengruppen zum Grünbuch hält die Kommission Rechtsvorschriften für private und staatliche Zertifizierungssysteme derzeit nicht für angezeigt. Sie plant unter Anerkennung des privaten Status der Systeme jedoch Leitlinien zur guten Praxis bei der Qualitätszertifizierung für Agrarerzeugnisse. Diese werden nach Konsultation der Interessengruppen ausgearbeitet.

6. Fazit

Die in dieser Mitteilung ausgeführten strategischen Orientierungen bieten einen schlüssigen Rahmen zur künftigen Qualitätspolitik für Agrarerzeugnisse. Die Bemerkungen der anderen Organe wie der Interessengruppen werden der weiteren Differenzierung und Konkretisierung dieser Vorschläge dienen.

Unter Berücksichtigung der Bemerkungen zu dieser Mitteilung und nach etwaigen weiteren Untersuchungen wird die Kommission

Dieser umfassende Ansatz und praktische Schritte sollen mittelfristig die Kommunikation zwischen Landwirten, Käufern und Verbrauchern über die Qualität von Agrarerzeugnissen verbessern, die EU-Bestimmungen zur Qualität von Agrarerzeugnissen harmonisieren und die verschiedenen Systeme und Siegel vereinfachen.