Gesetzentwurf der Bundesregierung
Entwurf eines Gesetzes zur Einstufung Georgiens, der Demokratischen Volksrepublik Algerien, des Königreichs Marokko und der Tunesischen Republik als sichere Herkunftsstaaten

A. Problem und Ziel

Seit 2009 ist die Zahl der Asylbewerber in Deutschland stark angestiegen. 2015 hatten 476 649 Menschen in Deutschland Asyl beantragt. 2016 erreichte die Anzahl der Asylanträge einen Höchststand: Zwischen Januar und Dezember 2016 zählte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) 745 545 Erst- und Folgeanträge auf Asyl und damit mehr als je zuvor in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland. Im Jahr 2017 nahm das BAMF insgesamt 222 683 Asylanträge entgegen. Im laufenden Jahr 2018 waren es bislang 46 826 Anträge in den ersten drei Monaten.

Darunter sind immer noch viele Asylanträge, die von vornherein sehr geringe Erfolgsaussichten haben. Diese Anträge sollen daher zügiger bearbeitet und entschieden werden können, so dass im Falle einer Ablehnung auch die Rückkehr schneller erfolgen kann. Eine - im nationalen Verfassungsrecht in Artikel 16a Absatz 3 des Grundgesetzes (GG)und in europäischen Recht Artikeln 36 und 37 der Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes (ABl. L 180 vom 29.6.2013, S. 60) vorgesehene - Möglichkeit hierzu bietet die Einstufung von Staaten als sichere Herkunftsstaaten.

Die Einstufung der Westbalkanstaaten als sichere Herkunftsstaaten hat gemeinsam mit anderen Maßnahmen der Bundesregierung zu einem erheblichen Rückgang der Asylsuchenden aus diesen Staaten geführt.

Durch den Gesetzentwurf werden die Staaten Georgien, Demokratische Volksrepublik Algerien, Königreich Marokko und Tunesische Republik zu sicheren Herkunftsstaaten im Sinne von Artikel 16a Absatz 3 GG sowie Artikel 37 der Richtlinie 2013/32/EU bestimmt. Die Voraussetzungen für die Gewährung von Asyl, Flüchtlingsschutz oder subsidiärem Schutz nach der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABl. L 337 vom 20.12.2011, S. 9) liegen bei Antragstellern aus den oben angegebenen Staaten nur in wenigen Einzelfällen vor. Durch die zahlreichen, zumeist aus nicht asylrelevanten Motiven gestellten Asylanträge werden Bund, Länder und Kommunen mit erheblichen Kosten für die Durchführung der Verfahren sowie für die Versorgung der in Deutschland aufhältigen Asylsuchenden belastet. Dies geht im Ergebnis zu Lasten der tatsächlich schutzbedürftigen Asylsuchenden, da für sie weniger Kapazitäten zur Verfügung stehen.

B. Lösung

Die genannten Staaten werden als sichere Herkunftsstaaten im Sinne von Artikel 16a Absatz 3 GG sowie Artikel 37 der Richtlinie 2013/32/EU eingestuft, um Asylverfahren von Staatsangehörigen dieser Staaten nach § 29a des Asylgesetzes (AsylG) schneller bearbeiten und - im Anschluss an eine negative Entscheidung über den Asylantrag - den Aufenthalt in Deutschland schneller beenden zu können. Deutschland wird dadurch als Zielland für aus nicht asylrelevanten Motiven gestellte Asylanträge weniger attraktiv. Der Individualanspruch auf Einzelfallprüfung bleibt dadurch unberührt.

C. Alternativen

Keine.

D. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand

Beim Bund, bei den Ländern und den Kommunen entstehen keine finanziellen Auswirkungen, die über den Erfüllungsaufwand hinausreichen.

E. Erfüllungsaufwand

E.1 Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger

Für die Bürgerinnen und Bürger entsteht und entfällt kein Erfüllungsaufwand.

E.2 Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft

Für die Wirtschaft entsteht und entfällt kein Erfüllungsaufwand.

Bürokratiekosten aus Informationspflichten

Für die Wirtschaft werden keine Informationspflichten eingeführt, geändert oder abgeschafft.

E.3 Erfüllungsaufwand der Verwaltung

Durch den zu erwartenden Rückgang bei den Asylbewerberzahlen aus den als sichere Herkunftsstaaten einzustufenden Staaten werden Bund, Länder und Kommunen um Aufwendungen für die Durchführung der Verfahren entlastet. Beim Bund betrifft dies in erster Linie die Aufwendungen für die Durchführung der Asylverfahren beim BAMF. Wie stark der zu erwartende Rückgang ausfällt, lässt sich nicht prognostizieren, da er von zahlreichen externen Faktoren abhängt, insbesondere von der sozio-ökonomischen Situation in den Herkunftsstaaten, von den Auswirkungen der Maßnahmen, die andere von Asylzuwanderung betroffene europäische Staaten ergriffen haben bzw. noch ergreifen, und von dem Zeitraum zwischen Entstehung der Ausreisepflicht und Ausreise bzw. Aufenthaltsbeendigung. Nach der Einstufung der Länder Bosnien und Herzegowina, ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien und Serbien im Jahr 2014 betrug der durchschnittliche Rückgang der Asylanträge in den ersten zehn Monaten nach dem Inkrafttreten des Gesetzes 38 Prozent gegenüber dem gleichen Zeitraum vor dem Inkrafttreten des Gesetzes. Auch die Einstufung der Staaten Albanien, Kosovo und Montenegro als sichere Herkunftsstaaten im Jahr 2015 führte zu einem deutlichen Rückgang der Asylanträge. Weil bei diesen Staaten die Einstufung aber mit erweiterten Möglichkeiten der legalen Migration aus dem Herkunftsstaat zur Arbeitsaufnahme nach Deutschland verbunden war, ist davon auszugehen, dass der Rückgang der Asylantragszahlen nicht allein auf die Einstufung als sichere Herkunftsstaaten zurückzuführen ist. Die Höhe der zu erwartenden Entlastungen lässt sich aus den genannten Gründen ebenfalls nicht beziffern.

Ein etwaiger Mehrbedarf des Bundes an Sach- und Personalmitteln soll finanziell und stellenmäßig im Einzelplan 06 ausgeglichen werden.

F. Weitere Kosten

Den Bürgerinnen und Bürgern sowie der Wirtschaft entstehen keine sonstigen Kosten. Auswirkungen auf Einzelpreise und das Preisniveau, insbesondere das Verbraucherpreisniveau, sind nicht zu erwarten.

Gesetzentwurf der Bundesregierung
Entwurf eines Gesetzes zur Einstufung Georgiens, der Demokratischen Volksrepublik Algerien, des Königreichs Marokko und der Tunesischen Republik als sichere Herkunftsstaaten

Bundesrepublik Deutschland
Berlin, 10. August 2018 Die Bundeskanzlerin

An den Präsidenten des Bundesrates
Herrn Regierenden Bürgermeister
Michael Müller

Sehr geehrter Herr Präsident,
hiermit übersende ich gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes den von der Bundesregierung beschlossenen Entwurf eines Gesetzes zur Einstufung Georgiens, der Demokratischen Volksrepublik Algerien, des Königreichs Marokko und der Tunesischen Republik als sichere Herkunftsstaaten mit Begründung und Vorblatt.

Federführend ist das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat.

Fristablauf: 21.09.18

Die Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates gemäß § 6 Absatz 1 NKRG ist als Anlage beigefügt.

Die Stellungnahme der Bundesregierung zur Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates ist als Anlage 2beigefügt.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Angela Merkel

Entwurf eines Gesetzes zur Einstufung Georgiens, der Demokratischen Volksrepublik Algerien, des Königreichs Marokko und der Tunesischen Republik als sichere Herkunftsstaaten

Vom ...

Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1
Änderung des Asylgesetzes

Das Asylgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. September 2008 (BGBl. I S. 1798), das zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 20. Juli 2017 (BGBl. I S. 2780) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

1. Dem § 61 Absatz 2 wird folgender Satz angefügt:

"Satz 4 gilt nicht für Staatsangehörige der Demokratischen Volksrepublik Algerien, Georgiens, des Königreiches Marokko und der Tunesischen Republik, die am [einsetzen: Datum des Kabinettbeschlusses zu diesem Gesetz] bereits eine Beschäftigung ausüben oder die vor dem [einsetzen: Datum des auf den Kabinettbeschluss zu diesem Gesetz folgenden Tages] einen Ausbildungsvertrag für eine im Jahr 2018 beginnende qualifizierte Berufsausbildung in einem staatlich anerkannten oder vergleichbar geregelten Ausbildungsberuf abgeschlossen haben."

2. Die Anlage II wird wie folgt gefasst:

"Anlage II (zu § 29a)

Albanien
Demokratische Volksrepublik Algerien
Bosnien und Herzegowina
Ghana
Georgien
Kosovo
Königreich Marokko
Mazedonien, ehemalige jugoslawische Republik
Montenegro
Senegal
Serbien
Tunesische Republik".

Artikel 2
Änderung des Aufenthaltsgesetzes

Dem § 60a Absatz 6 des Aufenthaltsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 25. Februar 2008 (BGBl. I S. 162), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom [Ausfertigungsdatum Familiennachzugsneuregelungsgesetz] (BGBl. I S. ...) geändert worden ist, wird folgender Satz angefügt:

"Satz 1 Nummer 3 gilt nicht für Staatsangehörige der Demokratischen Volksrepublik Algerien, Georgiens, des Königreiches Marokko und der Tunesischen Republik, die am [einsetzen: Datum des Kabinettbeschlusses zu diesem Gesetz] bereits eine Beschäftigung ausüben oder die vor dem [einsetzen: Datum des auf den Kabinettbeschluss zu diesem Gesetz folgenden Tages] einen Ausbildungsvertrag für eine im Jahr 2018 beginnende qualifizierte Berufsausbildung in einem staatlich anerkannten oder vergleichbar geregelten Ausbildungsberuf abgeschlossen haben."

Artikel 3
Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.

Begründung

A. Allgemeiner Teil

I. Zielsetzung und Notwendigkeit der Regelungen

Durch den Gesetzentwurf werden die Staaten Georgien, Demokratische Volksrepublik Algerien, Königreich Marokko und Tunesische Republik zu sicheren Herkunftsstaaten im Sinne von Artikel 16a Absatz 3 des Grundgesetzes (GG) sowie Artikel 37 der Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes (ABl. L 180 vom 29.6.2013, S. 60) bestimmt. Nur durch eine entsprechende gesetzliche Regelung, die der Zustimmung des Bundesrates bedarf, kann für Behörden und Gerichte gleichermaßen verbindlich festgelegt werden, dass - vorbehaltlich der Möglichkeit einer Widerlegung der Vermutung der Verfolgungsfreiheit im Einzelfall - ein von dem Staatsangehörigen eines solchen Staates gestellter Asylantrag als offensichtlich unbegründet abzulehnen ist.

Bei der Ablehnung eines unbegründeten Asylantrags als "offensichtlich unbegründet" wird das Asylverfahren erheblich beschleunigt. Die dem Ausländer zu setzende Ausreisefrist verkürzt sich auf eine Woche ( § 36 Absatz 1 Asylgesetz (AsylG)), auch eine Klage ist innerhalb einer Woche zu erheben (§ 74 Absatz 1 AsylG) und hat keine aufschiebende Wirkung (§ 75 Absatz 1 AsylG). Ein Antrag nach § 80 Absatz 5 der Verwaltungsgerichtsordnung ist ebenfalls innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe der Entscheidung zu stellen (§ 36 Absatz 3 Satz 1 AsylG), das Gericht soll grundsätzlich innerhalb einer Woche über den Antrag entscheiden (§ 36 Absatz 3 Satz 5 AsylG).

Die Einstufung der Staaten Georgien, Demokratische Volksrepublik Algerien, Königreich Marokko und Tunesische Republik als sichere Herkunftsstaaten im Sinne von Artikel 16a Absatz 3 GG und Artikel 37 der Richtlinie 2013/32/EU verbessert die Möglichkeit, aussichtslose Asylanträge von Angehörigen dieser Staaten rascher zu bearbeiten und im Falle der Ablehnung des Antrags als offensichtlich unbegründet den Aufenthalt des Antragstellers in Deutschland schneller zu beenden. Damit wird zugleich der Anreiz für eine Asylbeantragung aus nicht asylrelevanten Gründen reduziert.

Die Einstufung der vier genannten Staaten als sichere Herkunftsstaaten erfüllt die durch Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Urteil vom 14. Mai 1996, 2 BvR 1507/93 und 2 BvR 1508/93) konkretisierten Voraussetzungen des Artikel 16a Absatz 3 GG und die Anforderungen des Anhangs I der Richtlinie 2013/32/EU. Vor der Einstufung der vier genannten Staaten als sichere Herkunftsstaaten hat sich die Bundesregierung anhand von Rechtslage, Rechtsanwendung und allgemeinen politischen Verhältnissen ein Gesamturteil über die für eine Verfolgung bedeutsamen Verhältnisse in diesen Staaten gebildet. Nach sorgfältiger Prüfung ist sie zu dem Ergebnis gekommen, dass in den genannten Staaten gewährleistet erscheint, dass dort generell, systematisch und durchgängig weder Verfolgung noch Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung noch Bedrohung infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts zu befürchten sind. Auch die Schutzquoten im Asylverfahren wurden für die Beurteilung mit herangezogen.

Entsprechend den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts wurde geprüft, ob die Verfolgungsfreiheit landesweit besteht und ob nicht nur bestimmte Gruppen verfolgungsfrei sind, andere Gruppen dagegen verfolgt werden. Entsprechend den Anforderungen des Anhangs I der Richtlinie 2013/32/EU wurde zudem berücksichtigt, inwieweit Schutz vor Verfolgung und Misshandlung geboten wird u.a. durch

Alle vorgenannten Kriterien wurden unter Heranziehung der von den Behörden gewonnenen Erkenntnisse, von einschlägiger Rechtsprechung sowie Materialien des UNHCR und internationaler Menschenrechtsorganisationen untersucht. Dabei ist darauf hinzuweisen, dass nicht alle Faktoren gleichwertig sind und vollständig vorliegen müssen. Dass in Einzelfällen eine Schutzgewährung erfolgt, steht einer Einstufung der genannten Staaten als sichere Herkunftsstaaten auch deshalb nicht entgegen, weil die damit verbundene Vermutung der Verfolgungssicherheit widerlegbar ist. Die Existenz von Ausnahmefällen entspricht gerade dem Konzept der widerlegbaren Vermutung.

Georgische Staatsangehörige stellten im Jahr 2016 3 771 und im Jahr 2017 3 462 Asylanträge in Deutschland. Algerische Staatsangehörige stellten im Jahr 2016 3 761 und im Jahr 2017 2 349 Asylanträge. Marokkanische Staatsangehörige stellten im Jahr 2016 4 156 und im Folgejahr 2 367 Asylanträge. Tunesische Staatsangehörige haben im Jahr 2016 974 sowie 557 Asylanträge im Folgejahr gestellt.

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) nahm 2017 insgesamt 8 735 Asylanträge von Angehörigen dieser Staaten entgegen. Als Asylsuchende wurden im Jahr 2017 3 285 georgische Staatsangehörige, 1 910 algerische Staatsangehörige, 1 799 marokkanische Staatsangehörige und 421 tunesische Staatsangehörige erstmals registriert.1

Die Voraussetzungen für die Gewährung von Asyl, Flüchtlingsschutz oder subsidiärem Schutz nach der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes, ABl. L 337 vom 20.12.2011, S. 9 (Qualifikationsrichtlinie) liegen nur in wenigen Einzelfällen vor.

Das BAMF hat 2016 insgesamt 15 746 Entscheidungen über Asylanträge von Angehörigen der vier genannten Staaten getroffen. In zwölf Fällen (4 marokkanische, 6 georgische und 2 algerische Staatsangehörige) wurde Asyl nach Artikel 16a GG gewährt, insgesamt 147 Personen (23 georgische, 40 algerische, 77 marokkanische und sieben tunesische Staatsangehörige) wurde Flüchtlingsschutz nach § 3 AsylG gewährt, bei weiteren 84 Personen (davon 6 georgische, 33 algerische, 42 marokkanische und 3 tunesische Staatsangehörige) wurde subsidiärer Schutz gewährt. Im Jahr 2016 betrug die Anerkennungsquote (Asylgewährung, Flüchtlingsschutz, subsidiärer Schutz) für Georgien 0,8 Prozent, für die Demokratische Volksrepublik Algerien 1,4 Prozent, für das Königreich Marokko 2,6 Prozent und die Tunesische Republik 0,6 Prozent.

Im Jahr 2017 hat das BAMF insgesamt 15 148 Entscheidungen über Asylanträge von Angehörigen der vier genannten Staaten getroffen. In sieben Fällen (3 georgische, 1 algerischer, 2 marokkanische und 1 tunesischer Staatsangehöriger) wurde Asyl nach Artikel 16a GG gewährt, insgesamt 145 Personen (15 georgische, 32 algerische, 87 marokkanische und 11 tunesische Staatsangehörige) wurde Flüchtlingsschutz nach § 3 AsylG gewährt, bei weiteren 159 Personen (davon 27 georgische, 45 algerische, 70 marokkanische und 17 tunesische Staatsangehörige) wurde subsidiärer Schutz gewährt. Im Jahr 2017 betrug die Anerkennungsquote (Asylgewährung, Flüchtlingsschutz, subsidiärer Schutz) für Georgien 0,6 Prozent, die Demokratische Volksrepublik Algerien 2,0 Prozent, für das Königreich Marokko 4,1 Prozent und die Tunesische Republik 2,7 Prozent.

Das BAMF hat bereits auf der Grundlage des geltenden Rechts erhebliche Anstrengungen unternommen, um die Asylverfahren von Staatsangehörigen der vier genannten Staaten prioritär zu bearbeiten und möglichst schnell zu entscheiden. Die dadurch erzielten Wirkungen haben sich jedoch nicht als nachhaltig erwiesen, vielmehr verharren die Asylbewerberzugänge aus diesen Staaten auf einem hohen Niveau (8 735 Asylanträge im Gesamtjahr 2017; 3 030 Asylanträge im den ersten drei Monaten des Jahres 2018). Es ist daher angezeigt, das Ziel einer Zurückdrängung nicht verfolgungsbedingt motivierter Asylbeantragungen von Angehörigen dieser Staaten durch die vorgeschlagene Rechtsänderung mit erhöhtem Nachdruck zu verfolgen.

Gleichzeitig soll für besondere vulnerable Fluchtgruppen deren besondere Schutzwürdigkeit durch eine spezielle Rechtsberatung berücksichtigt werden. Das BAMF arbeitet derzeit ein Konzept zur Umsetzung und Sicherstellung einer solchen Rechtsberatung aus.

1 In der Asylgesuchstatistik werden die erstmals in Deutschland als Asylsuchende registrierten Ausländer erfasst. Diese im Jahre 2017 eingeführte Statistik zielt im Gegensatz zur Asylgeschäftsstatistik nicht auf die Erfassung aller förmlichen Antragstellungen, sondern auf den erstmaligen Zugang in das Asylsystem und zwar unabhängig davon, ob die betroffene Person von vornherein mit dem Ziel eingereist ist, ein Asylgesuch zu äußern, oder sich bereits geraume Zeit vorher im Bundesgebiet aufgehalten hat oder gar seit ihrer Geburt ununterbrochen in Deutschland lebt. Damit dient diese Statistik als Frühindikator für das zu erwartende Erstantragsgeschehen.

II. Alternativen

Keine.

III. Gesetzesfolgen

Die Ablehnung einer hohen Zahl von Asylanträgen als offensichtlich unbegründet innerhalb kurzer Zeit dürfte zu einem nicht unerheblichen kurzfristigen Anstieg bei der Zahl ausreisepflichtiger Personen führen. Es ist daher erforderlich, dass die für die Beendigung des Aufenthalts zuständigen Ausländerbehörden der Länder sich auf eine zu erwartende Belastungsspitze einstellen.

1. Rechts- und Verwaltungsvereinfachung

Die vorgesehene Regelung führt insofern zu einer Rechts- und Verwaltungsvereinfachung, als sich die Beweislast umkehrt, so dass bei fehlender Substantiierung eines Asylvorbringens die Begründung der ablehnenden Entscheidung erleichtert wird. Da es aber stets einer Einzelfallprüfung eines Asylantrags und der zu seiner Begründung vorgetragenen Tatsachen und Umstände bedarf, dürften diese Vereinfachungsaspekte eher als gering einzustufen sein.

2. Nachhaltigkeitsaspekte

Der Gesetzentwurf steht im Einklang mit dem Leitgedanken der Bundesregierung zur nachhaltigen Entwicklung im Sinne der nationalen Nachhaltigkeitsstrategie. Eine Nachhaltigkeitsrelevanz in Bezug auf einzelne Indikatoren der Nachhaltigkeitsstrategie ist nicht gegeben.

3. Erfüllungsaufwand

Für die Bürgerinnen und Bürger sowie für die Wirtschaft entsteht und entfällt kein Erfüllungsaufwand.

Durch den zu erwartenden Rückgang bei den Asylbewerberzahlen aus den als sichere Herkunftsstaaten einzustufenden Staaten werden Bund, Länder und Kommunen um Aufwendungen für die Durchführung der Verfahren entlastet. Beim Bund betrifft dies in erster Linie die Aufwendungen für die Durchführung der Asylverfahren beim BAMF. Wie stark der zu erwartende Rückgang ausfällt, lässt sich nicht prognostizieren, da er von zahlreichen externen Faktoren abhängt, insbesondere von der sozio-ökonomischen Situation in den Herkunftsstaaten, von den Auswirkungen der Maßnahmen, die andere von Asylzuwanderung betroffene europäische Staaten ergriffen haben bzw. noch ergreifen, und von dem Zeitraum zwischen Entstehung der Ausreisepflicht und Ausreise bzw. Aufenthaltsbeendigung. Nach der Einstufung der Länder Bosnien und Herzegowina, ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien und Serbien im Jahr 2014 betrug der durchschnittliche Rückgang der Asylanträge in den ersten zehn Monaten nach dem Inkrafttreten des Gesetzes 38 Prozent gegenüber dem gleichen Zeitraum vor dem Inkrafttreten des Gesetzes. Auch die Einstufung der Staaten Albanien, Kosovo und Montenegro als sichere Herkunftsstaaten im Jahr 2015 führte zu einem deutlichen Rückgang der Asylanträge. Weil bei diesen Staaten die Einstufung aber mit erweiterten Möglichkeiten der legalen Migration aus dem Herkunftsstaat zur Arbeitsaufnahme nach Deutschland verbunden war, ist davon auszugehen, dass der Rückgang der Asylantragszahlen nicht allein auf die Einstufung als sichere Herkunftsstaaten zurückzuführen ist. Die Höhe der zu erwartenden Entlastungen lässt sich aus den genannten Gründen ebenfalls nicht beziffern.

Ein etwaiger Mehrbedarf des Bundes an Sach- und Personalmitteln soll finanziell und stellenmäßig im Einzelplan 06 ausgeglichen werden.

4. Weitere Kosten

Den Bürgerinnen und Bürgern sowie der Wirtschaft entstehen keine sonstigen Kosten. Auswirkungen auf Einzelpreise und das Preisniveau, insbesondere das Verbraucherpreisniveau, sind nicht zu erwarten.

5. Weitere Gesetzesfolgen

Auswirkungen der Regelungen für Verbraucherinnen und Verbraucher und gleichstellungspolitische Auswirkungen sowie Auswirkungen auf die demographische Entwicklung sind nicht zu erwarten.

IV. Gesetzgebungskompetenz des Bundes

Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes für die Änderung des Asylgesetzes (Artikel 1) ergibt sich für Nummer 1 aus Artikel 74 Absatz 1 Nummer 6 (Angelegenheiten der Flüchtlinge und Vertriebenen) und für Nummer 2 aus Artikel 16a Absatz 3 Satz 1GG. Für die Änderung des Aufenthaltsgesetzes (Artikel 2) ergibt sie sich aus Artikel 74 Absatz 1 Nummer 6 und aus Artikel 74 Absatz 1 Nummer 4 GG (Aufenthalts- und Niederlassungsrecht der Ausländer), letzterer in Verbindung mit Artikel 72 Absatz 2 des GG. Eine bundesgesetzliche Regelung ist zur Wahrung der Rechtseinheit im gesamtstaatlichen Interesse erforderlich. Nur durch eine einheitliche Bundesgesetzgebung im Bereich des Arbeitsmarktzugangs von Asylbewerbern und Geduldeten wird einer Binnenwanderung der betroffenen Ausländer entgegengewirkt.

V. Vereinbarkeit mit dem Recht der Europäischen Union und völkerrechtlichen Verträgen

Die Einstufung von Drittstaaten als sichere Herkunftsstaaten in Bezug auf den internationalen Schutz ist unter den Voraussetzungen der Artikel 36, 37 der Richtlinie 2013/32/EU möglich. Es handelt sich dabei um eine fakultative Regelung. Die Anforderungen der Richtlinie 2013/32/EU einschließlich ihres Anhangs I der Richtlinie 2013/32/EU über die Bestimmung sicherer Herkunftsstaaten wurden beachtet.

VI. Befristung; Evaluation

Nach Artikel 37 Absatz 2 der Richtlinie 2013/32/EU ist die Lage in den Drittstaaten, die als sichere Herkunftsstaaten eingestuft werden, regelmäßig zu überprüfen. Die Lage in den sicheren Herkunftsstaaten wird fortlaufend durch das Auswärtige Amt beobachtet, ferner erstellt es regelmäßig Lageberichte zu diesen Staaten, bei plötzlichen Lageänderungen werden adhoc-Lageberichte verfasst. Dadurch ist gewährleistet, dass auch die Asylbehörde stets über aktuelle Informationen verfügt. Zudem ist die Bundesregierung nach § 29a Absatz 2a AsylG verpflichtet, dem Bundestag alle zwei Jahre einen Bericht darüber vorzulegen, ob die Voraussetzungen für die Einstufung der als sichere Herkunftsstaaten eingestuften Staaten weiterhin vorliegen. Bei plötzlichen Verschlechterungen der Lage kann die Einstufung eines Staates als sicherer Herkunftsstaat durch Rechtsverordnung der Bundesregierung vorübergehend ausgesetzt werden (§ 29a Absatz 3 AsylG). Durch das Zusammenspiel dieser Regelungen ist gewährleistet, dass den betroffenen Asylbewerbern - unabhängig von der Möglichkeit, die Vermutung der Verfolgungssicherheit im Einzelfall zu widerlegen - durch eine plötzliche Verschlechterung der Lage kein Nachteil entstehen kann.

B. Besonderer Teil

Zu Artikel 1 (Änderung AsylG)

Zu Nummer 1

Mit der Ergänzung von § 61 Absatz 2 Satz 4 wird Asylbewerbern aus den mit diesem Gesetz neu bestimmten sicheren Herkunftsstaaten, die am Tag des Kabinettbeschlusses bereits mit Zustimmung der Ausländerbehörde in einem Beschäftigungsverhältnis stehen, die Weiterbeschäftigung und die Aufnahme weiterer Beschäftigungen ermöglicht. Davon umfasst sind auch alle in einem Beschäftigungsverhältnis ausgeübten Formen der Berufsausbildung.

Darüber hinaus wird ermöglicht, dass die qualifizierten Berufsausbildungen im Jahr 2018 aufgenommen werden können, für die bis zum Tag des Kabinettbeschlusses zu diesem Gesetz ein Berufsausbildungsvertrag abgeschlossen wurde.

Zu Nummer 2

Für die Einstufung der einzelnen Staaten als sichere Herkunftsstaaten sind im Einzelnen folgende Erwägungen maßgeblich.

1. Nach der Berichterstattung des Auswärtigen Amtes zu Georgien bis Ende März 2018 sowie unter Berücksichtigung der Erkenntnisse lokaler Menschenrechtsgruppen und vor Ort vertretener Nichtregierungsorganisationen sowie internationaler Organisationen entspricht die Bestimmung Georgiens zum sicheren Herkunftsstaat den Voraussetzungen des Artikel 16a Absatz 3 GG und der Artikel 36, 37 i.V. mit Anhang I der Richtlinie 2013/32/EU.

Georgien hat sich seit 2004 politisch und gesellschaftlich für eine eindeutige euroatlantische Ausrichtung entschieden. Strategisches Ziel sind EU- und NATO-Mitgliedschaft. Auch die 2012 neu gewählte und 2016 im Amt bestätigte Regierung des "Georgischen Traums" hält daran uneingeschränkt fest. Seit dem Regierungswechsel 2012 wurden demokratische Strukturen und Verfahren, insbesondere Gewaltenteilung, Unabhängigkeit der Justiz, Einhaltung von Menschenrechten und zivilgesellschaftliche Kontrolle - inkl. freier Presse - wiederhergestellt bzw. weiter gestärkt. Dank des bereits erreichten Fortschritts in dem Reformprozess gilt Georgien unter den sechs Partnerländern der Östlichen Partnerschaft als Spitzenreiter. Das Assoziierungsabkommen mit der EU von 2014 und vor allem die Ende März 2017 in Kraft getretene Visaliberalisierung belegen den erreichten Stand der Reformbemühungen.

Über die Konflikte mit den abtrünnigen Gebieten Abchasien und Südossetien wird in Genf unter dem Ko-Vorsitz von EU, OSZE und VN verhandelt, militärische Gewalt wird nicht angewandt. Abgesehen von den unmittelbar an der Verwaltungslinie zu Abchasien und Südossetien gelegenen Gebieten wirkt sich der Konflikt nicht auf die Sicherheitslage im Land aus.

Die georgische Verfassung verpflichtet den Staat zu Anerkennung und Schutz der universell anerkannten Menschenrechte und Freiheiten als unantastbare und höchste Rechtsgüter (bisher Artikel 7, künftig Artikel 4 Absatz 2). Sie sind unmittelbar anwendbares Recht. Zugleich gehen nach Artikel 6 der Verfassung (künftig Artikel 4 Absatz 5) Regelungen in völkerrechtlichen Verträgen und Abkommen dem nationalem Recht mit Ausnahme der Verfassung vor, soweit sie abweichen. Einzelne Menschenrechte sind außerdem als Grundrechte in eigenen Verfassungsartikeln aufgeführt. Durch die im März 2018 angenommene Verfassungsreform wird dieser Schutz weiter verstärkt. So verbietet Artikel 9 Absatz 2 Folter und unmenschliche Behandlung, Artikel 10 Absatz 1 die Verhängung der Todesstrafe. Darüber hinaus enthält die Verfassung die meisten politischen und bürgerlichen sowie zahlreiche wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte als Grundrechte. Die Geltendmachung von Grundrechtsverletzungen ist sowohl über eine spezielle Behörde ("Public Defender") als auch über die Gerichte bis hin zum Verfassungsgericht von Georgien möglich (Artikel 35 und Artikel 60).

Die Institution des unabhängigen Public Defenders (Ombudsmann) beobachtet mit einem Stab von über 160 Mitarbeitern die Wahrung der Menschenrechte im Land. Er besitzt zwar keine Exekutivbefugnisse, erzielt aber mit seinen zahlreichen öffentlichen Stellungnahmen zu vielen Fällen und mit konkreten Empfehlungen an Regierungsstellen große öffentliche Aufmerksamkeit. Er veröffentlicht regelmäßig Berichte zur Menschenrechtslage Georgiens. Auch der Menschenrechtsausschuss des Parlaments wirkt in diesem Sinn. Georgische und internationale Menschenrechtsorganisationen können ohne jede staatliche Behinderung arbeiten, ihre Erkenntnisse öffentlich präsentieren, Kritik äußern und häufig auch Einfluss auf die politische Willensbildung ausüben.

Georgien gehört dem Europarat an, engagiert sich beim Europäischen Menschenrechtsgerichtshof, stellt hierfür einen Richter und hält sich grundsätzlich an die Urteile des Europäischen Menschenrechtsgerichtshofs. Georgien ist Vertragsstaat folgender Menschenrechtsübereinkommen:

Das 2014 verabschiedete Anti-Diskriminierungsgesetz gewährt allen Bürgern gleiche Rechte und Schutz vor Diskriminierung im öffentlichen und privaten Bereich. Intoleranz und ggf. Diskriminierung von Minderheiten und Andersdenkenden sind in der Gesellschaft und insbesondere in ländlichen Gebieten nach wie vor vorhanden.

Die gesellschaftliche Teilhabe von Angehörigen ethnischer Minderheiten ist mangels Kenntnis der georgischen Sprache häufig gemindert. Die Regierung bemüht sich, mit einem Aktionsplan die Integration der ethnischen Minderheiten in die Mehrheitsgesellschaft zu fördern.

Frauen sind Männern rechtlich gleichgestellt, im beruflichen Leben jedoch z.T. faktisch benachteiligt. Die Anwendung gesetzlicher Regelungen gegen Diskriminierung von Frauen und die verbreitete häusliche Gewalt ist nicht ausreichend gewährleistet.

Seit 2000 sind Homosexualität / homosexuelle Handlungen in Georgien nicht mehr strafbar; 2012 wurde die Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung unter Strafe gestellt. Im gesellschaftlichen und beruflichen Leben müssen Angehörige sexueller Minderheiten (LGBTI)-Personen mit ungleicher Behandlung, vereinzelt auch mit Übergriffen rechnen.

Die georgische Verfassung, das Gesetz über die Zulassung religiöser Minderheiten und das Anti-Diskriminierungsgesetz garantieren Religionsfreiheit. Diskriminierung aufgrund des religiösen Bekenntnisses oder die Behinderung der Religionsausübung sind unter Strafe gestellt.

Die politischen Freiheiten sind verfassungsrechtlich verankert und staatlicherseits auch gewährleistet. Die politische Opposition kann ungehindert tätig werden. Seit 2012 ist von Machtmissbrauch einschließlich politisch motivierter Strafverfolgung durch Amtsträger, z.B. Staatsanwaltschaft, Polizei oder Finanzbehörden, zur Einschüchterung politischer Gegner oder zur rechtswidrigen Erlangung wirtschaftlicher Vorteile, keine Rede mehr. Nach 2012 begonnene Ermittlungen oder abgeschlossene Strafverfahren gegen hochrangige Mitglieder und nachgeordnete Mitarbeiter der ehemaligen Regierung oder Parteifunktionäre werden allgemein nicht als politisch motiviert beurteilt, sondern beruhen auf strafrechtlich relevanten Handlungen.

Presse und Medien können frei arbeiten, Georgien liegt im Press Freedom Index 2017 auf Platz 64.

Der Aufbau einer unabhängigen Justiz gehört zu den Hauptzielen der georgischen Regierung. Nichtregierungsorganisationen, die den Reformprozess sehr aktiv und kritisch begleiten, mahnen weiterhin transparente Verfahren für die Ernennung von Richtern aufgrund von Qualifikation und Eignung an. Durch die Reformen haben in den letzten Jahren Staatsanwaltschaft und Gerichte an Unabhängigkeit gewonnen.

Die Verfassung von Georgien verbietet Folter. Bis 2012 gab es wiederholt Berichte über willkürliche Haft und Gewaltanwendung einschließlich Folterhandlungen gegenüber Personen in Polizeigewahrsam oder im Strafvollzug, die auch zum Regierungswechsel 2012 beitrugen. Ein systemischer Charakter ist heute nicht mehr feststellbar. Ombudsmann und zivilgesellschaftliche Organisationen sprechen bekannt werdende Vorfälle und ggf. unzureichend betriebene Ermittlungen öffentlich an.

Nach dem Regierungswechsel 2012/13 wurden grundlegende Reformen im Strafrecht und Strafvollzug durchgeführt. Die frühere Praxis, die Untersuchungshaft flexibel auszuweiten, wurde vom Verfassungsgericht beschränkt. Die Einführung eines Jugendstrafrechts hat die Zahl der Verurteilungen von Jugendlichen stark gesenkt. Nach Einschätzung von Menschenrechtsorganisationen vor Ort entsprechen die Haftbedingungen grundsätzlich den Mindeststandards, zu denen Georgien durch internationale Übereinkommen verpflichtet ist. Die Überprüfung der Haftbedingungen gehört zu den Aufgaben des Ombudsmannes. Fälle von Misshandlungen nach 2012 sind nicht bekannt.

Die Todesstrafe wurde in Georgien 1997 abgeschafft.

Nach alledem steht einer Einstufung Georgiens als sicherer Herkunftsstaat trotz noch vorhandener Defizite nichts entgegen. Aus den herangezogenen Quellen und Erkenntnismitteln muss nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts insgesamt ein hinreichend sicheres Bild über die Verhältnisse in dem betreffenden Staat entstehen, soweit diese für die Frage erheblich sind, ob dort Verfolgung oder unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet. Die Bestimmung eines sicheren Herkunftsstaats setzt damit keine absolute Verfolgungsfreiheit voraus. Vielmehr genügt es, dass aufgrund objektiver Kriterien die Nichtverfolgung als gewährleistet erscheint. Dies ist vorliegend der Fall. Es kann als gewährleistet betrachtet werden, dass in Georgien generell weder asylrelevante Verfolgung noch Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung noch Bedrohung infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen Konfliktes drohen. Es ist zu berücksichtigen, dass die Regelung über sichere Herkunftsstaaten es ermöglicht, die gegen eine Verfolgung sprechende Vermutung im Einzelfall auszuräumen.

2. Nach dem Lagebericht des Auswärtigen Amtes zur Demokratischen Volksrepublik Algerien vom 22. Februar 2018, der auch die Erkenntnisse algerischer Menschenrechtsgruppen und in Algerien vertretener Nichtregierungsorganisationen sowie internationaler Organisationen wie z.B. UNHCR oder IKRK berücksichtigt, entspricht die Bestimmung dieses Staates zum sicheren Herkunftsstaat den Voraussetzungen des Artikel 16a Absatz 3 GG und der Artikel 36, 37 i.V. mit Anhang I der Richtlinie 2013/32/EU.

Algerien ist eine Demokratische Volksrepublik laut der Verfassung, welche als Staatsprinzipien demokratische Regierungsführung und soziale Gerechtigkeit vorsieht. Der Staatspräsident nimmt eine starke Stellung ein und wird alle fünf Jahre direkt gewählt. In den beiden Parlamentskammern verfügen die Regierungsparteien über eine große Mehrheit. Die Verfassungsreform von Frühjahr 2016 hat die Rechte der parlamentarischen Opposition gestärkt. Die Staatsgewalt wird in allen Teilen des Landes effektiv und uneingeschränkt ausgeübt. Algerien ist insbesondere an folgende Übereinkommen auf dem Gebiet der Menschenrechte gebunden:

Der Grundrechtsschutz in der algerischen Verfassung ist hoch und wurde durch die Verfassungsreform weiter ausgebaut. Die unter Kapitel IV aufgeführten Artikel 32 bis 73 der Verfassung (von 1996, geändert 2016) beinhalten einen umfassenden Katalog von Grund- und Menschenrechten.

Staatliche Repressionen, die allein wegen Rasse, Religion, Nationalität oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe erfolgen, sind in Algerien nicht feststellbar. Es liegen keine Informationen über weitverbreitete und massive Menschenrechtsverletzungen vor. Die Verfassung verbietet Folter und unmenschliche Behandlung. Das traditionelle islamische Strafrecht wird nicht angewendet.

Homosexuelle Handlungen sind in Algerien nach Artikel 338 des Strafgesetzbuches strafbar. Dies gilt auch für die Erregung öffentlichen Ärgernisses mit Bezügen zu Homosexualität (Artikel 333). Eine systematische Verfolgung homosexueller Personen (verdeckte Ermittlungen etc.) findet nicht statt. Homosexualität wird für die Behörden dann strafrechtlich relevant, wenn sie öffentlich sichtbar gelebt wird.

Im algerischen Strafgesetz ist Folter seit 2004 ein Verbrechen.

Die Todesstrafe wird verhängt; im Jahr 2016 waren es nach Angaben von Amnesty International 50, im Jahr 2017 27 Fälle. Seit 1993 gilt aber ein von Staatspräsident Bouteflika wiederholt bekräftigtes Moratorium.

Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass die Todesstrafe als Mittel der politischen Verfolgung verhängt wird. Die ergangenen Todesurteile stehen im Zusammenhang mit der Verfolgung staatsgefährdender Straftaten (Terrorismus) oder Kapitalverbrechen. Erkenntnisse darüber, dass die entsprechenden Verfahren nicht nach rechtstaatlichen Grundsätzen abliefen, liegen nicht vor und werden auch von kritischen Nichtregierungsorganisationen nicht vorgetragen.

Im Rahmen einer Gesamtbetrachtung der Rechtslage, Rechtsanwendung und allgemeinen politischen Verhältnissen kann daher von einer Sicherheit vor unmenschlicher oder erniedrigender Bestrafung in Algerien ausgegangen werden.

Die Verfassung erklärt den Islam zur Staatsreligion, verbietet aber Diskriminierung aus religiösen Gründen. Missionierungen sind verboten, die (versuchte) Konvertierung eines Muslims ist unter Strafe gestellt. Christen stellen in Algerien eine sehr kleine, Juden eine noch kleinere Minderheit dar.

Trotz verfassungsrechtlichen Diskriminierungsverbots bewirkt das von islamischen Grundsätzen geprägte Familien- und Erbrecht eine rechtliche und faktische Diskriminierung von Frauen. Durch Änderungen im Familiengesetzbuch und das Ende 2015 verabschiedete Gesetz gegen häusliche Gewalt soll der Schutz von Frauen verbessert werden. Die Verfassungsreform gibt vor, dass der Staat sich für die Gleichberechtigung von Frauen im Beruf einsetzt. Es gibt keine Erkenntnisse zu weiblicher Genitalverstümmelung. Zum besseren Schutz von Kindern wurde 2015 ein Gesetz verabschiedet, das das Strafgesetzbuch ergänzt und dem Problem von Kindesentführungen begegnen soll. Trotzdem sind bei den Themen Gewalt gegen Kinder, Versorgung der Kinder einschließlich Recht auf Bildung und Gesundheit und sonstiger rechtlicher Schutz weiterhin Defizite zu konstatieren.

Die Gleichheit vor dem Gesetz ist durch die Verfassung garantiert. Gleichzeitig fehlt vielen Bürgern das Vertrauen in die Justiz aufgrund vermuteter politischer Einflussnahme. Gemäß der Verfassung ist die Versammlungsfreiheit garantiert. Die Regierung kann jedoch unter Berufung auf ein Dekret aus dem Jahr 2001 Demonstrationen in der Hauptstadt Algier verbieten. Es wird eine relativ freie Meinungsäußerung zugelassen; die geäußerten Meinungen werden von staatlicher Seite aber weitgehend ignoriert. Es existiert eine private Presse mit zahlreichen Titeln, jedoch sind die meisten Zeitungen auf staatliche Druckereien sowie auf Anzeigen und Werbung der staatlichen Werbe-und Verlagsgesellschaft angewiesen. Ausländische Satellitensender sind frei zugänglich, im Internet findet bisher keine (systematische) Zensur statt.

Die Richterinnen und Richter werden für eine Dauer von zehn Jahren ernannt und können u.a. im Fall von Rechtsbeugung abgelöst werden. Die Gerichte üben in der Regel keine wirksame Kontrolle staatlichen Handelns aus. Die Verwaltungsgerichtsbarkeit ist gut ausgebaut, der Rechtsweg wird aber selten in Anspruch genommen.

Die in der Verfassung garantierte Unabhängigkeit von Gerichten und Richtern ist in der Praxis nicht immer gewährleistet. Geltende Gesetze und Vorschriften werden nicht immer einheitlich und flächendeckend angewandt. Die von Präsident Bouteflika bereits im Juni 2000 eingesetzte Justizreformkommission führte zwar zur Entlassung der Mehrheit der Präsidenten der erst- und zweitinstanzlichen Gerichte und zu massiven Umbesetzungen im Justizsystem. Strukturelle Verbesserungen sind dadurch jedoch nicht eingetreten. Den Bürgerinnen und Bürgern fehlt nach wie vor das Vertrauen in die Justiz, sie sehen vor allem in politisch relevanten Strafverfahren Handlungsbedarf. Nach Einschätzung von Menschenrechtsorganisationen und Journalisten nimmt die Exekutive in solchen Fällen unmittelbar Einfluss auf die Entscheidungen des Gerichts. Die Justizreform wird zudem nur äußerst schleppend umgesetzt.

Die Verfassung schreibt ein Interventionsverbot in den Ablauf der Justiz fest.

In Algerien sind mehrere nichtstaatliche Menschenrechtsorganisationen aktiv. Daneben existiert ein staatlicher Menschenrechtsrat, der wegen der Ernennung des Vorsitzenden durch den Präsidenten in der Nähe einer Quasi-Regierungsorganisation bleibt. Das lokale Amnesty-International-Büro behandelt regionale Fragestellungen. Seit 2005 haben Angehörige angesehener Organisationen - u.a. Amnesty International (Ausnahme: Besuch Flüchtlingslager Westsahara-Flüchtlinge in Tindouf), Human Rights Watch, Réseau Euro-Med - ungeachtet fortgesetzter Anträge keine Visa für Algerien erhalten.

In Algerien besteht keine Bedrohung aufgrund willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder internen bewaffneten Konflikts.

Die algerische Staatsgewalt wird landesweit effektiv ausgeübt. Oppositionelle Gruppierungen und Nichtregierungsorganisationen machen u.a. Einschränkungen bei Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit geltend. Die Inanspruchnahme verwaltungsgerichtlichen Schutzes wegen solcher Einschränkungen ist in Algerien faktisch nicht feststellbar. Internationale Menschenrechtsorganisationen sind in Algerien nicht dauerhaft vertreten.

Algerien ist seit vielen Jahren politisch stabil. Algerien wünscht sich eine engere Zusammenarbeit mit der EU und ihren Mitgliedstaaten und insbesondere ein noch stärkeres Engagement bei der angestrebten Diversifizierung der Volkswirtschaft. Auf der Basis des Assoziierungsabkommens findet auch kontinuierlich ein politischer Dialog statt. Seit Oktober 2012 existiert eine EU-Menschenrechts-Länderstrategie zu Algerien. Zentrale Anliegen sind die Sensibilisierung der algerischen Seite für grundlegende Gehalte v.a. der politischen Freiheitsrechte, nicht zuletzt der Notwendigkeit, die Zivilgesellschaft sich elementar entfalten zu lassen. Die EU bringt Menschenrechtsthemen regelmäßig auf.

Nach alledem steht einer Einstufung Algeriens als sicherer Herkunftsstaat trotz noch vorhandener Defizite nichts entgegen. Aus den herangezogenen Quellen und Erkenntnismitteln ergibt sich insgesamt ein hinreichend sicheres Bild über die Verhältnisse in Algerien. Die Bestimmung eines sicheren Herkunftsstaats setzt keine absolute Verfolgungsfreiheit voraus. Vielmehr genügt es, dass aufgrund objektiver Kriterien die Nichtverfolgung als gewährleistet erscheint. Dies ist vorliegend der Fall. Es kann als gewährleistet betrachtet werden, dass in Algerien generell weder asylrelevante Verfolgung noch Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung noch Bedrohung infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen Konfliktes drohen.

3. Nach der Berichterstattung des Auswärtigen Amtes zu Marokko bis Ende Januar 2018 sowie unter Berücksichtigung der Erkenntnisse des marokkanischen Nationalen Menschenrechtsrates (CNDH), lokaler Menschenrechtsgruppen, von Akteuren der marokkanischen Zivilgesellschaft, der in Marokko vertretenen internationalen Nichtregierungsorganisationen sowie des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen (UNHCR) entspricht die Bestimmung Marokkos zum sicheren Herkunftsstaat den Voraussetzungen des Artikel 16a Absatz 3 GG und der Artikel 36, 37 i.V. mit Anhang I der Richtlinie 2013/32/EU.

Marokko ist ein Königreich mit einer Verfassung, die Gewaltenteilung und demokratische Regierungsführung vorsieht. Der König bleibt in allen zentralen Fragen letzte Instanz und steht über allen anderen verfassungsmäßigen Institutionen. Er stützt sich dabei auch auf eine allgemein anerkannte traditionelle, insbesondere religiöse Legitimität als "Führer der Gläubigen". Im Parlament sind Abgeordnete aus neun politischen Parteien vertreten. Die Regierung wird von einer Koalition aus sechs Parteien gebildet. Zugelassene Oppositionsparteien werden in ihrer Arbeit nicht wesentlich eingeschränkt. Politische Auseinandersetzungen zwischen den verschiedenen politischen Kräften werden offen und kontrovers geführt. Die Staatsgewalt wird in allen Teilen des Landes effektiv und uneingeschränkt ausgeübt.

Marokko ist insbesondere an folgende Übereinkommen auf dem Gebiet der Menschenrechte gebunden:

Menschenrechte und bürgerliche Freiheiten sind in Verfassung und Gesetzgebung verankert. Die seit dem 1. Juli 2011 gültige Verfassung beruft sich in der Präambel auf die universellen Menschenrechte. In den unter Titel II aufgeführten Artikeln 19 bis 35 garantiert die Verfassung einen umfassenden Katalog von Grund- und Menschenrechten.

Staatliche Repressionsmaßnahmen gegen bestimmte Personen oder Personengruppen wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe sind nicht festzustellen. Politische Überzeugungen können frei geäußert werden, solange sie nicht die Person des Königs, den Islam als Staatsreligion oder die territoriale Integrität in Frage stellen. Insbesondere gibt es keine Berichte zu extralegalen Tötungen, Verschwinden von Personen oder systematischer Folter und Misshandlung. Systematische Menschenrechtsverletzungen finden nicht statt.

Die marokkanische Regierung lehnt den Einsatz von Folter ab und bemüht sich um aktive Prävention. Der Nationale Menschenrechtsrat und Nichtregierungsorganisationen berichten über einzelne Fälle von nicht gesetzeskonformer Gewaltanwendung durch Sicherheitskräfte, die weder von staatlicher Seite angeordnet noch gebilligt werden.

Die Todesstrafe kann in Marokko für 31 Tatbestände verhängt werden (neben Staatsschutzdelikten und terroristischen Verbrechen, z.B. auch Verbrechen wie schwere Brandstiftung, bewaffneter Raubüberfall). Sie wurde zuletzt im Jahr 1993 vollstreckt. Seitdem gilt ein nicht formalisiertes Moratorium. Es gibt gegenwärtig keine Anzeichen dafür, dass Marokko zur Vollstreckung der Todesstrafe zurückkehren könnte. Internationale Beobachter sind sich einig, dass gegenwärtig keine Hinrichtungen in Marokko zu erwarten sind.

Die Todesstrafe wird weiterhin gerichtlich verhängt. Offizielle Statistiken, wie oft und aufgrund welcher Delikte die Todesstrafe in Marokko verhängt wird, sind nicht verfügbar. Mit Stand November 2017 waren 95 Personen zur Todesstrafe verurteilt. 2015 wurden nach Angaben von Amnesty International neun, 2016 sechs und 2017 15 Verurteilungen ausgesprochen. Da Todesstrafen im Rahmen königlicher Amnestien regelmäßig in eine lebenslange Freiheitsstrafe umgewandelt werden, bleibt die Zahl der zum Tode Verurteilten relativ konstant. 2017 wurde in 23 Fällen die Todesstrafe in eine lebenslange Freiheitsstrafe umgewandelt.

Erkenntnisse darüber, dass die entsprechenden Verfahren nicht nach rechtstaatlichen Grundsätzen abliefen, liegen nicht vor. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass die Todesstrafe als Mittel der politischen Verfolgung verhängt wird. Führende Figuren der jüngsten Proteste wurden wegen "Staatsgefährdung" zu langen Freiheitsstrafen, nicht jedoch zum Tode verurteilt.

Im Rahmen einer Gesamtbetrachtung der Rechtslage, Rechtsanwendung und allgemeinen politischen Verhältnissen kann daher von einer Sicherheit vor unmenschlicher oder erniedrigender Bestrafung in Marokko ausgegangen werden.

Der sunnitische Islam malikitischer Rechtsschule ist Staatsreligion in Marokko (99 Prozent der Bevölkerung).

Artikel 3 der Verfassung garantiert die individuelle Religionsausübungsfreiheit. Dieser Artikel schützt den Islam als Staatsreligion, aber auch die Ausübung der anderen anerkannten Schriftreligionen Judentum und Christentum. Der Bundesregierung ist keine Bestrafung eines Angehörigen nicht anerkannter Religionsgemeinschaften bekannt. Grundsätzlich ist Marokkanern der freiwillige Religionswechsel nicht verboten, staatliche Stellen behandeln Konvertiten jedoch weiter als Muslime. Apostasie (Abfall vom Islam) wird nicht strafrechtlich sanktioniert. Die Verfassung von 2011 garantiert die Gleichheit von Mann und Frau, schränkt diese durch Bezugnahme auf den Islam aber wieder ein. Das Recht auf Eheschließung wird durch islamisches Familienrecht beschränkt. Muslimischen Frauen ist verboten, nichtmuslimische Männer zu heiraten.

Jeder außereheliche Geschlechtsverkehr und auch Ehebruch sind strafbar. Strafverfolgung ist sehr selten, findet aber statt, bei Ehebruch ausschließlich auf Anzeige des Ehepartners. Haft- und Geldstrafen werden verhängt. Für homosexuelle Handlungen, die ebenfalls selten verfolgt werden, gilt ein gesonderter Strafrahmen. Fälle von Genitalverstümmelung sind nicht bekannt.

Kinderarbeit im Allgemeinen und unbezahlte Hausarbeit von minderjährigen Mädchen im Besonderen sind verbreitet. Gesetzgebung und staatliche Schutzmaßnahmen sollen ausgebaut werden. Das aktuelle Schutzniveau ist gering.

Die Gleichheit vor dem Gesetz ist formal gewährleistet. Der Zugang zu Verwaltung und Justiz ist für Analphabeten und Bewohner entlegener Gebiete und oft auch für Frauen schwierig.

Meinungs- und Pressefreiheit sind ausgeprägt und werden in Anspruch genommen. Allerdings bestehen rechtliche Einschränkungen. In Einzelfällen kommt es zur strafrechtlichen Verfolgung im Hinblick auf besonders geschützte Institutionen und Güter: Rolle des Königs, Islam als Staatsreligion, territoriale Integrität, Fragen der öffentlichen Moral. Staatliche Zensurmaßnahmen sind die Ausnahme, die meisten der wenigen politischinformativen Medien sind wirtschaftlich von regierungsnahen Unternehmen abhängig. Ausländische Satellitensender und das Internet sind frei zugänglich. Das Anti-Terrorgesetz von 2003 verbietet Medien mit extremistischislamistischem Inhalt. 2016 wurden das Pressegesetz und Teile des Strafgesetzes reformiert. Danach gelten für Journalisten die allgemeinen Strafgesetze ohne besonderen Schutz der Pressefreiheit. Der Rechtsweg ist in Marokko formal sichergestellt. Probleme ergeben sich aus mangelnder Effizienz und im Justizsektor verbreiteter Korruption. Marokko arbeitet mit internationalen Partnern (EU, Europarat, EU-Mitgliedstaaten) zusammen, um die Justiz effizienter, unabhängiger und weniger korruptionsanfällig zu machen. Die Verwaltungsgerichtsbarkeit ist gut ausgebaut und fällt auch Urteile gegen den Staat, wird aber noch selten in Anspruch genommen.

Mit der Einrichtung des Verfassungsgerichts 2017 besteht die Möglichkeit im Wege des Normenkontrollverfahren Gesetze auf ihre Verfassungsmäßigkeit zu überprüfen.

Marokko hat traditionell enge Bindungen zur Europäischen Union. In den vergangenen Jahren wurden die Beziehungen zum Europarat ausgebaut. Das marokkanische Parlament ist seit 2009 mit der parlamentarischen Versammlung des Europarates als "Partner for Democracy" verbunden, seit 2013 hat Marokko Beobachterstatus in der European COMmission for the Efficiency of Justice (CEPEJ).

Geltende Gesetze und Vorschriften werden nicht immer einheitlich und flächendeckend angewandt, z.B. im Bereich der Korruptionsbekämpfung. Bei der Strafverfolgung und Strafzumessung fällt auf, dass die Umsetzung von Gesetzesnovellen - z.B. bei der Stärkung von Frauenrechten oder dem Kampf gegen häusliche Gewalt - in der Rechtspraxis häufig Jahre benötigt. Zentrale rechtsstaatliche Elemente wie die Unschuldsvermutung oder das Recht auf einen fairen Prozess sind verfassungsmäßig festgeschrieben. Staatliche Eingriffe in Grundrechte von Bürgern beruhen auf Gesetzen. Die Exekutive bekennt sich zu rechtsstaatlichen Grundsätzen. Es gibt staatliche wie nichtstaatliche Organisationen, die die Einhaltung dieser Grundsätze überprüfen.

Seit 2007 gibt es eine staatliche Antikorruptionsbehörde. Ihre Aufgaben liegen vorrangig in der Prävention, nicht in der aktiven Korruptionsbekämpfung.

Mit der Verfassung von 2011 wurde die Institution des "Médiateur pour les droits de l"homme" eingerichtet. Dies entspricht einem Ombudsmann für Fälle staatlichen Machtmissbrauchs.

Ein ebenfalls mit der Verfassung von 2011 geschaffener Rechnungshof überprüft die rechtmäßige Verwendung der öffentlichen Finanzen und verfasst Berichte, in denen Fehlverhalten der Verwaltung aufgeführt werden. Die Berichte werden veröffentlicht.

Der 2011 durch die Verfassung geschaffene Nationale Menschenrechtsrat hat Verfassungsrang und beobachtet und fördert die Menschenrechtssituation in Marokko. Er kommt diesem Auftrag durch regelmäßige Berichte an Gesetzgeber und Öffentlichkeit nach, die auch Missstände im staatlichen Handeln anprangern und Leitlinien für das politische Handeln setzen. Zudem beobachten auch nationale und internationale Menschenrechtsorganisationen das Handeln der Exekutive und die Effektivität des Rechtssystems aufmerksam und kritisch.

In Marokko besteht keine Bedrohung aufgrund willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder nichtinternationalen bewaffneten Konflikts. Der seit 1991 bestehende Waffenstillstand im Westsahara-Konflikt wird von einer VN-Mission überwacht (MINURSO).

Der Grundsatz der Nichtzurückweisung nach der Genfer Flüchtlingskonvention wird eingehalten. Das nationale Asylverfahren in Marokko wird vom UNHCR durchgeführt. Marokko arbeitet an der Schaffung eines nationalen Rechtsrahmens für Asyl, der auch eine nationale Asylbehörde umfassen soll.

Marokko erkennt in seiner Verfassung ausdrücklich die Vielfalt der Nation an. Offizielle Staatssprachen sind Arabisch und die Berbersprache Amazigh. Die Kultur der Sahra-ouis ist anerkannt und wird gefördert. Die jüdischen Wurzeln der Nation werden gepflegt. Marokko gewährt in der Regel unabhängigen internationalen Organisationen zum Zwecke der Überwachung der Menschenrechtslage Zugang zu seinem Hoheitsgebiet und relevanten Institutionen und Einrichtungen.

Nach alledem steht einer Einstufung Marokkos als sicherer Herkunftsstaat trotz noch vorhandener Defizite nichts entgegen. Aus den herangezogenen Quellen und Erkenntnismitteln ergibt sich insgesamt ein hinreichend sicheres Bild über die Verhältnisse in Marokko. Die Bestimmung eines sicheren Herkunftsstaats setzt keine absolute Verfolgungsfreiheit voraus. Vielmehr genügt es, dass aufgrund objektiver Kriterien die Nichtverfolgung als gewährleistet erscheint. Dies ist vorliegend der Fall. Es kann als gewährleistet betrachtet werden, dass in Marokko generell weder asylrelevante Verfolgung noch Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung noch Bedrohung infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen Konfliktes drohen.

4. Nach der Berichterstattung des Auswärtigen Amtes zu Tunesien bis zum 28. März 2018 sowie unter Berücksichtigung der Erkenntnisse tunesischer Menschenrechtsgruppen und in Tunesien vertretener Nichtregierungsorganisationen sowie internationaler Organisationen, wie z.B. Hoher Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen (UNHCR), entspricht die Bestimmung Tunesiens zum sicheren Herkunftsstaat den Voraussetzungen des Artikel 16a Absatz 3 GG und der Artikel 36, 37 i.V. mit Anhang I der Richtlinie 2013/32/EU.

Die Verfassung vom 26. Januar 2014 bestimmt als Regierungsform Tunesiens ein gemischtes System mit einem direkt vom Volk gewählten Präsidenten und einem starken Parlament ("Versammlung der Volksvertreter"); über eine Verfassungsänderung zu Gunsten eines präsidentiellen Regierungssystems wird debattiert. Die Parlamentswahlen 2011 und 2014 sowie die Direktwahl des Staatspräsidenten 2014 verliefen frei und fair. Von einer EU-Wahlbeobachtungsmission als frei, transparent und glaubwürdig bewertete Kommunalwahlen fanden erstmals am 6. Mai 2018 statt. Seit 2011 hat sich ein lebendiges, aber latent instabiles Mehrparteiensystem herausgebildet. Eine freie Betätigung der parlamentarischen und außerparlamentarischen politischen Opposition ist möglich. Die Regierung wird vom Parlament gewählt, das nur im Fall eines Scheiterns der Regierungsbildung vom Präsidenten aufgelöst werden kann. Eine vorzeitige Absetzung der Regierung ist durch ein konstruktives Misstrauensvotum möglich. Jedoch kann der Präsident eine Vertrauensabstimmung des Parlamentes gegen die Regierung erzwingen, ohne dass ein Alternativkandidat präsentiert werden muss. Im Übrigen birgt die Aufteilung der Exekutiv-Kompetenzen zwischen dem Präsidenten und dem Premierminister (Verteidigungs-, Außen-, und Sicherheitspolitik sind dem Präsidenten vorbehalten) die Gefahr von Streitigkeiten in der Regierungspraxis.

Die Verfassung vom 26. Januar 2014 garantiert die Unabhängigkeit der Justiz. Wesentliche Kompetenzen des Justizministeriums im Bereich der Justizverwaltung wurden dem 2016 gegründeten Obersten Justizrat übertragen. Ein vorläufiges Verfassungsgericht entscheidet im Rahmen der abstrakten Normenkontrolle auf Antrag über die Verfassungsmäßigkeit vom Parlament beschlossener, aber noch nicht ausgefertigter und verkündeter Gesetze. Die Bildung eines mit weiteren Kompetenzen, wie z.B. der konkreten Normenkontrolle, ausgestatteten ständigen Verfassungsgerichts ist vorgesehen; die Wahl der Richter (zu je einem Drittel durch das Parlament, den Obersten Justizrat und den Präsidenten der Republik) hat begonnen. Eine Verlängerung der auf zwei 5-jährige Perioden begrenzten Amtszeit des Präsidenten ist in der Verfassung ausdrücklich ausgeschlossen.

Tunesien ist insbesondere an folgende internationale Übereinkommen auf dem Gebiet der Menschenrechte gebunden:

Die tunesische Verfassung enthält umfangreiche Garantien bürgerlicher und politischer sowie wirtschaftlicher, sozialer und kultureller Grundrechte.

Artikel 49 der Verfassung enthält einen allgemeinen Gesetzesvorbehalt, setzt aber auch gesetzlichen Beschränkungen der Grundrechte bestimmte Schranken, verpflichtet die Justiz zum Schutz der Grundrechte und untersagt Verfassungsänderungen, die den Wesensgehalt der Grundrechte antasten. Eine anhaltende gesetzgeberische Herausforderung bleibt die Harmonisierung der gesamten bestehenden Rechtsordnung mit der neuen Verfassung.

Artikel 128 der Verfassung sieht die Gründung einer unabhängigen nationalen Instanz für Menschenrechte ("Menschenrechtskommission") mit beratender Funktion vor; Voraussetzung für eine erfolgreiche Umsetzung bleibt die Verabschiedung eines Organgesetzes, das den sogenannten "Pariser Grundsätzen" der Generalversammlung der Vereinten Nationen entspricht. Eine am 13. August 2017 vom Präsidenten der Republik eingesetzte "Kommission für Gleichheit und individuelle Freiheiten" ist mit der Erarbeitung von Vorschlägen zur beschleunigten Umsetzung der verfassungsrechtlich garantierten Grundrechte befasst.

Es darf als weitgehend gewährleistet angesehen werden, dass in Tunesien keine asylrelevante Verfolgung stattfindet. Systematische Menschenrechtsverletzungen finden nicht statt. Verfolgung, das Verschwindenlassen politischer Gegner oder Zensur gehören der Vergangenheit an. Systematische staatliche Repressionen gegenüber bestimmten Personen oder Personengruppen wegen ihrer Nationalität, politischen Überzeugung, Rasse oder Zugehörigkeit zu einer Religionsgemeinschaft oder sozialen Gruppe findet nach Kenntnis der Bundesregierung nicht statt.

Die persönliche Freiheit des Einzelnen wird durch staatliche Stellen nicht willkürlich eingeschränkt, das Leben des Einzelnen ist durch staatliche Stellen grundsätzlich nicht gefährdet. Nichtregierungsorganisationen beanstanden jedoch vereinzelt dubiose Todesfälle von Personen in Gewahrsam oder Haft.

Gemäß Artikel 230 des tunesischen Strafgesetzbuchs werden (auch einvernehmliche) homosexuelle Handlungen von Männern oder Frauen mit Haftstrafen von drei Jahren belegt. Tunesische Nichtregierungsorganisationen gehen von mindestens 70 Festnahmen bzw. Verurteilungen im Jahr 2017 aus; amtliche Statistiken sind hierzu nicht verfügbar.

Artikel 23 der Verfassung garantiert den Schutz der Menschenwürde und der körperlichen Unversehrtheit, verbietet seelische oder körperliche Folter und schließt eine Verjährung des Verbrechens der Folter aus. Mit der Ratifizierung des Zusatzprotokolls zur Konvention der Vereinten Nationen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe am 29. Juni 2011 hat sich Tunesien zur Einrichtung eines nationalen Präventionsmechanismus verpflichtet. Eine Nationale Instanz für die Verhütung von Folter und unmenschlicher Behandlung ist seit der Wahl ihrer Mitglieder durch das Parlament 2016 operativ; zu ihrem Mandat gehören insbesondere unangekündigte Besuche an allen Orten des Freiheitsentzugs. Die tunesische Regierung veröffentlicht keine amtlichen Informationen oder Statistiken, die belastbare qualitative oder quantitative Aussagen über Menschenrechtsverletzungen gegenüber Terrorverdächtigen zulassen würden. Sie räumt mit wiederholten Bekenntnissen zur Folterprävention und zum Kampf gegen die Straflosigkeit von Amtspersonen, die sich entsprechender Vergehen schuldig gemacht haben, jedoch indirekt Verfehlungen ein.

Tunesische und internationale Medien sowie spezialisierte Nichtregierungsorganisationen, wie die Organisation Mondiale contre la Torture (OMCT) oder die Organisation contre la Torture en Tunisie (OCTT), berichten kontinuierlich über Einzelfälle von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung, vor allem in Polizeigewahrsam, aber auch in den Haftanstalten, die nicht europäischen Standards entsprechen, sowie Bestrebungen, rechtliche Schritte gegen die Verantwortlichen einzuleiten. Bislang sei es jedoch in keinem einzigen Fall gelungen, eine letztinstanzliche Verurteilung von Amtspersonen oder ehemaligen Amtspersonen wegen Folter, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung zu erreichen. Abstrakte Befürchtungen, dass diese Delikte weiter zunehmen könnten, werden vor allem im Zusammenhang mit Terrorabwehrmaßnahmen geäußert.

Das tunesische Strafgesetzbuch von 1913 sieht in seiner geltenden Fassung die Todesstrafe für Mord, Vergewaltigung mit Todesfolge sowie Landesverrat vor. Weitere mit der Todesstrafe bewehrte Tatbestände sind im Militärgesetzbuch enthalten. Neue Straftatbestände, für die eine Sanktionierung mit der Todesstrafe vorgesehen ist, wurden durch das am 7. August 2015 in Kraft getretene Gesetz gegen Terrorismus und Geldwäsche geschaffen. Eine verfassungsrechtliche oder gesetzliche Aufhebung der Todesstrafe wurde in der Phase des demokratischen Übergangs seit 2011 vermehrt diskutiert, jedoch nie beschlossen. Die Todesstrafe wird de jure weiterhin verhängt, de facto jedoch nicht vollstreckt. Die letzte Vollstreckung fand 1991 statt.

Nach Angaben von Amnesty International wurden in Tunesien 2016 44 und 2017 25 Todesurteile gefällt. Insgesamt hätten sich Ende 2017 77 Personen zum Tode verurteilte Personen in Tunesien in Haft befunden. Amtliche Statistiken sind dazu nicht veröffentlicht.

Die Todesstrafe ist in Tunesien kein Mittel der politischen Verfolgung. Die ergangenen Todesurteile stehen im Zusammenhang mit der Verfolgung staatsgefährdender Straftaten (Terrorismus) oder der oben zitierten Kapitalverbrechen. Erkenntnisse darüber, dass die entsprechenden Verfahren nicht nach rechtstaatlichen Grundsätzen abliefen,

liegen nicht vor und werden auch von kritischen Nichtregierungsorganisationen nicht vorgetragen.

Eine vom Präsidenten der tunesischen Republik eingesetzte Expertenkommission für individuelle Freiheiten und Gleichheit ("Colibe") hat sich in ihrem am 01.06.2018 fertiggestellten Abschlussbericht u.a. für die Abschaffung der Todesstrafe ausgesprochen. Als mögliche Zwischenschritte empfiehlt die Expertenkommission die Beschränkung der rechtlichen Zulässigkeit der Todesstrafe auf die Verurteilung wegen Mordes sowie eine rechtliche Absicherung des Moratoriums der Vollstreckung der Todesstrafe durch Gesetz oder Verordnung. Gesetzgeberische Schritte sind hierzu noch nicht erfolgt.

Im Rahmen einer Gesamtbetrachtung der Rechtslage, Rechtsanwendung und allgemeinen politischen Verhältnissen kann daher von einer Sicherheit vor unmenschlicher oder erniedrigender Bestrafung in Tunesien ausgegangen werden.

Tunesien liegt 2017 im Press Freedom Index von "Reporter ohne Grenzen" auf Platz 97 (im Vorjahr Platz 96). Die Bedingungen für unabhängige Medienberichterstattung haben sich in den letzten Jahren verbessert. Sowohl wurden wichtige rechtliche Grundlagen zum Schutz der freien Presse geschaffen als auch die offiziellen und informellen Strukturen, die zur Unterdrückung freier Meinungsäußerung eingesetzt wurden, größtenteils abgeschafft. Die Meinungs- und Pressefreiheit sowie das Recht auf Zugang zu Informationen und Kommunikationsnetzwerken wurden in den Artikeln 31 und 32 der Verfassung von 2014 ausdrücklich gestärkt. Ein Informationsfreiheitsgesetz ist in Kraft getreten. Das hat in den letzten Jahren zum Entstehen einer lebendigen Medienlandschaft geführt, die Missstände offen thematisiert. Dennoch existieren weiterhin Einschränkungen, z.B. bei der Berichterstattung über sicherheitsrelevante Themen sowie im Kontext periodisch aufkommender sozialer Unruhen. Die tunesische Militärgerichtsbarkeit geht regelmäßig gegen Zivilisten wegen "Herabwürdigung der Sicherheitsorgane" u.a. Delikte vor.

Tunesien ist mit der EU assoziiert, kooperiert mit der NATO sowie dem Europarat und der OSZE. Beitrittsperspektiven bestehen nicht.

Nach alledem steht einer Einstufung Tunesiens als sicherer Herkunftsstaat trotz noch vorhandener Defizite nichts entgegen. Aus den herangezogenen Quellen und Erkenntnismitteln ergibt sich insgesamt ein hinreichend sicheres Bild über die Verhältnisse in Tunesien. Es kann als gewährleistet betrachtet werden, dass in Tunesien generell weder asylrelevante Verfolgung noch Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung noch Bedrohung infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen Konfliktes drohen. Zudem ermöglicht das Konzept der widerleglichen Vermutung, dass im Einzelfall die gegen eine Verfolgung sprechende Vermutung widerlegt wird.

Zu Artikel 2 (Änderung des AufenthG)

Mit dem an § 60a Absatz 6 angefügten Satz wird Geduldeten aus den mit diesem Gesetz neu bestimmten sicheren Herkunftsstaaten, die am Tag des Kabinettbeschlusses bereits mit Zustimmung der Ausländerbehörde in einem Beschäftigungsverhältnis stehen, die Weiterbeschäftigung und die Aufnahme weiterer Beschäftigungen ermöglicht. Davon umfasst sind auch alle in einem Beschäftigungsverhältnis ausgeübten Formen der Berufsausbildung.

Darüber hinaus wird ermöglicht, dass die qualifizierten Berufsausbildungen im Jahr 2018 aufgenommen werden können, für die bis zum Tag des Kabinettbeschlusses zu diesem Gesetz ein Berufsausbildungsvertrag abgeschlossen wurde und keine Versagungsgründe nach § 60a Absatz 6 Satz 1 Nummer 1 und 2 vorliegen. Im Hinblick auf § 60a Absatz 2 Satz 4 gilt dies auch für Fälle einer qualifizierten Berufsausbildung an einer Berufsfachschule oder Fachschule, wenn bis zum Tag des Kabinettbeschlusses zu diesem Gesetz eine Aufnahmezusage oder eine Anmeldebestätigung der jeweiligen staatlichen oder staatlich anerkannten Schule mit Bezeichnung des konkreten Ausbildungsberufes erteilt wurde.

Zu Artikel 3 (Inkrafttreten)

Die Vorschrift regelt das Inkrafttreten.

->

Anlage
Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates gem. § 6 Absatz 1 NKRG: NKR-Nr. 4487, BMI: Entwurf eines Gesetzes zur Einstufung Georgiens, der Demokratischen Volksrepublik Algerien, des Königreichs Marokko und der Tunesischen Republik als sichere Herkunftsstaaten

Der Nationale Normenkontrollrat hat den Entwurf des oben genannten Regelungsvorhabens geprüft.

I. Zusammenfassung

Bürgerinnen und BürgerKeine Auswirkungen
WirtschaftKeine Auswirkungen
Verwaltung
Bund (BAMF)
Erfüllungsaufwand:Gesamtentlastung nicht quantifiziert.
Je Fall : -10 Min. Bearbeitungszeit
Länder
Erfüllungsaufwand:Entlastung nicht quantifiziert.

II. Im Einzelnen

Mit dem Regelungsvorhaben sollen entsprechend der Ankündigung im Koalitionsvertrag Algerien, Marokko, Tunesien und Georgien als sichere Herkunftsstaaten nach § 29a des Asylgesetzes (AsylG) eingestuft werden. Dadurch sollen Asylverfahren von Antragstellern aus diesen Staaten schneller bearbeitet und der Aufenthalt dieser Antragsteller bei Ablehnung schneller beendet werden können. Deutschland soll dadurch als Zielland für Antragsteller aus diesen Staaten, die aus nicht asylrelevanten Motiven Asylanträge stellen, weniger attraktiv werden. Im Jahr 2016 betrug die Anerkennungsquote (Asylgewährung, Flüchtlingsschutz, subsidiärer Schutz) für Georgien 0,8 Prozent, für die Demokratische Volksrepublik Algerien 1,4 Prozent, für das Königreich Marokko 2,6 Prozent und die Tunesische Republik 0,6 Prozent.

II.1. Erfüllungsaufwand

Keine Auswirkungen auf den Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger und Wirtschaft.

Verwaltung (Bund, Länder/Kommunen)

Das Ressort geht von einer Entlastung für die Verwaltung des Bundes und der Länder aus.

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge soll durch einen beabsichtigten Rückgang der Asylanträge insgesamt sowie durch die vereinfachte Durchführung der Asylverfahren von Antragsstellern aus sicheren Herkunftsstaaten entlastet werden. Bei den Ländern und Kommunen betrifft die Entlastung vor allem den Aufwand nach dem Asylbewerberleistungsgesetz.

Rückgang der Asylanträge

Wie stark der zu erwartende Rückgang der Asylanträge ausfällt, lässt sich nach Aussage des Ressorts nicht prognostizieren, da er von zahlreichen externen Faktoren abhängt - insbesondere von der sozio-ökonomischen Situation in den Herkunftsstaaten und von den Auswirkungen der Maßnahmen, die andere von Asylzuwanderung betroffene europäische Staaten ergriffen haben bzw. noch ergreifen werden. Das Ressort führt jedoch aus, dass die Einstufung der Westbalkanstaaten als sichere Herkunftsstaaten in den Jahren 2014 und 2015 gemeinsam mit anderen Maßnahmen der Bundesregierung zu einem erheblichen Rückgang der Asylsuchenden aus diesen Staaten geführt hat. Nach der Einstufung der Länder Bosnien und Herzegowina, ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien und Serbien im Jahr 2014 betrug der durchschnittliche Rückgang der Asylanträge in den ersten zehn Monaten nach dem Inkrafttreten des Gesetzes 38 Prozent gegenüber dem gleichen Zeitraum vor dem Inkrafttreten des Gesetzes. Ob und mit welchem Anteil dies auf die formale Einstufung der Westbalkanstaaten zu sicheren Herkunftsländern zurückzuführen ist, kann nicht beantwortet werden. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass hohe Ablehnungsquoten in den entsprechenden Staaten bereits bekannt sind.

Die Aussagen zur Entwicklung des Erfüllungsaufwandes hält der NKR insgesamt für unzureichend, erkennt im besonderen Fall aber die Unwägbarkeiten der Abschätzung grundsätzlich an.

Entlastung des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge bei Anträgen von Antragsstellern aus sicheren Herkunftsstaaten im Einzelfall

Auch wenn Unsicherheit im Hinblick auf die Abschätzung des Rückgangs der Asylanträge von Menschen aus den o.g. Staaten besteht, sollte dennoch abschätzbar sein, wie groß die Entlastung für das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge im Einzelfall ist. Asylanträgen aus sicheren Herkunftsstaaten werden im Regelfall als offensichtlich unbegründet abgelehnt. Da es aber stets einer Einzelfallprüfung eines Asylantrags und der zu seiner Begründung vorgetragenen Tatsachen und Umstände bedarf, dürfte die Verringerung des Erfüllungsaufwandes für die Bearbeitung von Asylanträgen von Staatsangehörigen aus sicheren Herkunftsstaaten eher gering sein. Dass Ressort geht von einem Rückgang des zeitlichen Aufwandes für das BAMF je Antragsbearbeitung von zehn Minuten aus.

III. Ergebnis

Die Aussagen zur Entwicklung des Erfüllungsaufwandes hält der NKR insgesamt für unzureichend. Er erkennt im Hinblick auf die Einstufung der Länder als sichere Herkunftsstaaten aber die Unwägbarkeiten der Abschätzung an. Der Gesetzentwurf wird im Wesentlichen durch die erwarteten Aufwandsentlastungen begründet. Dies ist aus Sicht des NKR mit Blick auf die fehlenden quantitativen und qualitativen Aussagen jedoch nur schwer nachzuvollziehen.

Dr. Ludewig Prof. Kuhlmann
Vorsitzender Berichterstatterin

Anlage 2
Stellungnahme der Bundesregierung zur Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates zum Entwurf eines Gesetzes zur Einstufung Georgiens,

der Demokratischen Volksrepublik Algerien, des Königreichs Marokko und der Tunesischen Republik als sichere Herkunftsstaaten (NKR-Nummer 4487, BMI)

Die Bundesregierung nimmt zur Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates vom 16. Juli 2018 wie folgt Stellung:

Das Regelungsvorhaben setzt den zwischen den die Bundesregierung tragenden Parteien geschlossenen Koalitionsvertrag um. Dieser sieht vor, dass zum Zwecke der Verfahrensbeschleunigung Algerien, Marokko und Tunesien sowie weitere Staaten mit einer regelmäßigen Anerkennungsquote unter fünf Prozent zu sicheren Herkunftsstaaten bestimmt werden. Der Individualanspruch auf Einzelfallprüfung bleibt dabei unberührt und gleichzeitig soll durch eine spezielle Rechtsberatung für besondere vulnerable Fluchtgruppen deren besondere Schutzwürdigkeit berücksichtigt werden.

Gemäß der Vereinbarung zwischen den Koalitionsparteien wird mit dem Gesetz insbesondere das Asylgesetz geändert:

Georgien, Algerien, Marokko und Tunesien werden als sichere Herkunftsstaaten im Sinne des § 29a des Asylgesetzes (AsylG) eingestuft. Das Ziel ist, die Asylverfahren von Staatsangehörigen dieser Staaten schneller zu bearbeiten und dadurch die Aufenthaltsdauer in Deutschland für die Asylantragsteller ohne Aussicht auf einen Schutzstatus deutlich zu verkürzen.

Der Normenkontrollrat kritisiert, dass der Gesetzentwurf zwar im Wesentlichen durch zu erwartende Aufwandsentlastungen begründet wird, dies mit Blick auf fehlende quantitative und qualitative Aussagen jedoch nur schwer nachzuvollziehen sei.

Die Bundesregierung geht davon aus, dass es durch die Einstufung zu sicheren Herkunftsstaaten zu einem Rückgang bei den Asylbewerberzahlen aus den genannten Ländern kommen wird. Die geringeren Asylverfahren entlasten Bund, Länder und Kommunen um Aufwendungen für die Durchführung der Verfahren. Beim Bund betrifft dies in erster Linie die Aufwendungen für die Durchführung der Asylverfahren beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge.

Dabei kommt es zu einer Entlastung von Erfüllungsaufwand zum einen dadurch, dass für die Antragsbearbeitung eines Antragstellers aus einem sicheren Herkunftsstaat bei der Bescheiderstellung in denjenigen Fällen, in denen der Antragsteller mit seinem Vortrag nicht glaubhaft machen konnte, entgegen der Einschätzung der allgemeinen Lage in seinem Herkunftsstaat drohe ihm Verfolgung oder ein ernsthafter Schaden, dies zwar darzulegen ist, nicht jedoch, warum der Asylantrag in diesem Fall offensichtlich unbegründet ist. Ergibt sich die offensichtliche Unbegründetheit aus § 29a Abs. 1 AsylG, erfordert die Begründung in der Regel keine längeren Ausführungen. Da in Einzelfällen die Begründung jedoch trotzdem schwierig sein kann, wird bei der Zeitersparnis ein Durchschnittswert von 10 Minuten pro Fall geschätzt.

Zum anderen kommt es zu einer Entlastung von Erfüllungsaufwand dadurch, dass Anträge vollständig wegfallen. Wie stark der zu erwartende Rückgang ausfällt, lässt sich nach Auffassung der Bundesregierung allerdings nicht verlässlich abschätzen, weil dieser von zahlreichen Unwägbarkeiten geprägt ist: Der Rückgang hängt insbesondere ab von der sozio-ökonomischen Situation in den Herkunftsstaaten, von den Auswirkungen der Maßnahmen, die andere von Asylzuwanderung betroffene europäische Staaten ergriffen haben bzw. noch ergreifen, und von dem Zeitraum zwischen Entstehung der Ausreisepflicht und Ausreise bzw. Aufenthaltsbeendigung.

Einen Anhaltspunkt geben die Erfahrungswerte nach vorangegangen Einstufungen zu sicheren Herkunftsstaaten, die in der Gesetzesbegründung auch ausgeführt sind: Nach der Einstufung der Länder Bosnien und Herzegowina, ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien und Serbien im Jahr 2014 betrug der durchschnittliche Rückgang der Asylanträge in den ersten zehn Monaten nach dem Inkrafttreten des Gesetzes 38 Prozent gegenüber dem gleichen Zeitraum vor dem Inkrafttreten des Gesetzes. Auch die Einstufung der Staaten Albanien, Kosovo und Montenegro als sichere Herkunftsstaaten im Jahr 2015 führte zu einem deutlichen Rückgang der Asylanträge. Allerdings war bei diesen Staaten die Einstufung mit erweiterten Möglichkeiten der legalen Migration aus dem Herkunftsstaat zur Arbeitsaufnahme nach Deutschland verbunden. Deshalb ist davon auszugehen, dass der Rückgang der Asylantragszahlen nicht allein auf die Einstufung als sichere Herkunftsstaaten zurückzuführen ist.

Quantitativ und qualitativ konkreter lässt sich die Höhe der durch den Gesetzentwurf zu erwartenden Entlastungen wegen der genannten Unwägbarkeiten der Abschätzung nicht beziffern.